Eine weitere Voraussetzung dafür, die Aufgabe der Konsolidierung angehen zu können, ist auch, dass wir deutlich machen, dass soziale Gerechtigkeit bei allen schmerzhaften Einschnitten, bei allen schwierigen Maßnahmen, die in dieser Legislaturperiode vorgenommen werden müssen, ein durchgehender roter Faden unserer Politik und dieser Koalition ist. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass sich in dieser Stadt ein relativ hoher Prozentsatz von Menschen in Trainingsanzügen durch die Stadt bewegt. Das liegt nicht am mangelnden Modebewusstsein, sondern vielleicht daran, dass wir eine riesige Armutsbevölkerung und eine schwierige soziale Lage innerhalb dieser Stadt haben. Man muss auch deutlich machen, dass diese Koalition und diese Regierung sich dessen bewusst sind.
Eine Senkung von Sozialhilfeausgaben kann nicht angegangen werden, indem die Sozialhilfeempfangenden bekämpft werden, sondern dadurch, dass man die Zustände bekämpft, die Leute in Sozialhilfe zwingen. Es ist die Aufgabe dieser Koalition, Arbeitsplätze zu schaffen und die Menschen in Arbeit und nicht in eine schwierige Situation zu bringen.
Und es muss bei allem, was wir diskutieren, klar sein, dass die Treppe von oben gekehrt wird und dass die Menschen in dieser Stadt jeweils gerecht nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Konsolidierungsmaßnahmen herangezogen werden.
Das heißt auch, dass wir in dieser Stadt eine Diskussion darüber führen müssen, dass sich der Wert eines Politikbereiches, dass sich das, was an Effekt hervortritt, nicht daran misst, was wir für einen Politikbereich ausgeben, sondern dass das entscheidende Kriterium ist – wie ein ehemaliger Bundeskanzler einmal gesagt hat –, was „hinten dabei herauskommt“. Die Effektivität von öffentlichen Leistungen und öffentlicher Verwaltung muss das entscheidende Kriterium sein. Mit möglichst geringem Aufwand möglichst großen Effekt erzielen, das muss der Mentalitätswechsel sein, und nicht zu sagen, weil ich viel Geld dafür ausgebe, muss die Sache auch gut sein. Das, was für die Betroffenen, für die Kundinnen und Kunden des öffentlichen Dienstes dabei an Effekten herauskommt, muss unser Maßstab und unser Kriterium sein.
Es kann mir niemand erklären, dass die Tatsache, dass Berlin pro Einwohner 600 DM und die Stadt Hamburg nur 450 DM für öffentliche Sicherheit ausgeben, nun bedeutet, dass Berlin, weil es viel mehr dafür ausgibt, viel sicherer und besser in der Bekämpfung der Kriminalität wäre. Ich glaube, da muss man sich die Strukturen ansehen und schauen, wie man Veränderungen vornehmen kann, um Effektivität zu gewährleisten und mit gerin
geren Kosten den gleichen oder sogar noch einen besseren Effekt zu erzielen. Es geht um Strukturreformen und nicht darum, dass man im Politikbereich danach gewichtet, wie viel Geld dafür ausgegeben wird.
In den Berliner Schulen geben wir pro Schülerin und Schüler ungefähr gleich viel Geld wie Hamburg oder andere Städte aus. Es ist nicht immer der entscheidende Punkt, mehr Geld auszugeben, sondern die Strukturen zu verändern, sich anzusehen, wie die Lehrpläne aussehen und wie Unterricht an den Schulen gewährleistet wird. Auch hier liegt ein Effektivierungspotential für eine Verbesserung der Situation, ohne dass wir mehr Geld ausgeben müssen. Das heißt, nicht auf den Input, sondern auf den Output zu achten. Das muss ein Grundsatz sein, wie man an die Umgestaltung an dieser Stadt herangeht.
Und noch darüber hinausgehend: Wir müssen es schaffen, dass in dieser Stadt ein Wechsel von der Versorgungsstadt und der Subventionsstadt der Vergangenheit hin zu einer Stadt der Initiativen und des bürgerschaftlichen Engagements geschieht.
Das heißt, dass wir ein neues Verständnis von staatlicher Zuständigkeit und von individueller Verantwortung schaffen müssen, Herr Lindner!
Nein, Herr Lindner! Sie sind noch nicht so lange hier. Sie wissen gar nicht, was für Reden ich früher schon gehalten habe. Ich brauche Ihre Reden nicht, um belehrt zu werden. Aber vielleicht werden wir sehen, dass es doch ein paar Unterschiede in dem gibt, was wir unter staatlicher und individueller Verantwortung verstehen. – Wir wollen nämlich weg von der Kompensation gesellschaftlicher Missstände durch Transferzahlung, weg von der bürokratischen Verwaltung von Missständen, sondern wir wollen für den Staat Rahmenbedingungen schaffen, wodurch Menschen in der Lage versetzt werden, aus ihrer teilweise schwierigen sozialen oder gesellschaftlichen Situation herauszukommen. Deshalb müssen durch staatliche Aktivität die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Menschen aus der Sozialhilfe in Arbeit kommen. Deshalb werden wir das Fallmanagement in den Sozialämtern einführen und verbessern.
