Protocol of the Session on June 8, 2006

• Schulen mit einem hohen Anteil von Migrantenkindern erhalten eine besondere, auf ihre speziellen Bedürfnisse ausgerichtete Förderung, insbesondere frei einsetzbare Personalmittel.

• Migranten werden gezielt als Lehrer eingesetzt. Um dies zu ermöglichen, wird ein Curriculum entwickelt, das Migranten mit in Deutschland nicht anerkannter schulpädagogischer Ausbildung oder Berufserfahrung die Weiterqualifikation für das deutsche Schulsystem im Rahmen eines Aufbaustudiums ermöglicht.

• In interkulturellen Gärten erhalten Einwanderer und Spätaussiedler gemeinsam mit Einheimischen die Gelegenheit, ihre Traditionen und Besonderheiten der Gartengestaltung zu entfalten und sich kulturell näher zu kommen (siehe auch Abschnitt Grünflächen, Kleingärten und naturnahe Flächen IV 3.5).

3.4 Sicherheit

Das subjektive Sicherheitsgefühl der Berlinerinnen und Berliner ist nicht homogen. Während es in vielen Bereichen der Stadt mit gut bewertet wird, ist es in einigen Orts- und Straßenteilen unakzeptabel schlecht. Bürger fühlen sich bedroht oder werden tatsächlich angegriffen, beispielsweise durch „Jackenabziehen“, Erpressungen unter Kindern und Jugendlichen und Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein weiteres Problem stellen

Einbrüche und insbesondere die Gewalt innerhalb der Familie dar.

Qualitätsziele Die Berliner fühlen sich im öffentlichen und privaten Raum jederzeit sicher. Gewalttätiges Handeln wird weder in der Öffentlichkeit noch in der Privatsphäre akzeptiert. Die alltäglichen Umgangsformen sind von Toleranz, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme und Verantwortung geprägt. Die individuelle Verantwortung für das Gemeinwesen und die Nachbarschaft ist hoch. Die öffentlichen Präventions- und Hilfsangebote sind bekannt und werden durch nachbarschaftliche Aufmerksamkeit ergänzt.

Handlungsziele

• Reduzierung der bekannt gewordenen Straftaten um 30 %.

• Halbierung der bekannt gewordenen Gewaltdelikte.

• Reduzierung des Anteils der Menschen, die sich unsicher fühlen, um 30 %.

• 90 % aller bekannt gewordenen Fälle häuslicher Gewalt werden 2015 angezeigt.

Maßnahmen

• Die Präventionsarbeit gegen Gewalt wird fortgesetzt. Hierzu gehört eine verbesserte Information über das bestehende Angebot.

• Die Antigewaltprogramme in den Schulen werden fortgesetzt, das Mediatorentraining für Schüler wird ausgebaut.

• Antigewalt- und Sicherheitsprogramme für ältere Menschen und Frauen werden erweitert.

• Frauenhäuser und andere Zufluchtsorte für Frauen, Kinder und Jugendliche werden erhalten.

• Bestehende Maßnahmen zur Steigerung des Selbstwertgefühls der Betroffenen sowie zur Förderung eines selbstbestimmten Lebens werden beibehalten und ausgebaut.

• Die Präventionsmaßnahmen sowie die Zusammenarbeit der Stadt mit den Verkehrsbetrieben zur Sicherheit in Bahnhöfen werden fortgeführt und intensiviert. Gleiches gilt für die Beratung zur Verhinderung von Einbrüchen sowie die Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Polizei.

II. Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation – Potentiale der Bürgerinnen und Bürger nutzen und fördern

1. Problembeschreibung

Die Diskussion über die gesellschaftliche Entwicklung ist davon geprägt, dass die Bürgergesellschaft ein höheres Maß an Eigenverantwortung und Mitgestaltung fordert, andererseits aber das längerfristige Engagement in Parteien und Verbänden immer mehr abnimmt. Dem gegenüber wächst die Bereitschaft zum gesellschaftli

chen Engagement, zur intensiven Mitwirkung und auch Mitbestimmung – gerade auch junger Menschen – in anderen traditionellen und neuen ehrenamtlichen Tätigkeitsfeldern in bemerkenswerter Weise. Parallel dazu werden Rufe nach dem Staat laut, um die drängenden gesellschaftlichen Probleme mit genügend Durchsetzungskraft anzugehen. Bei dieser widersprüchlichen Ausgangssituation gilt es anzusetzen und zu beschreiben, welches die heutigen und künftigen Anforderungen an den Staat und die Bürgergesellschaft sind und mit welchen Maßnahmen eine gelebte Partizipation weiterentwickelt werden kann.

