Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Atzler, das ist Ihnen zu bestätigen, Sie haben ein doch freundliches Bild unserer Stadt Berlin gezeichnet, und dafür herzlichen Dank. Denn das, was der Kollege von Lüdeke hier geleistet hat – – Nach einer Weile habe ich überlegt: Worüber redet der? Über eine irgendeine antike Ruinenstadt, kurz vor dem Versinken im Meer,
Da habe ich mir gesagt, mein Gott, die Akropolis ist auch eine Ruine, und Hunderttausende fahren hin,
vielleicht gibt es auch den Ruinentourismus der FDP. Aber ich weiß nicht, Ihr Beitrag war wenig zielführend.
Herr Pewestorff! Ich fasse mich auch ganz kurz. Soll das eine Ankündigung sein, dass Sie den Palast der Republik jetzt ähnlich wie die Akropolis behandeln wollen?
Wenn es denn um touristische Attraktionen geht und Sie solche Vorschläge machen – so viele Vorschläge kommen nicht von der FDP – muss man nicht diesen Vorschlag ernsthaft prüfen. Vielleicht fällt uns noch etwas Besseres ein. interjection: [Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dr. Lindner (FDP): Würde zu euch passen!]
Natürlich hatten wir nach 1990 Veränderungen in den Besucherströmen in die Stadt Berlin, sowohl im Ost- wie im Westteil. Natürlich ist es gut, dass die Mauer weg ist, und niemand will sie wiederhaben. [Zuruf des Abg. Borgis (CDU)]
Aber sie war – und das haben wir nach 1990 gemerkt, auch an zurückgehenden Besucherzahlen – auch ein Grund, nach Berlin zu kommen.
Und für den Ostteil der Stadt – das können Sie vielleicht nicht wissen – waren auch billige Kindersachen und preiswerte Wecker für viele ein Grund, die Reise nach Berlin zu machen.
Aber wenn wir denn über Tourismus als Wirtschaftsfaktor reden, reden wir ja auch über das, was wir als Parlament, was die öffentlichen Hände leisten können. Und da warne ich vor allen Forderungen, die Geld kosten. Wir müssen uns daran gewöh
nen, dass weniger Staat auch hier auf diesem Gebiet der praktischen Wirtschaftsförderung für den Tourismus notwendig sein wird in Zukunft und dass mehr private Initiative Platz greifen muss und, ich hoffe, auch kann.
Dazu sind natürlich auch Verwaltungsvorschriften zu ändern. Und in Berlin scheint es offensichtlich leichter zu sein, einen Hinweis zum nächsten Supermarkt an einen Laternenpfahl anzubringen als ein Hinweisschild zum nächsten Hotel. Es gibt vieles, das vorbereitet in den Schubladen liegt, das manchmal nicht nur Geld kostet, nur Ritt durch die Instanzen einer Verwaltung. Das muss möglichst schnell umgesetzt werden. Dazu gehört z. B. eine Hotelroute.
Und trotzdem ist und bleibt wahr: Wir haben in dieser Stadt, die von Strukturwandlungsprozessen gebeutelt, gestraft wurde, wo wir mehrere Hunderttausend Industriearbeitsplätze verloren haben, ist der Tourismus und die Tourismuswirtschaft auch ein Wirtschaftsfaktor, der Beschäftigung schafft, von 1998 46 000 auf jetzt immerhin 66 000 Menschen.
Und wenn vorhin von anderen über die Einkaufsmetropole Berlin diskutiert wurde, und das angeführt wurde, zitiere ich „dpa“ vom 20. März 2002:
Berlin ist Tax-free-Paradies. 2001 haben Tax-free-Einkäufe in Berlin einen Umfang von 62,5 Millionen § gehabt, eine Steigerung von 30 Prozent.
Und „dpa“ fügt hinzu: „Der Hauptteil der Käufer kam aus Russland und Polen.“ Und wenn Sie sich die ausgezeichnete – im Wortsinn ausgezeichnete, sie hat einmal einen zweiten Preis bekommen – Internetseite der Berlin Tourismus Marketing angucken, da finden Sie solche Sprachen wie Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch – alles richtig –, aber der russischsprachige Besucher findet kein Angebot im Internet. Und in dieser Stadt gibt es noch viele Menschen, die Russisch wie ihre Muttersprache sprechen, weil sie z. B. dort studiert haben. Diese Ressourcen sollten wir – nicht nur hier – möglichst schnell nutzen. [Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Krug (SPD)]
Und wenn wir dann über die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg sprechen, über ein notwendiges Tourismuskonzept, dann sollten wir dort Maßstäbe setzen. Ein solches Konzept muss innovativ sein, es muss nachhaltig für die Wirtschaftsentwicklung sein, es muss ressourcenschonend sein. Das wird dann mehr als nur ein Jahr des ökologischen Tourismus.
