Protocol of the Session on August 31, 2006

Gräueltaten der Nationalsozialisten erinnert, angenommen haben.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Beifall der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Ich freue mich, dass mehr jüdisches Leben in die Stadt zurückgekehrt ist. Wir haben wieder jüdische Kindertagesstätten und Schulen, wir haben mehr Synagogen und Rabbiseminare in Berlin. Wir haben ein offenes und teilhabendes Leben jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserer Gesellschaft. Es ist gut, dass mehr jüdisches Leben in diese Stadt zurückgekommen ist.

[Beifall der Frau Abg. Grosse (SPD)]

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS und der FDP]

[Allgemeiner Beifall]

Wir hatten nicht nur eine Diktatur in unserer jüngeren Geschichte, sondern wir hatten eine weitere, die Diktatur in der DDR, wo Menschen verfolgt wurden, Familien auseinander gerissen wurden, wo Menschen zu Tode gekommen sind, ob an der Mauer oder in Gefängnissen oder in anderen Bereichen geschädigt worden sind. Auch das ist eine Verpflichtung für uns, gerade in diesem wiedervereinigten Berlin: nicht Geschichte beiseite zu räumen, sondern deutlich zu machen, was die Mauer in unserer Stadt bedeutet hat, wie viel Leid von ihr ausgegangen ist. Vor allem sollen Gedenkzeichen für eine bessere Zukunft gesetzt werden, damit so etwas nie wieder passiert. Das ist auch die Aufgabe eines vernünftigen Gedenkkonzepts im Zusammenhang mit der Mauer und der DDR-Diktatur. Dieses werden wir umsetzen. Das Gedenkkonzept, das die Senatsverwaltung auch unter Führung von Herrn Flierl erarbeitet hat, ist gelobt worden. Dazu stehen wir. Die Bernauer Straße zum zentralen Ort zu machen, ohne die anderen Orte zu vernachlässigen, ist richtig. Es ist ein vernünftiges Konzept. Was eine konservative Regierung jahrelang nicht geschafft hat, hat diese rot-rote Regierung geschafft.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Eins müssen wir aber als Gesellschaft auch fordern: dass sich die Menschen, die hierher kommen, integrieren lassen wollen. Das ist eine Forderung, die wir zu stellen haben – und zu Recht, nicht nur in unserem Interesse, sondern auch im Interesse der Eltern, die hierher gekommen sind. Viele sind auch aus materiellen Gründen gekommen, nicht weil sie ihr Heimatland nicht geliebt haben, sondern weil sie eine bessere Zukunft für ihre Kinder haben wollen. Das muss man ihnen klar machen: Zur besseren Zukunft müssen sie selbst einen Beitrag leisten, Deutsch lernen im Interesse ihrer Kinder und Kindeskinder, wegen deren besserer Integration, sonst werden sie wirtschaftlich nicht besser dastehen als ihre Eltern.

Das ist ein gemeinsamer Auftrag für eine pluralistische Gesellschaft. Dazu brauchen wir Bündnispartner in den Vereinen und Verbänden der ethnischen Gruppierungen. Da ist die Organisation der türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein großer Bündnispartner, aber selbstverständlich sind dafür auch andere oder alle Nationalitäten wichtige Partner, die wir in Anspruch nehmen müssen. Da werden wir auch weiter daran rbeiten.

Ich freue mich auch darüber, dass unsere Kultureinrichtungen wieder Schwung bekommen haben, dass die Auslastungszahlen größer geworden sind. Dass sie, was die künstlerische Qualität betrifft, heute nicht nur zu Theatertreffen, sondern zu Festivals in der ganzen Welt eingeladen werden, ist ein Zeichen der Qualität, die bei allen Schwierigkeiten erreicht wurde. Wir können auch da auf eine stolze Bilanz hinweisen.

