Protocol of the Session on December 12, 2002

Und sie ist teuer: Mit einem Heer von Polizisten jagen wir jeden kleinen Drogendealer. In aufwändigen Strafverfahren beschäftigen sich Dutzende von Richtern und Staatsanwälten mit der Verfolgung von Drogendealern und Abhängigen. Das ist ein teuerer Spaß, der drogenpolitisch nichts bringt. – Diese Drogenpolitik ist zudem auch noch unglaubwürdig: Wer 10 Milliarden € an Tabaksteuern und nochmals 3,5 Milliarden € an Alkoholsteuern vor dem Hintergrund von 40 000 Toten bundesweit wegen Alkohol und 120 000 wegen Nikotinmissbrauchs einnimmt, der kann schlechterdings mit gutem Gewissen diese Form der repressiven Drogenpolitik verfolgen.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Forderung ist doch wirklich eine Banalität, dass man die Bevölkerung, in deren Umfeld ein solcher Raum eingerichtet werden soll, mit einbezieht. Insofern ist die Aussage richtig, dass es eine wirksame Drogenpolitik unter Einbeziehung des Konzepts von Drogenkonsumräumen nur dort passieren kann, wo auch die Akzeptanz der Bevölkerung zum Betrieb dieser Räume gewährleistet ist. Das ist eine Banalität, aber dazu brauche ich kein förmliches Beteiligungsverfahren, das im Moment, so wie ich das jedenfalls sehe, nach dem Bezirksverwaltungsgesetz gar nicht ginge.

[Zuruf des Abg. Hahn (FDP)]

Man muss um die politische Akzeptanz werben. Und jeder, der dieses Konzept erfolgreich umsetzen will, wird gut daran tun, das auch in die Tat umzusetzen.

[Zuruf der Frau Abg. Herrmann (CDU)]

Ich bin auch davon überzeugt, dass diejenigen, die ein Interesse daran haben, hier tatkräftig mitarbeiten werden, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es notwendig ist.

Ich habe, Frau Knake-Werner, mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie zwei feste und einen mobilen Drogenkonsumraum einrichten wollen. Das ist schon durch die Presse gegangen. Es ist aber, glaube ich, noch nicht – und da fordere ich Sie auf, das tatsächlich zu tun –,die Regelfinanzierung für diese Einrichtungen sichergestellt, ohne diejenigen Mittel zu beschneiden, die für das Drogenhilfeprogramm in Berlin zur Verfügung stehen und ohne die notwendige Präventionsarbeit, die hier geleistet wird, zu schmälern. Da hat Herr Czaja Recht. Das darf nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Drogenkonsumräume machen nur Sinn, wenn am Ende Präventions- und Hilfemöglichkeiten stehen, um diejenigen, die aus der Drogenabhängigkeit aussteigen wollen, auch aufzunehmen.

Das war nur der erste Schritt mit der Einrichtung der Drogenkonsumräume. Das ist völlig richtig, das Drogenproblem geht weiter. Wir als Grüne wollen mehr, wir brauchen in dieser Stadt auch mehr. Berlin ist scheinbar aufgewacht aus einem drogenpolitischen Dornröschenschlaf, und jetzt erwarten wir, dass das nächste Projekt die kontrollierte Abgabe von Heroin und anderen Drogen jetzt von dieser Regierung angegangen wird.

[Zuruf des Abg. Schmidt (CDU)]

Das wird helfen, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Das wird auch helfen, die gesundheitsschädlichen und damit kostenintensiven Nebenwirkungen der Stoffe zu reduzieren. Die Chance aus dem Bundesprojekt „kontrollierte Heroinvergabe“ ist noch unter der Regie von Herrn Diepgen aus Kostengründen verpasst worden. Ich finde, das ist ein kurzsichtiges Argument.

