Protocol of the Session on January 29, 2004

Dazu sollen sie einen Status erhalten, der mit Privatstraßen oder Bahnhöfen des ÖPNV vergleichbar ist. So wird eine Bewirtschaftungsintensität möglich, wie sie nur auf Privatgelände auch der öffentlichen Hand möglich ist.

[Brauer (PDS): Sie haben eine pure Rummelplatzideologie!]

Zusätzlich muss der Parkentwicklung Geld von außen zugeführt werden. Dazu gehören Einnahmen aus Vereinbarungen mit Drittnutzern, z. B. aus den Bereichen Gastronomie und Gartenbau, oder durch Pflegeverträge, z. B. mit gewerblichen Anliegern.

[Brauer (PDS): Karussells!]

In vielen Fällen wird die Beteiligung Privater an der Bewirtschaftung von Parks unvermeidlich sein. Ich weiß, Sie mögen das nicht, aber ausländische Erfahrungen sollten Sie eines besseren belehren.

Auch das Thema Nutzungsentgelt steht ins Haus. Sämtliche von der Grün Berlin GmbH bewirtschafteten Parks sind entgeltpflichtig, und die Erfahrungen damit sind überaus positiv. Das Publikum entrichtet für eine gepflegte Grünanlage oder solche mit einem hohen Erholungs- und Erlebniswert gerne einen Obolus.

[Zuruf des Abg. Buchholz (SPD)]

Natürlich geht es nicht darum, die Berliner Parks insgesamt entgeltpflichtig zu machen – wenn Sie das gerne hören würden, das hören Sie von mir nicht –, erst recht nicht den dafür völlig ungeeigneten Großen Tiergarten.

[Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Aber die Entgeltpflicht für Parkeinrichtungen oder Teile mit besonders hohem Pflegeaufwand ist gerechtfertigt, und sie wird kommen.

[Beifall bei der FDP]

Sollten die Grünämter mit diesen Aufgaben überfordert sein, wird man über radikalere Einschnitte nachdenken müssen. Vorerst fordern wir nur die Umstellung der Bewirtschaftung, wobei die Wahrnehmung der Aufgaben benachbarter Bezirke durch einen Bezirk manches erleichtern kann. Bei den Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung dagegen handelt es sich zum Teil um aufwändiges Entwicklungsmanagement, das die Bezirke nicht zu bewältigen vermögen. Erinnern wir uns an die großartigen Leistungen der Gartenkunst und der Parkentwicklung in unserer Stadt, an deren Entstehung schon einmal Privatgesellschaften mitgewirkt haben. Erkennen wir, dass es sich um Einrichtungen zum Nutzen der Allgemeinheit und zugleich um Kulturgüter handelt. Beachten wir, dass es auch Wirtschaftsgüter sind, für die schon unsere Vorfahren viel Geld ausgegeben haben. Wir können uns die weitere Talfahrt der Grünanlagen unserer Stadt im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leisten.

[Beifall bei der FDP]

Das Grünanlagenwesen in Berlin muss gründlich und zeitgemäß reformiert werden. Handeln Sie jetzt, überdenken Sie Ihre Haltung mit Unterstützung des Senators, und unterstützen Sie unseren Antrag. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege von Lüdeke! – Das Wort für die Fraktion der SPD hat nunmehr der Kollege Buchholz. – Bitte schön!

von Lüdeke

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal – etwas ungewöhnlich – ein kurzer Dank an die FDP! Ich kann ihn sehr selten aussprechen, aber an dieser Stelle muss ich ihn loswerden. Vielen Dank, dass Sie das Problem, dass wir nicht bloß Grün haben, sondern dass wir uns darum auch intensiv kümmern müssen und vielleicht noch besser kümmern müssen, hier auch einmal in einer Großen Anfrage des Parlaments besprechen, vielen Dank für diesen Punkt, Herr von Lüdeke!

[Ritzmann (FDP): Darauf wären Sie als Regierung nicht gekommen!]

Das hat mit „nicht darauf gekommen“ wenig zu tun, Herr Ritzmann! – Aber das ist auch der einzige Dank, den man Ihnen an dieser Stelle aussprechen kann.

[Beifall des Abg. Brauer (PDS)]

Sie haben es auf die Tagesordnung gebracht. Sie haben zwei Fleißarbeiten abgeliefert, eine schöne, ausführliche Große Anfrage. Dann haben wir einen schönen Gesetzesantrag, sehr ausführlich. Wahrscheinlich haben Sie darauf gehofft, dass ihn keiner wirklich lesen wird, denn ich werde noch auf einige Einzelheiten in dem Antrag eingehen, und dann wird sich das, was Sie erzählen, Herr von Lüdeke, und das, was in Ihrem Antrag steht, etwas anders darstellen. Dann werden wir auch sehen, was Sie wirklich wollen.

