Protocol of the Session on September 21, 2002

Meine Damen und Herren von der Union! Wenn das alles ist, dann kann auch Herr Steffel Fraktionsvorsitzender bleiben, dem ist auch nicht mehr eingefallen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Es ist richtig, wir werden gemeinsam noch erhebliche Kraftanstrengungen unternehmen müssen. Es wird harte Einschnitte auch in den nächsten Jahren und unpopuläre Maßnahmen geben. [Czaja (CDU): Mit Rot-Rot?]

Wir haben das auch immer ehrlich gesagt in den letzten Jahren. Daran wird sich auch nichts ändern. Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch machbar.

[Czaja (CDU): Nun mach’ einmal hin, sonst schläft der Regierende Bürgermeister noch ein!]

Aber das Thema Haushaltskonsolidierung, Haushaltsgesundung ist eines der wichtigsten Themen inzwischen auch für die Berlinerinnen und Berliner, die offensichtlich die finanzielle Lage der Stadt wesentlich realistischer einschätzen als weite Teile der Opposition.

Viele Aufgaben liegen noch vor uns, gar keine Frage. Wir werden das auch nicht allein schaffen, auch das will ich ganz deutlich sagen. Wir brauchen zunehmend Allianzen für die Stadt, es muss Zusammenarbeit, es muss Netzwerke geben mit anderen Städten, mit anderen Bundesländern, die sich hier in der Stadt engagieren, die sich mit dieser Hauptstadt schmücken wollen. Auch das wird ein Schwerpunkt der künftigen Arbeit sein. Auch da werden wir unsere Anstrengungen verstärken.

[Kittelmann (CDU): Was ist denn das für eine Illusion?]

Aber wir haben auch viele Aufgaben in der zurückliegenden Zeit bewältigt. Ich will nur einige Beispiele nennen. Dass wir heute überhaupt noch über eine Zukunft der Bankgesellschaft reden können, ist auch der Koalition zu verdanken, die dafür den Grundstein gelegt hat, dass es überhaupt diese vielen Tausend Arbeitsplätze und die Filialen der Sparkasse in der Stadt gibt. Durch Ihr Missmanagement ist das doch alles in Gefahr geraten. Wir haben es in Ordnung gebracht, und wir werden da auch weitermachen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Zurufe der Abgn. Czaja (CDU), Gram (CDU] und Dr. Jungnickel (FDP) – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP]

Es ist uns beim Thema Flughafen Schönefeld BBI ein ganz wichtiger Durchbruch gelungen, sodass wir jetzt zu einer verbindlichen Verhandlungsposition mit den Investoren gekommen sind. Wir haben die Senderfusion von SFB und ORB durchgesetzt [Gram (CDU): Was hat das mit dem Landeshaushalt zu tun?]

und wir werden auch die Länderfusion, auch gegen Ihren erwachsenden Widerstand aus der Union noch durchsetzen, verlassen Sie sich darauf!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Wambach (CDU): Seit wann bestimmen Sie, wie Volksabstimmungen ausgehen?]

Herr Steffel! Es gibt auch kleinere Punkte. Wenn Sie immer wieder Verwaltungsvereinfachung und -verschlankung ansprechen, Sie haben völlig Recht, ein weites Feld, in dem viel passieren muss. Aber der Innensenator hat dazu Vorschläge vorgelegt,

[Krestel (FDP): Die sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen!]

hat ganz konkret gesagt, wo Gesetze, wo Verordnungen abgebaut werden können. Sie müssen das, was die politisch Verantwortlichen im Senat tun, auch zur Kenntnis nehmen und nicht immer nur geißeln, weil es gerade in Ihr Redekonzept passt.

Die Berlinerinnen und Berliner haben schon vieles mitgetragen. Der Weg der Haushaltskonsolidierung wird weitergehen. Man wird dazu langen Atem brauchen. Das alles wird nicht von heute auf morgen umsetzbar sein. Aber es bleibt dabei, dass wir die Kitagebühren nicht verdoppeln werden,

[Zuruf von der CDU: Glaube ich nicht!]

dass es kein verschlechtertes Angebot in den Kindertagesstätten geben wird. Ganz im Gegenteil, es bleibt bei dem Schwerpunkt Bildung. Wir sind stolz darauf, dass wir die beste Versorgung mit Kitas und Ganztagsschulen in unserer Stadt haben. An diesem Punkt werden wir weiterarbeiten, darauf werden wir aufbauen. Es bleibt bei unserem Schwerpunkt, denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat uns, im Gegensatz zu Ihnen, schon immer am Herzen gelegen. Deswegen werden wir daran auch weiterarbeiten.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Sie sehen, die Aufregung um diese angebliche Giftliste ist völlig umsonst.