Aber mit Hinblick auf Touristen sollten wir jeden Eindruck vermeiden, dass wir beim Anblick des Gastes, des Fremden nur – auch verständlich – Dollar- und Eurozeichen in den Augen haben. Besucher in unserer Stadt sind ein Stück Vertrauenskredit in Stadt und Menschen, in unsere Stadt mit einer schwierigen und widersprüchlichen Geschichte. Manche kamen als Gäste und gingen als Freunde. Für uns hier ist auch die Chance der Begegnung mit der Vielfalt der Kulturen in einer Stadt der Vielfalt der Kultur und der Kulturen.
Und ich will schließen mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, der Nähe zur PDS immer relativ unverdächtig. Er hat bei der Vorstellung eines Maßnahmekatalogs der Industrie- und Handelskammer am 19. März – übrigens das Thema wieder typisch für die Stadt: die zerrütteten Berliner Finanzen und die Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts – erklärt: „Unsere Aufgabe ist es, die Stärken der Stadt zu stärken.“ – Das meine ich, gilt auch für das Parlament und alle Mitglieder in diesem Parlament. Und dazu: Die Stärken der Stadt zu stärken ist die Koalition aufgefordert, aber auch die Opposition – und herzlich eingeladen. – Vielen Dank!
[Beifall bei der PDS und der SPD – Hoffmann (CDU): Bei so einem Menschen klatschen, ist doch peinlich! – Doering (PDS): Wieder ein Problem, konstruktiv zu sein?]
Danke schön! – Für die FDPFraktion hat nunmehr der Herr Abgeordnete von Lüdeke das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in meinem Redebeitrag vorhin über die Unfähigkeit des Senats gesprochen, die Probleme dieser Stadt zu lösen. Die Probleme dieser Stadt sind wohl hinlänglich bekannt. Man kann eben einfach die Schlaglöcher im Straßenpflaster z. B. nicht wegreden. Sie sind da, und ob es Ihnen passt oder nicht passt,
jeder Tourist verspürt sie. Und da sind wir der Meinung, dass man ein Konzept entwickeln muss, wie man diese Dinge ändert.
Ich verwahre mich gegen Ihre Äußerungen, Herr Gysi, die mich in meinen Rechten als Abgeordneter beschränken zu wollen. Das Abgeordnetenhaus ist keine Werbeagentur des Senats, sondern dazu da, konstruktive Kritik zu üben – und nichts anderes habe ich getan.
[Beifall bei der FDP – Pewestorff (PDS): Wenn Sie es denn täten! Tun Sie es! – Dr. Lindner (FDP): Propagandaveranstaltung!]
Nun möchte ich aber noch auf diese Wirtschaftsteile kommen. Es gibt noch eine Vielzahl von Dingen, die man machen kann und die hier behindert werden in dieser Stadt und die es letztlich auch den Wirten nicht erleichtern, ihrer Arbeit nachzugehen. Herr Gysi, tun Sie doch z. B. einmal etwas dagegen, dass Wirte für jede Schankgenehmigung, die sie brauchen, in jedem einzelnen Bezirk einen Antrag stellen müssen. Warum gibt es nicht eine Schankgenehmigung für einen Wirt, die überall Gültigkeit hat?
In jedem einzelnen Bezirk muss er sie beantragen, und in jedem einzelnen Bezirk muss er sie bezahlen. Das wäre praktische Wirtschaftspolitik und Deregulierung, das erleichtert die Arbeit.
Der zweite Bereich, er wurde vorhin kurz gestreift, ist natürlich auch ein wichtiger, das sind die Ladenöffnungszeiten. Nehmen Sie sich dieses Problems an! Es ist für die Touristen der wichtigste Faktor, den diese Stadt zu bieten hat. Wenn in der Innenstadt an den Wochenenden die Ladenschlusszeiten wegfallen und die Leute die Möglichkeit haben, am Samstag und am Sonntag auch dort einzukaufen,
[Beifall bei der FDP – Bm Dr. Gysi: Warum sind denn Rom und Paris so erfolgreich, obwohl die Läden dort am Wochenende auch geschlossen haben?]
Also ich kann Ihnen sagen: Die Versuche mit den Ladenöffnungszeiten am Potsdamer Platz haben eine deutliche Sprache gesprochen. Denn das wurde voll angenommen. Es gab nicht das Problem, dass es den Leuten nicht gefallen hätte, nein, es hat ihnen sogar außerordentlich gut gefallen. Ich spreche nicht darüber, dass in Zehlendorf-Steglitz am Teltower Damm oder in Treptow-Köpenick in der Altstadt am Wochenende die Läden offengehalten werden sollen, sondern ich spreche darüber, dass zentrale und attraktive Geschäftslagen in der Stadt diese Genehmigung erhalten müssen, und dies unkompliziert, damit ordentlich Geld in die Stadt fließt.