Protocol of the Session on January 17, 2002

und auch Ihre Rolle anzunehmen und gründlich darüber nachzudenken. Mit diesen Reden aus den 50er Jahren werden Sie zum Zusammenwachsen der Stadt mit Sicherheit nicht beitragen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und die SPD hat es schon gar nicht nötig, sich von Ihnen eine Belehrung über die Freiheit und über den Kampf um die Freiheit und um demokratische Rechte anzuhören.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP]

Ich danke dem rot-grünen Senat ganz herzlich für sein Engagement und seinen Einsatz während der letzten sieben Monate.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Dieser Senat war nur ein Übergangssenat. Er ist als ein Übergangssenat angetreten, er konnte und wollte auch gar nicht mehr sein.

[Gelächter bei der CDU]

Er wollte in erster Linie schnelle Neuwahlen herbeiführen, und damit die Legitimierung für eine neue Regierung schaffen. Dass diese Wahlen nicht so schnell stattfinden konnten, wie wir es wollten, das hat auch mit der CDU- Fraktion hier zu tun. Wir kennen alle die Hintergründe.

[Beifall bei der SPD]

Während der letzten sieben Monate haben wir trotz der Kürze der Zeit und der Fülle an Problemen eine gute und solide Arbeit miteinander geleistet. Wir konnten in vielerlei Hinsicht eine Reihe von politischen Akzenten setzen.

[Oh! von der CDU]

Und es wurden – auch das ist eine neue Qualität – verbindliche Fahrpläne erstellt, an die der neue Senat nahtlos anknüpfen kann. Das gilt für die Länderfusion, für die Senderfusion; das geht um die Zukunft unserer wichtigsten Beteiligungen in der Stadt und auch um die Bankgesellschaft. Über all diese Probleme wurde von dem vorigen Regierungschef oft nur geredet, ohne dass Entscheidungen und verbindliche Fahrpläne getroffen wurden. Das ist eine neue Qualität auch des rot-grünen Senats, an die der neue Senat anknüpfen kann und anknüpfen wird.

[Zuruf des Abg. Zimmer (CDU)]

Es muss Schluss sein mit der Beliebigkeit und der „Herumeierei“. Das ist die neue Qualität auch in der Berliner Politik.

Daran, dass wir mehrere hundert neue Lehrer einstellen konnten, auch schon in der Amtszeit des rot-grünen Senats,

[Zuruf der Abgn. Dr. Rexrodt (FDP) und Frau Senftleben (FDP)]

können Sie erkennen, dass die Bildungspolitik unser Schwerpunkt war, ist und auch bleibt.

[Zuruf des Abg. Zimmer (CDU)]

Bei der Bankgesellschaft haben wir sowohl die personellen als auch die finanziellen Voraussetzungen geschaffen, um überhaupt die Weiterarbeit der Bankgesellschaft zu ermöglichen. Im Zuge der Bankgesellschaft wird gegen eine Vielzahl von Personen strafrechtlich ermittelt. Dieses ist in dieser Größenordnung ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Nach den schrecklichen Ereignissen am 11. September in New York hatten wir auch in Berlin für die innere Sicherheit Sorge zu tragen. Ehrhart Körting hat diese Aufgabe gemeinsam mit Klaus Wowereit klug und besonnen bewältigt. Dafür gilt ihm unser besonderer Dank, in den ich ganz ausdrücklich auch unsere Polizistinnen und Polizisten einschließe, die in dieser schwierigen Phase auch in Berlin wirklich Unglaubliches für die Stadt geleistet haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Wir hatten sehr schwere Rahmenbedingungen, und alle Senatsmitglieder, die im Senat bleiben, und auch die, die jetzt aus dem Senat ausscheiden, haben für Berlin eine hervorragende Arbeit geleistet, für die ich mich an dieser Stelle bedanken möchte.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Wir hätten nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus die erfolgreiche Zusammenarbeit des rot-grünen Senats gern fortgesetzt. Das Wahlergebnis hat diese Möglichkeit nicht zugelassen. Wir haben daher Verhandlungen mit den Grünen und

der FDP aufgenommen. Diese sind trotz intensiver tage- und nächtelanger sehr ernsthafter Gespräche an der Haltung der FDP letztendlich gescheitert.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Herr Rexrodt, auch das muss man irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass wir sicherlich alle drei Partner

