Protocol of the Session on June 8, 2006

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Rogall. – Bitte schön!

[Buchholz (SPD): Endlich!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schmalspurrede meines Vor

redners zwingt mich dazu, weniger zu den Inhalten und etwas mehr zum Entstehungsprozess der Lokalen Agenda zu sagen.

[Zimmer (CDU): Besser nicht!]

Wichtiger ist es, sich mit den Verweigerern der CDU auseinander zu setzen. Diese Partei hat in den 90er Jahren in der Tat wichtige globale Beiträge zur einer nachhaltigen Entwicklung geleistet

[Frau Ströver (Grüne): Echt? Welche?]

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Goetze hält hier eine Rede, die mit Vorwürfen gespickt ist, nachdem er sich im zuständigen Ausschuss der Arbeit verweigert hat. Das hat er trotz des mehrfachen Angebots getan. Sie sind derzeit einfach nicht zukunftsfähig, werte Kollegen von der CDU.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Gelächter bei der CDU]

Fragen Sie sich selbst eigentlich, warum Herr Töpfer nicht gekommen ist? Das würde mich schon einmal interessiere

Kommen wir zu den Grünen: Die Grünen haben die Entwicklung einer mehrheitsfähigen Agenda zunächst eher behindert, indem sie versuchten, sich einzelne Rosinen herauszupicken, statt sich an der Erarbeitung einer Gesamtagenda zu beteiligen.

[Zuruf von den Grünen: Die Agenda war doch schon erarbeitet!]

Nein, das stimmt nicht! – Immerhin haben Sie sich am Ende doch zur Zustimmung zu unserem Text entschieden. Das lässt mich für die Zukunft hoffen.

Die Koalitionsfraktionen haben sich hingegen mit dem vorliegenden Text eine mehrheitsfähige Tagesordnung für das 21. Jahrhundert gegeben – lateinisch Agenda, woher der Begriff kommt. Wenn nicht für das ganze Jahrhundert, so soll es doch ein Programm für die nächsten Jahre

Nachprüfbare Ziele für eine nachhaltige Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik fehlen leider in der lokalen

Agenda. Zudem wird auf eine sehr ferne Zukunft hingewiesen, Frau Hinz, nämlich auf die Jahre 2030 oder 2050. Wir wollen hoffen, dass erste Schritte früher zu erkennen sind. Ich gebe Ihnen Recht, dass eine nachhaltige Politik immer auch einen langen Atem und lange Entwicklungszeiträume braucht, aber der erste Schritt muss irgendwann getan we

Ich gebe Ihnen einige Beispiele: Sie sprachen eben die erneuerbaren Energien an. Da gibt es in der Agenda, die Sie erarbeitet haben, explizit die Forderung, dass alle Stromlieferungen an öffentliche Einrichtungen des Landes einen steigenden Anteil an erneuerbaren Energien haben sollen. Dieses Kapitel ist aber bereits Geschichte, weil der neue Stromvertrag null Prozent erneuerbaren Strom vorsieht, sondern komplett fossil erzeugten, mein lieber Kollege Buchholz!

sein, und zwar über die Tagespolitik hinaus, die allzu oft unser politisches Handeln bestimmt. Wir verabschieden heute eine Lokale Agenda, die in sieben Handlungsfeldern – soziale Stadtentwicklung, Energiepolitik, Wirtschaft und Bildung – die Probleme der Stadt benennt, qualitative und quantifizierbare Handlungsziele festlegt und Maßnahmen zur Zielerreichung enthält. Dass die Agenda kein Papier für den Aktenschrank ist, sondern von der Koalition als ein Zukunftsprogramm ernst genommen wird, zeigt sich auch daran, dass wir heute noch eine Novelle zum Berliner Energiespargesetz einbringen, in der die ersten Teile der Agenda bereits umgesetzt werden sollen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Die Koalition hat mit der vorliegenden Agenda die Handlungsziele so quantifizierbar formuliert, dass wir den jeweiligen Zielerreichungsgrad errechnen und einen zusammengefassten Index auch für die Öffentlichkeitsarbeit verwenden können. Mit dieser Agenda können wir uns auch international sehen lassen und unsere Vorreiterrolle, die wir ausüben wollen, weiter verstärken! – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Dr. Rogall! – Jetzt hat für die Grünen Frau Kubala das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor mehr als sechs Jahren hat das Abgeordnetenhaus dem Senat den Auftrag erteilt, im Dialog mit der Berliner Bevölkerung eine Lokale Agenda zu erstellen. – Herr Rogall, hören Sie bitte einmal zu! Sie sagten, diese Agenda solle weltweite Bedeutung erlangen. Das fand ich ein wenig größenwahnsinnig, aber dazu später mehr. – Ich möchte an dieser Stelle denen danken, die ehrenamtlich über viele Jahre hinweg an dieser Agenda mitgearbeitet und sie wesentlich geprägt haben.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Klemm (Linkspartei.PDS)]

Aber was vor sechs Jahren so engagiert begann, wird heute vom Parlament mehr schlecht als recht zu Ende gebracht. Der Entwurf der Lokalen Agenda, der im Agendaforum und im Dialog mit der Bevölkerung erarbeitet wurde, wurde von der Koalition verworfen. Stattdessen haben SPD und PDS die Agenda neu- und umgeschrieben. Aus meiner Sicht ist das ein merkwürdiges Verständnis von Bürgerbeteiligung und Dialog.

