Protocol of the Session on August 31, 2006

Herr Kollege Radebold! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Niedergesäß?

Aber gern, Kollege Niedergesäß!

Bitte schön, Herr Kollege Niedergesäß!

Lieber Jürgen Radebold! Dass dieses Gesetz ein Wirrwarr in der Bevölkerung angerichtet hat, hat nicht die CDU zu verantworten, sondern die rot-rote Koalition.

[Beifall bei der FDP]

Jetzt möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie Licht in das Dunkel bringen wollen.

[Liebich (Linkspartei.PDS): Sie haben ein Wirrwarr angerichtet!]

Die Beschimpfungen gegen die CDU-Fraktion und alle anderen, die gegen dieses Gesetz auftreten, halte ich für völlig unangebracht. Den Wirrwarr hat die Koalition angerichtet. Ich möchte eine Erklärung haben, wie dieser Wirrwarr aufgelöst werden soll.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herr Kollege Niedergesäß! Das hat den Umfang einer Frage bei Weitem überschritten. Das war eine Kurzintervention. Die sei Ihnen gegönnt. – Bitte schön, Herr Kollege Radebold!

Kollege Niedergesäß! Ich gebe zu: Das Gesetz ist technisch kompliziert. Deshalb haben wir alle in der Pflicht gestanden, dieses komplizierte Gesetz den Menschen zu erläutern.

[Frau Senftleben (FDP): Das ist ja super!]

Aber, Kollege Niedergesäß, es ist ganz eindeutig: Wenn die CDU auf einer ihrer Veranstaltungen verbreitet, dass ein Bescheid die Summe von 72 000 € enthält, und dabei offen lässt, dass es sich dabei um kein normales Einfamilienhausgrundstück handelt, sondern ein Gewerbegrundstück, dann ist das der bewusste Versuch der Demagogie. Das ist unredlich!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Radebold! – Der Kollege Czaja ist jetzt an der Reihe mit einer Kurzintervention. – Bitte schön, Herr Kollege Czaja!

[Liebich (Linkspartei.PDS): Nach jeder Rede! – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Herr Radebold! Ich möchte Ihnen im ersten Punkt Recht geben: Ja, es ist Wahlkampf. Es handelt sich um ein Thema, das die Menschen in den Stadtrandgebieten bewegt. Deshalb setzen wir es auch auf die Tagesordnung. Wir machen kein Geheimnis daraus, dass wir die Themen aufgreifen, die die Menschen bewegen.

[Beifall bei der CDU – Liebich (Linkspartei.PDS: Gesundheitsreform!]

Als Zweites: Sie haben völlig Recht, es gibt keinen Bescheid über 72 000 €,

[Liebich (Linkspartei.PDS): Sehr gut, dass Sie das endlich feststellen!]

sondern ich habe auf der Veranstaltung klar gesagt, dass diese Formulierung in der Einladung nicht richtig gewesen ist. Es gibt eine Vorabberechnung, die den Grundstückseigentümern mitgeteilt worden ist, nämlich für ein 6 000 qm großes Grundstück, auf dem sich ein Gewerbe befindet.

[Liebich (Linkspartei.PDS): Das ist doch etwas anderes!]

Ich weiß nicht, ob Sie es in Ordnung finden, dass ein Mittelständler 72 000 € bezahlen soll. Das Problem bei Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen ist, dass die Vorabberechnungen in der Realität meist um 20 bis 30 % übertroffen worden sind. Das bedeutet, der Eigentümer dieses Grundstücks wird nicht 72 000 € zahlen, sondern 85 000 € bis 90 000 €. Deshalb haben Sie Recht, dass die Zahl nicht stimmt, Sie ist größer.

[Liebich (Linkspartei.PDS): 500 000 € – Brauer (Linkspartei.PDS): 1 Million €!]

