Protocol of the Session on February 10, 2005

Ich meine – und das ist das, was ich Ihnen zum Vorwurf mache, Herr Hahn –, man kann nicht 10 Jahre sicherlich bedeutender Geschichte im Kontext dessen, was wir im Umgang mit dem DDR-System machen müssen, herausgreifen, wenn man so ein Haus in den Fokus seines

Die Beiräte haben ihre Arbeit noch nicht aufgenommen, die Jugendkonferenzen sind noch nicht einberufen worden – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dieser Prozess muss weiterhin mit Hochdruck vorangetrieben werden, und das Land Berlin steht in der Verantwortung, diese Umsetzung zu begleiten bzw. darauf hinzuwirken.

Wir stehen ebenfalls in der Verantwortung, dass das Fördern für die Hilfeberechtigten jetzt zügig umgesetzt wird. Wir alle sind in der Verantwortung, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition. Parteipolitische Streitereien, nein, sogar Schuldzuweisungen, wie wir heute schon am Anfang der Plenarsitzung gehört haben, sind hier fehl am Platze. Sie sind sogar gefährlich und verantwortungslos.

Interesses stellt, wie Sie es gemacht haben. Ich glaube, unser historischer Ansatz muss sein: Wenn wir uns auf so einen Ort beziehen, dann muss man ihn auch in seinen Schichtungen und seinen verschiedenen Nutzungen im Auge haben. Ich denke schon, dass dazu gehört, dass wir an diese vielfältige „Nutzung“ dieses Hauses an diesem Ort erinnern. Da gehört der 17. Juni 1953 dazu, aber da gehört eben auch die Zeit des Nationalsozialismus dazu. Ich bin gespannt, wie diese Kommission, die jetzt an dem Konzept arbeitet, sich genau in dieser Schichtung dieses Haus vornimmt. Es ist ein sehr beredtes steinernes Objekt von deutscher Geschichte, an dem man sehr viel zeigen kann. Ich würde mich freuen, wenn wir so an die Fragestellung herangehen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Vielen Dank, Frau Ströver! – Weitere Wortmeldungen liege nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4 e:

Antrag und dringliche Beschlussempfehlung

Arbeitsmarktpolitisches Rahmenprogramm prüfen

Antrag der SPD und der PDS Drs 15/3580 Beschlussempfehlung ArbBFrau Drs 15/3631

Der Antrag wurde vorab an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen überwiesen, wozu ich Ihre nachträgliche Zustimmung feststelle. Inzwischen liegt die Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 15/3631, als Dringlichkeit vor. Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Für die Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung jeweils eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Frau Grosse hat das Wort und naht sich. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst vor sechs Wochen ist die Umsetzung von Hartz IV auch in Berlin verhältnismäßig reibungslos und ruhig verlaufen. Das große Chaos, herbeigeredet von den Oppositionsparteien, hat sich nicht bewahrheitet. Dies ist angesichts der kurzen Vorlaufzeit nur durch das große Engagement aller Beteiligten, die mit der Umsetzung beauftragt waren, gelungen. Dafür sei an dieser Stelle einmal der Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agenturen und der bezirklichen Sozialämter gerichtet, die gute Arbeit geleistet haben, die Überstunden gemacht haben und nach wie vor machen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Klar war es aber auch, dass mit der Umsetzung von Hartz IV nicht alles auf einen Schlag perfekt funktionie

ren würde. Wir verkennen auch nicht, dass die organisatorische Umsetzung von Hartz IV in den Berliner Bezirken noch nicht abgeschlossen ist. So fehlen nach wie vor – sehr bedauernswert – in einigen Bezirken noch die Liegenschaften für gemeinsame Jobcenter. Hier werden wir darauf hinwirken, dass so schnell wie möglich Lösungen gefunden werden – im Interesse der Arbeitsuchenden.

[Zuruf von der CDU: Es gibt doch keinen Job!]

[Beifall bei der SPD]

Ich appelliere an Sie: Hören Sie endlich auf damit! – Was wir im Interesse der Leistungsempfangenden bei der Umsetzung von Hartz IV brauchen, ist erstens die Gewährleistung der Qualifizierungsanteile bei den Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, den so genannten Ein-Euro-Jobs. Hier werden wir landesseitig kofinanzieren.

Zweitens brauchen wir die Kontrolle, dass alle neuen arbeitsmarktpolitischen Instrumente zum Einsatz kommen. Hier muss passgerecht unterstützt werden, damit durch diese Maßnahmen der Erwerbslose die Chance erhält, auf den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden.

