Die vorgelegte Veränderung der föderalen Ordnung stärkt die Landesparlamente. Dieser Aspekt darf nicht zu kurz kommen. Bislang konnten die Regierungsvertreter im Bundesrat relativ autonom entscheiden. Jetzt müssen die wesentlichen Kompetenzzuwächse selbstverständlich durch die Landesparlamente mit abgestimmt werden. Wenn wir für Strafvollzug, Untersuchungshaftvollzug, Versammlungsrecht, Ladenschluss, Gaststättenrecht, Heimrecht, Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrecht der Landesbeamten und Landesrichter, Hochschulrecht, soweit nicht Hochschulzulassungen und Hochschulabschlüsse betroffen sind, dort aber auch im Rahmen von Abweichungsmöglichkeiten, Behördeneinrichtungen und Verwaltungsverfahren, soweit nicht bundesweit verbindlich, Festlegungen des Grunderwerbssteuersatzes und eigenständige Planungen und Finanzierungen des Hochschulbaus zuständig sein werden, dann sind das Maßnahmen, die demnächst alle vom Berliner Landesparlament beschlossen werden müssen. Das ist eine Kompetenzverlagerung, die auch richtig ist, denn hier müssen die Entscheidungen für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt getroffen werden. Wenn der Bund ein vernünftiges Umweltgesetzbuch gemacht hat, wozu er ausdrücklich aufgefordert ist, aber Zeit hat bis zum Ende des Jahres 2009, wir beispielweise vom Umweltrecht abweichen wollen, müssen wir uns vor unseren Bürgerinnen und Bürgern rechtfertigen, warum wir dies tun und vielleicht in Berlin weniger Umweltschutz gewährleisten, als es der Bund vorgegeben hat. Warum sollten wir eine solche Debatte nicht führen? Wo bleibt denn da das Selbstbewusstsein eines Landesparlaments? – Ich sehe hier überhaupt keine Konkurrenz, sondern etwas Notwendiges.
Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
Diese drei Sätze klingen erst einmal relativ selbstverständlich, aber jeder weiß, dass es nicht selbstverständlich war, insbesondere den mittleren Satz in das Grundgesetz aufzunehmen. Es gab in der ersten Runde der Diskussion bis in die Nachtsitzung hinein immer noch Bestrebungen, gerade diesen Satz herauszunehmen. Deshalb bin ich zufrieden, dass dies nun keiner mehr in Frage gestellt hat. Dies ist ein Erfolg für Berlin, weil sich das Bewusstsein des Bundes und der anderen Länder verändert hat, nämlich dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass der Bund für die Repräsentation des Gesamtstaats in Berlin zuständig ist. Wir sind dankbar, dass dies erreicht worden ist. Deshalb danke ich allen recht herzlich, die dabei mitgewirkt haben!
Selbstverständlich sind Grundgesetzartikel nicht immer mit direkten Zahlungen verbunden. Da warne ich Neugierige! Es ist erst einmal das Bekenntnis und eine Handlungsgrundlage für den Bund. Sie erinnern sich an die Debatten über die Übernahme der Akademie der Künste durch den Bund. Da hat das Land BadenWürttemberg dem Bund generell das Recht bestritten, dass es das überhaupt tun darf. Mit der Grundgesetzänderung dürfte dies nun klargestellt sein. Der Bund darf es, wenn er es denn tut. Dass eine Bundesregierung – egal, in welcher Zusammensetzung – in Zeiten, in denen die öffentlichen Haushalte nicht gerade reichlich mit Einnahmen gesegnet sind, nicht einfach daherkommt und sagt: Was hättet ihr denn gerne? Ich schütte das Füllhorn aus –, das ist selbstverständlich. Wir werden nach wie vor bei allen Themen – seien es die innere Sicherheit, die Kultur oder andere Gemeinschaftsprojekte – mit dem Bund darum ringen müssen, dass er die Maßnahme als wichtig für die gesamte Republik anerkennt. Ein Bereich, wo es schon gelungen ist, ist beispielsweise die Museumsinsel. Da wird deutlich, das ist ein nationales Kulturerbe, ein Weltkulturerbe. Dies hätte Berlin allein nicht stemmen können. Da beteiligen sich über die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch die Länder an den Kosten. Der Bund hat die Renovierungskosten übernommen. Wenn er noch mehr tun kann, umso besser. Wir würden uns darüber freuen. Aber das ist ein Diskussionsprozess. Wir hoffen, dass sich der Bund auch bei der Staatsoper und anderen Kultureinrichtungen engagiert und beispielsweise Investitionskosten mit übernimmt. Das wird den Verhandlungen mit dem Bund noch überlassen sein müssen. Da wird es harte Verhandlungen geben.
