Wir haben immer deutlich gemacht – egal, ob bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses hier im Parlament oder bei diversen Anträgen, die zur Aufklärung dienen sollen oder jetzt, wie der Kollege Gaebler bei der Entscheidung des Bundestages zur Immunitätsaufhebung im Bundestag: Es ist richtig, dass wir nichts verschleiern oder verdecken wollen. Wir wollen an der Aufklärung aktiv mitarbeiten. Vor dem Hintergrund sind die Entscheidungen auch zu bewerten.
Was sie sich hier leisten, ist eine Unverschämtheit, uns zu unterstellen, und Peter Strieder jetzt schon wieder – das sind wir auch von der Opposition gewohnt – an der Stelle genau darzustellen, wie er sich verhalten und wann er was zu dieser Immunitätsaufhebung erklären wird.
Auch der Stadtentwicklungssenator hat immer deutlich gemacht, dass er aktiv an der Aufarbeitung des gesamten Falls mitarbeiten wird.
Es ist – wie gesagt – eine Unverschämtheit, was Sie sich hier leisten. Dieses Parlament muss sich wirklich auch einmal fragen, wie es sich präsentiert. Ich habe es mehrfach gesagt und werde nicht müde, es wieder zu tun. Den Zirkus, den Sie hier vor der Wahl von Senatsmitgliedern veranstalten, diejenigen schon herunterzureden, das Theater, dass Sie hier ständig mit dem Parlamentspräsidenten veranstalten, 10 Missbilligungsanträge. Das ist alles nur für Ihre Shownummern. Auch die Oppositionsfraktionen haben eine Pflicht, sich entsprechend hier als Parlamentarier zu präsentieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Müller! Es ist nachvollziehbar, dass Sie sich in dieser Situation nicht ganz wohl fühlen und versuchen, in dieser Situation auch zurückzukeilen. Ich sage Ihnen, dass das, was wir hier tun, nichts anderes ist als die politische Dimension dessen zu bewerten, was uns mit dem Tempodrom-Skandal und der juristischen Aufarbeitung eingebrockt worden ist. Nichts Anderes tun wir hier.
Ich sage Ihnen noch einmal: Wer in dieser Situation sehenden Auges in so ein Verfahren hineingeht und sagt: Ich stelle den Stadtentwicklungssenator mit dem Verfahren zur Wahl der Bundesversammlung. Das wussten Sie, das wussten wir auch. Das sage ich hier ganz ohne Skrupel. Selbstverständlich wussten wir das. Die Frage der Immunität, die durch die Bundesversammlung noch einmal zusätzlich hinzugekommen ist, ist bei der Wahl von Herr Strieder nicht thematisiert worden. Es ist kaum etwas thematisiert worden in diesem Zusammenhang.
Genau in dieser Situation ist zu fragen und wird in Zukunft zu fragen sein: Wer wusste was? – Was ich nicht mache und auch nicht gemacht habe – Herr Müller, da vermischen Sie einiges miteinander – ist, die Stellung von Herrn Strieder in dem Strafverfahren mit der politischen Dimension zu vermischen. Herr Strieder hat alle Rechte in seinem Strafverfahren, und die stehen ihm zu, die soll er ausnutzen. Da soll er „auf Teufel komm’ raus“ verteidigen, was ihm zusteht.
Das wird er auch machen. Das ist sein gutes Recht. Wenn er einen guten Verteidiger hat – und er hat einen, ich kenne den Kollegen –, dann wird er diese ganzen Register ziehen und zieht sie wahrscheinlich jetzt schon. Die ersten Einstellungsanträge liegen bereits auf dem Tisch.
Herr Körting, was reden Sie denn jetzt von Vorverurteilungen? Sie sind doch der Erste, der in der Stadt auf Grund von Verdachtsmaßnahmen eine Beschränkungsmaßnahme nach der anderen in die Welt setzt und darauf pfeift – wir haben das vor dem Verwaltungsgericht ausgetragen –, ob die Unschuldsvermutung gilt oder nicht. Gerade von Ihrer Seite ist so ein Zwischeneinwurf völlig unangebracht.