Wir haben ein großes Thema, das uns in der letzten Zeit beschäftigt hat, das Thema Integration. Da wurden einige Vorwürfe laut. Ich wundere mich immer, wie Kolleginnen und Kollegen so einfach in der Lage sind, wenn etwas passiert – ob es ein offener Brief aus der RütliSchule oder ein Gewaltakt ist – und ein Mikrophon hingehalten wird, eine Kamera dasteht, zu wissen, was 30 Jahre lang alles falsch gelaufen ist, und sofort sagen, was sie demnächst alles richtig machen werden. So ist Integrationspolitik nicht zu betreiben. Integrationspolitik ist ein permanenter Prozess. Es arbeiten Tausende von Menschen tagtäglich daran, dass Integration gelingt. Millionenfach ist sie in unserer Republik gelungen. Auch das müssen wir herausstellen, nicht nur über die Misserfolge reden.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Immer noch sitzen zu wenig Menschen mit einem Migrationshintergrund im Abgeordnetenhaus. Das sind Beispiele für eine gelungene Integration. Ich habe gesehen, dass in vielen Parteien Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt wurden, höchstwahrscheinlich nicht, weil sie Migrationsexperten sind, sondern weil sie eine vernünftige Politik in allen Themenfeldern machen. Sie kandidieren, und sie werden hoffentlich in unser Berliner Landesparlament gewählt. Viele dieser Menschen haben sich erfolgreich im Beruf durchgesetzt. Eins ist aber auch richtig: Wir haben noch Bereiche, wo Parallelgesellschaften zu verzeichnen sind, wo riesige Probleme da sind. Das sind nicht immer nur Probleme, die Migranten haben, es sind soziale Probleme. Wenn jemand arbeitslos ist, sind die Probleme ziemlich die gleichen, egal ob er Deutscher oder Ausländer ist. Nur verschärfen sich die Probleme bei einem Ausländer noch einmal, weil er weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.

Deshalb ist es für uns eine selbstverständliche Verpflichtung, tagtäglich an der Integration zu arbeiten. Wir haben das getan. Es gibt ein vielfältiges Integrationsangebot in den Berliner Schulen, es gibt Fortbildungsveranstaltungen. Wir haben Deutschkurse für Mütter eingerichtet. Das darf nicht am Geld scheitern. Wir haben den Versuch gemacht, die Kinder rechtzeitig in die Kindertagesstätte zu bekommen. Wir sehen beim Sprachtest, dass bei denjenigen, die nicht in der Kita waren, 50 % den Sprachtest nicht bestehen, und bei denjenigen, die in der Kita waren, 25 %. Das sind immer noch 25 % zu viel.

[Frau Senftleben (FDP): 46 %!]

25 %! – Deshalb müssen weiterhin Fördermaßnahmen sein. Daneben ist es wichtig, die Kinder rechtzeitig in die

Schule oder vorschulischen Bereiche der Kindertagesstätte zu bekommen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Ich bin zufrieden, dass es im bundesrepublikanischen Diskussionsprozess gelungen ist, bei der Föderalismusreform I – auch mit Unterstützung von Herrn Ratzmann und anderen – durchzusetzen, dass wir die Hauptstadtklausel in die Verfassung hineinbekamen. Das ist erst einmal eine Verfassungsnorm. Da steht nicht nur drin, dass Berlin Hauptstadt ist, sondern auch, dass der Bund für die Repräsentation des Bundes in der Hauptstadt – auch finanziell – zuständig ist. Das ist ein Riesenerfolg. Das war nicht vorgegeben. Es war ein hartes Stück Arbeit. Es ist auch ein Prozess, wie die Republik die Hauptstadt stärker annimmt. Wir haben so oft von dieser Stelle aus proklamiert, dass wir nicht nur die Hauptstadt der Berlinerinnen und Berliner sind, sondern aller Deutscher, genauso der Münchnerinnen und Münchner und der Rostockerinnen und Rostocker. Das setzt sich so langsam um. Ich freue mich, dass das auch die Ministerpräsidenten gelernt haben. Sehr oft präsentieren sie Dinge ihres Landes nicht in ihrer Hauptstadt, sondern in der Bundeshauptstadt. So soll es sein. Wenn Edmund Stoiber gesungen hat „Wir fahren nach Berlin“ – im Rahmen der Weltmeisterschaft –, dann war das genau richtig. Sie sind alle herzlich willkommen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Ich gebe auch das Projekt der Regierungserklärung 2001 und 2002 nicht auf, dass wir dafür sind, das gemeinsame Projekt Berlin-Brandenburg zu schaffen. Berlin steht bereit. Ich nehme alle Parteien, die hier vertreten sind, dabei mit in Anspruch. Sie haben alle erklärt, sie seien bereit. Die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner ist es auch. Wir stehen dazu, weil es vernünftig wäre, die gemeinsame Region Berlin und Brandenburg in einem

