Ich greife das Thema Zukunftsfonds auf. Was steckt denn hinter der Idee des Zukunftsfonds? Entwicklung in der Zusammenarbeit von Forschung, Industrie, Dienstleistung und Ausbildung. Der Zukunftsfonds soll eine Hilfe dafür sein, dass wir notwendige gesellschaftliche Initiativen und Infrastrukturmaßnahmen der öffentlichen Hand – beispielsweise für Adlershof und Buch – finanzieren können. Sie sind dagegen. Ich frage erneut: Wer ist für Stillstand und wer für Bewegung und Aufbau in Berlin mit den notwendigen strukturellen Veränderungen, die wir durchsetzen wollen?
Ich bin leidenschaftlich dafür, im richtigen Zeitrahmen die Museumsinsel zu bauen und das Stadtzentrum wieder historisch aufzubauen. Sie wollten den Palast der Republik. Ich sagte: Der muss weg! Wer ist also für Zukunft und wer für Stillstand? Sie oder ich?
Man muss sich fragen, inwieweit Sie bei der Gesamtargumentation irgendwo auf dem Boden der Tatsachen bleiben.
Dabei räume ich ein, dass es immer mal wieder Mode ist, Berlin klein zu reden und schlecht zu schreiben. Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, wir hätten alles, was in dem Veränderungsprozess seit 1990 notwendig ist, bereits bewältigt. Ich habe sogar manchmal die Sorge, eine Vielzahl der Berliner könne den Eindruck haben, sie würden durch die Veränderungen zu stark belastet. Das ist ein subjektives Empfinden von vielen Berlinerinnen und Berlinern.
Ich finde es aber nicht korrekt, die Leistungen Berlins klein zu reden. Darin spiegelt sich – abhängig von den Veröffentlichungsterminen: von Tag zu Tag oder wöchentlich – ein bisschen Neid und Frust wider. Manchmal habe ich auch den Eindruck, hier rolle eine Kampagne bar jeder Vernunft ab.
Wenn wir uns darüber unterhalten, wie die Stellung Berlins in der Bundesrepublik Deutschland ist, und der Kollege Kurth und ich bei den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich mit den anderen Ländern reden und wir beim Städtetag darüber reden, was die Bedürfnisse Berlins sind, dann stoßen wir auf das Gegenteil dessen, was hier behauptet wird. Wir stoßen auf ein Stück Sorge vor zu guten Entwicklungen Berlins. In München und Stuttgart wird mobil gemacht, insbesondere im kulturellen Bereich und der Investitionen für Wissenschaft und Forschung, weil man dort erhebliche Sorgen hat, Berlin werde „weglaufen“ und das Gespenst eines neuen deutschen Zentralismus entstehe durch das Wachstum Berlins. Das ist ein Teil der Realität in der Bundesrepublik Deutschland. Damit ist leider verbunden, dass die Bereitschaft genau hinzusehen, was in Berlin geschehen ist und welche Unterschiede – bezüglich der sozialen Ausgangspositionen und der wirtschaftlichen Entwicklung – es zwischen Ost und West noch gibt, durch die von mir beschriebene Mentalität und die Ängste vor dem Hintergrund einer vermeidlichen Debatte über deutsche Geschichte immer weiter in den Hintergrund gedrängt worden ist. Das bringt uns erhebliche Schwierigkeiten. Ich bitte Sie, mit etwas mehr Realismus auf das zu schauen, was sich in der Stadt in den letzten Jahren entwickelt hat.
Der vorliegende Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2000 ist ein Haushalt des Gestaltungswillens und der Zuversicht, dass wir in dem Spannungsfeld zwischen notwendiger Sparsamkeit und notwendigem Aufbruch und Aufbau den richtigen Weg finden. Die Gesamtausgaben liegen wieder niedriger als im Vorjahr. Insgesamt werden über 400 Millionen DM weniger ausgegeben als 1999. Wir bleiben dabei, dass die Netto-Neuverschuldung in jedem Jahr weiter abgebaut wird und bis zum Jahr 2009 – das bleibt unser Ziel – vollkommen abgebaut wird.
