Protocol of the Session on July 12, 2001

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Und es gibt vor allen Dingen einen ganz wesentlichen handfesten finanzpolitischen Grund: Nur in dem Maße, wie ein klares Sanierungskonzept für die Bankgesellschaft Berlin entwickelt und aufgestellt werden kann, wird es auch möglich sein, wieder Geld zurückzubekommen, das wir zurzeit in die Bankgesellschaft stecken. Nämlich einmal dadurch, dass wir versuchen müssen, in den Verhandlungen mit den anderen großen Anteilseignern, mit der NordLB und mit Parion, dafür zu sorgen, dass sie sich an den Kaptalerhöhungen beteiligen, damit wir eben nicht 4 Milliarden DM zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit der Bankgesellschaft auf den Tisch legen müssen. Wenn die anderen Anteilseigner sich beteiligen, müssen von Seiten des Landes Berlin nur 2,6 Milliarden DM hingelegt werden. Das hätte von finanzpolitischer Kompetenz gezeugt, wenn Herr Kaczmarek auch dazu einmal etwas gesagt hätte, statt sich über 3- und 5-Millionen DM-Beträge aufzuregen und über die Frage, ob das Gehalt des Justizsenators nun eingestellt ist oder nicht. Er sieht mir ganz gut genährt und finanziert aus. Ich habe da keine Sorge.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Vor allen Dingen ist die zentrale Frage, ob wir ein Sanierungskonzept und ein Zukunftskonzept für die Bankgesellschaft bekommen, das ermöglicht, starke und zukunftsfähige Partner mit in das Boot zu bekommen, die dafür sorgen, dass diese Bankgesellschaft auch in der Perspektive arbeitsfähig ist, im Verbund der öffentlich-rechtlichen Banken. Damit stellt sich auch die Frage, ob das Land Berlin die Möglichkeit hat, seine unternehmerische Führung aufzugeben, Anteile an der Bankgesellschaft zu veräußern und damit zwei Dinge zu tun: die Zukunftsfähigkeit und Arbeitsfähigkeit der Bankgesellschaft über die nächsten Jahre hinaus zu sichern und gleichzeitig auch wieder Geld für den Landeshaushalt zu bekommen, damit wir uns endlich den Zukunftsaufgaben in dieser Stadt zuwenden und damit das Desaster, das durch die Bankenkrise angerichtet worden ist, und die Gefährdung von finanzieller Handlungsfähigkeit des Landes Berlin dadurch zumindest minimiert wird. Das ist die zentrale Aufgabe, die dieser Senat in den nächsten Monaten zu leisten haben wird, und das ist es, was ich von diesem Senat erwarte. Wenn er das leistet, dann hat er viel getan, und wir sind von unserer Seite aus bereit, konstruktiv an dieser Aufgabe mitzuwirken. Ich hoffe, dass sich die andere Oppositionsfraktion auch auf diese Aufgabe besinnt.

[Beifall bei der PDS]

Die CDU hat gestern im Hauptausschuss und heute im Plenum versucht, zwei Fragen in den Mittelpunkt zu rücken, nämlich einmal den Zukunftsfonds und zum anderen – Frau Grütters bei der Begründung der Aktuellen Stunde – das Thema Hochschulmedizin.

Nun zum Thema Zukunftsfonds noch einmal: Wir haben – ich glaube, seit zwei oder drei Jahren – immer wieder gefordert, dass das Geld , das in der Rücklage für den Zukunftsfonds zwei Jahre lang hoffentlich gut verzinst aber ansonsten untätig herumgelegen hat, in den Landeshaushalt zurückgeführt wird. Dies aus zwei ganz wesentlichen Gründen: Erstens war diese Rücklage immer kreditfinanziert, weil es keinen wirklichen Überschuss aus den Erlösen des Verkaufs der Berliner Wasserbetriebe gegeben hat, weil – falls Sie sich erinnern – dieses Haushaltsjahr mit einem Milliardendefizit abgeschlossen hat. Das heißt, dieser Zukunftsfonds war immer kreditfinanziert. Insofern war es immer virtuelles Geld und kein Überschuss aus der Vermögensaktivierung Wasserbetriebe.