Wir werden gleichzeitig – das ist ein anderes Beispiel dafür – dafür sorgen, dass Flüchtlinge, statt in Heimen und Verwahranstalten untergebracht zu werden, in Wohnungen untergebracht werden, damit sie ein menschenwürdiges Leben führen, und gleichzeitig die Sozialhilfekassen entlasten, weil es wesentlich billiger ist. Das ist das, was man in dieser Stadt als kooperativen Sozialstaat zu diskutieren beginnen und angehen muss.
Wir müssen die staatlichen Aufgaben daraufhin durchforsten, ob sie notwendigerweise von staatlicher Verwaltung durchgeführt werden müssen. Häufig können sie von anderen Trägern wesentlich problemnäher, zielgenauer und kostengünstiger erledigt werden. Die Arbeit von Vereinen, Stiftungen, Genossenschaften, Nachbarschaftsinitiativen, Kirchen, gemeinnützigen Einrichtungen und Verbänden
müssen gestärkt werden und in staatlichem Handeln einen Kooperationspartner haben, um damit die soziale Stabilisierung in dieser Stadt auch in der schwierigen Haushaltslage vorantreiben zu können.
Na, selbstverständlich auch Unternehmen, Herr Lindner, natürlich Unternehmen! – Ich will es nur an einem Beispiel erläutern: Wenn Sportvereine die Schlüsselgewalt über Sportstätten
übernehmen und sie selbst verwalten, brauchen wir keine Verwaltung in der öffentlichen Bürokratie, sondern das ist aktives bürgerschaftliches Engagement und eine richtige Initiative, die man beschreiten kann.
wird das damit verbunden sein, dass wir den Anwohnerinnen und Anwohnern die Möglichkeit geben, über den Ausbaustandard der Straße, für die sie nachher zahlen sollen, mitzubestimmen. Das hat im Übrigen noch den Nebeneffekt, dass man alle diese bürokratischen Verordnungen, Herr Lindner, die Sie angegriffen haben, entrümpeln kann: Vorgeschrieben ist, dass eine Straße die und die Breite haben muss, den und den Bürgersteig, die Straßenbäume die und die Größe und den und den Durchmesser haben müssen und dass die Lampen in dem und dem Abstand stehen müssen. Alles dieses, sowohl die Bürokratie als auch diese teure Ausgabe, kann man sich sparen, wenn man die Initiative an die Bürgerinnen und Bürger gibt. Das muss dieser Senat angehen, und das wollen wir: im Rahmen von bürgerschaftlichem Engagement mehr Selbstverantwortung, ohne dass sich der Staat aus der Verantwortung stiehlt.
Wir wollen einen Staat als starken Partner, aber als Partner einer selbstbewussten Bürgergesellschaft, der Eigenengagement und Eigeninitiative zulässt und Chancen für die Menschen eröffnet und gleichzeitig garantiert, dass soziale Gerechtigkeit und soziale Mindeststandards in dieser Gesellschaft gewahrt bleiben.
Wir haben in der Koalitionsvereinbarung klar gemacht, was unsere Prioritäten sind. Sie liegen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur, weil hier die wesentlichen Zukunftspotentiale der Stadt liegen und hier ein wesentlicher Faktor für künftige Ansiedlungen liegen wird. Ich verspreche Ihnen, dass wir an dem, was sich in der Vergangenheit angedeutet hat, Ansiedlungserfolge zum Beispiel bei Medien und Kultur, arbeiten werden, dass „Universal“ nicht nur eine Eintagsfliege bleibt, sondern dass es weitere Ansiedlungserfolge in dieser Stadt gibt und damit die Zukunftspotentiale weiter ausgebaut werden.
Man kann ja immer wieder erklären, dass die One-StopAgency schon immer im Munde eines jeden Wirtschaftssenators geführt wurde. Ich verspreche Ihnen: Es gibt einen Unterschied; Sie haben immer nur geredet, wir werden es machen, und es wird die One-Stop-Agency und den Abbau von Mehrfachzuständigkeiten geben, damit Investoren in dieser Stadt endlich nur eine Anlaufstelle haben werden.
Zum Thema Flughafen: Wer bislang den Flughafen verhindert und blockiert hat, das war nicht die PDS, sondern eine Politik der großen Koalition und der Gesellschafter, die nicht daraufhin orientiert hat, dieses Projekt verantwortungsvoll durchzuführen. Ein einziges Projekt von Pleiten, Pech und Pannen, Planungsfehlern, Versagen und obendrein noch viel Spekulation.
Wir werden das Privatisierungsverfahren für Schönefeld dahin gehend durchführen, dass wir darauf sehen, ob es einen Investor gibt, der ein Angebot abgibt, das nicht darin besteht, alle Risiken auf die öffentliche Hand abzuwälzen und sich an
sonsten die Rendite von Seiten des Staates garantieren zu lassen. Das kann, Herr Lindner, nicht in Ihrem Interesse als Liberale sein, sondern Unternehmerschaft soll ja Risiko und nicht staatliche Absicherung beinhalten. Wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, nachdem in der Flughafenpolitik in Berlin und Brandenburg in den letzten Jahren Chaos angerichtet wurde, dass hier eine klare Linie hineinkommt, eine Begradigung stattfindet und Berlin einen leistungsfähigen Großflughafen im Interesse der Region bekommen wird.