Protocol of the Session on March 23, 2000

versündigt sich an den nachfolgenden Generationen.

Und wenn Sie schon sich lustig machen und verspotten und verhöhnen, dann lassen Sie mich Ihnen noch zum Schluss den Psalm 2 sagen.

[Ah! von der PDS und den Grünen – Over (PDS): Das fehlte auch noch, Herr Wruck!]

Das hören Sie noch, auch wenn es Ihnen nicht gefällt und Hohn und Spott von Ihnen kommt.

[Heiterkeit]

Der Psalm 2 lautet unter anderem – Vers 1, 2 und 12 –:

Warum toben die Heiden, und die Völker reden so vergeblich? Die Könige der Erde lehnen sich auf, die Herren ratschlagen miteinander wider den Herrn und seinen Gesalbten.... Küsset den Sohn, dass er nicht zürne und Ihr umkommet auf dem Wege; denn sein Zorn wird bald entbrennen. Aber wohl allen, die auf ihn trauen!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Wort hat nun der Abgeordnete Mutlu – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mir erst gar nicht die Mühe machen, Herrn Wruck zu übertreffen. Das schaffe ich einfach nicht. – Es war aber auch interessant zu beobachten, wie bei der Debatte um dieses Thema ständig Lehrerinnen und Lehrer an dieses Pult kamen und gingen. Ich weiß nicht, ob das eine Bereicherung für diesen Bereich oder eine Verlust ist, wenn man sich die bildungspolitische Situation in dieser Stadt anschaut.

Herr Böger! Sie haben einige Ausführungen gemacht, die eigentlich relativ gut und unterstützenswert sind. Man muss sich aber fragen, wo Sie in den letzten zehn Jahren waren. Warum haben Sie in den letzten zehn Jahren als Teil dieser großen Koalition nicht all das, was Sie uns jetzt erklären wollten, durchgesetzt, damit nicht jetzt 40 000 Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern auf die Straße gehen müssen?

[Beifall bei den Grünen – Beifall und des Abg. Brauer (PDS)]

Ich kann dazu nur sagen: Schade, dass die Realität eine andere ist! Nicht wahr, Herr Böger! – Jetzt ist er nicht da. Das Thema scheint ihn ja sehr zu interessieren.

[Zurufe von der SPD]

Ach, da vorne sitze er! Entschuldigung, aber ich habe zur Senatsbank geschaut! – Ich frage mich, ob Sie selbst an das glauben, was Sie uns weismachen wollen. Zum einen schätzen Sie das Engagement und die Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer, belohnen Sie aber mit einer Arbeitszeiterhöhung, die von den Lehrerinnen und Lehrern gänzlich abgelehnt wird. Denken Sie tatsächlich, damit Bündnispartner für die Zukunft zu gewinnen? – Ich möchte das sehr bezweifeln. Herr Böger! Sie werben bei uns um Unterstützung, aber ich kann Ihnen nur sagen: Überzeugen Sie erst einmal Ihren Koalitionspartner, bevor Sie bei uns an der Tür klopfen!

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Frau Richter-Kotowski (CDU): Ach!]

Wer den Erziehungsauftrag der Schule tatsächlich verbessern will, muss neben dem traditionellen Unterricht Kindern und Jugendlichen mehr Raum geben, gemeinsam mit den Lehrkräften die Schule neu zu gestalten. Das Ziel muss eine Schule sein, die in weit größerem Ausmaß als bisher von allen Beteiligten als ihr gemeinsames Werk erfahren wird und deren Veränderung Ergebnis ihrer gemeinsamen Anstrengungen ist. Eine solche Veränderung der Schule wird sich in vielen Einzelschritten vollziehen. Sie erfordert mehr Entscheidungskompetenzen für alle Beteiligten, und sie erfordert auch eine andere Definition der Lehrerrolle. Damit Schule den veränderten Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen gerecht wird und gerecht werden kann, bedarf es nicht nur einer grundlegenden Veränderung der Rolle von Lehrerinnen und Lehrern, sondern auch neuer Formen der Unterrichtsorganisation oder veränderter Arbeitszeitmodelle. Wenn Sie tatsächlich ernsthafte Bemühungen in dieser Richtung unternehmen wollen, Herr Böger, werden Sie auch unsere Unterstützung bekommen, aber ich sehe Ihre Bemühungen nicht.

Sehr geehrter Herr Schlede! Sie sind hoffentlich nicht im Begriff zu gehen, weil ich gerade auf Ihre Fragen antworten wollte. Sie fragen nach der Finanzierung, und das zu Recht. Aber Sie müssten doch wissen, dass unsere Anträge in der Regel – und das gilt auch für diesen, wenn Sie ihn richtig gelesen haben – niet- und nagelfest sind.

[Rabbach (CDU): Selten!]