Selbstverständlich werden andere Länder auch gucken, ob Berlin zu viel bekommt, und eventuell selbst Ansprüche
Wenn wir aber meinen, es ist überzeugend, dass wir etwas anders regeln als etwa in Baden-Württemberg oder Bayern, müssen wir die Verantwortung übernehmen, und dann werden wir es auch unseren Bürgerinnen und Bürgern gegenüber klar machen können, warum wir abgewichen sind. Das ist eine Chance anders zu handeln, wenn auf Grund der Ortsnähe bessere Erkenntnisse vorhanden sind.
Bezüglich des Strafvollzugsgesetzes hätte ich damit leben können, wenn es weiterhin auf der Bundesebene geblieben wäre. Bis zum Schluss der Beratung habe ich diesen Gedanken hineingetragen. Es hat hierfür leider keinen Konsens gegeben. Das bedauere ich. Aus fachpolitischer Sicht stehe ich an der Seite der Justizsenatorin, die das auch im Namen des Abgeordnetenhauses in den entsprechenden Beratungen immer unterstützt hat. Dies ist einer der Punkte, der im Wege des Kompromisses geklärt worden ist. Wenn wir hätten allein entscheiden können, wäre dieser Punkt weiterhin auf Bundesebene verblieben.
Was nach allgemeiner Einschätzung wegfällt, ist die Möglichkeit, mit Sonderprogrammen beispielsweise Ganztagesschulen – und zwar Bauten, nicht Lehrer, das hat es bisher auch nicht gegeben – zu fördern. – Herr Ratzmann! Sie wissen bei diesem Punkt ganz genau, dass dies vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden wäre, wenn ein Land gegen diese Vorgehensweise geklagt hätte. Denn auch mit der bisherigen Verfassungslage ist diese Verfahrensweise in Reinkultur nicht zulässig. Frau Schavan – damals noch Kultusministerin in BadenWürttemberg – war die Erste, die den Bund darauf hingewiesen hat, dass dies nach der Grundgesetzlage nicht möglich ist. Wir und andere Länder haben davon profitiert, und nun wird es zu Ende geführt. Das ist der einzige Punkt, der sich verändert.
Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen auf folgenden Gebieten in Fällen überregionaler Bedeutung zusammenwirken: 1. bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen, 2. bei der Förderung der wissenschaftlichen Forschung an Hochschulen sowie von Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten.
Die Beratungen fangen insofern erst an, als es gesetzestechnisch nun erst in den Ausschüssen und im Parlament im Bundesrat beraten wird. Jeder muss jedoch nach der zweijährigen Vorbereitung und dem Parallelverfahren wissen, dass eine Änderung an elementaren Teilen die Mehrheiten in dem jeweils anderen Bereich gefährdet. Das ist kein Druck, den man aufmacht, Herr Ratzmann, sondern das ist ein Appell an das Verantwortungsbewusstsein. Wenn man in einem Zeitraum von zwei Jahren sinnvolle Veränderungen gemeinsam vereinbart hat und Kompromisse eingegangen ist, wobei sich selbstverständlich nicht jeder 100-prozentig durchsetzen konnte, muss man eine Gesamtbewertung durchführen. Ich erwarte, dass diese zu einem positiven Ergebnis führt. Dann muss man sich auch zurücknehmen, sonst wird diese Föderalismusreform nicht zu Stande kommen. Das ist kein Drohen, sondern eine Erkenntnis aus dem zweijährigen Diskussionsprozess.