Auf einen Teil der Leistung, nämlich der Abbau von 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, ist in der Debatte schon hingewiesen worden. Gerade die, die in anderen Bereichen, in denen sich Erfolge von wirtschaftlichem Handeln niederschlagen, immer sagen, es müsse noch mehr gemacht werden, verdrängen die Frage, wo Grenzen erreicht worden sind, und regen sich über den Personalabbau erheblich auf.
Sie weisen nämlich auf das Spannungsfeld hin, dass genau diese Entwicklung dazu führt, dass die Arbeitslosenstatistik in Berlin erheblich erhöht wird. Also dass ein Stück Verpflichtung im sozialen Bereich – ich will es nur an diesem Beispiel deutlich machen – bleibt, ist für mich jedenfalls Selbstverständlichkeit, wenn es um eine strikte Modernisierung dieses Landes geht.
Der Kollege Steffel hat vorhin mehrere Grundsätze dargestellt, die ich ausdrücklich aufgreifen möchte, nämlich äußerste Sparsamkeit, die Verwirklichung unserer Überlegungen zur strikten Modernisierung des Landes, er hat auf die großen Chancen in Wissenschaft, Bildung, Kultur hingewiesen, für Wirtschaftswachstum plädiert, er hat darauf hingewiesen, dass wir das, was an Mitteln eingesetzt wird, mit höchster Effektivität einsetzen müssen. Das ist die Herausforderung, der wir uns alle zu stellen haben. Nun wird es in einem großen Gemeinwesen wie Berlin – in der nächsten Zeit von 12 Bezirken und der Hauptverwaltung – mit einer ganzen Fülle von Leistungs- und Verantwortungszentren bei dieser Zielrichtung die eine oder andere Lücke geben. Da wird es immer Schwierigkeiten geben. Dies so weit wie möglich zu verringern, ist Aufgabe der Politik und der Leitung jeder einzelnen Verwaltung und jedes einzelnen Leistungs- und Verantwortungszentrums. Damit ist effektiver Einsatz der Mittel genau beschrieben, und es ist in der Debatte auch deutlich geworden – der Kollege Steffel hat es an vielen Beispielen klar gemacht –: Ein Stück Stolz dieser Koalition seit 1991 in der Entwicklung Berlins besteht darin, dass die Veränderung, die jeder, wenn er durch die Stadt läuft, sehen und spüren kann, in sozialer Balance durchgeführt worden ist.
Dabei bleibt es, auch wenn einige meinen, dieses in einer gewissen Oberflächlichkeit der Betrachtung, auch manchmal mit elitärer Arroganz
der Orientierung einzig und allein auf ein Thema, als eine Politik, die entscheidungsunfähig ist, bezeichnen zu können glauben. Nein, zu den Entscheidungen in dieser Stadt gehört es, dass wir unsere Entscheidungen in der sozialen Balance treffen, in dem Versuch, Menschen mitzunehmen, in dem Versuch, strikte Modernisierung so darzustellen, dass die Stadt auch für den Bürger da ist. Das ist jedenfalls mein Verständnis von Politik: strikte Modernisierung, aber Menschen mitnehmen und soziale Balance ausdrücklich garantieren. Das ist Politik von Berlin aus.
Dass wir bei den Anforderungen im Hinblick auf die Konsolidierung des Haushalts noch lange nicht am Schlusspunkt angekommen sind, ist eine Banalität. Ich sage auch: Sparen ist kein Selbstzweck; es geschieht nicht um seiner selbst willen. Wir sind gezwungen, klare Prioritäten zu setzen und den Staat auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren. Jeder muss sich darüber im Klaren sein: Wenn wir von Prioritäten sprechen, gibt es auch Nachrangigkeiten. Diese werden sich vielleicht bei dem einen oder anderen sehr schmerzhaft bemerkbar machen. Denn natürlich – wahrscheinlich stimmen Sie mir da zu – leben wir in einer im Kern strukturkonservativen, besitzstandswahrenden Gesellschaft. Diese empfindet, jedenfalls im Kreis ihrer Betroffenen, Veränderungen sehr leicht als eine Provokation.