Wir verlangen nicht einfach nur Geld, sondern wir geben auch vor, woher das Geld kommen soll. Unsere Haushälter haben erst kürzlich im Hauptausschuss diverse Vorschläge für eine Kürzungssumme im Berliner Haushalt in Höhe von 60 Millionen DM gemacht. Und was haben Sie bzw. Ihre Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion gemacht? – Sie haben diese Kürzungsvorschläge abgelehnt. Diese 60 Millionen hätten sehr wohl in den Schuletat umgeschichtet werden können.

[Beifall bei den Grünen – Beifall Abg. Sayan (PDS)]

Herr Böger, Sie sprechen von einem Zukunftsfonds. Wir begrüßen das sehr. Unser Antrag „Mehr Mäuse für die Schule“ sah für dieses Jahr bereits 15 Millionen DM für diesen Bereich vor. Ich frage Sie: Warum lehnen Sie das ab? Nehmen Sie es doch an! Beginnen Sie doch mit ihrem Zukunftsfonds schon in diesem Haushaltsjahr und nicht erst im Jahr 2001!

[Beifall bei den Grünen]

(A) (C)

(B) (D)

Nun zu den konkreten Finanzierungsvorschlägen: Das, was ich hier in aller Kürze vortrage, ist auch Teil der Begründung unseres Antrags. Wir fordern die Ausfinanzierung des Lehrerstellenplans. Dieses Jahr werden für diese Maßnahme ca. 22 Millionen DM benötigt, in den Folgejahren ca. 50 Millionen DM. Ein Vorschlag für die Finanzierung dieser Maßnahme zielt auf die Bauverwaltung. Wie Sie wissen, war 1995 ein Mitarbeiter der Bauverwaltung für eine Bausumme von ca. 2,2 Millionen DM zuständig. Heute ist derselbe Mitarbeiter für ca. 0,9 Millionen DM zuständig. Der Stellenrahmen der Bauverwaltung hat sich allerdings kaum verändert. Unser Vorschlag ist, dieses Mehr an Personal in der Bauverwaltung für den Bereich der Schule umzuschichten, und zwar in Form der Personalmittel für 150 Stellen.

Eine weitere Möglichkeit sind die Fachbereichsleiterstellen. Wir meinen, die Höhergruppierung, die für das kommende Schuljahr geplant ist, muss – in Anbetracht der Situation der Berliner Schule – nicht erfolgen. Dadurch würden wir weitere 19 Millionen DM einsparen, die wir für die Ausfinanzierung des Lehrerstellenplans und für zusätzliche Stellen nutzen können.

Es ist auch mehrfach die Frage nach den Medienwarten gestellt worden. Im Moment haben wir ungefähr 36 Medienwarte, die wir über den Personaletat der Schulen bezahlen. Herr Schlede, was Sie gesagt haben, deckt sich völlig mit unseren Vorstellungen. Wir meinen, das mit einem Betrieb nach § 26 LHO die Medienwarte viel effektiver eingesetzt werden könnten. Wenn sich der Betrieb bewährt, dann besteht er, wenn nicht, wird die Leistung von den Schulen nicht abgerufen, und der Betrieb geht ein. Aber die Schulen hätten über ihre Sachmittel viel mehr Möglichkeiten, Serviceleistungen auch außerhalb eines LHO-Betriebes zu nutzen.

[Beifall bei den Grünen]

Ich finde, dass die Medienwarte, an deren Stellen sich ein kw-Vermerk befindet, in solch einem LHO-Betrieb viel effektiver eingesetzt werden könnten.

Wenn Sie unsere weiteren Finanzierungsvorschläge wissen wollen, kann ich Ihnen nur raten, lesen sie die Begründung unseres Antrages oder richten Sie ihren Mitgliedern des Hauptausschusses aus, welche konkreten Vorschläge wir machen und nehmen Sie die Vorschläge einfach an, dann werden Sie sehen, wie dieser Bereich ausgeglichen und ausfinanziert wird.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Sayan (PDS)]

Für die CDU- Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Schlede!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auf einige Stichworte eingehen. Ich beginne beim letzten, Herr Mutlu! Wenn Sie einmal den Fortschritt der Verwaltungsreform in den Bezirken und der Hauptverwaltung betrachten, dann wissen Sie, dass dort das Prinzip festgelegt wird, dass ich die Leistung dort hole, wo ich sie am billigsten bekomme, am günstigsten, am kostengünstigsten. Was nützt mir denn heute ein LHO-Betrieb „Medienwarte“, wenn ich in Berlin landauf landab programmorientierte und systemorientierte Anbieter von IuK-Technik en masse habe? Was nützt mir ein Betrieb, der womöglich gar nicht nachgefragt wird? – Das ist Punkt Nr. 1.