Deshalb wird es im Bereich der Bildung keine Veränderung geben. Ich kann nachvollziehen, warum etliche sagen, dass eine Veränderung nötig wäre. Das erste Mal ist die Föderalismusreform aber gerade an dieser Bildungsfrage gescheitert. Sie wissen genau, dass wir ein föderales System haben, womit wir zu der Grundsatzfrage kommen, die wir vorab beantworten müssen: Die Kulturhoheit der Länder ist traditionell das Kernelement des Föderalismus. Wer glaubt, dieses Kernelement wegneh-men und dabei eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat erhalten zu können, der irrt. Damit verabschiedet man sich vom Föderalismus.
Ich glaube auch nicht, dass es ernsthaft gut sein könnte, wenn Frau Schavan die Dienstvorgesetzte für 700 000 Lehrerinnen und Lehrer in der Bundesrepublik Deutschland und zuständig für die zigtausend Schulen wäre, um ein einheitliches Bildungssystem wie in Frankreich durchzusetzen. Dies ist in Deutschland nicht machbar!
Doch! Das ist letzten Endes die Konsequenz, wenn Sie die Zuständigkeit der Länder in Frage stellen. Ich frage Sie: Worum geht es dann? – Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung!
Die Bildungsplanung! Wunderbar, Herr Ratzmann, Sie hätten mir gern erklären können, wie die Bildungsplanung bislang in der Bundesrepublik Deutschland aussah. Sie hat de facto nicht stattgefunden. Deshalb ist ihr Wegfall auch kein Problem, und sie wird ersetzt: Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich
und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken. Das ist kein qualitativer Nachteil zu der bisherigen Formulierung der Bildungsplanung.
Im Hochschulbereich ist selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit des Bundes gegeben, auch mit den Ländern gemeinsam Förderprogramme zu machen. Das ist im Bereich der Wissenschaft ausdrücklich so formuliert:
Damit ist nach wie vor auch die Exzellenzinitiative möglich. Das heißt die zig Milliarden, die der Bund gibt, können weiterhin fließen, und die Länder müssen sie kofinanzieren. Auch das hat sich nicht verändert. Wer behauptet, es sei ein Abbau von Rechten des Bundes vorgenommen worden, der liegt fal
Herr Zimmermann hat schon darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht in den Fragen der Hochschulrahmengesetzgebung die Kompetenz des Bundes, die er sich angeeignet hatte, schon längst weggenommen hat – Beispiel: Studiengebühren. Hier war gar nichts vorhanden. Wir haben nach wie vor bei Zulassungen und Abschlüssen die Möglichkeiten, etwas gemeinsam zu tun. Die Länder können aber davon abweichen.
Die Frage, ob ein Professor einem Ruf hierher folgt, hängt nicht von der Kompetenz der Länder in Besoldungsfragen ab: Heutzutage ist entscheidend, welchen Inhalt die Berufungszusage insgesamt hat. Das wissen Sie ganz genau. Nach dem bestehenden System besteht die Konkurrenz nicht in der Zusage einer sofortigen Verbeamtung oder einer bestimmten C-Besoldung, sondern es geht um Zusagen in der Berufung, die in die Millionenhö
Deshalb sage ich – PISA-Studie hin oder PISA-Studie her –: Die Länder sind auch in der Lage, ohne zentrale Kompetenz des Bundes ihre Ergebnisse zu verbessern,
und das Land Berlin das auch schon getan. Wir sehen in den neuen Vergleichen, dass es besser geworden ist. Es war gut, dass wir das gemacht haben, und es gibt die Kultusministerkonferenz – –
Frau Klotz! Das ist leider ein Vorurteil, das immer wieder gepflegt wird. Man kann zur Kultusministerkonferenz kritisch Stellung nehmen, aber sie hat es über Jahrzehnte geschafft, einheitliche Standards hervorzubringen und vorzugeben.