Und drittens brauchen wir eine Überprüfung der Rolle der Servicegesellschaften als Dienstleister für die gegründeten Arbeitsgemeinschaften in den Bezirken. Sinnvoll wäre es hier meiner Meinung nach, dass die langjährig aufgebauten Kompetenzen und die Erfahrung der Servicegesellschaften bei der Umsetzung von Hartz IV genutzt werden. Unser Antrag, den wir mit Dringlichkeit eingebracht haben, enthält diese Forderungen und sieht eine Anpassung des arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramms des Landes zur stärkeren Verzahnung von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik an die Hartz IV-Gesetze vor. Wer meint, dass wir in Berlin auf ein arbeitsmarktpolitisches Rahmenprogramm ganz verzichten können, wie Sie, Kollege Lehmann es gestern im Ausschuss vorgeschlagen haben, der handelt meiner Meinung nach verantwortungslos, und – nehmen Sie es mir nicht übel – dann sind Sie auch sehr realitätsfern.

Eines muss aber auch klar sein, dass bei der Umsetzung von Hartz IV, hier spreche ich besonders die Vergabe von so genannten Ein-Euro-Jobs an, keine regulären

Das wird seit Monaten angemahnt und funktioniert seit Monaten nicht, so dass immer noch über 1 000 Stellen unbesetzt sind. Das fällt der zuständigen Verwaltung dazu ein. Das ist nicht viel.

Darum ist interessant, dass dann die Koalitionsfraktionen kraftvoll sagen: Bitte, Senat, prüfe mal das Arbeitsmarktpolitische Rahmenprogramm! – Das kann man natürlich machen. Wir haben gestern im Ausschuss vorgeschlagen, die Prüfung um einige Punkte auszuweiten. Da war es mit der Begeisterung der Koalition bezüglich des Prüfauftrags schon wieder zu Ende. Der Senat sollte offensichtlich besser nicht allzu viel prüfen. Deswegen wurde der Antrag der Opposition abgelehnt und die Prüfung auf ein paar harmlose Punkte beschränkt.

Frau Grosse! Natürlich kann man fragen, ob das Arbeitsmarktpolitische Rahmenprogramm das Papier wert ist, auf dem es steht. Die letzte Fortschreibung stammt aus dem Juni 2003. Damals wurde gesagt: Wir haben einen Schwerpunkt. – Ich zitiere:

Der Schwerpunkt ist Qualifizierung, Qualifizierung als durchgängiges Prinzip zur Entwicklung, zum Erhalt und zur Wiederherstellung nachhaltiger Beschäftigungsfähigkeit.

Arbeitsplätze verdrängt werden. Diese Prozesse erfordern eine intensive Begleitung und Überprüfung auch von Seiten des Landes. Lassen Sie uns die Weichen gemeinsam stellen und stimmen Sie unserem Antrag zu!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Kollegin Grosse! – Die CDU-Fraktion schließt sich an. Das Wort hat Kollege Kurth. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grosse! Das, was Sie zum Thema Hartz IV gesagt haben, brauchen Sie nicht im Parlament zu wiederholen, das richtet sich an die Adresse der beiden zuständigen Verwaltungen. Nur, die sind mal wieder komplett nicht vertreten, sondern draußen im Kasino. Sie müssten einen geeigneten Weg finden, das irgendwie einmal an die zuständigen Stellen weiterzureichen.

Seit der letzten Woche haben wir die neue Arbeitslosigkeit – die Arbeitslosenquote in Berlin 19,4 %, fast 330 000 Menschen in Berlin sind als arbeitslos erfasst.

[Frau Grosse (SPD): Das ist nicht neu!]

Wir haben außerdem, das ist ein zweiter Wert, die Positionierung des Landes Berlin, was die Wirtschaftsentwicklung der Bundesländer angeht. Die Berliner Wirtschaft ist im letzten Jahr um 0,4 % gewachsen. Das nächst schlechtere Land, Mecklenburg-Vorpommern, hat immerhin 0,8 % gehabt. Länder wie Sachsen sind bei 2,3 %. Berlin ist bei 0,4 %.

Es genügt langsam auch nicht mehr, beim Verweis auf diese Wirtschaftsentwicklung zu sagen, Berlin sei so unvergleichlich. Woanders sind die Rahmen- und Standortbedingungen auch schwierig. Da wird aber mit Nachdruck gearbeitet. Ich hoffe, dass es dem Finanzsenator inzwischen gelungen ist, ein bisschen Verständnis dafür zu entwickeln, dass sich auch Berlin Vergleichen und einem Benchmarking im Bereich der Finanzpolitik stellen muss. Das gilt auch für Wirtschaftspolitik und wirtschaftspolitische Anstrengungen, denn Arbeitsmarktpolitik funktioniert ohne Wirtschaftspolitik nicht.