Und zum zweiten haben wir immer die Position vertreten: Der größte Zukunftsfonds ist der Landeshaushalt des Landes Berlin und der Investitionshaushalt des Landes Berlin. Wenn man sich die Aufgabe stellt, Zukunftsinvestitionen und Zukunftsaufgaben zu finanzieren, dann muss man sich auch der Mühe unterziehen, Prioritäten im Landeshaushalt so zu setzen, dass die finanziellen Spielräume im Landeshaushalt dafür geschaffen werden, dass Zukunftsinvestitionen und Zukunftsaufgaben finanziert werden können und eben nicht in Beton investiert wird. Dieser Aufgabe haben Sie sich nie unterzogen. Dieser Aufgabe haben Sie sich in

der Vergangenheit immer verweigert, und deshalb ist dieser kreditfinanzierte Zukunftsfonds sozusagen als zusätzlicher Bonbon kreiert worden, ohne dass es hierfür eine reale Deckung gegeben hat. [Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Müller-Schoenau (Grüne)]

Ich sage Ihnen gleichzeitig, Ihr Geschrei – –

[Frau Birghan (CDU): Ja, wer schreit denn hier?]

Im Moment sind nicht so viele da, und, Frau Birghan, Sie sind ja auch relativ vernünftig. Sie unterscheiden sich häufig sehr wohltuend von Ihrer Fraktion. –

[Beifall bei der PDS]

Das Geschrei, das Sie gestern im Hauptausschuss versucht haben zu entfalten und das Sie auch in der Öffentlichkeit aufführen, hat keine wirkliche Grundlage. Das, was an Projekten genehmigt war, wird über die 20 Millionen DM finanziert, und das, was an weiteren Projekten angemeldet wird, da muss diskutiert und geklärt werden, wie es durch Umschichtungen und Veränderungen im Haushaltsplan 2002 finanziert werden kann. Ich lade die CDU-Fraktion ein, sich an dieser Arbeit zu beteiligen. Wir wollen Zukunftsaufgaben mit real existierendem Geld und nicht mit virtuellem Geld finanzieren,

[Hoffmann (CDU): Wie im real existierendem Sozialismus!]

weil wir glauben, dass die Zukunftsaufgaben verdient haben, dass sie mit reeller Deckung finanziert werden und nicht auf Pump. [Beifall bei der PDS]

Der zweite Punkt ist die Hochschulmedizin. Da hat Herr Kaczmarek in seiner Rede verlangt, dass dieser Senat und Klaus Wowereit jetzt endlich einmal etwas entscheiden müssen. Ich kann mich erinnern, dass es gestern im Hauptausschuss ein heftiges Wehklagen Ihrer Fraktion über den despotischen Stil gegeben hat, in dem hier Knall auf Fall entschieden wird. Was ist denn nun? Wird entschieden oder wird nicht entschieden? Das Problem ist, dass Ihnen die Entscheidungen nicht passen, dass, wie in Ihrer Regierungszeit, Sie sich auch in der Opposition nicht entscheiden können, wie Sie sich verhalten wollen. Das ist vielleicht auch das Problem der Stadt gewesen, solange Sie in der Regierung waren. Jetzt ist es allein Ihr Problem, meine Damen und Herren von der CDU.

Zur Hochschulmedizin ist eine notwendige und längst überfällige Entscheidung getroffen worden, die von uns auch begrüßt wird. Das sage ich ganz ausdrücklich. Das Thema Hochschulmedizin begleitet uns seit 1993, in dieser Form spätestens seit 1996. Alle Fraktionen in diesem Haus wissen, dass in diesem Bereich erhebliche Reformpotentiale und Notwendigkeiten für Strukturveränderungen existieren. Sie waren in der Zeit, als Sie in der Regierung waren, nicht in der Lage, diese Strukturveränderungen wirklich anzugehen. Sie waren nicht in der Lage, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Jetzt beklagen Sie sich nicht darüber, wenn endlich einmal Entscheidungen getroffen werden, zu denen Sie jahrelang nicht in der Lage waren.

