Protocol of the Session on February 24, 2005

Was Sie allerdings hier tun, verehrte Kollegen von der Grünen-Fraktion, ist, dass sie wieder die Welt in Gut und Böse teilen.

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Sie sind auf der einen Seite die guten Verbesserungsparlamentarier in diesem Hause, auf der anderen Seite stehen die störrischen Besitzstandswahrer, die immer nur Bedenkenträger sind. Wenn es mal so einfach wäre! Statt sich, wie das in einem solchen Haus in Angelegenheiten, die uns angehen, üblich wäre, einmal zusammenzusetzen und über Verbesserungen im Bereich der Verhaltensmaßregeln sachlich zu reden, preschen Sie vor wie der Igel in der Fabel und rufen: „Ick bin all hier!“ Nur der Rest des Hauses, verehrte Kollegen, besteht nicht nur aus dümmlichen, hochnäsigen Hasen, sondern aus schlauen Füchsen, und deren Rat einzuholen wäre es einmal wert.

[Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Vereinzelter Beifall von der FDP]

Was ist denn eigentlich Fakt, Kollege Ratzmann? – Im Bundestag gibt oder gab es einzelne Kollegen, die für das Nichtstun Geld erhielten. Da sage ich für meine Fraktion ganz klar: Das ist inakzeptabel und gehört sanktioniert. Über Kollegen hier im Haus habe ich übrigens derartiges nicht gehört. Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der PDS und der FDP]

Was wurde dann daraus? – Plötzlich gab es einen riesen Medienaufschrei. Seit geraumer Zeit wird, nicht zuletzt aus Verkaufsgründen, eher die Bereitschaft gezeigt, selbst vermeintliches Fehlverhalten von Parlamentariern zu beklagen, statt einmal über tadellose Arbeit der Vielzahl von Kollegen in diesem Haus und in den anderen Häusern zu berichten, um damit in der Bevölkerung Vorurteile abzubauen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Plötzlich waren wieder die ganz beliebten Vorwürfe im Raum vom Raffke-Parlamentarier bis zum überbezahlten Politiker. Dann wurde daraus die Debatte, ob Politiker ohnehin neben der Abgeordnetentätigkeit berechtigt seien, in ihren erlernten Berufen zu arbeiten, und zwar ohne zu differenzieren zwischen Berufsparlamenten und Teilzeitparlamenten. Wir sind ein Teilzeitparlament mit Berufen darin, und das ist wichtig.

verhalten, als es die so genannten etablierten Parteien

Gram

Damit haben Sie den Anspruch verwirkt, sich als Partei der Gutmenschen im Abgeordnetenhaus darzustellen. – Ich danke Ihnen!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt schon oft betont worden: Das Abgeordnetenhaus ist ein Halbtags- bzw. Teilzeitparlament. Es ist deshalb nicht außergewöhnlich, dass Abgeordnete neben ihrer parlamentarischen Tätigkeit auch andere Beschäftigungen ausüben.

Nein, das ist nicht der Normalzustand! – Das ist im Interesse der persönlichen Unabhängigkeit von Parteien und der Nähe zum Alltag der Wählerinnen und Wähler sinnvoll und gewollt. Das muss noch einmal erwähnt und festgehalten werden, weil in der öffentlichen Debatte um Nebeneinkünfte von Politikern oder Bezahlung ohne Gegenleistung dieser Aspekt unseres Parlaments oft übersehen oder erst gar nicht zur Kenntnis genommen wurde.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass dies im Haus dann auch darin gipfelte, dass einige Kollegen sich gegenüber einem Berliner Presseorgan nachgerade zu rechtfertigen mussten, dass sie ihr Haupteinkommen in Berufen erzielen und nicht im Parlament. Liebe Kollegen, das ist am Rande des Erträglichen!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

In meinem Hauptberuf als Anwalt, den ich gerne und leidenschaftlich ausübe, rate ich Menschen immer, tunlichst Entscheidungen nicht unter Druck zu fällen. Das rate ich auch meiner Fraktion. Sie wird alle Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, auf Machbarkeit und Plausibilität prüfen. Sinnvollen Verbesserungen werden wir uns nicht verschließen. Aber wir haben einen Kriterienkatalog, anhand dessen wir die Forderungen prüfen. Der lautet wie folgt, jeweils auf die Regelung bezogen: 1. Verhindert die Regelung etwaigen wirklichen Missbrauch? 2. Trägt sie zur Vermeidung von Unvereinbarkeiten bei? 3. Stellt sie Abgeordnete im Hinblick auf das Steuergeheimnis und das Bankgeheimnis erheblich schlechter als Nichtabgeordnete?

[Dr. Lindner (FDP): Das schaffen sie doch gerade ab!]