Wir kommen zur FDP: Herr Lindner! Ich war gespannt auf Ihr finanzpolitisches Konzept. Aber ich sage Ihnen klipp und klar: Dieses finanzpolitische Konzept wird in der Finanzreformdebatte nicht durchsetzbar sein, jedenfalls nicht mit der SPD und schon gar nicht mit meiner Stimme im Bundesrat. Ich bin vehement dagegen. Das haben wir hier schon einmal ausdiskutiert. Man kann meinetwegen über die Abschaffung der Gewerbesteuer vortrefflich streiten, aber dann muss man sie ersetzen.
he gehen. Da können reichere Länder und Hochschulen, die mit Unternehmen zusammenarbeiten, heute schon mehr bieten, als dies in Berlin der Fall ist.
Deshalb ist die Aussage des Wissenschaftssenators falsch, dass wir uns dieser Konkurrenz nicht stellen können. Wir werden uns dieser Konkurrenz stellen, und wir sind bereit, für die Exzellenzinitiative die Kofinanzierung zu übernehmen, weil wir wollen, dass unsere Hochschulen in dem Exzellenzwettbewerb nicht nur national, sondern auch international bestehen können. Hier brauchen wir keine Angst zu haben, sondern es ist unsere Verantwortung, es zu tun.
Die Auflösung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbaufinanzierung sehe ich nicht als Nachteil an. Berlin erhält von 2007 bis einschließlich 2019 Ausgleichszahlungen des Bundes für die auf die Länder abgeschichteten Aufgaben. Von 2007 bis 2013 sind das 118,7 Millionen € pro Jahr. Die Mittel, die auf den Hochschulbau entfallen, sind bis zum Jahr 2013 zweckgebunden. Sie wissen genau, dass der Bund bislang einseitig bei jeder Haushaltsberatung diese Mittel kürzen konnte, und er hat es auch in den letzten Jahren getan. Es ist ein Fortschritt, dass wir die Mittel bis zum Jahr 2013 gesichert haben. Der Bund kann nicht mehr kürzen, und sie sind zweckgebunden. Das heißt, wir können selbst darüber entscheiden, wo sie hingehen. Was ist denn falsch daran, dass sie in der Lage sind, selbst zu entscheiden, ob die Mittel nach Adlershof, ins Benjamin-Franklin oder an die Freie Universität gehen? – Es ist unsere Entscheidung, und wir müssen aus unserer Kompetenz heraus befinden, ob es richtig oder falsch ist. Was soll daran falsch sein? – Ich finde es richtig, selbst Entscheidungen treffen zu können.
Deshalb bin ich der Auffassung, dass es unter dem Strich nicht so ist, dass die Länder im Bereich der Bildung, der Hochschule dem Bund etwas genommen haben, was zur Vereinheitlichung notwendig wäre. Wir können uns grundsätzlich darüber unterhalten, einen Zentralismus in Bildungsfragen einzuführen. Ich halte davon nichts. Wir wollen doch auch die Autonomie der Hochschulen haben, auf der anderen Seite wird gefordert, alles bundeseinheitlich zu regeln. Der Weg muss doch darin bestehen, die Hochschulen auch von staatlichen Fesseln zu befreien, indem man ihnen nur einen Rahmen vorgibt und sie dann in Autonomie weiterarbeiten können – und nicht umgekehrt.
Der Bund ist weiterhin zuständig für den gesamten Jugend- und Kinderbereich. Auch das hat sich nicht verändert. Selbstverständlich ist der Bund in der Lage, weiterhin die Aufnahmepflicht in Kindertagesstätten zu regeln, und wenn er das für Krippen tun will, dann kann er es auch tun. Auch da hat sich nichts verändert.
Deshalb braucht man sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen. Es ist nach wie vor die Aufgabe der 16 Länder, etwas zu tun.