Protocol of the Session on December 11, 2003

Ich möchte zum Schluss kommen und noch einmal sagen, die Option, den Kaufpreis zurückzuzahlen und alle Verpflichtungen abzuzahlen, ist aus unserer Sicht keine Lösung. Es wäre eine der schlechtesten Lösungen überhaupt. Deswegen sind wir für dieses Gesetz, und ich bitte um Ihre Zustimmung.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Wegner das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach nur kurzer Diskussion hier im Haus sollen wir heute über ein Gesetz zur Änderung des Teilprivatisierungsgesetzes der Berliner Wasserbetriebe abstimmen. Dieses Gesetz ist hoch umstritten, aber nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei weiten Teilen der SPD stößt dieses Gesetz auf Ablehnung. Ich erinnere nur an den Beschluss des SPD-Landesparteitags, der eine Ablehnung dieses Gesetzes gefordert hat. Ohne Alternativen aufzuzeigen, geschweige denn zu diskutieren,

[Lederer (PDS): Welche Alternativen gibt es denn?]

versucht der Senat, an dieser Stelle das Parlament zu überfahren und ein Gesetz durchzupeitschen, welches weitreichende Folgen für die Berlinerinnen und Berliner, auch für die Berliner Unternehmen hat. Die Wasserpreise steigen erst einmal um 15 Prozent, doch weitere Erhöhungen wurden bereits angekündigt. Ohne Ideen drehen SPD und PDS einmal mehr an der Gebührenschraube.

[Lederer (PDS): Welche Ideen haben Sie?]

Dies fügt dem Wirtschaftsstandort Berlin nachhaltigen Schaden zu.

[Beifall bei der CDU]

Um es an dieser Stelle noch einmal klarzustellen: Es war und es ist richtig, privates Kapital und Know-how in die Stadt zu bringen. Selbstverständlich haben auch Investoren einen Anspruch auf faire und verlässliche Rahmenbedingungen. Aus diesem Grunde haben wir uns unsere Entscheidung in diesem Fall nicht leicht gemacht. Doch die Art und Weise, wie der rot-rote Senat mit dem Parlament umgegangen ist, lässt uns leider keine Wahl.

[Beifall bei der CDU – Liebich (PDS): Sie haben immer eine Ausrede!]

Durch diese Neuregelung entstehen zusätzliche Kosten für die Wasserbetriebe, die diese wiederum über höhere Tarife kompensieren wollen. Vorschläge des Senats zum Ausgleich der Kosten beispielsweise durch eine Zuführung des Grundwasserentnahmeentgelts an die Wasserbetriebe und nicht an das Land, gibt es nicht. Studien, ob eine Erhöhung der Wassertarife zu geringerem Verbrauch und damit im Ergebnis zu möglichen Einnah

meverlusten führen wird, gibt es auch nicht. Es ist fraglich, ob sich das neue Gesetz für das Land Berlin und sein Unternehmen überhaupt rechnet oder zu weiteren Zuschüssen, zu noch höheren Tarifen oder möglicherweise auch zu einer zusätzlichen Konzessionsabgabe führt. Statt abzuwägen, Alternativen aufzuzeigen und zu diskutieren, wird mehr oder weniger am Parlament vorbei ein Gesetz durchgepeitscht, ohne die Konsequenzen für die Wirtschaft, ohne die Konsequenzen für die privaten Haushalte zu bedenken.

[Beifall bei der CDU]

Ganz abgesehen davon bestehen aus rechtlicher Sicht erhebliche Zweifel, dass der Gesetzentwurf vor dem Verfassungsgericht Bestand haben wird. Im Rechtsausschuss wurden erhebliche Bedenken geäußert. Handwerklich ist das Gesetz unnötig riskant

gt. [Beifall bei der CDU]

[Liebich (PDS): Hätte alles Branoner schon machen können! Sind alles liegengebliebene Sachen von euch!]

Dieser Umgang nicht nur mit der parlamentarischen Opposition, sondern auch mit den Mitgliedern der eigenen Regierungsfraktion ist unerträglich und zeugt von einer Missachtung des Parlaments.

[Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Mutlu (Grüne)]

Der so genannte Donnerstagskreis der Berliner SPD benutzte kürzlich im Zusammenhang mit dem Teilprivatisierungsgesetz die Überschrift für einen Artikel: „Lug und Trug statt Klarheit und Wahrheit“. Durch das Vorgehen des Senats wurde dieser Vorwurf eher gefestigt statt ausgehoben.

[Liebich (PDS): Jetzt berufen Sie sich schon auf den Donnerstagskreis!]

Es wäre sinnvoller gewesen, über Strukturen bei den Wasserbetrieben, über neue Geschäftsfelder,

[Müller (SPD): Auslandgeschäfte!]