[Zurufe der Abgn. Doering (PDS) und Krestel (FDP)]

Berlin ist eine grüne Stadt, und das soll sie auch bleiben. Vor allem herrscht bei den Bürgerinnen und Bürgern oftmals die Haltung vor: Ja, die Parks, das städtische Grün ist einfach da, wird so akzeptiert, und das ist auch einfach von der öffentlichen Hand bereitgestellt. – Keiner fragt sich, was dahinter an Finanzierung und Arbeit steckt.

Nehmen wir zwei Werte aus der Großen Anfrage heraus. Wir haben insgesamt 2 500 öffentliche Grün- und Erholungsanlagen. Diese Zahl 2 500 ist nachher für eine anderen Vergleich noch ganz wichtig. Wir haben 1 800 öffentliche Kinderspielplätze. Wir liegen im Städtevergleich – Herr von Lüdeke, da haben Sie leider die Antwort nicht richtig gelesen – sowohl bei der durchschnittlichen Ausstattung pro Einwohner bei der Quadratmeterzahl als auch bei den Kosten im Bundesdurchschnitt. Ich freue mich darüber, weil Sie wahrscheinlich die Anfrage gestellt haben, um eine andere Antwort zu bekommen. Ich bin auch froh, dass wir einmal im Bundesmittelfeld sind, weil dann der Finanzsenator, Herr Dr. Sarrazin, nicht auf die Idee kommen und sagen kann, wir hätten da eine Überausstattung, die wir korrigieren müssten. Das ist eine gute Ausgangslage.

[Niedergesäß (CDU): Macht der sowieso nicht! – Zuruf des Abg. von Lüdeke (FDP)]

Moment, Herr von Lüdeke.

Wir müssen aber bei den Finanzen eines sehen: Der Planbedarf an Finanzen zum Erhalt und zur Pflege der Grünanlagen liegt bei gut 80 Millionen € pro Jahr. Tatsächlich bereitgestellt wird gerade einmal ein Viertel, 20 Millionen €. 80 Millionen € zu 20 Millionen € – woran liegt das? – Der Senat hat eingespart, und die Bezirke sparen in ihren Bezirkshaushalten noch mehr. Warum? – Weil es eine der wenigen Positionen ist, an die man überhaupt herangehen, die man noch halbwegs beeinflussen kann.

Senator Strieder hat eben hier den Reformbedarf dargelegt. Da sind auch gute Ansätze zu sehen, was in den nächsten Jahren und möglichst schon davor in den nächsten Monaten angegangen werden muss. Wir haben einen veränderten Bedarf durch eine veränderte Bevölkerungsprognose in der Stadt. Die müssen wir berücksichtigen, das ist keine Frage. Es gilt, die in den Innenbezirken gelegenen Grünflächen intensiv und besser zu pflegen, das heißt, auch mit mehr Geld auszustatten, weil sie einem hohen Nutzungsdruck unterliegen. Da sind wir einer Meinung, dass das ausgebaut wird.

[Niedergesäß (CDU): Machen Sie es doch!]

Und es sollen auch private Initiativen – sei es über Bürgervereine, Stadtteilinitiativen, aber auch von Wohnungsbaugesellschaften oder von anderen Personen, die sich einbringen wollen, Privatinitiativen – unterstützt werden, weil wir mehr Engagement für den Kiez wollen, weil er damit auch besser, lebens- und liebenswerter wird.

Doch nun zu Ihrem Antrag: Schon der schöne Titel „Gesetz zur Neuordnung des Grünanlagenwesens in Berlin“ ist bemerkenswert. Daran haben Sie sicher eine Weile gefeilt. Das ist auch wieder ein Wesen, das nach Verwesen klingt, wenn Sie das an dieser Stelle benutzen. Auf den ersten Blick sind das interessante Ansätze. Bei genauerer Betrachtung ist es reine Ideologie, wie wir sie von der FDP erwarten. Zunächst einmal möchten Sie 12 Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung definieren und diese einer Servicegesellschaft übertragen, damit diese den Betrieb macht. 12 Anlagen – wir haben in Berlin aber insgesamt 2 500. Sie definieren also hier diesen Fall: Für die 12 großen Anlagen übernimmt die Servicegesellschaft den Betrieb, und die anderen 2 490 sind Ihnen relativ egal, seien Sie ehrlich, die dürfen sich die Bezirke weiterhin auf den Buckel tun und bearbeiten.

[Zuruf des Abg. von Lüdeke (FDP)]

Wer will die behalten? – Ich kann Sie leider akustisch nicht verstehen, sonst würde ich auch darauf eingehen. – Das ist für Sie der Rest. Das ist typisch FDP, wenn gerechnet wird bei der FDP. 12 gesamtstädtische Anlagen, 2 490 bei den Bezirken ist der große Rest, der fast nicht beachtet werden muss; das nur zur Mathematik der FDP.

