Der runde Tisch ist nichts anderes als ein vordemokratisches Instrument, in dem derjenige, der einlädt, nach Gutsherrenart bestimmen kann, wer an diesem runden Tisch Platz zu nehmen hat und wer nicht.
Das ist alles. Wenn der runde Tisch hinsichtlich des Sachverstands und des gesellschaftlichen Konsenses das allein selig Machende ist, warum haben wir sie dann nicht in anderen Politikbereichen? Warum gibt es keinen runden Tisch in Bereich innere Sicherheit oder sonstwo? –
Weil wir in der parlamentarische Demokratie klare, transparente Regeln haben, die funktionieren und sich bewährt haben. Wer glaubt, dass diese parlamentarischen Regeln nicht funktionieren, der soll sich hier hinstellen und die Verfassung ändern oder zumindest versuchen, offen darüber zu diskutieren. Aber hier nach Gutsherrenart einzuladen, wen man will oder nicht, simuliert einen Schein von Demokratie. Tatsächlich ist es nichts davon. [Beifall bei der FDP]
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner! – Wir fahren in unserer Redeliste fort. – Entschuldigung, Herr Gaebler, ich war schon etwas weiter.
Kein Problem! – Nach dem Redebeitrag möchte man eben gerne zur Tagesordnung übergehen, aber ich glaube, Herr Lindner, dass Sie sich offensichtlich selbst nicht ganz ernst nehmen, denn zuerst verdammen Sie runde Tische, und dann wollen Sie sie überall einrichten. Was wollen Sie eigentlich?
Fragen muss man auch selbst beantworten können, Herr Lindner. Ich halte fest, dass Sie keine Beteiligung von außerparlamentarischen Initiativen und gesellschaftlichen Gruppen an der Erarbeitung von Konzepten, die anschließend dem Parlament vorgelegt werden, wollen.
Es hat niemand behauptet, dass das Parlament nicht mehr darüber berät. Das wäre natürlich absurd. Das Parlament wird sich die Zeit nehmen und die notwendigen Experten hinzuziehen, um das in den Ausschüssen zu beraten. Aber es macht doch keinen Sinn, einen Stadtentwicklungsplan, der für eine Zeit von 15 bis 20 Jahren einen Rahmen setzen und Entwicklungslinien vorgeben soll, ohne Experten und ohne Einbindung von Vereinen und Verbänden zu erarbeiten. Ihnen wird doch hierbei nichts weggenommen. Ich frage Sie noch einmal: Wovor haben Sie Angst? Warum macht es Ihnen Angst, wenn am runden Tisch Leute zusammenkommen, die übrigens nicht nach Gutsherrenart, sondern in einem Verfahren, an dem sich alle Verbände beteiligen konnten, ausgewählt worden sind?
Die haben gemeinsam Vertreter benannt. Ich sehe, Sie kennen sich auch da nicht aus. Informieren Sie sich doch wenigstens über das, worüber Sie herziehen! Das wäre schon sehr hilfreich.
[Beifall bei der SPD und der PDS – Dr. Lindner (FDP): Wer hat die Verbände ausgewählt, die beteiligt werden?]
Diese Vereine und Verbände haben sich darauf verständigt, welche Vertreter am runden Tisch das bündeln sollen, was von den verschiedenen Seiten herangetragen wird. Sie können nachher im Abgeordnetenhaus noch einladen, wen Sie wollen. Da Sie ja bereits gesagt haben, dass Sie den StEP Verkehr ablehnen, bevor Sie überhaupt wissen, was drinsteht, stelle ich mir die Diskussion mit Ihnen dazu aber als sehr langweilig vor.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die letzten Redebeiträge verarbeiten will, fragt man sich, in welchem Wirrwarr wir hier angekommen sind. interjection: [Heiterkeit bei der PDS]
Wir haben in den letzten 10 bis 12 Jahren, nachdem die Stadt wiedervereinigt worden ist, sehr viel darüber gestritten, was notwendig ist, was logisch ist und was im Sinne der Stadt und im Sinne der Menschen, die hier wohnen und leben, gemacht werden müsste. Dazu hat es viele Entscheidungen gegeben, die damals durch die große Koalition getragen und mit Zweidrittelmehrheit beschlossen worden sind und die auch weitestgehend auf den Weg gekommen sind. Es macht aber überhaupt keinen Sinn, an solchen, aus logischen Gründen und mit einer breiten Beteiligung der Bevölkerung entstandenen Entscheidungen pausenlos herumzumäkeln, sie alle Jahre wieder zu verändern und über den Haufen zu werfen.
Herr Strieder, Sie haben den Stadtentwicklungsplan Verkehr auf den Weg gebracht und dort eingeladen. Dagegen gibt es erst einmal nichts einzuwenden. Sie können einladen, wen Sie wollen, Sie können die Gruppierungen bestimmen, Sie können die Stimmrechte bestimmen – das ist alles vollkommen in Ordnung.
Es gibt keinen Grund, daran herumzumäkeln, dass in einem breiten Konsens versucht wird, bestimmte Dinge abzustimmen.