über neue transparente und effiziente Tarifstrukturen und über Kostensenkungen bei den Wasserbetrieben zu diskutieren. Statt konstruktiv nach neuen Wegen und Lösungen zu suchen, überfahren Sie ganz offensichtlich das Parlament. Die CDU-Fraktion wird keinem Gesetzentwurf zustimmen, bei dem die Abgeordneten zu einer vorschnellen Zustimmung gedrängt werden sollen. Wir fordern auch die anderen Fraktionen auf, ihrer Verantwortung für die Berlinerinnen und Berliner gerecht zu werden und somit das vorgelegte Gesetz nicht zu unterstützen.

[Beifall bei der CDU – Liebich (PDS): Warum hat das nicht Branoner bereits gemacht?]

Der Vertrag hat unabhängig von unserer heutigen Beratung durchaus Bestand, und er ist eine haushaltspolitische Katastrophe und eine Verpfändung grundlegenden öffentlichen Vermögens. Dazu möchte ich vier Dinge anmerken. Das ist in den Ausschüssen lange diskutiert worden. Damals hatten die Abgeordneten hingegen nur drei oder vier Stunden Zeit – in Nichtkenntnis der Verträge. Wir haben geklagt, dass man die Verträge einsehen kann. Bedanken Sie sich bei uns! Wenn wir es mit Ihnen genauso machen würden, wie Sie es seinerzeit gemacht haben, dann hätten Sie einen Grund, darüber zu lamentieren, dass wir etwas durchpeitschen. Das, was damals hier stattgefunden hat, ist bislang unter diesem rot-roten Senat nicht geschehen. Das, was Sie damals gemacht haben, würden wir uns gegenüber dem Parlament nicht erlauben. – So weit zum Thema Missachtung des Parlaments.

Das Wort hat nun der Abgeordnete Lederer. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass zu diesem Tagesordnungspunkt eine namentliche Abstimmung beantragt wurde, die im Anschluss stattfindet. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Jahr 1999 hat das Abgeordnetenhaus ein Teilprivatisierungsgesetz verabschiedet, mit dem die atypisch stille Beteiligung von Privaten an den Berliner Wasserbetrieben ermöglicht wurde.

[Dr. Felgentreu (SPD): Hört, hört!]

Dies war ein neuer Schritt in einer Kette von haushaltsmotivierten Maßnahmen gegenüber den Berliner Wasserbetrieben, nachdem bereits vorher Eigenkapital in beträchtlicher Höhe entnommen und der Wasserpreis auf unterschiedlichste Weise in die Höhe getrieben worden war.

Die Opposition von PDS und Grünen hat seinerzeit gegen das Gesetz ein Normenkontrollverfahren vor dem Verfassungsgericht angestrengt, damit aber nur im Hinblick auf zwei Punkte Erfolg gehabt, die die Gebührenkalkulation betreffen. Im Übrigen wurde das Konstrukt, nach dem sich Land und Privatkonsortium in der Regie der Anstalt öffentlichen Rechts zusammenbinden, für verfassungsmäßig erklärt – mit einer sehr formaldemokratischen Begründung und mit gravierenden politischen Folgen.

Es verstrich kein ganzer Tag nach der Urteilsverkündung, da war diesem ganzen Hause – oder doch vor allem einer Mehrheit aus CDU- und SPD-Abgeordneten in diesem Hause – klar, dass man mit einem privaten Konsortium, geführt von den „Global Playern“ Veolia und RWE, nun unbedingt im Geschäft bleiben müsse. Und dann geschah etwas Folgenschweres: Man fasste eine Entschließung, die den Senat zum Vollzug der Teilprivatisierung aufforderte. Dann wurde ein Vertrag vollzogen, in welchem den Privaten zugesichert wurde, dass sie durch die Verfassungsgerichtsentscheidung keinen Nachteil haben sollen. Neben einer ursprünglichen allgemeinen Anpassungsklausel – § 37 – wurde in Windeseile eine spezielle Ausgleichsklausel – 23 Abs. 7 – vereinbart, die dem Land – also letztlich den Entgeltzahlern und den Steuerzahlern, den Menschen in dieser Stadt – die Last aus den in der Klage liegenden Rechtsunsicherheiten zuwies.

Das Abgeordnetenhaus folgte alldem, und es rollten beachtliche 3,3 Milliarden DM in den Landeshaushalt, die zum Stopfen von Löchern verwendet wurden, die bereits im Jahr 1998 entstanden waren. Das Ganze hieß damals verharmlosend Vermögensaktivierung. So sorgte man seinerzeit dafür, dass die Investitionsquote und die NettoKreditaufnahme nicht zu weit auseinander driften.