[Frau Hinz (Linkspartei.PDS): Quatsch!]

Eine solche Herangehensweise, Frau Hinz, entspricht nicht dem Auftrag, der mit einer lokalen Agenda verbunden war, nämlich diese im breiten gesellschaftlichen Konsens zu erstellen. Hier haben SPD und PDS jämmerlich versagt.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

[Dr. Rogall (SPD): Heute!]

Ja, wir machen heute den ersten Schritt. Sie haben das im März in der Plenarsitzung auch optimistisch ausgedrückt. Die lokale Agenda soll die Tagespolitik inspirieren. Herr Rogall, da ist bisher wenig Inspiration gewesen, schon gar keine nachhaltige.

[Buchholz (SPD): Aber Kraft-Wärme-Kopplung!]

Fossil und erneuerbar erzeugter Strom, dazwischen gibt es einen Unterschied, lassen Sie sich den einmal von Herrn Rogall erklären.

Darüber hinaus werden wir heute beschließen, dass die Ausschreibung zur Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen und Kantinen mit regionalen Produkten erfolgen soll und der ökologische Landbau zu berücksichtigen ist. Leider haben wir diesbezüglich in den entsprechenden Ausschreibungen nichts gefunden, ein weiterer Beleg dafür, dass Anspruch und Wirklichkeit für eine zukunftsfähige Politik noch weit auseinander liegen.

Ein weiteres Beispiel: Straßen sollen zurückgebaut werden. Stattdessen baut der Senat die Autobahn, die „tangentiale Verbindung Ost“ in Köpenick und weitere Straßen. Es ließen sich noch weitere Beispiele dafür finden, dass wir von einer zukunftsfähigen Politik noch weit entfernt sind.

Wir werden dieser Vorlage aber dennoch zustimmen, auch wenn es uns schwer fällt und wir viele Kritikpunkte teilen, die die CDU vorgetragen hat, Herr Rogall. Aber wir müssen gemeinsam ein Zeichen setzen für die vielen engagierten Bürgerinnen und Bürger, die an der Agenda über viele Jahre mitgearbeitet haben. Es wird Zeit, dass zwölf Jahre nach Rio ein Zeichen gesetzt und eine Etappe des Agendaprozesses zum Abschluss gebracht wird, damit endlich die Nachhaltigkeit in die Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik – in jedes Politikfeld – Eingang findet.

[Beifall bei den Grünen]

Dazu wollen wir uns heute mit der Lokalen Agenda verpflichten. Wir hoffen, dass die Lokale Agenda Eingang

Das schreibt ein Professor für Ökologie. Ich empfehle Ihnen allen, dieses Buch – „Das ist Ökologie“ von Prof. Hansjörg Küster – zu lesen. Darin steht übrigens ganz unmissverständlich:

findet in die Tagespolitik und diese wiederum im Sinne der Lokalen Agenda nachhaltig wird.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kubala! – Das Wort für die Fraktion der FDP hat nunmehr der Kollege Hahn. – Bitte schön, Herr Hahn, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun liegt er vor, der gesamte Kuchen mitsamt Rosinen, der Antrag der Koalitionsfraktionen zur Lokalen Agenda 21. Das vorgelegte Dokument ist demnach keine Bürger-Agenda, sondern ein von in der Verantwortung stehenden Politikern geprüftes und überarbeitetes Programm, das dem Senat als Leitkonzept für die Berliner Politik dienen soll. Wir diskutieren hier also einen Zukunftsentwurf von Rot-Rot,

[Klemm (Linkspartei.PDS): Quatsch!]

mit Leitideen, Handlungszielen und Maßnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss ernst genommen werden. Ich gebe zu, dass mir das angesichts des Inhalts schwer fällt. So finden sich in dem Kapitel „Berlin in der märkischen Landschaft“ gleich zu Beginn folgende Sätze zum Zukunftsbild unserer Region:

Als Gegengewicht zur Globalisierung hat sich Berlin mit Brandenburg auf seine regionalen Potentiale besonnen. Die städtische und regionale Entwicklung geschieht im Einklang mit der Natur, regionale Wirtschaftskreisläufe greifen ineinander.

[Beifall des Abg. Klemm (Linkspartei.PDS)]

Sie klatschen dazu? Ich könnte es mir leicht machen und sagen, das klingt wie eine Art Neuauflage des Morgenthauplans für Berlin. Aber dieses Bild ist geradezu erschreckend naiv. Sie stellen sich tatsächlich vor, dass sich die Metropole Berlin auf die regionalen Wirtschaftskreisläufe zurückziehen und in einer Idylle der Selbstgenügsamkeit weiterleben kann. Dem entspricht im Übrigen auch die „Ausgangserkenntnis“ Ihrer Agenda, die Sie aus der Charta von Aalborg aus dem Jahr 1994 übernommen haben. Sie lautet:

Wir verstehen, dass unsere derzeitige städtische Lebensweise (...) uns für die vielen Umweltprobleme wesentlich verantwortlich macht, denen die Menschheit gegenübersteht.