Herr Müller, in dieser Situation muss man sich mit der politischen Dimension auseinander setzen, und nichts anderes tun wir. Herr Strieder hat die politische Konsequenz daraus zu tragen. Vor diesem Hintergrund stünde es ihm gut zu Gesicht, Rückgrat zu beweisen und zu sagen: Ich verstecke mich hinter gar nichts. Ich will die
Aufklärung, und ich will es offen machen. Es stünde ihm gut zu Gesicht, in dieser Situation auf sein Mandat zu verzichten.
Danke schön, Herr Ratzmann! – das Wort für die PDS hat nunmehr der Kollege Dr. Lederer – bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages heute die Immunität von Peter Strieder als Mitglied der Bundesversammlung aufgehoben hat, begrüßt die Fraktion der PDS. Morgen wird das Plenum des Deutschen Bundestages diese Entscheidung bestätigen. Auch das begrüßen wir. Damit können die Ermittlungen weitergehen. Das ist es, was wir gefordert haben, und damit sind wir zufrieden.
Die Einschätzung des Kollegen Ratzmann, dass der Bundestag große Schwierigkeiten haben würde, eine solche Entscheidung zu treffen, teilen wir nicht. Artikel 47 Grundgesetz ist analog auf die Mitglieder der Bundesversammlung und auf den Bundespräsidenten anzuwenden. Wäre nicht der Bundestag als zuständiges Gremium gemeint, sondern die Bundesversammlung, entstünde die Frage, wie das beim Bundespräsidenten funktionieren soll. Sollte er seine Immunität im kollektiven Tagen mit sich selbst aufheben? – Das ist absurd, und da sind die Kommentare ziemlich eindeutig. Das kann man mit einer halbstündigen Recherche in der Bibliothek des Abgeordnetenhauses herausbekommen.
Vor 14 Tagen hat dieses Haus die Mitglieder der Bundesversammlung, die durch das Abgeordnetenhaus zu entsenden sind, im Block gewählt. Inzwischen hat sich im Grunde nichts geändert, außer hinsichtlich der Ausgangsentscheidung in Sachen Tempodrom: Am Montag hat der RBB hinsichtlich der Entscheidung des Bürgschaftsausschusses 2000 einige Klarheiten auf den Tisch gebracht. Diese betreffen allerdings nicht so sehr Peter Strieder, sondern andere Kolleginnen und Kollegen der Berliner Politik. Das ist eine Sache, die wir hier auch einmal thematisieren können, wenn wir Aufklärungsinteresse an der Tempodrom-Geschichte haben. Ich komme noch gleich darauf zurück, worin ich das Problem sehe, wenn man das in Ihrer Weise thematisiert, meine Damen und Herren von der CDU und – leider Gottes! – auch meine Damen und Herren von den Grünen.
Der Kollege Hahn hat vorhin von „aufwachen“ gesprochen. Ja, da ist der Begriff tatsächlich passend: Aufwachen, und zwar rechtzeitig. Sie hätten die Immunität hier gern thematisieren können und hier gern auch eine Wahlentscheidung herbeiführen können, die es Ihnen
Erst tun Sie hier so, als seien Sie gezwungen worden, den Kollegen Strieder zu wählen, um sich heute hinzustellen und zu fordern, dass er sein Mandat niederlegt. Das halte ich zumindest für nicht völlig konsequent, und es drängt sich ein wenig der Eindruck auf, dass Sie die mit der Mitgliedschaft in der Bundesversammlung verbundene Immunität benutzen, um die Sache noch einmal richtig hochzuziegeln. Das ist unredlich, und das wird uns bei der Aufklärung der Angelegenheit nicht weiterhelfen. Das glauben Sie doch selbst nicht.
Es mag ja sein, dass es sich hier um eine Präzedenzfall handelt. Es gibt immer ein erstes Mal. Wir hatten in diesem Haus nie so große Probleme, Immunitäten aufzuheben. Warum soll es plötzlich ein Problem sein, nur weil es sich um ein Mitglied der Bundesversammlung handelt? – Das ist mir völlig uneingängig. Wir machen doch nicht um jede Immunitätsaufhebung in diesem Parlament einen Riesenbuhei. Das ist mir jedenfalls bisher so noch nicht aufgefallen.
Machen Sie doch eine Kurzintervention. Reden Sie mit mir, und dann überlege ich mir, ob es sich lohnt, darauf zu reagieren.