Mein Respekt gilt all denjenigen, die damals – selbst als Teil der Regierungskoalition – gegen dieses Wahn

sinnsprojekt gekämpft haben, und ich bedauere ausdrücklich, dass sie sich nicht durchsetzen konnten.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Die Konsequenzen dessen haben jetzt wir zu tragen. Herr Thiel, da haben Sie Recht: Wirklich sozialistische Politik ist es nicht, Gebühren zu erhöhen. – Aber wir haben ja auch kein sozialistisches Erbe angetreten.

[Beifall und Heiterkeit bei der PDS]

Wenig Respekt habe ich vor denjenigen, die wie Herr Wegener all das vergessen, was seinerzeit in ihrer Verantwortung – nicht nur, aber auch in ihrer Verantwortung – hier stattgefunden hat, und jetzt so tun, als seien sie vom Mond auf diese Erde gespuckt und in dieses Parlament geworfen worden.

[Beifall bei der PDS]

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Erstens: Gesetz und Vertrag stehen in einem sachlichen Zusammenhang, aber nicht in einem unmittelbar rechtlichen, etwa derart, dass Fehler im Gesetz auf den Vertrag durchschlagen würden. Der Vertrag gilt daher prinzipiell auch unabhängig davon, was wir heute beschließen. Er wird dadurch weder gültiger noch weniger gültig. Da hat Herr Thiel nicht Recht. Wir entscheiden heute über das Gesetz, nicht über den Vertrag. Über den ist 1999 entschieden worden.

Zweitens: Die gefundene Lösung im Gesetz ist eine Angelegenheit des Landes Berlin, nicht die der Privaten. Diese erhalten ihre Rendite ohnehin. Herr Thiel! Von dieser Tatsache wird auch die Verhandlungsposition des Landes Berlin geprägt, wenn es darum geht, ob wir noch einmal Neuverhandlungen führen können. Wie soll ich mit jemandem verhandeln, der alles hat, was er will, und warum sollte er sich auf uns einlassen? – Das ist eine absurde Vorstellung.

[Eßer (Grüne): Und warum wollen Sie dann heute beschließen?]

Die einzige Option, die uns wirklich noch bleibt, ist die Steuerung der Kapitalverzinsung innerhalb des Unter

Das Problem liegt wahrscheinlich darin, dass mittlerweile so viel behauptet worden ist, was relativ schief ist, und deshalb frage ich mich, ob diese Punkte in der Zeit überhaupt zu klären sind. Der wichtigste Punkt ist erst einmal, dass nicht alle Informationen auf dem Tisch liegen. Herr Lederer, Sie behaupten das, aber es stimmt nicht. Sie rechnen uns den Wasserpreis für das nächste Jahr vor und sagen, das wäre eine Steigerung von 15 % statt ansonsten 13 %. Aber Sie wissen genauso wie ich, dass diese Sache weiter bis 2008 kalkuliert ist und dass mindestens weitere 12 Prozentpunkte hinzukommen. Das heißt, die 30-prozentige Wasserpreiserhöhung, die Sie in einem Schritt nicht durchsetzen konnten, ist bloß gestreckt – über die Jahre bis 2008. Sie wird aber erreicht.

Herr Doering! Das hat einen einzigen Grund, und das ist hier auch nicht gesagt worden: Der Senat will die Überschüsse dieses Unternehmens im Zeitraum bis 2008 um satte 55 % steigern. Das heißt, Senat und Konzerne – RWE und Veolia – wollen hier so richtig Kasse machen. Das werden 130 Millionen € für die Investoren, 110 Millionen € für das Land Berlin und 45 Millionen € an Rücklagen im Unternehmen im Jahr 2008 sein, die erreicht werden sollen – die also die Wasserbetriebe jährlich ausspucken sollen. Das ist das Ziel, über das wir hier in Wirklichkeit sprechen.

nehmens. Die gefundene Lösung ermöglicht es, regelmäßig neu politisch darüber zu entscheiden, aus welchen Töpfen die Verpflichtungen erfüllt werden sollen, die seinerzeit den Investoren garantiert worden sind. Keinesfalls wird den Privaten über dieses Gesetz mehr zugesichert, als sie ohnehin schon beanspruchen dürfen.

Drittens: Nachdem die Tarife über Jahre künstlich stabil gehalten worden sind, tritt 2004 die 1999 vereinbarte Zahlungspflicht an die Investoren ein. Dies ist der Grund, warum wir eine Rechtsgrundlage für die Gebührenkalkulation brauchen, die verfassungsgemäß ist und eine Steuerung überhaupt wieder zulässt. Täten wir das nicht, würden die Investorenforderungen zwar nicht bei der Kalkulation kostendeckender Gebühren berücksichtigt – was gebührenrechtlich im Übrigen geboten ist –, aber als Risiko den Landeshaushalt belasten.

Viertens: Keine Änderung des Gesetzes würde eine Tarifsteigerung um ca. 13 % nach sich ziehen. Eine Änderung, wie wir sie vorschlagen, führt zu einer 15-prozentigen Steigerung.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]