Protocol of the Session on February 21, 2002

Herr Cramer!

Ich hatte die Zwischenfrage schon zurückgezogen, aber wenn Sie jetzt noch darauf eingehen, will ich fragen. Herr Benneter, sehen Sie denn einen Anlass für die Beobachtung der FDP, wenn der langjährige Stellvertreter Honeckers, Manfred Gerlach, Mitglied der FDP war, der nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte verfassungsfeindliche Ziele verfolgt hat?

Bitte schön, Herr Kollege Benneter!

Entschuldigung, aber das ist mir neu, und ich werde es mir gut überlegen, ob wir da entsprechenden Anträgen und entsprechendem Begehr nachkommen sollten.

[Heiterkeit – Wieland (Grüne): Da sollte man V-Leute ansetzen!]

Aber, wie gesagt: Die Mitglieder der Kommunistischen Plattform in der PDS wissen wie wir alle, dass der Kommunismus tot ist. Nirgendwo auf der Welt funktioniert irgendeine Art von Kommunismus noch, in welcher Spielart auch immer. Weshalb sich ein paar PDSler auf dieser merkwürdigen Plattform bewegen, dürften nur sie selbst wissen. Manche Menschen brauchen eben Trug- und Feindbilder, um sich über eigene Unfähigkeit hinwegzutäuschen, sich in der realen Welt zurechtzufinden. Weshalb die PDS selbst die Plattform in ihren Reihen duldet, weiß

auch nur sie selbst. Vielleicht braucht sie solche exzentrischen Zirkel, um sich in der Abgrenzung besser ins Licht zu setzen und von den verschrobenen Anschauungen abzusetzen und damit den Rest der Partei besser profilieren zu können, wer weiß.

[Zurufe]

Auf jeden Fall sind diese Grüppchen, die Kommunisten ebenso wie die Marxisten-Leninisten und die, die alles in sich zu vereinen glauben, samt und sonders auslaufende Modelle. Nein, sie sind noch nicht einmal das, sie sind nicht ernst zu nehmende und nie ernst zu nehmende Modelle.

Aber warum beschäftigen wir uns eigentlich hier mit diesen unwichtigen Exoten? –

[Klemm (PDS): Die Frage ist berechtigt!]

Weil die Opposition eben nicht diese Unverbesserlichen meint, die Opposition noch nicht einmal die PDS meint, sondern weil die Opposition meint, damit die Regierungskoalition treffen zu können. [Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Och! bei der CDU und der FDP]

Weil eben die Opposition – und hier speziell Sie, Herr Ritzmann und die FDP – nicht wahrhaben kann und offensichtlich nicht verschmerzen will, die Chance zum Mitregieren durch ihre Halsstarrigkeit

[Gelächter bei der CDU und der FDP]

und Unkonzilianz vergeben zu haben.

[Dr. Lindner (FDP): Was ist denn aus der Getränkesteuer geworden?]

Deshalb sucht sich hier die Opposition einen wirkungsloses, sektiererisches Grüppchen heraus, um daran ihre angeblichen Sorgen um die Verfassung festmachen zu können.

[Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Die SPD koaliert nicht mit der Plattform, sondern mit der PDS, weil die CDU nicht in Frage kam und weil die FDP offenbar nicht wollte. [Beifall bei der SPD und der PDS]

Die PDS ist immerhin von mehr als einem Fünftel der Berliner gewählt worden. Sie war zur Koalition bereit und hat damit die Pflicht übernommen, ihr Bestes für das Wohl der Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu leisten, ganz anders als Sie. Sie wird an der Art und dem Erfolg ihrer Tätigkeit für die Interessen der Stadt zu messen sein, und nur daran und nicht an Ihren verschrobenen Gedanken.

[Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der SPD]

Die Kommunistische Plattform ist nicht die PDS. Wäre sie das auch nur im Entferntesten, dann wäre sie auch nicht in dieser Koalition. [Gelächter bei der CDU und der FDP – Zimmer (CDU): Wer weiß? – Henkel (CDU): Dann wären Sie nicht in der Koalition!]

Kommunismus und Marxismus-Leninismus in ihren verschiedensten Schattierungen sind mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren. Die haben sich als gesellschaftliche Modelle inzwischen auch von selbst erledigt, sind untergegangen, weil sie eben der parlamentarischen Demokratie unterlegen sind und weil die parlamentarische Demokratie – das sollten Sie schon noch einmal ernsthaft zur Kenntnis nehmen – die dem Menschen und dem menschlichen Zusammenleben am ehesten gemäße Staatsform ist. Dazu steht heute auch die PDS. Das gilt es auch für Sie zur Kenntnis zu nehmen.