Punkt Nr. 2: Bisher sind alle 38 Medienwarte, wie ich von Ihnen weiß, kw gestellt, mit anderen Worten, sie könnten nur mit einer Null-Personen-Summe hinübergehen

[Müller-Schoenau (Grüne): Aber sie müssen bezahlt werden!]

ja, das nützt ja nichts. Sie schütteln jetzt den Kopf, dann bleiben Sie doch einmal bei Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit! Ganz ruhig! – Diese 38 Stellen sind kw gestellt, sie werden aus dem sonstigen Personalhaushalt der Behörde finanziert. Ich kann nicht kw-Kräfte verlagern, erstens ohne deren Zustimmung – das ist ein riesiges Problem, und das wissen Sie – und zweitens, ohne dass ich Mittel mitgebe. Wenn ich Mittel hineingäbe,

müsste ich andere 38 Stellen kw stellen, damit ich diese Summe gegenfinanziert in den LHO-Betrieb einbringen kann. Ich habe die andere Alternative und gebe Null Personalsumme mit und der Betrieb speist sich nur aus den Sachmitteln der Bezirke, die die Leistung abfragen. Da ist dann aber das Problem, ob die Bezirke die Leistung überhaupt annehmen, weil sie die Leistung woanders vielleicht viel günstiger und attraktiver bekommen. Diese Lösung – man müsste sie einmal intensiver diskutieren, gern im Ausschuss –, scheint mit noch nicht sinnfällig, so wie Sie sie dargestellt haben.

[Mutlu (Grüne): Wir werden sie gern diskutieren!]

Zweiter Punkt: Herr Mutlu und auch Frau Neumann! Ich möchte seitens der CDU Wert und Nachdruck legen auf den Aspekt der Leistungsorientierung an Schule. Schule hat nicht nur soziale Kompetenz zu vermitteln, sondern eben auch im Sinne von Leistungsorientierung die beste Förderung von Schülerinnen und Schülern vorzunehmen. Hier gibt es in Berlin ein recht breites Spektrum von Schulen. Es ist nicht unbedingt jede Schule vom Wedding mit der in Kreuzberg oder der in Zehlendorf oder Hellersdorf zu vergleichen. Hier muss tatsächlich darauf eingegangen werden: Unterschiedliche Anforderungen müssen unterschiedlich beantwortet werden.

[Cramer (Grüne): Genau! – Deshalb wollen Sie ja gerade Zentralabitur!]

Zur Frage der Kürzungsvorschläge, Herr Mutlu, es hätte schon Sinn gemacht und sachlogisch wäre es richtig gewesen, wenn Sie mit Ihren Vorschlag – keine Erhöhung der Unterrichtsstundenverpflichtung, Schulstationen in den ordentlichen Haushalt einstellen, Medienwarte in einen LHO-Betrieb –, wenn Sie diesen zusätzlichen Belastungen auch die entsprechenden Kürzungen gegenübergestellt hätten, damit wir sie hier hätten diskutieren können.

Und nun zu Ihnen Frau Schaub! – Sie ist gar nicht da, was? – Naja, trotzdem möchte ich ein Wort zu ihren Ausführungen sagen, ich möchte gern auf ihre Aussagen betreffs Religion, die ich nicht erwartet habe, eingehen. Sie hat einen sehr interessanten Satz gesagt, den ich aufgreife und auch voll inhaltlich bestätige. Sie hat nämlich gesagt: Toleranz erwirbt man im Miteinander. – Miteinander ist natürlich nur möglich, wenn – wie gerade hier demonstriert – jemand anwesend ist. Mit Frau Schaub kann ich momentan den Dialog nicht führen. Das Problem des freiwilligen Faches Religion ist, dass 65 bis 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler überhaupt nicht anwesend sind.

[Frau Martins (Grüne): Sind das deswegen schlechte Schülerinnen und Schüler?]

Ich kann nicht einen Dialog pflegen und zur Toleranz im Miteinander aufrufen zwischen nicht anwesenden 70 Prozent und 30 Prozent Anwesenden. Das ist unser einzigartiges Berliner Problem. Ihre Toleranz wollen wir ja gewahrt sehen, die Sie anmahnen. Diese Toleranz kann nur nicht im Nichts bestehen. Aus diesem Grund sind wir für die Wahlpflichtschiene.

Herr Abgeordneter! Sie müssen dann zum Schluss kommen!

Werteorientierung und Wertevermittlung hat einen derartigen Stellenwert heute, dass ich nicht nur das Angebot der Konfessionen in der Schule machen kann und darf, sondern alternativ ein Werte vermittelndes Fach über die Schiene Ethik, Philosophie anbieten muss, dieses aber in der Wahl letztlich verpflichtend. Es geht nicht um Missionieren, sondern es geht um Orientieren anhand von Werten, und dies hat unsere Gesellschaft dringend nötig. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Redezeiten sind auch überwiegend verbraucht. Die Aktuelle Stunde ist damit erledigt, die Große Anfrage beantwortet und besprochen.

(A) (C)

(B) (D)