Protocol of the Session on September 27, 2001

Lassen Sie mich einen kurzen Ausflug machen in die Notwendigkeit des Flughafens. Bis auf die PDS, wo ich das bisher nicht erkennen konnte, hat eigentlich niemand die Notwendigkeit eines leistungsfähigen Flughafens bezweifelt.

[Wolf (PDS): Wir doch auch nicht!]

Herr Cramer hat in gewisser Weise gesagt: Reduzierung auf das Notwendige. Und er ist da von einer Augenblicksaufnahme ausgegangen. Wer sagt Ihnen denn, dass es so bleiben muss? Wir stellen uns doch die Region als eine Region prosperierender Wirtschaft, prosperierender Wissenschaft, Technologie, Ansiedlung von Unternehmen, Unternehmensvertretungen und auch – wir sind Bundeshauptstadt – als ein Unternehmen Berlin vor, was wächst.

[Zuruf des Abg. Over (PDS)]

Also ist doch in jedem Falle die Momentaufnahme nicht das Maß der Dinge.

Was ist denn dann die Notwendigkeit? Da muss man doch auch die Perspektive bedenken. Wir sollten auch nicht nur mit den Passagierzahlen operieren. Neben den Passagieren gibt es auch das Luftfrachtaufkommen.

[Over (PDS): Das in den letzten Jahren zurück- gegangen ist!]

Ja, das hängt auch mit dem Wirtschaftsstandort zusammen. Ich will Ihnen mal ein ganz winziges Beispiel geben – und ich bestehe darauf, dass es nur winziges Beispiel ist – : Wir wollen Region der Biotechnologie sein. Biotechnologiefirmen produzieren Produkte, die nicht in großen Tanklastwagen produziert werden. Aber sie müssen über Nacht am Ort sein. Die können über E-Mail bestellt, aber nicht über E-Mail geliefert werden.

[Over (PDS): Oh!]

Wir brauchen eine leistungsfähige Anbindung der Wirtschaft. – Ich habe ja selber gesagt – damit müssen Sie mich jetzt nicht konfrontieren –, es ist ein winziges Beispiel, das aber nicht ausschließt, dass es noch Tausend und Abertausend andere solcher Beispiele gibt.

Also bitte: Nicht nur die Momentaufnahme, nicht nur die Passagiere, auch das Luftfrachtaufkommen und auch: die Zukunft! Und die stellen wir uns ja viel größer vor, als sie es heute ist. Wir können nicht ein Haus ohne Türen bauen, in das man nicht hinein- und nicht hinauskommt. Das reicht für die Stadt Berlin, Hauptstadt Deutschlands und Wirtschaftszentrum am Drehkreuz zwischen Ost und West nicht aus. – Schönen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort für die Fraktion der PDS hat nunmehr der Kollege Wolf. – Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es bei einem Bau eines Flughafens auf die Heftigkeit der Bekenntnisse und der Wünsche ankäme, dann hätten wir schon zwei internationale Luftdrehkreuze in Berlin.

[Beifall und Heiterkeit bei der PDS]

Daran hat es in der Vergangenheit wahrhaftig nicht gemangelt.

Deshalb kann man viel von dem, was hier in der Diskussion, vor allen Dingen in der ersten Runde, an Wahlkampfreden gehalten wurde, unter diesem Kapitel abbuchen, weil dies sehr wenig zu den Problemen, vor denen die Berliner Flughafenpolitik steht, und zu den Fragen, die gelöst werden müssen, beiträgt.

Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Regierende Bürgermeister in seinem Beitrag zumindest einige dieser Probleme benannt hat und auch angekündig hat, dass er nicht vor hat, sie durch Wünsche und Bekenntnisse zu lösen, sondern durch die Arbeit an den Problemen und an den Schwierigkeiten. Gleichzeitig hat er auch gesagt, dass es für ihn kein bedingungsloses Ja geben kann zu Angeboten, zu Konditionen, wenn sie sich als nicht annehmbar erweisen. Dies ist eine vernünftige Haltung.