Dann definieren Sie für die 12 so genannten Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung, dass dort für spezielle Nutzungen ein Entgelt verlangt werden darf. Sie nennen z. B. gestaltete gärtnerische Anlagen, Grillplätze – aha, Nachtigall, ick hör dir trapsen –, und auch Spielfelder mit

Ausnahme der Kinderspielplätze wollen Sie laut Gesetzesantrag zulassen.

[Dr. Lindner (FDP): Ja!]

Jetzt ahne ich langsam, was Sie wirklich wollen. Dann nehme ich einen Satz aus Ihrem Gesetzesantrag, ich zitiere ihn: „Die Zahl der Anlagen wird überprüft.“ – Es sind Ihnen also eigentlich zu viele. Dieser ganze vermeintliche Rest in den Bezirken, den die Bezirke verwalten und betreiben und, so weit und so gut es geht, schön halten, wollen Sie kritisch überprüfen. Was ist jetzt das Problem daran? – Wir merken jetzt, worum es Ihnen geht. Es war doch eben sehr entlarvend von der FDP, von Herrn von Lüdeke, wie Sie gesagt haben, wir haben mit den Diplomaten aus dem Diplomatenviertel gesprochen. – Wir haben eine andere Verpflichtung, Herr von Lüdeke, und dazu steht diese Koalition.

[Zuruf des Abg. von Lüdeke (FDP)]

Wir wollen wohnortnahe Grünversorgung für alle Berlinerinnen und Berliner, damit diese auch etwas davon haben, Herr von Lüdeke, nicht nur drei Diplomaten und auch nicht nur die Damen und Herren aus den Vororten der Stadt, die eine schöne Tanne und anderes in ihrem Garten haben.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Rabbach (CDU): Bleibt bei der Wahrheit! – von Lüdeke (FDP): Wir sind Hauptstadt!]

Es gibt Innenstadtbezirke – ich weiß nicht, ob Sie da wohnen, ich glaube nicht, Herr von Lüdeke –, wo es wirklich knapp mit Wohnortgrün ist. Das fehlt schlichtweg. Und da wollen Sie noch ran, weil Sie sagen, das mache alles zu viel Arbeit, koste zu viel Geld. – Da sagen wir: Nein, es muss auch wohnortnah eine Möglichkeit zur Entspannung und Erholung geben,

[Niedergesäß (CDU): Dann stellen Sie doch die Mittel dafür ein! – Brauer (PDS): Sie würden alles zubetonieren! Seien Sie doch still!]

damit man z. B. spontan nach der Arbeit auf eine Grünfläche gehen kann, um sich dort an einem Sommerabend zu entspannen, ein bisschen zu spielen und ein kleines Picknick abzuhalten.

Jetzt komme ich zu Ihren 12 so genannten gesamtstädtischen Anlagen. Da wird es richtig interessant. Was zählt denn dazu? – Es sind 12: die drei, die jetzt schon Eintritt kosten, also der Britzer Garten, der Erholungspark Marzahn und der Naturpark Schöneberger Südgelände, der noch ein besonderer Fall ist, und dann weitere wie der Große Tiergarten, der Monbijoupark und fünf Volksparkanlagen. Das sind also die Anlagen mit gesamtstädtischer Bedeutung für die FDP. Was ist eigentlich mit dem Pariser Platz, meine Damen, meine Herren? Was ist mit Unter den Linden? Das ist übrigens auch eine öffentliche Grünanlage. Haben diese keine gesamtstädtische Bedeutung für die FDP? Seltsam, seltsam.

[Dr. Lindner (FDP): Sie sind ein Buchhalter!]

Dann wird bei Ihnen fünf Mal ein Volkspark genannt. Haben Sie schon einmal vom Volkspark Wuhlheide gehört? Den gibt es auch, der kommt bei Ihnen nicht vor. Der hat offensichtlich keine gesamtstädtische Bedeutung.

[Over (PDS): Und mein Boxi ist auch nicht dabei!]

A la FDP ist das alles! Und jetzt wird es noch schöner, schauen wir einmal: Was wird genannt? – Der Humboldthain, Friedrichshain, Treptower Park; wenn Sie die Liste dieser Parkanlagen historisch vollenden wollen, dann fehlt einer, nämlich der Viktoriapark.

[Doering (PDS): Jetzt sind Sie ertappt worden!]

Aber jetzt merken wir doch: Jetzt wird es ein bisschen schmuddelig, das ist nicht Ihre Klientel, damit wollen Sie auch nicht viel zu tun haben. Da wird es doch entlarvend. Den haben Sie nicht aufgenommen. Die schwierigen Fälle wollen Sie den Bezirken überlassen und die richtig schönen großen Sachen darf dann eine Servicegesellschaft teilprivatisiert betreiben. Das ist nun wirklich reine Ideologie von der FDP. Dann müssten Sie sich für einen Gesetzesantrag auch einmal auf den Hosenboden setzen und richtig arbeiten, Herr Lindner! Dann kann man sich darüber auch vernünftig unterhalten.