Ohne verantwortungsvolles Handeln der Politik kann die Entwicklung nicht zukunftsfähig gestaltet werden, der Staat kann aber nicht alle Probleme einer Gesellschaft allein lösen. Er wird in höherem Maße als bisher das bürgerschaftliche Engagement mit einbeziehen müssen. Politik muss mit politisch-rechtlichen Instrumenten die Rahmenbedingungen für das Engagement und die Beteiligung der Bürger und Unternehmen überall dort ändern, wo es ohne diese Maßnahmen zu Marktversagen und Fehlentwicklungen kommt (vgl. Abschnitt A und Handlungsfeld Wirtschaften und Arbeiten VI). Ebenso wichtig sind somit die Selbstorganisation, die Selbsthilfe und das ehrenamtliche Engagement der Bürger eines Gemeinwesens. In den Verfahren zur sozialen Stadtentwicklung ist deutlich geworden, dass die staatlichen Institutionen überfordert sind, wenn sie das vorhandene Potenzial nicht nutzen. Die Rahmenbedingungen hierfür gilt es zu entwickeln.

2. Leitbild

Politik und Verwaltung Berlins erschließen das soziale Kapital und fördern Engagement, Selbsthilfe und Partizipation der Bürger in allen Lebens- und Politikbereichen. Sie beziehen es als selbstverständlich in ihr Handeln ein. Das gesellschaftliche Leben der Stadt ist geprägt von großem Engagement der Bürger. Sie bringen ihr Potenzial, ihre Vorstellungen und ihr Wissen durch umfassende Partizipationsmöglichkeiten in die verschiedenen Bereiche und Entscheidungsprozesse ein. So nutzen sie die Chance der Aktivierung ihrer selbst, zur Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung, zur Verbesserung ihrer Lebensqualität und ihres Selbstwertgefühls.

Partizipation der Bürger – im Sinne einer aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung der sie betreffenden Angelegenheiten – umfasst den Bereich der sozialen Selbsthilfe und die Willensbildungs- sowie Entscheidungsbereiche des öffentlichen Lebens. Die vorhandenen attraktiven und sinnvollen Möglichkeiten für Bürger zur Beteiligung im Alltag sind allgemein bekannt und akzeptiert. Das Vertrauen der Politik und Verwaltung in die Potenziale und Fähigkeiten der Bürger ist gestiegen.

3. Teilbereiche

3.1 Aktivierung des Bürgerengagements

Parteien, Initiativen und Vereine gestalten das kommunale Miteinander. Das ehrenamtliche Engagement ist

die wesentliche Voraussetzung hierfür. Ohne die Stärkung des Engagements und der Selbsthilfe kann sich Berlin nicht zukunftsfähig entwickeln. Dabei ist von hoher Bedeutung, bestehende bürgerschaftliche Initiativen aufzunehmen und weitere zu entwickeln. Besonders wichtig ist es, hierbei Kinder und Jugendliche einzubeziehen. Nur so können sie frühzeitig lernen, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv an demokratischen Prozessen zu beteiligen. Weiterhin ist prioritär, den Bürgern die Möglichkeiten von Engagement und Beteiligung durch umfassende Information näher zu bringen und sie durch geeignete Maßnahmen zu aktivieren. Hierzu bietet sich in Berlin erhebliches Potenzial.

Qualitätsziele Die Bürger fühlen sich verantwortlich für die Entwicklung der Gesellschaft und ihrer unmittelbaren Umgebung (Nachbarschaft und Ortsteil). Sie entwickeln Kraft und Fähigkeiten, in ihrem Alltag auch manche Widrigkeiten zu bewältigen, sich und ihre Mitmenschen von Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, soweit möglich, unabhängig zu machen und sich aktiv in die Gestaltung des Gemeinwesens einzubringen.