Ich habe die Ankündigung gemacht, dass es nicht um Wünschen geht. Auch bei uns geht es nicht um Wünschen. Man könnte sich wünschen, dass in der Vergangenheit weniger Fehler in der Flughafenpolitik gemacht worden wären. Man könnte sich wünschen, dass ein Konsensbeschluss nicht entgegen dem Raumordnungsverfahren und der Vernunft gefasst worden wäre. Und, Herr Kaczmarek, ich hatte nicht den Eindruck, dass die SPD während der Zeit der großen Koalition durch uns gezwungen wurde, zu irgendwelchen Beschlüssen zu kommen; sondern ich glaube, das war eher Ihre Haltung und Ihre Position, die dazu geführt hat. Jedenfalls kann man sich alles Mögliche wünschen, aber das ist nicht die Realität. Wir haben zwei Verfahren: Wir haben das Privatisierungsverfahren, und wir haben das Planfeststellungsverfahren. In diesen beiden Verfahren müssen die Probleme und die rechtlichen Schwierigkeiten bei der

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Genehmigung des Vorhabens und bei der finanziellen Durchführung des Vorhabens geklärt werden. Das ist eine ganz klare Aussage. Und jetzt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir in beiden Verfahren erhebliche Probleme haben.

Wir haben erhebliche Probleme im Planfeststellungsverfahren. Da ist einmal das Urteil des Verwaltungsgerichts in Frankfurt/Oder, wo eine der wesentlichen Grundlagen des Planfeststellungsverfahrens für nicht existent erklärt wurde. Damit ist es Tatsache, dass noch einmal die Standortentscheidung an irgendeiner Stelle im Verfahren nach den vorgeschriebenen Regularien getroffen werden muss. Das heißt, diese Frage muss noch geklärt werden, sie kann nicht durch die Berufung auf den Konsensbeschluss geklärt werden, will man nicht in das Risiko laufen, dass anschließend das gesamte Verfahren gerichtlich im Jahre 2003 oder 2004 kassiert wird und wir vor den völligen Scherben der Berliner Flughafenpolitik stehen.

Und wir haben zum Zweiten das Privatisierungsverfahren. Dazu hat Herr Seitz etwas gesagt, dazu hat der Regierende Bürgermeister etwas gesagt: dass in der Tat das, was man weiß und was man am Angebot kennt, nicht verhandlungsfähig ist. Denn dann kann man es auch selbst als öffentliche Hand machen, wenn man sowieso alle Risiken behält und die Investoren kein eigenes Geld anfassen wollen. Man muss sich dann aber auch die Frage stellen, was man tut. Das ist ja von den Investoren nicht einfach blind gerechnet worden mit der Deckungslücke von 3 bis 4 Milliarden DM, die man in den bislang vorliegenden Finanzierungskonzepten hat. Und wie soll und wie kann die öffentliche Hand mit dieser Deckungslücke von 3 bis 4 Milliarden DM umgehen, und kann sie das verantworten? – Da sage ich ganz klar für meine Fraktion: Wir wollen nicht, dass das Unternehmen Flughafen zu einer zweiten Bankgesellschaft für die öffentliche Hand wird. Deshalb muss das alles sehr genau und sehr vernünftig abgewogen werden.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Dann muss man sich auch einmal die Frage stellen, ob in dem bisherigen Verfahren die technische Planung und die finanzielle Planung wirklich so aufeinander abgestimmt waren, dass bei der technischen Planung nicht nur Wünsche und Bekenntnisse zu dem schönen Flughafen eine Rolle gespielt haben, sondern vielleicht auch einmal die eine oder andere wirtschaftliche Erwägung, und man insofern unter anderem auch noch einmal das technische Konzept auf den Prüfstand stellen muss, wenn man zu wirtschaftlich vernünftigen Ergebnissen kommen will.

[Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Deshalb sage ich auch für das weitere Verfahren: Wir können hier alle erklären, was wir wollen. An der Realität, ob ein Vorhaben wirtschaftlich ist und ob es sich rechnet, und an der Frage, ob ein Verfahren nach Recht und Gesetz durchgeführt wird, ändert keine einzige Rede hier in diesem Parlament unter Wahlkampfgesichtspunkten etwas,

[Beifall bei der PDS und der SPD]

sondern das wird an anderer Stelle entschieden. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass, wenn sich das Wahlkampfgetöse gelegt hat, kein Politiker daran vorbeikommen wird, mindestens keiner, der sich als verantwortlicher Politiker in dieser Frage bewähren will, sich alle Probleme noch einmal auf den Tisch zu nehmen, sie sehr genau durchzuprüfen und dann eine Strategie zu entwickeln, wie man eine Schadensminimierung betreibt. Das bedeutet natürlich auch, dass alles auf den Prüfstand gestellt werden muss, dass man diese Schadensminimierung ohne Tabus betreiben muss. Ich glaube, das wird eine verdammt schwierige Aufgabe. Und wer sagt, dass man das einfach lösen kann, indem man hier erklärt: Wir wollen schnellstmöglich bauen! Wir wollen einen Großflughafen! – und dann einen Standort vorschlägt, wo man nie einen Standort genehmigt kriegt, und all dieses widersprüchliche Zeug. Machen Sie das im Wahlkampf, es wird nach dem 21. Oktober nicht mehr tragen. Nach dem 21. Oktober muss wie in der Haushaltspolitik, wo gesagt wird: Kassensturz! – auch in der Flughafenpolitik tabu

lose Bestandsaufnahme gemacht und dann eine Strategie der Schadensbegrenzung nach 10 Jahren verfehlter Flughafenpolitik im Lande Berlin angegangen werden.

[Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Wolf! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann hat die Aktuelle Stunde damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2, Drucksache 14/1521:

II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG), Drucksache 14/1406, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen vom 12. September 2001

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel gemeinsam durchzuführen. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Artikel I bis III, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Vorlage Drucksache 14/1406. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt einstimmig bei einigen Enthaltungen aus der Fraktion der CDU die Annahme. Wer der Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes, Drucksache 14/1406, seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann war das bei drei Enthaltungen im Übrigen einstimmig.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 2 A, Drucksache 14/1527:

II. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über rechtliche Gleichstellung lesbischer und schwuler Paare in Berlin – Gesetz zur Anpassung des Landesrechts auf Grund der Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, Drucksache 14/1179, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung vom 6. September 2001

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel gemeinsam durchzuführen. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Artikel I bis IV, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 14/1527. Auf Beratung wird verzichtet. Der Ausschuss empfiehlt einstimmig bei Enthaltung der Fraktion der CDU die Annahme. Wer dem Gesetz zur Anpassung des Landesrechts auf Grund der Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucksache 14/1527 zustimmen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das war eine Gegenstimme und eine Enthaltung, wenn ich das richtig sehe, aus den Kreisen der CDU; im Übrigen angenommen.

Nun rufe ich auf

lfd. Nr. 2 B, Drucksache 14/1531:

II. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen und der Fraktion der SPD über Siebentes Gesetz zur Änderung des Berliner Hochschulgesetzes (7. BerlHGÄG), Drucksache 14/1499, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 19. September 2001

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel gemeinsam durchzuführen. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Artikel I und II, die Überschrift Genehmigung des Vorhabens und bei der finanziellen Durchfühund die Einleitung im Wortlaut des Antrags auf Drucksache 14/1499 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung auf

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(B) (D)

Vizepräsident Momper

Drucksache 14/1531. Die Fraktion der CDU bittet um Beratung. Wortmeldungen hierzu liegen auch vor, nämlich von Herrn Brauner, der im Moment nicht im Saal ist. Dann hat für die Fraktion der SPD Herr Schuster das Wort. Der ist auch nicht da. – Doch! Ja, bitte, Herr Kollege Schuster! Der Alterspräsident hat jetzt das Wort. [Zurufe]

Die Besprechung hat die CDU angemeldet. – Kommen Sie, Herr Schuster, wenn Sie möchten! Gönnen Sie uns die Freude.

[Unruhe]