Protocol of the Session on April 6, 2006

[Liebich (Linkspartei.PDS): Sonderschule oder was?]

Da muss durchgegriffen werden, daran führt überhaupt kein Weg vorbei.

[Beifall bei der FDP]

Das ist das Problem: Da ist bei Ihnen nämlich Schluss. Es geht aber nur aus einer Mischung aus Repression und Prävention.

[Eßer (Grüne): Wohin? Wohin sollen die gehen? – Zurufe der Abgn. Doering (Linkspartei.PDS) und Liebich (Linkspartei.PDS)]

Der letzte Punkt: die Wirtschaftspolitik. Wir können die Schülerinnen und Schüler noch so gut ausbilden, was jedoch nichts nützt, wenn sie keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben – wie in dieser Stadt. Neben dem bildungspolitischen wird hier auch das wirtschaftspolitische Versagen des Senats spürbar. Sie haben die Arbeitslosenquote in dieser Legislaturperiode von 15,6 auf 18,7 % gesteigert; Sie haben dafür gesorgt, dass in dieser Stadt Familien mit drei oder mehr Kindern zu mehr als 50 % unterhalb der Armutsgrenze leben. Es gibt 70 000 mehr arme Berliner seit Ihrem Regierungsantritt. Sie haben gezeigt, dass sozialistisch nicht sozial ist.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Dieses komplette wirtschaftspolitische Versagen trägt mit dazu bei, dass auch bei bester Ausbildung, bei bester Vorbildung Perspektivlosigkeit herrscht. Die müssen wir beseitigen, wenn wir wollen, dass wir zu Zuständen kommen, die Berlin gebühren und die Berlin verdient hat. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Lindner. – Jetzt erhält der Senat das Wort. – Herr Senator Böger – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorgänge an der Rütli-Schule waren und sind ein Alarmsignal. Aber Sie sind nicht der Weckruf für die Bildungspolitik des Senats gewesen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Frau Senftleben (FDP): Wie laut muss der Wecker denn sein? – Henkel (CDU): Ach!]

Der Senat von Berlin hat in seiner Amtszeit die Probleme von Gewalt zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt, verschwiegen oder gedeckelt.

[Hoffmann (CDU): Er hat sie liegen lassen!]

Im Gegenteil: Dieser Senat steht in der Kontinuität der Senate vor ihm, weil es nämlich bereits seit 1994 – ich glaube, da war Klaus Wowereit noch nicht Regierender Bürgermeister, sondern es gab eine große Koalition –

[Ritzmann (FDP): Aber in der Regierung war die SPD schon, oder?]

eine Landeskommission gegen Gewalt gibt, die verschiedene Ressorts umfasst. Warum wurde diese Entscheidung wohl gefällt: Weil es damals keine Gewalt gegeben hat? – Man hat damals erkannt, dass es in Berlin aus vielerlei Gründen an vielerlei Orten Gewalt gibt. Damals hat man sich dazu entschlossen eine ressortübergreifende Struktur zu schaffen und gegen Gewaltstrukturen zu arbeiten. Seit dieser Zeit wird systematisch Gewalt gemeldet, analysiert und strukturelle Maßnahmen dagegen organisiert. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, vor allem jene Zugereiste, die, kaum dass sie in der Stadt sind, etwas von Schande für Berlin erzählen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Mutlu (Grüne): Sehr respektvoll!]

Das haben wir gern, kaum in Berlin angekommen, und schon so eine Schnauze und von Schande reden. Die haben wir gerne, Herr Dr. Lindner!

[Hoffmann (CDU): Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?]

Aber Berlin ist offen, da bin ich mit Ihnen einig. Ich finde, wir brauchen alle.

[Frau Senftleben (FDP): Aber besonders! – Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

sondern auch an Gesamtschulen und Grundschulen. Ich warne alle davor, dieses Problem auf eine der Schulstrukturen zu reduzieren. Dies wäre ein verhängnisvoller Fehler.

[Beifall bei der SPD – Frau Senftleben (FDP): Das erste Richtige, was Sie heute sagen!]

Es bringt uns nicht voran, hier so zu diskutieren. Wir müssen die Dinge Schritt für Schritt analysieren und einige Konsequenzen erneut ziehen.

Der Auffassung, das sei nun ein Problem, weil es einen Senator gäbe, der Maulkörbe verteile, will ich auch gleich widersprechen. Wissen Sie, wenn Sie in den letzten Jahren die Zeitungen gelesen haben,

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Ja, eben!]

kann ich alles sehen, aber keine Maulkörbe für Lehrerinnen und Lehrer.

[Frau Senftleben (FDP): Nein, es ist immer der Sitter dabei!]