Berliner Bürger sind nicht allein Betroffene politischer Entscheidungen, sondern im Sinne von „aktiver Bürgerschaft“ für das Wohl der Stadt mit verantwortliche Akteure. Die Verwaltung empfindet sich als Dienst leistend für die Bürger und das Bürgerengagement als selbstverständlichen, weiter zu fördernden Bestandteil der Demokratie. Verwaltungsmodernisierung und Stärkung der bürgerschaftlichen Verantwortung sind zwei Seiten einer Medaille. Dabei ist der Verwaltung bewusst, dass sie den Bürgern die Möglichkeiten der Beteiligung näher bringen muss. Die in Partizipationsprozessen eingebrachten Anregungen sind aufzunehmen und in die Abwägung einzubeziehen. Negative Prüfergebnisse bedürfen einer nachvollziehbaren Begründung, um die Motivation zur Beteiligung auch langfristig zu erhalten.

Gerade auch die jungen Menschen in der Stadt übernehmen frühzeitig Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Gesellschaft. Berlin schafft positive Lebensbedingungen für junge Menschen: In einem lebendigen Sozialraum wirken Kinder und Jugendliche aktiv an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes mit.

Handlungsziele

• Berlin ist ein sozial geprägtes Gemeinwesen mit einer in allen Gebieten des kommunalen Lebens engagierten Bürgerschaft. Mindestens 1/3 der Bevölkerung ist ehrenamtlich tätig.

• Über Vereine und Verbände hinaus existieren in sämtlichen Berliner Bezirken FreiwilligenAgenturen als Vermittler ehrenamtlicher Betätigungsmöglichkeiten.

Maßnahmen

• Die Aktivierung des Bürgerengagements wird durch die Entwicklung einer „Anerkennungskultur“ gefördert. Hierzu gehört die Weiterentwicklung von

Maßnahmen wie der Berliner Freiwilligen Pass, Versicherungsschutz für Ehrenamtliche, Auszeichnungen usw. Dies könnte durch eine Task Force begleitet werden.

• Bestehende Freiwilligenagenturen werden ausgebaut und qualifiziert.

• Lokale Beschäftigungsbündnisse und Stadtteilgenossenschaften sowie der Aufbau und die kontinuierliche Arbeit von Bürgernetzwerken werden unterstützt.

• Selbsthilfe, professionelle Gemeinwesenarbeit und bezahlte Dienstleistung sollen enger verzahnt werden.

• Systematisch wird eine Mehrfachnutzung der öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Schulhöfe, Kitas, Seniorenfreizeitstätten oder Sporteinrichtungen umgesetzt, um so in Absprache mit den Trägern der Bürgergesellschaft die materielle Basis für ihre Entwicklung zu schaffen (vgl. Handlungsfeld Bildung VII).

• Stadtteilzentren und wo vorhanden Kiezbüros sind zunehmend die Drehscheibe für bürgerschaftliches Engagement.

• Initiativen zur aktiven Freizeitgestaltung und Bildungsförderung von Kindern und Jugendlichen werden gezielt unterstützt.

• In der nächsten Legislaturperiode werden die Möglichkeiten der Zwischennutzung von Gebäuden, Grund und Boden für alle Formen bürgerschaftlichen Engagements weiter verbessert.

3.2 Umfassende Bürgerbeteiligung: Teilhaben und Mitentscheiden

Obgleich der Obrigkeitsstaat in den vergangenen Jahrzehnten überwunden wurde, haben viele Bürger immer noch das Gefühl, dass die Verwaltung über „ihre Köpfe hinweg“ entscheidet und sich nicht an ihren Interessen orientiert.

Qualitätsziele Die Berliner Verwaltung hat in ihrer moderierenden und aktivierenden Rolle die Vernetzung des Interesses der Bürger mit der lebendigen Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements im Umwelt-, Sozial-, Sport-, Kultur- oder Gesundheitsbereich zu ermöglichen. Aufgabe des Staates ist es, die Rahmenbedingungen für das Bürgerengagement zu sichern und zu verbessern. Das Prinzip, die Bürger an sie betreffenden Entscheidungen schon im Planungsstadium umfassend zu beteiligen, wird auf gesamtstädtischer und bezirklicher Ebene realisiert. Das Anhörungsrecht in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlungen und des Abgeordnetenhauses wird weiterentwickelt. Kinder und Jugendliche werden zunehmend als Experten in eigener Sache verstanden und akzeptiert. So ist die Bereitschaft der Bürger zur Mitgestaltung in allen sie betreffenden Themen im Stadtleben weitestgehend entwickelt. Die Mehrheit der Bürger kennt die für ihre Themenschwerpunkte zustän

digen Abgeordneten und deren Erreichbarkeit auf den unterschiedlichen politischen Ebenen.