[Beifall bei der CDU]

Was sagt der Wirtschaftssenator zu den Zahlen? – Er fordert erstens – das ist eine interessante Feststellung –, dass die Bundesregierung

endlich zu einer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik übergeht, die den Aufbau regulärer Beschäftigung fördert.

Ich kann diese Forderung unterstreichen. Ich würde mir das auch wünschen. Aber ein Koalitionspartner der SPD sollte nicht nur die Presseerklärungen nutzen, um derartige Initiativen anzumahnen, sondern sollte auch den direkten Weg, den er vielleicht hat, nutzen. Er fordert außerdem einiges von der Bundesagentur für Arbeit und sagt dann weiter – das ist das einzige, was ihm zum Land Berlin einfällt –:

Seinerseits wird das Land Berlin zur Unterstützung der Jobcenter weitere Kräfte aus dem Stellenpool anbieten.

Das ist ein schöner Satz. Nur wissen wir alle, dass Berlin und die neuen Bundesländer genau in diesem Qualifizierungsbereich, genau dort, wo es um Fort- und Weiterbildung geht, so schlecht wie nie zuvor dastehen, und zwar wegen der Bundesagentur, die gesagt hat: Wir haben eine Verbleibequote von 70 %, und wenn die nicht gegeben ist, wird gar nicht mehr gefördert. – Damit fallen die neuen Bundesländer und Berlin nach hinten. Andere Regionen werden bevorzugt. Gerade da, wo es erforderlich wäre, wird so wenig gefördert und weitergebildet wie nirgendwo sonst. Das war Ihr Schwerpunkt aus dem Jahr 2003. Was ist daraus geworden? – Diese Frage muss man stellen dürfen. Dann ist der Ansatz zu fragen, ob wir das in diesem Rahmenprogramm machen wollen, völlig berechtigt.

Wir haben gesagt: Natürlich entlassen wir den Senat nicht aus seiner Verantwortung für eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Ich finde eine Formulierung, wie sie die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag gewählt haben, wonach das eher eine gesamtstädtische Moderatorenrolle werden soll, höchst gefährlich, weil sie genau die Tendenz fördert, die im Haus von Senator Wolf ohnehin vorhanden ist, nämlich zu sagen: Ich beobachte mal die Aktivitäten aller anderen und bilde mir dann eine abschließende Meinung dazu.

[Beifall bei der CDU]

Vielmehr steht der Senat in der Verantwortung. Dann kann man auch vor dem Hintergrund von Hartz IV sagen: Welche Möglichkeiten gibt es noch? Welche finanziellen

Was wir aber alle nicht wissen und weshalb wir jetzt diese Debatte führen müssen, ist die Frage, wie diese Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik am Ende des laufenden Jahres konkret aussehen wird. Wir wissen nicht, wie die Arbeitsagenturen mit den Haushaltsmitteln, die sie jetzt allein verwalten, umgehen werden. Es kommt ein Problem hinzu, über das wir in Berlin diskutieren müssen: Wir haben 15 bis 20 % Betroffene mehr. Wir haben demnach eine riesige zusätzliche Zahl von Menschen, die Arbeitslosengeld II empfangen, die in den zuvor angestellten Berechnungen nicht aufgetaucht ist. Wir haben die Bereitschaft der Agentur für Arbeit, dafür 3 % mehr Geld nach Berlin fließen zu lassen.

Das stellt auch für die Qualität der Maßnahmen ein großes Problem dar. Ich wende mich insbesondere an die den Bundestag tragenden Parteien: Auf sie kommt ein riesiges Problem zu, wenn der Trend dahin geht, sehr viel preisgünstigere und kürzere Maßnahmen zu realisieren, weil die den Haushalt nicht so stark belasten und die gleiche Summe für sehr viel mehr Betroffene reichen muss. Das ist das eigentliche Problem.

Ressourcen stehen zur Verfügung? Welche Schwerpunkte setzen wir? – Und das kommt in ein Rahmenprogramm.

Dazu muss Ihnen allerdings mehr einfallen als harmlose Prüfungsaufträge. Wir haben uns im Ausschuss gestern enthalten. Wir werden das hier wieder tun, weil der Antrag ziemlich unschädlich ist. Aber glauben Sie bitte nicht, er würde etwas bewegen und zu Veränderungen und Verbesserungen in einer wirklich desolaten Situation führen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Kurth! – Bevor wir in der Redeliste fortfahren, stellt das argusäugige Präsidium fest, dass die Sozialsenatorin – im Gegensatz zur Annahme, sie sei nicht im Saal gewesen – anwesend war.

[Doering (PDS): Fürs Protokoll: und zwar die ganze Zeit!]