[Beifall bei der PDS]

Herr Eichler hat gestern in der Diskussion im Hauptausschuss gesagt: Die beste Lösung wäre gewesen, man hätte, was das Thema Hochschulmedizin angeht, langfristig ein Konzept struktureller Veränderungen diskutiert, mit Vorschlägen, wie Strukturen verändert werden und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Hochschulmedizin bei Absenkung des Staatszuschusses gesichert bleiben kann. Es ist völlig richtig, dass dies die beste Lösung gewesen wäre. Nur hat die vorherige Regierung die Zeit versäumt, diese beste Lösung anzugehen. Es ist eben jahrelang nicht darüber diskutiert worden und nicht angegangen worden, welche Strukturveränderungen im Bereich der Hochschulmedizin vorgenommen werden sollen.

Jetzt, wo es um die Unterzeichnung der Hochschulverträge und damit die langfristige Festlegung der Staatszuschüsse an die Hochschulen und damit auch an die Hochschulmedizin ging,

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stand der Senat, stand die Mehrheit in diesem Parlament vor der Frage, ob man angesichts der katastrophalen Haushaltslage das Niveau auf Jahre festschreibt oder eine finanzielle Vorgabe auf die strukturellen Veränderungen, die jetzt kommen müssen, gibt. Diese Entscheidung war eine notwendige Entscheidung. Das war auch keine Erpressung durch den Regierenden Bürgermeister, sondern das ist eine Erpressungssituation, der wir uns durch die Haushaltssituation alle ausgesetzt sehen und der sie sich auch nicht entziehen können. Deshalb ist es eine vernünftige Entscheidung gewesen zu sagen, die Hochschulverträge werden hier beschlossen und unterzeichnet mit den entsprechenden Absenkungen bei der Hochschulmedizin und mit der Perspektive struktureller Veränderungen und der Einrichtung einer Expertenkommission. Gleichzeitig sind wir aber auch der Meinung, dass die notwendigen strukturellen Veränderungen im Rahmen einer gemeinsamen Einrichtung beider Hochschulen angegangen werden müssen, damit im Rahmen der gemeinsamen Einrichtung beider Hochschulen und nicht im Gegeneinander von Humboldt-Universität und Freier Universität sowie nicht im Gegeneinander von Charite´ und Benjamin Franklin, sondern im Miteinander die strukturellen Probleme der Hochschulmedizin gelöst werden können. Auch hier war ihre Oppositionsrolle nicht wirklich überzeugend. Es ist vorhin bereits gesagt worden, dass es von Ihnen einerseits heftige Empörung gibt und Sie die Bedrohung des Wissenschaftsstandortes an die Wand malen, andererseits sich aber im Hauptausschuss enthalten. Anscheinend wollen Sie bei vernünftigen Entscheidung doch irgendwie ein wenig dabeisein, auch wenn Sie gleichzeitig lamentieren.

Wir werden im Rahmen des Kassensturzes, den dieser Senat vorbereiten muss, über weitere zentrale Veränderungen diskutieren müssen, um die Leistungsfähigkeit und die Handlungsfähigkeit auf der finanzpolitischen Ebene in dieser Stadt wiederherzustellen. Aus meiner Sicht steht dabei das Thema der Personalkosten im öffentlichen Dienst ganz oben. Es ist notwendig, die Personalkosten noch weiter deutlich abzusenken. Dieser Notwendigkeit kann sich niemand in dieser Stadt entziehen. Ich habe auch in der Vergangenheit immer wieder gesagt – es ist Position meiner Fraktion, es kommt auch in der Regierungserklärung vor –, dass es hierzu notwendig ist, einen Solidarpakt mit den Beschäftigten und Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes abzuschließen. Es muss ein Solidarpakt sein, der sowohl betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, auf der anderen Seite aber ein ganzes Maßnahmepaket zur Senkung der Personalkosten im öffentlich Dienst und damit zur Schaffung von Handlungsspielräumen zur Finanzierung der notwendigen Landesaufgaben beinhaltet. Genauso klar sage ich aber auch insbesondere an die Adresse des Übergangssenats, dass es nicht hilft, nur über einen solidarischen Beschäftigungspakt zu reden. Vielmehr muss begonnen werden, mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes über diesen Beschäftigungspakt zu reden. Ich glaube, dass dieser Schritt dringend notwendig ist. Der Dialog muss nicht nur angekündigt, sondern eröffnet werden. Es darf nicht nur über die Notwendigkeit solcher Maßnahmen gesprochen werden. Die ersten Schritte müssen unternommen werden. Das ist meine Aufforderung, die ich an alle richte.