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Es gibt zu den entscheidenden Punkten eindeutige Positionen des Regierenden Bürgermeisters, des Finanzsenators, des Landesvorsitzenden der Berliner SPD und auch von mir als Fraktionsvorsitzendem. Das alles, was wir hier erleben, ist tatsächlich nicht mehr als eine Wahlkampfveranstaltung der CDU.

[Gelächter bei der CDU und der FDP – Wieland (Grüne): Ist es nun eine Giftliste oder nicht? Was heißt hier „angeblich“?]

Aber auch das wird Ihnen nicht weiterhelfen. Die Berlinerinnen und Berliner haben auch im vorigen Jahr bei der Abgeordnetenhauswahl Klugheit bewiesen.

[Niedergesäß (CDU): Die haben Gysi gewählt!]

Auch damals war schon Herr Späth in Ihrem Kompetenzteam, Herr Steffel, das lässt tief blicken. Auch damals vor die Entscheidung gestellt, Späth oder nie haben sich die Berlinerinnen und Berliner für „Nie“ entscheiden, und Sie werden erleben, das wird auch morgen wieder der Fall sein.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Beifall der Abgn. Frau Paus (Grüne) und Ratzmann (Grüne)]

Ich bin zuversichtlich, wenn die Berlinerinnen und Berliner morgen in der Wahlkabine stehen, werden sie genau unterscheiden können zwischen einer Gespensterdebatte

[Gelächter bei der CDU und der FDP]

und dem, worum es morgen wirklich geht,

[Dr. Steffel (CDU): Zur Sache!]

nämlich darum, dass Gerhard Schröder und Joschka Fischer vier weitere Jahre eine Politik der sozialen Gerechtigkeit, der Reformen [Oh! bei der CDU]

und der Modernisierung fortführen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Zurufe von der CDU]

Danke schön, Herr Müller! – Das Wort für die Fraktion der FDP hat nunmehr der Herr Fraktionsvorsitzende Dr. Lindner. – Bitte schön, Herr Dr. Lindner!

[Wieland (Grüne): Haben Sie wieder den Beteiligungsbericht dabei?]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sei mich vorab mit zwei Ammenmärchen aufräumen,

[Cramer (Grüne): Nein zu Möllemann!]

die im Zusammenhang mit dieser Liste aufgetaucht sind. Es wird allmählich der Eindruck zu erwecken versucht, die Liste sei ein Rohling eines oder mehrerer subalterner Verwaltungsbeamter, die mehr oder weniger zufällig an das Licht der Öffentlichkeit gekommen ist. Tatsächlich existiert diese Giftliste und wird fortentwickelt seit über einem halben Jahr.

[Sen Böger: Seit zehn Jahren!]

Wir lesen dazu im „Tagesspiegel“ am 20. März 2002:

Eine sehr giftige Liste. Für den Fall, dass es klemmen sollte, arbeitete Sarrazin eigene Sparvorschläge aus, die aber nicht zum Zuge kamen. Eine Giftliste, die so giftig war, dass der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit, unter dem Kronleuchter gekreist haben soll.

[Ah! bei der CDU – Gram (CDU): Sportliche Leistung! Weiter heißt es in dem Bericht: Bretthart sei Sarrazin gewesen, berichteten SPD-Partei- freunde. Der Mann hat einen interessanten Charme und Humor, grinst PDS-Fraktionschef Wolf, aber er macht, was ein Finanzsenator in dieser Situation machen muss, er drängt sehr auf kostensparende Strukturentscheidungen. Das hört sich heute ganz anders an, wenn man vor allen Dingen die Vertreter der PDS hört. [Doering (PDS): Da sind wir gar nicht dran gewesen!]

Das Ganze ist dann fortgesetzt worden. Am 27. August 2002 steht wiederum im „Tagesspiegel“:

Eine umfangreiche Giftliste hatte der Senator erstmals auf einer Sparklausur des Senats im März vorgelegt. Sie wird ständig fortgeschrieben und erweitert.

[Zurufe von der CDU: Aha!]