4. Berührt sie in nicht hinnehmbarer Weise die Interessen von Berufskollegen? – Da Kollege Ratzmann von seiner Sozietät berichtete: In meinem Sozietätsvertrag ist es so geregelt, dass ich über mein Einkommen keine Auskunft geben darf. – 5. Steht sie im Einklang mit anderen Rechtsgütern wie z. B. der Verschwiegenheitspflicht? 6. – und das ist, glaube ich, ganz wichtig –: Wird sie dazu führen, dass Berufserfahrung nicht mehr im Parlament vertreten sein wird, weil sich z. B. Freiberufler in einer solchen Situation für den Beruf statt für das Parlament entscheiden? Dann haben wir ein Parlament von Beamten. Nichts gegen Beamte, aber darauf läuft es dann hinaus, dass nur noch die Innensicht gezeigt wird.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Rechtsanwälte, wir haben vor allem Rechtsanwälte hier!]

Rechtsanwälte sind aber sehr gut, um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wie der Kollege zu Ihrer rechten Seite.

Dann kommt die eingangs von mir gestellte Frage: Stellen die neuen Regelungen wirklich eine Verbesserung des Bildes der Parlamentarier in der Öffentlichkeit dar? Können wir damit einen Blumentopf gewinnen? – Ich denke: Nein!

Lieber Kollege Ratzmann! Wir werden keine Schnellschüsse machen, denn wenn wir das machen, sind wir sofort wieder in der Kritik. Wie gesagt: Alles sachlich debattieren. – Aber Sie, mit Ihrem Vorpreschen, Sie werden keinen Punktgewinn erzielen. Ihre Partei, lieber Kollege Ratzmann, das sei einmal deutlich gesagt, hat sich bei der Aufklärung des Visaskandals schlimmer

die so genannten etablierten Parteien jemals in vergleichbarer Situation getan haben.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herr Gram! Das war fünf Minuten auf den Punkt. – Vielen Dank! Jetzt hat für die Fraktion der PDS der Kollege Doering das Wort. – Bitte sehr, Herr Doering!

[Niedergesäß (CDU): Das ist der Normalzustand!]

Dennoch setzt sich natürlich auch die PDS für eine größtmögliche Transparenz bei der Offenlegung von bezahlten und unbezahlten Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften ein. Hierfür benötigen wir praktikable und rechtssichere Lösungen. Nicht nur in der Öffentlichkeit wurde unterstellt, dass bis auf die Grünen niemand, weder der Herr Präsident, noch die anderen Fraktionen dieses Hauses, mehr Transparenz bei Nebeneinkünften der Abgeordneten wollen. Dies entspricht aber nicht den Tatsachen, liebe Grüne!

Auch hier wurde und wird übersehen, dass es bei dieser Debatte um die Frage ging, ob Einkünfte der Abgeordneten aus einer beruflichen Tätigkeit veröffentlicht werden sollen oder ob die Angabe des Arbeitgebers und der Art der Beschäftigung ausreichend ist. In diesem Zusammenhang wurde auch das Problem der Freiberufler diskutiert. Wir haben nun einmal das Problem, dass in vielen Arbeitsverträgen geregelt ist, dass über Einkünfte bzw. Verdienste Stillschweigen zu wahren ist. So steht es auch in meinem Arbeitsvertrag. Da möchte ich vom Rechtsanwalt Ratzmann wissen, wie ich mit diesem Problem umgehe.

Aber darum kann es nach meiner Auffassung nicht gehen, das haben Sie eben auch gesagt. Es geht vor allem um Tätigkeiten von Abgeordneten in Verbänden und für Verbände, um Tätigkeiten in Aufsichtsräten, Verwaltungsräten und ähnliches, um bezahlte Tätigkeit in Vorständen und Organisationen. Es geht um Einkünfte, die

Doering

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Doering, um das zu erklären: Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sind, wenn sie in einer Sozietät sind, Gesellschafter einer Personengesellschaft. Selbstverständlich ist in diesem Antrag berücksichtigt, dass sie als Gesellschafter oder Gesellschafterin einer Personengesellschaft, einer GBR, ihren Anteil und das Einkommen, das sie aus diesem Anteil erzielen, offen legen sollen.

