Protocol of the Session on December 12, 2002

[Beifall bei der PDS]

Dieser Antrag soll zugleich – auch darauf hat Herr Zimmermann hingewiesen – Bezug nehmen auf den Ende März stattfindenden Föderalismuskonvent der Landtagspräsidenten und der Fraktionsvorsitzenden. Die Forderung der Stärkung der Rolle der Länderparlamente im europäischen Integrationsprozess als dessen Zielstellung ist unserer Auffassung nach sehr berechtigt. Mehr Transparenz, höhere Effizienz und Durchschaubarkeit stellen einerseits höhere Anforderung an die parlamentarische Kontrolle der Entscheidungsprozesse im Regierungshandeln. Der politische und ökonomische Erfolg des Modells des neuen vereinten Europa hängt unserer Auffassung nach wesentlich von der Einbindung der Länder, Regionen und Kommunen und deren Parlamente ab. Andererseits – und das sagen wir auch ganz klar und eindeutig – dürfen künftige Beschlüsse auf EU-Ebene nicht durch zusätzliche neue Strukturen oder Gremien verzögert oder gar blockiert werden.

[Beifall des Abg. Zimmermann (SPD)]

In diesem Sinne ist der zurzeit kursierende Entwurf einer abschließenden Erklärung zu diesem Konvent nach unserer Auffassung noch überarbeitungsbedürftig. Umso mehr müssen wir uns als Parlament – und das tun wir mit dieser heutigen Entschließung – dazu positionieren, um damit eine Grundlage für den weiteren Diskussionsprozess zu schaffen.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich die Grünen nicht durchringen konnten, unserem Antrag zuzustimmen, diesem fraktionsübergreifenden Antrag. Ich finde, Ihr Änderungsantrag, meine Damen und Herren von den Grünen, zeigt, dass Sie dem Grundanliegen sehr wohl offen und aufgeschlossen gegenüberstehen, wir darin übereinstimmen. Ansonsten bleibt Ihr Änderungsantrag leider nur eine Absichtserklärung. Und die Zeit der Bekenntnisse und Absichtserklärungen ist längst vorbei. Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Vorschläge. Und die werfen wir mit dieser Positionierung in die Debatte. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Michels! – Frau Paus eilt herbei und hat das Wort. – Bitte schön, Frau Paus!

[Dr. Arndt (SPD): Könnt es euch ja noch überlegen!]

aber ich werde Ihnen hier begründen, warum wir das nicht tun können, wir können es wirklich nicht.

[Beifall bei den Grünen – Frau Herrmann (CDU): Da hat sie Recht! – Doering (PDS): Die dürfen doch gar nicht reden!]

Wir haben jetzt die Einmütigkeit der anderen Fraktionen gehört. Ich muss ehrlich sagen, bei dem vorliegenden Antrag erscheint es mir doch eher als eine unheilige Allianz. Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen bereits die Erklärung der Hamburger Bürgerschaft gelesen. Die Hamburger Bürgerschaft hat einen gemeinsamen Antrag hinbekommen über alle Fraktionen, einschließlich der Schill-Partei, der Rechtsstaatlichen Offensive. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass dieses Papier – es ist allerdings auch länger – mehr europäischen Geist aufweist als das, was Sie uns heute hier vorgelegt haben.

In einem Punkt sind wir uns sicher alle einig. Die Vorlage der Landtagspräsidenten war tatsächlich nichts, auf das man hätte bauen können, sie war durchaus noch schlimmer. Aber der Antrag, der heute von Ihnen hier vorgelegt wurde, ist in Teilen zumindest noch eine Verschlimmbesserung. Ich gestehe auch zu, dass uns alle hier im Hause der Zeitdruck überrollt hat. Unsere Fraktion konnte sich als Ganzes erst gestern mit diesem Antrag beschäftigen. Das geht dann natürlich immer zu Lasten der Qualität, aber gerade weil uns das Gelingen dieses Konvents ein Herzensanliegen ist, geht es darum, hier noch die letzte Möglichkeit zur Vertiefung der europäischen Integration zu nutzen, dazu, dass wir zu einer Europäischen Verfassung kommen, dass wir das Prinzip der Einzelermächtigung der Europäischen Union endlich überwinden, dass wir dazu kommen, einen richtigen Verfassungstext zu bekommen, der zweistufig ist, einerseits mit einer Verfassung mit einem konstitutionellen Teil und darüber hinaus mit einem zweiten Teil für die einzelnen Verträge und weitere Regelungen. Das ist das, was wir brauchen. Ich sage Ihnen eindeutig: Mit dem Papier, das Sie hier heute vorlegen, haben sie dem jedenfalls keinen Vorschub geleistet.

[Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

Also bei Zuschlag: Ja! – Herr Zimmermann, Sie haben das Wort!

Frau Paus! Stimmen Sie mir zu, dass wir hier in der Kürze der Zeit etwas überfordert wären, einen gesamten Verfassungstext vorzulegen? – Das ist der Grund dafür, dass wir die Ziele, die Grundrechte und ähnliche zentrale Fragen nicht in den Antrag aufgenommen haben, sondern uns auf die Kernfragen unserer Kompetenzen beschränken mussten.

Ich stimme Ihnen zu, dass es in der Kürze der Zeit sicherlich nicht möglich war und wahrscheinlich auch nicht sinnvoll wäre, einen fünf- oder zehnseitigen Antrag zu schreiben. Ich stimme Ihnen allerdings nicht hinsichtlich der Gewichtung zu, die Sie in dem Antrag vorgenommen haben. Dieser Antrag soll die Berliner Position bei diesem Konvent der Landtagspräsidenten und Fraktionsvorsitzenden im März sein. In dieser Hinsicht atmet er leider den falschen Geist aus, nämlich einen angstbesetzten Geist, der sagt: Um Gottes Willen, im Zuge des Verfassungskonventes müssen wir dringend dieses und jenes zusätzlich für die Kommunen hineinnehmen!

Es schmerzt uns, dass es zu keinem gemeinsamen Antrag gekommen ist. Ich gehe noch einmal kurz auf Ihren Antrag ein. Das Fatale an diesem Antrag ist, dass alle betont haben, sie stünden zur europäischen Integration und wollten sie befördern, aber es gibt nur einen Satz vorne in diesem Antrag dazu – und der ist erst sehr spät hineingekommen –,

[Frau Michels (PDS): Sie waren doch gar nicht dabei!]

aber ansonsten findet sich in diesem ganzen Antrag kein einziges Wort, wie Sie den die europäische Integration befördern wollen. Stattdessen steht in diesem Antrag nur ein Forderungskatalog, und der liest sich leider als angstbesetzte Abwehrschrift gegen die Europäische Union. Das fängt mit der Überschrift: „Forderungen“ an. Das Einzige, was Sie an diesem europäischen Verfassungskonvent interessiert, sind die kommunalen und regionalen Aspekte. Dagegen ist nichts zu sagen. Auch wir setzen uns dafür ein, dass die Kommunen und Regionen gestärkt sind in dieser Europäischen Union und dass sie weitere Perspektiven und Möglichkeiten haben. Dazu sagen wir nicht nur allgemein etwas, Frau Michels, sondern dazu sagen wir auch sehr konkret etwas.

[Frau Michels (PDS): Aber nicht in diesem Antrag!]

Doch! Ich habe jetzt leider keine Zeit, dass in extenso mit Ihnen zu diskutieren. Auf jeden Fall stehen da etliche Punkte drin. Lesen Sie ihn!

Allerdings haben Sie in Ihrem Antrag den gesamten Instrumentenkasten ausgebreitet: Es soll eine ganz genaue Anweisung sein, wie das kommunale Selbstverwaltungsrecht im Vertrag verankert werden muss. Es soll ein Klagerecht für die Regionen geben. Es soll aber nicht nur ein Klagerecht für die Regionen geben, sondern auch noch eines für den Ausschuss der Regionen. Und der Ausschuss der Regionen soll auch noch die volle Gesetzgebungsbefugnis bekommen. Die Gesetzgebungsbefugnis ist ein Recht, das bisher noch nicht einmal das Europäische Parlament hat. Das Ganze liest sich zum Teil leider ein bisschen wie: „Am deutschen Wesen soll Europa genesen!“ – Also so, wie es in Deutschland ist, soll es im westlichen Europa auch sein!

[Ah! von der PDS – Brauer (PDS) und Frau Michels (PDS): Jetzt reicht’s! – Dr. Lindner (FDP): Unglaub- lich! – Weitere Zurufe – Unruhe – Abg. Zimmermann (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Außerdem beachten Sie – und das ist auch Thema des Föderalismuskonventes im März, wenn er denn stattfinden wird – –

Frau Kollegin Paus, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zimmermann?

Es tut mir leid, Herr Zimmermann, aber ich habe nur noch eine Minute Redezeit und muss noch weitere Punkte vortragen.

Ich gebe Ihnen einen Zuschlag.

[Zurufe - Heiterkeit]

Na gut! – Bei Zuschlag!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der PDS]

Frau Paus!

[Frau Michels (PDS): Kennen Sie überhaupt die abschließende Erklärung?]