[Beifall bei den Grünen]

Ich habe zwar wenig Hoffnung, dass sich in der SPD oder in der CDU da etwas bewegt, aber ich glaube, dass es auch einige Ausnahmen in der SPD gibt. Frau Schubert – sie ist nun leider nicht da, das hätte ich ihr gerne gesagt –, wir setzen große Hoffnung auf Sie, die Sie sich schon einmal als liebevolle Gärtnerin von zarten Hanfpflänzchen hier geoutet hat. Ihre Initiative, die Mengen von straffreiem Besitz von Cannabis zum Eigenkonsum bundeseinheitlich festzulegen, ist begrüßenswert. Wenn sie sich jetzt mit ihrer Initiative noch ein bisschen in Richtung Legalisierung bewegt, dann können wir sie bald neben unserem Kollegen Christian Ströbele auf Platz 1 der Charts begrüßen, wenn sie singt: „Gebt den Hanf frei, und zwar sofort!“

[Beifall bei den Grünen – Beifall der Abgn. Frau Simon (PDS), Frau Dott (PDS) und Over (PDS)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Wir kommen zur

Das ist also die neue Transparenz des rot-roten Senats: Wir machen weiter so wie bisher – alles bestens! – und lassen im Geheimen weiter das Verfahren um den Lottotopf gewähren. Wir benutzen ihn und lassen uns von niemandem auf die Finger schauen. – Das ist ein beredtes Beispiel für die Reformfähigkeit dieser Regierung: Sie hat nämlich keinerlei Reformfähigkeit.

Unser Vorschlag sieht im Sinne einer neuen Wahrheit und Klarheit der Vergabe der Lottomittel Folgendes vor: Einstellung der Lottomittel für die institutionelle Förderung in die Fachressorts vor allem für die Belange Sport, Jugend und Kultur und damit die Übernahme einer parlamentarischen Kontrolle dieser Mittel. Darüber hinaus bleiben als echte Projektmittel 25 % in der Verfügung eines Beirats – immerhin noch gut 20 Millionen € waren es 2001.

lfd. Nr. 3:

II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie (DKLB-Gesetz)

Beschlussempfehlungen Recht und Haupt Drs 15/1063 Antrag der Grünen Drs 15/250

Ich eröffne die II. Lesung und schlage Ihnen vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre dazu keinen Widerspruch.

Ich rufe also auf Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung der Drucksache 15/250. Es ist eine Beratung von bis zu fünf Minuten pro Fraktion vorgesehen. – Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Es erhält das Wort Frau Alice Ströver. – Sie haben das Wort, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Als das Wünschen noch geholfen hat“ – so oder ähnlich könnte man den wiederholten Versuch meiner Fraktion bezeichnen, das Lottostiftungsgesetz zu ändern und endlich ein demokratisches Verfahren bei der Vergabe der Überschüsse der Lottostiftung einzuführen. Unter der CDU-SPD-Regierung sind wir gescheitert. In den sechs Monaten unserer kurzen Übergangsregierung mit Rot-Grün wurde als erster Schritt ein Sitz für die Opposition frei gemacht. Diesen Sitz hat als Oppositionsvertreter der Abgeordnete Steffel inne. Aber glauben Sie ernsthaft, dass mit Herrn Steffel die Gefahr der Verfilzung im Lottostiftungsrat beseitigt wäre?

[Gaebler (SPD): Nur Sie wären die Garantie dafür! – Weitere Zurufe]

Deswegen starteten wir unsere erneute Gesetzesinitiative, mit der wir endlich zu einem transparenten Verfahren der Vergabe von Lottomitteln kommen wollten. Wir dachten, nun würde alles anders sein: Schluss mit Mauschelgeschäften! Landowsky und Co. und deren Gebaren würde ein Ende haben. Eine Klientelbedienung, die wir über Jahrzehnte erlebt haben und bei der die Tennisanlage für Rot-Weiß nur die Spitze des Eisberges darstellt, sollte es nicht mehr geben.

[Beifall bei den Grünen – Rabbach (CDU): Ah! Gut, dass wir die haben! – Weitere Zurufe]

Hatten wir nicht alle gehofft – ein wenig jedenfalls –, dass sich mit der Regierungsübernahme von Rot-Rot etwas ändern würde?

[Rabbach (CDU): Besser wäre, dass Sie mal auf den Tennisplatz gehen!]

Doch man traut seinen Ohren nicht, wenn dieser rot-rote Senat in seiner Stellungnahme zu unserem heute zu verabschiedenden Gesetzesantrag das Folgende erklärt – ich zitiere:

Die Verteilung der der Stiftung zur Verfügung stehenden Mittel durch den Stiftungsrat hat sich seit mehr als 25 Jahren bewährt.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Matz (FDP)]

[Unruhe]

Verzeihen Sie, Frau Ströver! – Ich bitte dringlich, die Gespräche zu mildern, damit Frau Ströver verständlich bleibt. – Bitte schön!