Stellen Sie sich vor, man glaubt Ihnen die Sache mit der Kita! – Sie treten an zu Beginn der Legislaturperiode, führen eine Art einundvierzigstufige Kindersteuer ein,

verteuern die Kindergartenplätze bis zu 300, 400 €, dass wir zu einer sozialen Entflechtung der Kindergärten kommen. Und jetzt stellen Sie sich hin wie der heilige Sankt Nikolaus, vorgezogenes Weihnachtsfest, und führen die Berliner aufs Neue an der Nase herum, dass sie dann kostenfreie Kitas kriegen. Und gleichzeitig erklärt Herr Müntefering: An Wahlversprechen sich zu halten, ist für einen Sozialdemokraten unfair. – So ein Quatsch!

Das Zweite, worauf ich noch eingehen möchte, ist dieses Ammenmärchen: FDP – obere 10 %. Lieber Herr Wowereit! Wer eine Regierung und einen Senat vertritt, der sich 300 000 Arbeitslose leistet – jeder vierte Berliner bekommt schon weniger als 700 € netto im Monat, nur noch 40 % der Berliner leben von eigener Arbeit, 166 000 Kinder und Jugendliche leben in Armut –, der sollte sich einmal an die eigene Nase fassen. Das ist nicht sozial, was Sie geleistet haben. Das ist asozial, was hier getrieben wurde!

Diese Berlinerinnen und Berliner, die Auszubildenden, die nach einer Stelle suchen, und die Armen und die Arbeitslosen haben nur eine Chance, wenn wir die Weichen richtig stellen, wenn wir die Bürokratie reduzieren. Deswegen ist der Spot, den wir haben, genau richtig, weil die Berliner Bürokratie hauptsächlich dafür da ist, es den Leuten schwer zu machen. Die Ordnungsämter, die gegründet wurden, um es den Menschen leichter zu machen, was machen die? – Die laufen am Breitscheidplatz herum und tyrannisieren hauptsächlich die kleinen Gewerbebetriebe. Das ist es doch, um was es hier geht. Dagegen kämpft meine Partei, dass wir wieder Luft für die Unternehmen kriegen, gerade für die kleinen und mittleren Betriebe.

Parlament und in einer Regierung zu repräsentieren. Auch das wird für die nächsten Jahre selbstverständlich eine Aufgabe sein, bis auch die Brandenburger Politik in der Lage ist, uns einen Termin für die Volksabstimmung zu sagen. Es wäre gut, wenn es 2009 wäre. Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Heute sagt uns keiner in Brandenburg, dass es möglich ist. Aber wir kämpfen weiter dafür. Es ist ein vernünftiges Projekt, Berlin und Brandenburg gehören zusammen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Berlin hat nur eine Chance, wenn wir weiter daran arbeiten, dass diese Stadt sehr international ist, wenn diese Stadt offen ist. Diese Stadt mit all den vielen Problemen, die wird keiner so schnell lösen können, aber wir haben riesige Potentiale. Diese müssen wir nach vorne bringen. Sie bedeuten, dass wir Menschen in dieser Stadt haben, die kreativ sind, die arbeiten wollen, die arbeiten können, die Erfahrung haben aus zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen, die sehr international sind, die viele Kulturen in dieser Stadt vereinen. Wir werden nur eine Chance haben, wenn Menschen freiwillig nach Berlin kommen, weil sie sagen: Es ist meine Stadt, es ist meine Zukunft; hier möchte ich temporär oder dauerhaft arbeiten.