Ich kenne die abschließende Erklärung. Das kann ich Ihnen versichern, und ich kann Ihnen auch zu dem ganzen Protest im Bundesrat sagen: Da hat man genauso angefangen wie Sie und versucht, die Positionen festzuklopfen. Aber davon ist man längst wieder herunter, weil man einen gelingenden Verfassungskonvent will. Sie haben aber derzeit vor, am 30. und 31. März noch einmal die alte Position festzuklopfen. Aber wie soll denn dann der Bundesrat entscheiden, wenn das Ergebnis des Verfassungskonventes vorliegt und wenn dann Ihre Punkte nicht genau so und so in den Paragraphen drinstehen? – Damit setzen Sie sich selber unter Druck. Dann haben Sie selber schon die politische Niederlage mit vorbereitet. Das möchte ich verhindern. Ich möchte einen gelingenden Prozess und einen großen Erfolg. Das ist es, was wir brauchen. Diese Gelegenheit müssen wir nutzen, weil das – Herr Kittelmann hat zu Recht darauf hingewiesen – die letzte Chance dafür ist. Wir werden ab 2004 hoffentlich – und ich gehe davon aus, dass das mit Sicherheit geschieht – 25 Staaten in Europa haben. Dafür müssen wir die Grundlage schaffen, und dafür brauchen wir das Gelingen dieses Prozesses. Nur ein dem derzeitigen Verhandlungsstand angemessener Antrag kann das gewährleisten – nicht die übliche Berliner Art und Weise, Maximalforderungen aufzustellen, die erstens jenseits von Gut und Böse sind und zweitens auch keine Chance der Realisierung

Herr Dr. Frank Steffel hat 87 Ja-Stimmen, 32 NeinStimmen und 8 Enthaltungen erhalten und ist ebenfalls gewählt.

Frau Dr. Bärbel Grygier hat 83 Ja-Stimmen, 37 NeinStimmen und 8 Enthaltungen erhalten und ist ebenfalls gewählt.

Ich gratuliere allen vier Kandidaten und wünsche gute Arbeit im Interesse des Hauses.

Nun muss ich gestehen, dass ich Herrn Augstin vergessen habe, der bei lfd. Nr. 9 zu einer Kurzintervention nach vorne kommen wollte. Wenn Sie es gestatten – es ist zwar ungewöhnlich –, würde ich gleichwohl Herrn Augstin die Gelegenheit dazu geben, obwohl die Abstimmung bereits erfolgt ist. – Es ist mein Fehler. Ich bitte um Entschuldigung beim Haus und bei Ihnen persönlich. – Herr Augstin, Sie haben das Wort zu dem anderen Tagesordnungspunkt!

(D

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich gemeldet, weil es mir hierbei auch um mein Abstimmungsverhalten und das meiner Fraktion geht. Der Antrag der Grünen ist sehr wohl diskussionsfähig, aber er ist nicht rechtzeitig im Ausschuss eingebracht worden. Es war hier auch nicht hinreichend Gelegenheit, darüber zu diskutieren.

haben. Damit begeben wir uns deutlich in das politische Abseits.

Ich möchte zum Schluss noch einmal deutlich festhalten: Wir sind natürlich daran interessiert, dass es zu einer gemeinsamen Berliner Position kommt. Der Zeitdruck war extrem hoch, und wir sind auch nicht glücklich darüber, wie es gelaufen ist. Es gibt jetzt zwar den 16. Dezember, aber ich möchte Herrn Momper unseren Antrag zumindest mit in das Gepäck geben. Bis zum 30. bzw. 31. März ist durchaus noch etwas Zeit, und diese Zeit sollten wir nutzen, um doch noch zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Wir bleiben da nicht auf unserem Papier stehen, sondern sind sehr dialogbereit und sehr am Gelingen einer gemeinsamen Berliner Position interessiert. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der Grünen – Drucksache 15/1119-1 – abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Letzteres war die Mehrheit aller Fraktionen des Hauses – gegen die Stimmen der Fraktion der Grünen. – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist der Antrag so abgelehnt.

Nun lasse ich über die dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medienpolitik auf Drucksache 15/1119 abstimmen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Das Erste war die Mehrheit – gegen die Stimmen der Fraktion der Grünen. – Enthaltungen? – Eine Enthaltung. Dann ist das so beschlossen.

Die Fraktion der CDU – Herr Kittelmann hat das schon gesagt – hatte ihren Antrag mit der Drucksachennummer 15/1074 insoweit für erledigt erklärt.

Ich komme zurück zum vorigen Tagesordnungspunkt lfd. Nr. 7:

Wahl

Vier Personen des öffentlichen Lebens zu Mitgliedern des Rundfunkrates des Rundfunks BerlinBrandenburg

Wahlvorlage Drs 15/1078