[Czaja (CDU): Das glauben Sie ja selber nicht!]

mit dem festen Willen zusammengekommen sind, zu einem guten Ergebnis zu kommen, dass man aber nach vier Wochen Verhandlungen mit 54 Dissenspunkten, ohne dass der schwierige Finanzteil überhaupt das erste Mal diskutiert werden konnte mit Ihnen, an einer Stelle war, wo man sagen konnte: Sie wollten über bestimmte Hürden nicht springen. Und dann geht es eben an dieser Stelle auch nicht; dann muss man das auch zur Kenntnis nehmen. [Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP]

Es war eben an dieser Stelle mit Ihnen nicht möglich, ein ausgewogenes Sparpaket – ja, es war insbesondere beim Finanzteil – zu verabreden. Deshalb haben Sie ja auch den Verhandlungstisch verlassen.

Die SPD hat daraufhin Koalitionsverhandlungen mit der PDS geführt.

[Czaja (CDU): Die habt ihr schon vorher geführt!]

Und ich stelle hier noch einmal klar: Diese Option war den Wählerinnen und Wählern bekannt für den Fall, dass andere Koalitionen nicht möglich sind. Diese Verhandlungen waren dann geprägt von großer Offenheit, waren orientiert auch an mutigen Lösungen für die großen Probleme dieser Stadt, eben diese Probleme zu bewältigen.

Der von uns vielfach geforderte Mentalitätswechsel spiegelt sich in der Koalitionsvereinbarung der beiden Parteien wider.

[Zuruf von der CDU: Welcher?]

Diese Koalitionsvereinbarung enthält sehr viele schwierige und auch unpopuläre Entscheidungen. Daran zeigt sich aber auch, dass es eine Politik des „Weiter so!“ nicht geben kann nicht geben wird. Und es muss auch allen Beteiligten klar sein, dass es bei diesen unpopulären Entscheidungen kein Wackeln geben kann, sondern dass wir in der Situation, in der das Land Berlin sich befindet, zu diesen Entscheidungen auch stehen und sie dann gemeinsam in dieser Koalition durchsetzen müssen.

[Beifall bei der SPD – Niedergesäß (CDU): Vorwärts immer, rückwärts nimmer!]

Rot-Rot wird mit einem guten Team arbeiten. Die künftigen Senatsmitglieder sind Persönlichkeiten mit Lebenserfahrung und politischer Erfahrung. Es werden bewährte und neue Gesichter dabei sein. Wir haben einen Senat aufgestellt, der sich sehen lassen kann, einen Senat, der mit Zuversicht und Optimismus an die Arbeit gehen wird. Dieser Optimismus basiert einerseits auf einer ungeschminkten Analyse der Lage der Stadt, andererseits auf den enormen Potentialen und der großen Strahlkraft, über die Berlin verfügt, was man auch nie vergessen darf.

[Czaja (CDU): Strahlkraft!]

Berlin soll weiter glitzern und glänzen, aber wir wollen auch ein Berlin, in dem sich Menschen mit kleinem Geldbeutel wohlfühlen. [Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich weiß, dass diese Koalition bei manch einem noch um Akzeptanz werben muss

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Sie werden es nicht für möglich halten, das war selbst bei der großen Koalition so. – und für den einen oder anderen auch bitter ist. Viele Menschen in unserer Stadt haben mit dem SEDRegime sehr leidvolle Erfahrungen gemacht. Die Bewertungen der Menschenrechtsverletzungen der DDR in der Präambel zur Koalitionsvereinbarung gehen aber weit über die bisherigen For

mulierungen und Festlegungen der PDS hinaus. Dies war für die SPD auch eine Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit mit der PDS. Und noch eins ist völlig klar: Selbstverständlich werden alle Senatsmitglieder – deswegen waren das vorhin hier von Ihnen nur Scheingefechte – selbstverständlich auf eine eventuelle Stasivergangenheit überprüft. Abgeordnete sollten dies im Übrigen auch tun.

[Beifall bei der SPD – Frau Senftleben (FDP): Selbstverständlich!]

Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die SPD sehr selbstbewusst ihre Rolle als führende Regierungspartei übernehmen wird, und zwar basierend, Herr Stölzl, auf den freiheitlichen Traditionen Berlins,

[Czaja (CDU): Basierend auf 29 %!]