Worin sie geschützt sind – so ist der Antrag konzipiert –, was ihnen untersagt ist, auf Grund einer Wertung, die der Bundesgesetzgeber getroffen hat, was strafbewehrt ist, ist, das einzelne Mandatsverhältnis offen zu legen. Wenn man sich die im Augenblick über die Verdienstleistungen des Rechtsanwaltsberufes geführte Diskussion ansieht, ist allerdings Bewegung drin. Es ist ein Unterschied, ob ich angebe, wen ich in einem Strafverfahren vertrete, da geht der Mandantenschutz vor. – Aber Entschuldigung: Mittlerweile wirbt doch fast jeder damit, dass Siemens oder irgendeine andere Firma der einzige Auftraggeber in diesem Bereich ist. Wir haben regelrecht darum gekämpft, dass wir als Rechtsanwälte angeben dürfen, wo unsere Interessenschwerpunkte sind. Und warum soll ich in diesem Bereich mit der Angabe, was ich aus der Sozietät bekomme, nicht genau das veröffentlichen dürfen? – Da müssen wir endlich ein Stückchen weit nach vorn gehen.

sich aus Beratertätigkeiten ergeben oder die für Lobbyarbeit erzielt werden. Es geht also um Transparenz in Bereichen, bei denen Abgeordnete in Interessenkollision geraten können, die aus Nebentätigkeiten entsteht. Hier haben die Wählerinnen und Wähler in der Tat das Recht, zu erfahren, wer welche Interessen im Parlament vertritt.

Auf die Frage, wie bei der Veröffentlichung von Gehältern oder Einkünften der Freiberufler wie etwa Rechtsanwälten gehandelt werden soll, gibt der Antrag der Grünen keinen Hinweis,

[Ratzmann (Grüne): Doch!]

außer, dass bei diesen anzugeben ist, wo die Schwerpunkte der ausgeübten Tätigkeit liegen. Im Ergebnis der Arbeitssitzung der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesparlamente am 10. Februar in München wurde gerade in diesem Zusammenhang festgehalten, dass es bei zukünftigen Regelungen um eine Gleichbehandlung aller Berufsgruppen gehen muss. Gleichbehandlung aller Berufsgruppen, Herr Ratzmann!

Sie wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass wir uns in der Geschäftsführerrunde und im Ältestenrat darauf verständigt haben, die Verhaltensregeln für Abgeordnete, die bisher nur als Anlage der Geschäftsordnung existieren, zu überarbeiten und zum Bestandteil des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu machen. Wir haben also eine Regelung, die Abgeordnete auffordert, Einnahmen, die nicht aus der Tätigkeit des Berufs entstehen, bekannt zu geben. Auch die PDS ist der Ansicht, dass diese Regelung überarbeitet werden muss.

Sie kennen aber auch das Schreiben des Präsidenten, der über das Ergebnis der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage unterrichtet hat. In diesem Schreiben hat er mitgeteilt, dass die Konferenz eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat, die den Versuch unternimmt, ein möglichst einheitliches Regelwerk über berufliche und andere Tätigkeiten von Abgeordneten neben dem Mandat zu erarbeiten. Mit dieser Mitteilung war die Bitte verbunden, vor weiteren Beratungen im Abgeordnetenhaus die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe abzuwarten, um dann die Beratungen hier im Haus aufzunehmen.

Nun liegt ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Er wird im Rechtsausschuss zu beraten sein, und wir werden auch unsere Vorschläge einbringen. Ich hoffe darauf, dass wir in einem gemeinsamen Meinungsbildungsprozess in den Fraktionen und im Rechtsausschuss zu einer Regelung kommen, die von allen Fraktionen und Abgeordneten mitgetragen wird und die auch die Empfehlung der Arbeitsgruppe der Landtagspräsidenten berücksichtigt.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Herr Kollege Ratzmann zu einer Kurzintervention – bitte sehr! Drei Minuten, Herr Ratzmann!

Noch einmal zu dem Verfahren, lieber Herr Doering, das Sie eben geschildert haben. Im November 2003 haben wir zwei Anträge eingebracht. Der eine zielte auf die Änderung der Verfassung, die Abwahl der Position des hinter mir sitzenden, geschätzten Präsidenten.

[Zurufe von der SPD]

Ein Antrag zielte darauf, dass die Funktionsträger, die in diesem Parlament besonders herausgehoben sind, mit besonderen Veröffentlichungspflichten belegt werden. Dazu hat uns der Wissenschaftliche Parlamentsdienst gesagt: Das geht nicht in der GO, das muss in ein Gesetz. – Daraufhin haben wir im Rechtsausschuss verabredet, dass wir im Anschluss an die GO-Debatte diese Diskussion führen. Es ist richtig, dann saßen wir beim Präsidenten, und unisono kam von allen Fraktionen: Mit uns nicht, hier wird nichts verändert!

[Doering (PDS): Stimmt nicht!]

Herr Doering! Wir saßen beim Frühstück des Präsidenten, und Ihr Fraktionsvorsitzender hat, abgesetzt zu dem, was CDU und FDP gesagt haben, zusammen mit der SPD gesagt: Solange das Berliner Parlament ein Teilzeitparlament ist, sehen wir nicht ein, dass etwas veröffentlicht wird. CDU und FDP haben gesagt: Niemals und njet.

[Zurufe von der CDU, der PDS und den Grünen]

Daraufhin habe ich alle im Rechtsausschuss