Dem Kollegen Ratzmann ist dann auch schon völlig klar, dass es definitiv zu einem Strafverfahren kommen wird. An dieser Stelle ist mir der Zwischenruf des Kollegen Körting völlig nachvollziehbar. Das ist nicht ganz sauber, was Sie hier machen, Herr Ratzmann. Wir wollen die Ermittlungen, und dann werden wir danach über die Ergebnisse dieser Ermittlungen zu entscheiden und uns darüber zu verständigen haben.
Aber dieses Doppelspiel, dieses Demontagespiel: Sie können der SPD doch nicht ernsthaft vorwerfen, dass sie ihren Landesvorsitzenden nicht absägt – auf den bloßen Verdacht hin, weil es Ermittlungen gibt. Sie können Ihre Forderung doch nicht ernst meinen, dass die Partei diesen Mann zum Abschuss frei geben solle. Sie können ihr doch nicht vorwerfen, dass sie zumindest so lange, bis die Vorwürfe bewiesen wurden, eine gewisse Loyalität gegenüber ihrem Senator äußert. Das ist doch komplett absurd.
Ich denke, wir müssen die Sache mit einer etwas größeren Redlichkeit diskutieren und mit etwas weniger Verdächtigungen und Unterstellungen. Was der Kollege Strieder sich dabei im Einzelnen gedacht haben mag, da sind die Kollegen von den Grünen offensichtlich schlauer
als ich. Ich weiß es schlicht nicht, aber ich unterstelle nicht, was er sich dabei gedacht haben könnte.
Hinsichtlich der absolut inakzeptablen Äußerung von Herrn Strieder im RBB habe ich mir vorhin überlegt, was der Regierende Bürgermeister hätte tun können, um sie zu unterbinden, nachdem sie in der Welt war. Herr Kollege Wellmann, das ist mit nicht eingängig. Vielleicht erläutern Sie mir das noch einmal. Ich verstehe es nicht. Stattdessen haufenweise bedeutungsschwangeres Gerede von Demokratie und Gewaltenteilung. Ein paar MontesquieuZitate haben da noch gefehlt. Das ist doch Scheinheiligkeit und Bigotterie. Der Kollege Gaebler hat vorhin zu Recht auf Äußerungen in diesem Haus hingewiesen, die insbesondere von der rechten Seite kommen – schauen Sie sich einmal die Wortprotokolle an, es sind ja recht viele. Es ist doch scheinheilig bis zum Umfallen, aus der Beschimpfung des Abgeordneten Lorenz ein Riesending zu machen, während ansonsten von diesen Bänken Sprüche kommen, bei denen ich rot werde. Am anderen Ende des Plenarsaals höre ich diese noch, ohne dass ein Mikro dabei angeschaltet ist.
Einen Satz hat der Kollege Wellmann völlig zu Recht gesagt: Der Kollege Lorenz ist in der Lage, sich gegen diese Sache allein zu wehren. Ich habe dafür volles Verständnis und bestärke ihn, dass er die Angelegenheit selbst klärt. Sie brauchen ihm da keinen Unterstützungsantrag zu machen. Das bekommt er allein hin. Aus Gründen der politischen Kultur – da zitiere ich Sie, Herr Wellmann, noch einmal – haben solche Scheinheiligkeit und Bigotterie in diesem Haus keinen Platz. – Danke!
Danke schön, Herr Kollege Dr. Lederer. – Das Wort für die FDP-Fraktion hat nunmehr der Kollege Dr. Lindner – bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Gaebler: Ich glaube, Sie haben einen etwas falschen Begriff davon, für was die Immunität geschaffen ist. Sie ist nicht geschaffen, dass die Exekutivangehörigen vor der Legislative geschützt werden, sondern umgekehrt. Herr Strieder hat im Falle des Tempodroms als Angehöriger der Exekutive gehandelt. Es war also völlig neben der Sache, was Sie hier interpretiert haben.
Niemand hier will Immunität für Peter Strieder haben. Er hat sie auch nicht verdient. Deswegen ist es richtig und begrüßenswert, dass heute der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages seine Immunität aufgehoben hat. Das wird auch morgen im Plenum bestätigt, und dann ist „aus die Maus“. Es gibt auch gar keinen Rechtsstreit darüber, wer hier zuständig ist: Der Deutsche Bundestag