Deshalb geht es darum, diese Offenheit zu kreieren für ein geistiges Klima in dieser Stadt, wo jeder Mensch sich wohl fühlen kann, egal, welche Hautfarbe er hat, egal, welche Lebensweise oder Religion er ausübt. Daran müssen wir arbeiten. Dafür steht die Sozialdemokratie in dieser Stadt, als Berlin-Partei für eine offene, tolerante Gesellschaft. Das haben wir fünf Jahre lang unter Beweis gestellt, und das werden wir in den nächsten fünf Jahren auch weiter umsetzen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Herzlichen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Zwei Fraktionen haben noch eine Restredezeit von jeweils drei Minuten – die FDP und die Linkspartei.PDS. – Es beginnt Dr. Lindner von der Fraktion der FDP. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Herr Wowereit! Bei einem in Ihrer Rede hatten Sie Recht, bei dem Teil über das Gedenken, insbesondere das Holocaust-Mahnmal. Da sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich gehörte auch zu den Kritikern, ich dachte, das sei überdimensioniert. – Ich finde in der Tat, das fügt sich sehr gut ein. Es wird sehr gut angenommen. Ich bin sehr froh, dass wir das Holocaust-Mahnmal in der Mitte Berlins haben.

[Beifall bei der FDP]

Das ist aber dann schon alles, was es an Gemeinsamkeiten gibt.

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP]

Dass darüber natürlich keiner reden kann, der Zeit seines Lebens in der Verwaltung gearbeitet oder von Politik gelebt hat, das kann ich gut verstehen. Aber die Menschen da draußen wissen ganz genau: Wenn es nicht durch eine liberale Politik Luft gibt für die Unternehmen, für den Arbeitsmarkt, dann haben sie nie eine Chance. Und für diese kämpfen wir, nicht für die oberen 10 %. Die können es sich leisten, Ihre Politik zu ertragen. Die schicken ihre Kinder auf Privatschulen. Die wandern dann einfach aus oder wechseln den Arbeitsplatz. Aber genau diejenigen, die unter Ihrer Politik und Regierung gelitten haben, wissen, was sie zu wählen haben am 17., die genug haben von der Abkassiererei. Für die gibt es nur eine Wahl, und das ist die Freie Demokratische Partei. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Die Linkspartei verzichtet auf den Redebeitrag. Damit liegen weitere Wortmeldungen nicht vor. Somit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.

Zweitens: Zwischen allen relevanten politischen Kräften besteht aber Einigkeit darüber, dass es zur Moral dieser Stadt gehört, im Fall der Entziehung von Eigentum durch die Nazis auch bei Ablauf einer Frist von Restitutionsansprüchen nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Deshalb war zu prüfen, ob die für eine moralische Handhabung geschaffene Washingtoner Erklärung die Rückgabe zwingend verlangte. Das ist nach dem Wortlaut zweifelsfrei nicht der Fall, denn es hatte keine Beschlagnahmung des Bildes durch die Nazis stattgefunden. Auch die anderen Voraussetzungen waren nicht gegeben. Dieses Bild ist freiwillig – und zwar aus der Schweiz heraus – 1936 nach Deutschland veräußert worden. Wie uns Sachverständige und Zeitzeugen im Kulturausschuss mitgeteilt haben, hat die Familie Hess, die das Bild in den zwanziger Jahren erworben hatte, seitdem – bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein – Kunstwerke veräußert, aus welchen Motiven auch immer, jedenfalls nicht unter dem Druck der Nazis. Somit war das Gewicht der moralischen Argumente vergleichsweise gering, die Chance, das Bild für Berlin zu retten, aber sehr groß.

Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/5451 wird die sofortige Abstimmung gewünscht. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Die FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen und die Grünen. Enthaltungen? – Die CDU. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt lasse ich abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen. Wer dem Antrag Drucksache 15/5522 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind FDP und Regierungsfraktionen. Enthaltungen? – Die CDU. – Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 4 a:

Dringlicher Antrag

Missbilligung des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Thomas Flierl

Antrag der CDU Drs 15/5512