[Zurufe von der PDS]

Drittens erwarten wir, dass es aus dem Lottorat eine Begründung für abgelehnte Anträge gibt. Es ist nur fair gegenüber denjenigen, die Anträge stellen, dass man ihnen erklärt, warum die Mittel nicht gegeben werden. Diejenigen, die die Verwaltungsvorgänge kennen, wissen, dass es für jeden Antrag – auch den abgelehnten – einen vorgefertigten Bescheid gibt. Warum man ihn den Antragstellern nicht gibt, sei dahingestellt.

Viertens fordern wir die Zusammensetzung des Stiftungsrates nach einem etwas demokratischeren Verfahren, nämlich eine Vertretung pro Fraktion plus drei Mitglieder des Senats. Das ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen, würde aber eine Transparenz schaffen.

Fünftens fordern wir die Anwendung des Landesgleichstellungsgesetzes.

Das ist ein guter Kompromissvorschlag gegenüber denjenigen, die die vollständige und pauschale Einstellung dieser Mittel in den Haushalt oder die Vergabe als reine Projektfördermittel fordern. Anhänger einer solchen Auffassung gibt es in allen Fraktionen. Warum es jetzt zu überhaupt keiner Bewegung gekommen ist, verstehe ich nicht. Die Kollegen von der PDS haben mit uns gemeinsam über Jahre hinweg für eine Reform des Lottogesetzes gestritten. Warum Sie jetzt mit allen Mitteln plötzlich unserem Begehr widersprechen, verstehe ich nicht.

[Rabbach (CDU): Ich verstehe das!]

Denn so, wie Sie das jetzt fordern, ist das ein klarer Schaufensterantrag.

Ich verstehe nicht, dass Sie ein Grundmandat haben wollen. Unter Rot-Grün – das haben Sie selbst noch einmal betont – gab es ein Mandat für die Opposition. Warum haben Sie damals eigentlich nicht widersprochen, Frau Ströver? – Da haben Sie das mitgemacht. Jetzt plötzlich, da Sie hier vorne stehen, fordern Sie etwas anderes. Es tut mir leid, aber das ist sehr durchsichtig.

Rot-Rot hat ganz klar den Willen der Bevölkerung umgesetzt und die stärkste Oppositionspartei mit hineingenommen. Das ist nun in diesem Fall die CDU. Sicherlich kann man sagen, die Grünen hätten es auch sein können. Sie sind es nun nicht. Ich hätte es Ihnen gegönnt. Das ist nicht die Frage. Aber, Frau Ströver, Sie sprechen in jedem Beitrag – und das haben Sie auch jetzt wieder getan – von Filz und von Undurchsichtigkeit. Und da muss ich Ihnen sagen – ich helfe gern Ihrem Gedächtnis nach:

Ich finde das sehr bedauerlich, denn es wäre gut gewesen, hier ein Zeichen zu setzen.

Der Regierende Bürgermeister als Vorsitzender des Stiftungsrats gefällt sich offenbar darin, den Finanzsenator als obersten Sparkommissar die Buhmann-Rolle ausfüllen zu lassen und selbst hin und wieder ein Lottobonbon von seinen Gnaden zu verteilen.

[Dr. Steffel (CDU): Völliger Quatsch!]

Es ist schade, dass Sie diesem Gebaren nicht endlich ein Ende setzen wollen. Wir haben einen guten Gesetzesvorschlag vorgelegt. Dass Sie ihn jetzt ablehnen, finde ich sehr bedauerlich. Es wäre im Sinne einer neuen Transparenz dieser Regierung würdig gewesen, sich ernsthaft mit unserem Antrag zu befassen und dem zu folgen.

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort hat nun Frau Spranger. – Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Frau Ströver! Nachdem Sie dieses Gremium in zahlreichen Wortbeiträgen, die Sie mittlerweile zu diesem Antrag gehalten haben, permanent schlecht gemacht und sich in dieser Rolle auch noch gefallen haben, möchte ich doch noch einmal klar sagen, was dieses Gremium macht. Das Gremium vergibt Mittel an Antragsteller, die sonst im Haushalt keine Berücksichtigung finden.