Klaus Wowereit hat in seiner Regierungserklärung uns heute auf sehr viel größere Gefahren für unser Gemeinwesen hingewiesen. Wenn nämlich die Ausländerbeauftragte ausländischen

Berlinern raten muss, Randbezirke in den Abendstunden zu meiden, dann halte ich das für ein ganz schlimmes Signal. Das ist die Gefahr für unsere Verfassung.

[Beifall bei der SPD, der PDS und der FDP]

Herr Kollege Benneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Reppert?

Wenn die Zeit dazukommt.

Bitte! – Wir wollen doch die Diskussion interessant gestalten.

Ich weiß nicht, ob ich dazukomme oder nicht. – Sie hatten in den Raum gestellt, dass es hinsichtlich der Koalitionsbildung rechnerisch möglich gewesen sei bzw. der eine nicht wollte. Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass das, was rechnerisch möglich ist, moralisch nicht immer das Richtige sein kann? interjection: [Doering (PDS): Deshalb gibt es ja die große Koalition nicht mehr! – Zuruf des Abg. Wolf (PDS) – Weitere Zurufe von der PDS]

Bitte schön, Herr Kollege Benneter!

Das würde ich selbst dann teilen, wenn ich nicht so gut rechnen könnte. Das mag schon richtig sein. Aber wenn Sie auf diesen Fall hier anspielen, dann habe ich klar darauf hingewiesen, dass der FDP die Chance gegeben war, sich hier für das Gemeinwesen einsetzen zu können, hier etwas für den Erfolg und das Fortkommen dieser Stadt zu tun.

[Ritzmann (FDP): Wir machen das!]

Die FDP hat sich dem verweigert und versucht jetzt hier, mit solchen Anfragen Geschichtsklitterung zu treiben.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich habe zuvor auf dieses schlimme Signal hingewiesen, wenn die Ausländerbeauftragte darauf hinweisen muss, dass ausländische Berliner sich abends nicht mehr in den Randbezirken Berlins aufhalten können. Das halte ich für unser Zusammenleben, für unser Gemeinwesen für eine so große Gefahr, das halte ich wirklich für eine Gefahr für unsere Verfassung. Damit dürfen wir uns nicht abfinden, das müssen wir aktiv bekämpfen und da können Sie dann auch mittun und Ihre Sorgen um die Verfassung äußern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Benneter! Trotz der Zwischenfragen haben Sie Ihre Redezeit nicht wesentlich überschritten. – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Wegner das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Wegner!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Körting! Nach Ihren Äußerungen, die wir hier vernehmen mussten, mache ich mir Sorgen. Erstens Sorgen, dass dieses Thema hier im Haus nicht mehr ernst genommen wird, und zweitens, dass Sie eventuell auf Grund von Koalitionsraison eine Beobachtung von Teilen der PDS einstellen.

[Beifall bei der CDU]

Darüber mache ich mir Sorgen, wenn es denn nur der Grund der Koalitionstreue ist.

Herr Körting! Ich finde – Herr Ritzmann hat es sehr deutlich gemacht, dass es uns ein sehr ernstes Thema ist –, man kann solch ernste Themen nicht mit juristischen Argumenten einfach nur abwiegeln wollen. So kann man tatsächlich mit diesem Hause nicht umgehen.

[Beifall des Abg. Gram (CDU)]

(A) (C)

(B) (D)

Herr Benneter, nun zu Ihnen! Sie haben das aufgegriffen, was Herr Körting gesagt hat, und da weitergemacht. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir beschäftigen uns als Union nicht erst, seitdem die PDS in der Regierung ist, mit der Frage der Verfassungstreue einzelner Teile der PDS. Und Herr Körting, eines kann man uns nicht vorwerfen: dass wir auf einem Auge blind sind.

[Gelächter bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Natürlich wollen wir Verfassungsfeinde von rechts und links gleichermaßen bekämpfen. Davon haben Sie sich anscheinend verabschiedet, Herr Benneter!

Die Große Anfrage, mit der wir uns heute beschäftigen, stellt die Frage, ob die PDS verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.