Ich nehme Ihren Zwischenruf gern noch einmal auf. Herr Müller-Schoenau, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass ich die Arroganz der sozialen Kälte,
Ich sage deswegen auch: Ich nehme Menschen mit. Aber wenn ich mich hier damit auseinandersetze, dass ein Teil unserer
Gesellschaft strukturkonservativ und besitzstandswahrend ist, ergänze ich das auch mit dem Hinweis, dass der Status quo als Maßstab für die Zukunft ungeeignet ist.
Deswegen auch: Politik der strikten Modernisierung mit klaren Schwerpunkten, die wir zu setzen haben.
Wenn Sie sich diesen Haushalt ansehen und die Politik des Senats insgesamt, gibt es diese Schwerpunkte. Als erstes Bildung und Ausbildung: Wir sammeln das Kapital in den Köpfen, gerade weil es uns an Kapital in den Kassen gebricht. Dabei sind die Schwerpunkte auch gesetzt worden. Es ist eine Verkürzung der Debatte um die Schulpolitik, wenn jetzt nur darüber geredet wird, dass von den Lehrern eine Stunde mehr Unterricht verlangt wird. Einmal könnte ich nun den bundesweiten Vergleich hier noch einmal herbeiführen.
Sie alle wissen – ich finde, das sollte nun auch bei allen Kommentierungen und Stellungnahmen der Elternvertretungen, aller Betroffenen, mit beachtet werden –, dass wir es selbst bei der jetzt anstehenden Erhöhung der Unterrichtszeit für die Lehrer noch mit einer verringerten Arbeitszeit der Lehrer zu tun haben. Das hat auch etwas damit zu tun, dass es beispielsweise für verschiedene Arbeiten innerhalb der Schule Unterrichtsermäßigungen gibt.
Alles dieses muss man mit beachten. Ich beziehe mich dabei nicht nur auf die 100 Millionen DM Schulsanierungsprogramm, sondern auch darauf, dass es einen Einstellungskorridor gibt, dass es ein Mehr an Lehrerstellen an den Punkten gibt, wo es notwendig ist, dass es den Ausbau des Schulsystems im Sinne von Vielfalt gibt, dass es zusätzliche internationale Schulen gibt, dass im Mittelpunkt der Schulpolitik mehr Eigenverantwortung und Profilbildung der einzelnen Schulen steht
und dass das genau die notwendige Veränderung im Sinne von Qualität und Elitebildung – und Akzeptieren von Elitebildung – und der Weiterentwicklung der Wissensgesellschaft ist. Immer stärker wird der Dreiklang von Wissen, Kapital und persönlicher Arbeit im Vordergrund stehen. Genau darauf müssen wir unser Bildungssystem einrichten.
Das zweite in den Schwerpunkten: Wir investieren in die Infrastruktur – dabei habe ich einige Schwerpunkte schon genannt –, sowohl in die verkehrliche Infrastruktur als auch in das, was für Wirtschaftswachstum von entscheidender Bedeutung ist, die Verbindung mit der Wissensgesellschaft und die Verknüpfung von Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie. Die großen Infrastrukturmaßnahmen sind hier genannt worden.
Ich leugne nicht, dass erheblicher Ärger in dem Dreiklang auftritt, der zwischen dem Land Brandenburg, der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin zu gestalten ist, wenn es um Einzelheiten der Entwicklung des Internationalen Flughafens Berlin-Brandenburg geht. Aber denjenigen, die beispielsweise kritisieren, dass wir den Flughafen Tegel ertüchtigen, muss ich entgegen halten, dass sie von Flughafenpolitik und den Notwendigkeiten dieser Region entweder nichts verstehen oder ihre Kenntnisse nicht in die Debatte einbeziehen. Wenn ich gerade jetzt im Sinne der Ansiedlung von internationalen Dienstleistungen Infrastrukturen verbessern muss, muss ich heute internationale Verkehre in die Stadt holen und das gegenwärtige Flughafensystem möglichst optimal nutzen. Das geht nur mit einer Ertüchtigung von Tegel.
Wer sich einbildet, das Thema mit dem einfachen Stichwort, dann werden wir demnächst alle nach Leipzig fahren, abgehandelt zu haben, der irrt. Heute kommt es darauf an, dass wir die