Die Richtlinien, die es gibt, bedeuten, dass Schulleiter oder Schulleiterinnen, die ihre Schulen in eigener Verantwortung leiten, über ihre Schulen selbstverständlich in kompletter Eigenverantwortung Auskunft geben können. Das ist gut und richtig so. Da gibt es keine Maulkörbe.

Nur in Berlin kann das Einschulungsalter vorgezogen werden. Die anderen reden darüber, wir in Berlin haben es gemacht. Die Kinder kommen früher in die Schule. Jetzt sage ich Ihnen in allem Ernst: Die Kita als Bildungseinrichtung – ja, das muss gemacht werden; ein Sprachtest – ja, muss gemacht werden. Aber wir können doch nicht in allem Ernst dem bayerischen Vorschlag folgen und sagen: Wer lernen will, darf nicht in die Schule, sondern muss so lange draußen bleiben, bis er lernen kann. Wohin kommen wir denn da? – In der Schule muss und kann gelernt werden!

Aber es kann auch nicht richtig sein, dass man zu allen Anlässen und Fragen, die die Schule betreffen, ohne dass die Schulleitung davon weiß, etwas nach außen trägt. Das kann nicht sinnvoll sein. Das ist keine Kritik an dem Brief des Kollegiums der Rütli-Schule, das möchte ich festhalten. Vorhin habe ich das klargestellt. Hier hat es offensichtlich Kommunikationsprobleme auf der Ebene der Schulaufsicht gegeben. Aber es ist nicht fair, und es ist falsch zu sagen, die Kollegen von der Schulaufsicht vor Ort hätten dies vier Wochen ruhen lassen. Das ist nicht wahr.

[Frau Senftleben (FDP): Sie haben die Brisanz nicht erkannt!]

Es hat in dieser Zeit Gespräche und Hilfestellungen gegeben. Ich bitte um Fairness, das zu realisieren. Es ist nicht so, dass alle gesagt hätten: „Wir ziehen unseren Schal vor die Augen, dann sind die Probleme, die wir dann nicht sehen, nicht in der Welt.“ – Das ist falsch.

[Eßer (Grüne): Das ist das rot-rote Prinzip! – Ah! von der Linkspartei.PDS – Hoffmann (CDU): Deshalb bleibt das auch unwidersprochen! – Zuruf des Abg. Doering (Linkspartei.PDS)]

Was die Prinzipien von Rot-Rot in der Bildungspolitik betrifft,

[Zuruf von der CDU: Nicht schon wieder!]

so möchte ich Ihnen ein paar Punkte nennen.

[Hoffmann (CDU): Kann dann nicht so lange dauern!]

Da reicht die Redezeit nicht, bei dem vielen in der Bildungspolitik dieser Stadt, über das diese Koalition nicht nur geredet, sondern das sie faktisch verändert hat. –

[Mutlu (Grüne): Siehe Rütli-Schule!]

Ich habe gestern im Deutschen Bundestag von allen Seiten Beifall bekommen, von der Linkspartei.PDS, der SPD, den Grünen und dann auch noch versehentlich von der CDU/CSU als ich gesagt habe, was wir alles getan hätten sei keine bayerische Kabinettsvorlage. Sie haben nur „bayerische Kabinettsvorlage“ gehört und haben sofort geklatscht.

[Heiterkeit]

Doch ich will Sie noch einmal aufklären, was wir wirklich gemacht haben. – Da wäre es gut, wenn ein Mann wie Dr. Lindner, der hier erstmalig zur Bildungspolitik spricht, zuhört, damit er weiß, was läuft.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Barth (Linkspartei.PDS)]

Es gibt in Berlin als einzigem Bundesland in der Bundesrepublik verpflichtende Sprachkurse für ein Kind, bei dem Defizite festgestellt wurden. Wenn man sein Kind nicht in diesen Sprachkurs von 320 Stunden bringt, dann gibt es auch in Berlin die Möglichkeit von Zwangsgeld. Das wird auch verhängt. Weil wir Weggucken nicht zulassen.

[Steuer (CDU): Was ist mit den Hauptschulen?]

Das ist ein wichtiger Schritt. Das gibt es woanders gar nicht.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Frau Senftleben (FDP): Das gibt es in Hessen schon länger als in Berlin!]

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Hoffmann (CDU): Und wenn das nicht klappt?]

In dieser Stadt sind alle Grundschulen ausgebaut oder im Prozess des Ausbaus als Ganztagsgrundschulen begriffen. Auch das ist eine absolut richtige Maßnahme. Dieser Senat hat den Ausbau von Ganztagsgrundschulen in jenen Regionen konzentriert, die wir soziale Brennpunktgebiete nennen, weil dort die Kinder längere Zeit Chancen haben, gemeinsam zu lernen und zu leben. Dies wird auch Ergebnisse und Früchte tragen. Davon bin ich fest überzeugt.