Sie betreiben Verunsicherung bei den Menschen mit Ihrem Gesetz. Ursache und Wirkung sollten Sie, Herr Radebold und erst Recht die Genossen der PDS, auseinanderhalten können, anstatt Stadträte und Abgeordnete zu beschimpfen, die die Probleme aufgreifen. Sie als Gesetzgeber haben die Ursache für die Verunsicherung der Menschen geschaffen. Deshalb gehört das Gesetz so schnell wir möglich abgeschafft.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wie eine mit Fehlern behaftete Ariane-Rakete ist das Gesetz bereits kurz nach dem Start außer Kontrolle geraten. Das war Ihr Problem. In der ersten Stufe war es Ihre Geldgier. Die Begehrlichkeiten, die Sie hatten, waren, frisches Geld in die marode Landeskasse zu spülen, die nicht einmal mehr die normale Straßenunterhaltung bezahlen kann. Ein paar Millionen konnten für die bezirkliche Straßenunterhaltung gerade noch abgeknapst werden, aber das war es dann auch schon. Nun sollten die Haus- und Grundstückseigentümer zur Kasse gebeten werden, um die Landeskasse aufzufüllen. Berlin befindet sich infrastrukturell auf Talfahrt, das wissen wir alle. Die Aussichten sind katastrophal, wenn man den Angaben der Fachleute und denen des Landesrechungshofes, der Ihnen das vorgehalten hat, folgt. Das erinnert irgendwie an das Zitat des Herrn Sarrazin vom gestrigen Tag, dass unsere Straßen den Zustand von 1947 erreichen.

Danke schön, Herr Kollege Czaja! – Der Kollege Radebold möchte replizieren und hat dazu das Wort. – Bitte schön, Herr Radebold!

[Dr. Lindner (FDP): Wir machen Politik für das Volk und Ihr nur für die oben!]

Herr Lindner! Das war eine sehr treffende Bemerkung! Das wird sehr glaubwürdig von der Presse vermittelt werden.

Herr Czaja! Sie haben zugegeben, dass Sie die Bürger in dem Brief falsch informiert haben.

[Frau Grosse (SPD): Gelogen!]

Das halte ich fest. Sie haben lange nach einem Grundstück gesucht, um den Menschen Angst zu machen. Es ist Ihnen nicht gelungen mit einem Beispiel aus Ihrem Heimatbezirk zu kommen. Sie mussten bis zu Herrn Federlein gehen, der das solo, ohne Abstimmung mit seinem Ausschuss, herausposaunt hat.

[Czaja (CDU): Sie beschimpfen den Falschen!]

Herr Czaja! Sie haben hier eben aus 72 000 € 90 000 € gemacht, ohne die geringste Grundlage dafür zu haben.

[Frau Senftleben (FDP): Das ist es ja! Es wird immer teurer!]

Herr Czaja! Genau das werfe ich Ihnen vor. Sie argumentieren nicht sachlich.

[Müller (SPD): Unredlich!]

Die Senatorin hat mehrfach Kleine Anfragen aus Ihrer Fraktion beantwortet, Sie hat heute dazu Stellung genommen, wo die Gebühren liegen werden. Sie hat deutlich gesagt, welche drei Sicherungsklauseln wir haben, um die Menschen davor zu bewahren, in Not zu geraten, das Grundstück verlassen zu müssen. Es gibt einen Punkt, wo Sie Recht haben: Das Gesetz ist bürokratisch, weil es so viele demokratische Hürden auf dem Weg hat, um zu einer Entscheidung zu kommen. Das nehmen wir in Kauf, das halten wir für richtig. Wir halten dieses Gesetz für angemessen. Ich bitte Sie, in der Argumentation nach außen mit redlichen Zahlen zu arbeiten und nicht weiter diesen populistischen Mist anzurichten.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Radebold (SPD): Ich nehme den Ausdruck “Mist“ zurück!]

Danke schön, Herr Kollege Radebold! – „Mist“ ist zurückgenommen worden, das ist in Ordnung. Nun ist für die Fraktion der FDP der Kollege von Lüdeke an der Reihe. – Bitte sehr, Herr von Lüdeke, Sie haben das Wort!

[Liebich (Linkspartei.PDS): Der Rächer der einfachen Leute!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begrüßt den Gesetzesantrag der CDU zur Aufhebung des Straßenausbaubeitragsgesetzes.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Wir würden ihn auch gern in der entsprechenden Weise unterstützen, wenn er nur gesetzgebungstechnisch handhabbar wäre.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Das interessiert die CDU nicht!]

Bei einer Lesung ist das jedoch nicht möglich. Deshalb hat meine Fraktion zum Thema einen eigenen Antrag eingebracht, der heute beschlossen werden kann und beschlossen werden sollte.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Dafür gibt es gute Gründe. In der jetzt endenden Wahlperiode hat kein Gesetzesvorhaben dieses Haus passiert, das derart unsolide vorbereitet war wie das Straßenausbaubeitragsgesetz.

[Beifall bei der FDP – Brauer (Linkspartei.PDS): Kein Gesetz ist so lange beraten worden!]