Die Gefahr ist allerdings – und das ist die Erfahrung, die wir mit Ihnen gemacht haben –, dass die Entscheidungen, die dort gefällt werden, nicht von den Leuten, die dort sitzen, programmatisch auf den Weg gebracht werden, sondern Sie entscheiden in Ihrem Rittersaal, wie die FDP geschrieben hat. In dieser Hinsicht haben Sie sich schon geoutet, und in Sachen Schloss haben Sie das beste Beispiel geliefert: Sie haben selber eine Kommission eingesetzt, aber es muss keiner glauben, dass das, was die Kommission empfohlen hat, von Strieder umgesetzt wird. – Da bekommen wir unsere Magengeschwüre mit Ihnen und denken immer: Na ja, wenn der Strieder seine Trojanischen Pferde aufstellt, dann wird er schon wieder irgendwo einen Hinterhalt konstruieren, wo er mit seinen ideologisch besetzten Dingen bestimmen will, wo es in der Stadt lang geht.
Wenn es um einen gesellschaftlichen Konsens geht, dann machen Sie doch einmal eine Umfrage in Berlin, ob die Leute dafür sind, dass der Schwarzbau „Straßenbahnschienen in der Leipziger Straße“ sein Recht hat.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Cramer (Grüne): Oder der Autoverkehr durch das Brandenburger Tor!]
Fragen Sie doch einmal das Volk! – Herr Cramer, Sie sind ja gleich dran und können alles erzählen, was Sie wollen! – Fragen Sie doch einmal das Volk, ob es für die Straßenbahnschienen ist! Oder fragen Sie die Bevölkerung, ob sie es für richtig hält, dass 400 Millionen DM für die U 5 verbaut wurden und dann der Regierende Bürgermeister an das Pult kommt und sagt: Die U 5 braucht kein Mensch!
Die U 5 wird weitestgehend vom Bund bezahlt. Sie ist durch ein Planverfahren gelaufen, das in dieser Demokratie einen hohen Wert hat. Und dann kommt der Regierende Bürgermeister Wowereit und sagt: Die braucht kein Mensch!
Sie erzählen Unfug. Diese U 5 beispielsweise ist über ein völlig demokratisches Planungsverfahren auf den Weg gebracht worden. [Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Und wenn Sie sich hier so artikulieren, dann muss ich natürlich an Ihren demokratischen Gepflogenheiten zweifeln. Das ist völlig klar.
Wenn man also eine Investition, die in einer Größenordnung von 400 Millionen DM schon abgearbeitet ist, plötzlich beendet und liegen lässt, dann ist das ein Wirtschaftsverbrechen.
400 Millionen DM unter der Erde zu verbuddeln und dann plötzlich zu sagen: „Das war alles nichts!“, das ist ein klares Wirtschaftsverbrechen. Da können Sie sich hier drehen, wie Sie wollen. [Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]
Und die Straßenbahnschienen in die Leipziger Straße hinein zu werfen, Herr Cramer, ohne eine Baugenehmigung, ohne ein Planfeststellungsverfahren und ohne einen breiten Konsens in diesem Hause oder damals noch mit dem Koalitionspartner, das ist eigentlich eine Unverschämtheit. So etwas macht man in dieser Stadt nicht.
Wenn Sie meinen, dass das alles in Ordnung ist, dann haben Sie sich hier selber geoutet. Dann können Sie ihre sämtlichen Reden, die Sie in den letzten zehn Jahren gehalten haben, darauf schreiben!
Uns geht es darum, für diese Stadt das zu gestalten und auf den Weg zu bringen, was logisch und richtig ist. Wir sind weitestgehend darin einig, dass die Menschen, die in dieser Stadt wohnen, von Verkehrslärm, von Schmutz und Dreck und allem, was damit einhergeht, möglichst wenig belastet werden. In Anbetracht dessen kann mir wohl niemand erklären, dass es völlig daneben liegt, wenn wir die tangentiale Verbindung Ost in Köpenick bauen wollen. Die Grünen behaupten das, und Frau Matuschek kämpft noch immer dagegen. Wenn wir den Verkehr aus der Innenstadt Alt-Köpenick herausnehmen, dann haben wir wirklich etwas für die Menschen erreicht.
Herr Strieder, wenn Sie daran zweifeln und es heißt, dass die weiteren beiden Bauabschnitte in Frage gestellt sind, dann höre ich schon wieder die Glocken läuten. Dann denke ich schon wieder, Sie werden daran herumflicken, um an der Oberspreestraße mit der Maßnahme Schluss zu machen – nach dem Motto: Sollen doch die Leute sehen, wie sie zum Adlergestell durchkommen! – Dann haben wir das Chaos in der Dörpfeldstraße, also da, wo die Menschen wohnen. Die Autofahrer werden dort stehen und ihren Dreck in die Gegend pusten. Ich höre schon wieder die Nachtigall trapsen. Also, wenn das so kommt, können Sie sich auf Folgendes verlassen: Dann machen wir jede Woche das Adlergestell dicht. Dann machen wir einmal eine Demo. Dann machen wir mal eine APO, und dann können Sie sich warm anziehen. Darauf können Sie sich verlassen!
Ähnlich ist es mit der tangentialen Verbindung Nord: Sie können hier erzählen, sie müssten sparen. Natürlich muss immer gespart werden. Aber Sie können doch nicht die Stadt kaputt
sparen. Logische Dinge, die nun einmal erforderlich sind, um die Menschen von Lärm zu entlasten, können Sie nicht einfach auf die Seite legen. Das können Sie uns nicht erzählen.