[Beifall bei der PDS]

Weiter ist eine der Voraussetzungen für einen solchen Beschäftigungspakt, klar zu verdeutlichen, dass auch in Zeiten knapper Kassen und auch bei der Notwendigkeit, den Personalhaushalt weiter zu konsolidieren, der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit Leitlinie der Berliner Politik ist. Das heißt eben, der Grundsatz muss gelten, die Treppe muss von oben und nicht von unten – wie es in der Vergangenheit allzu häufig geschehen ist – gekehrt werden. Es muss klar gesagt werden, dass es nicht um weitere Arbeitsverdichtung und die Verschärfung von ohnehin schon unmöglichen Zuständen in einzelnen Leistungsbereichen des öffentlichen Dienst geht, wo die Beschäftigten Dienstleistungen für Bürger teilweise unter unmöglichen Bedingungen, wie sie beispielsweise in einigen Sozialämtern Berlins herrschen, erbringen. Es müssen endlich die vielen überflüssigen bürokratischen Apparate angegangen werden, die wir uns immer noch vor allen Dingen in der Hauptverwaltung, der Verwaltung der Verwaltung, leisten. Es geht um die Effektivierung der Verwaltung,

um den Abbau überflüssiger Bürokratie zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, sowohl in Bezug auf die Kunden, die Dienstleistung für die Bürger, als auch bezogen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Wenn dieses verdeutlicht wird, wird man auch auf der anderen Seite klare Gegenleistungen von Seiten der Beschäftigten und von Seiten der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes für eine deutliche Konsolidierung im Personalbereich erhalten. Deshalb sage ich es noch einmal: Dieser Dialog muss mit diesen Grundsätzen begonnen werden!

[Beifall bei der PDS]

Wir werden die Vielzahl von Subventionen, die es heute noch im Land Berlin gibt, überprüfen müssen. Es geht einmal um Subventionen im Bereich der Wirtschaftsförderung. Wenn wir über Zukunftsaufgaben, über die Finanzierung von Innovation, von neuen Technologien diskutieren, muss auch die Diskussion geführt werden, ob es richtig ist, dass im Land Berlin immer noch Produktionen, die am Standort Berlin keine dauerhafte Perspektive haben, mit teurem Geld künstlich am Leben gehalten werden, anstatt Zukunftfähigem in der Stadt Anschubfinanzierungen zu geben. Es muss daher weg von den gegenwärtig immer noch sehr hohen unternehmensbezogenen Subventionen und hin zu Investitionen in die wirtschaftsnahe Infrastruktur gegangen werden, um der Stadt die Infrastruktur zu ermöglichen, die für alle Unternehmen in der Stadt nutzungsfähig ist. Die Subventionen dürfen nicht Produktionen unterstützen, die über kurz oder lang aus der Stadt ohnehin verschwinden werden, weil sie keine Zukunft haben. Sie dürfen nicht länger weiterhin künstlich am Tropf gehalten. Diese Umorientierung ist dringend notwendig, muss aber mit aller Behutsamkeit vorgenommen werden, weil es hier auch um Arbeitsplätze geht. Wichtig ist die aktive Organisierung des Strukturwandels und nicht die Aufrechterhaltung einer Subventionswirtschaft, die auf Dauer in der Form nicht funktionieren kann.

[Beifall bei der PDS]

Zur Überprüfung von Subventionen gehört auch der gesamte Bereich der Subventionen in der Wohnungsbaupolitik für teures Geld und wenig Effizienz. Auch hier muss das Kriterium gelten, nur dort zu subventionieren, wo es wirklich für die Sicherung einer sozialen Wohnungsversorgung notwendig ist, aber wegzukommen von einer Subventionspolitik, die nur Subventionen für die Berliner Immobilienwirtschaft ist. Das ist keine sinnvolle Subvention mehr. Auch hier muss eine Überprüfung und eine Neuorganisation stattfinden. Das gehört auch zu den wichtigen und zentralen Strukturveränderungen, die wir uns für die Zukunft vornehmen müssen.

Herr Kaczmarek hat bereits die Probleme in der kommunalen Wohnungswirtschaft angesprochen. Das ist für ihn eine Erkenntnis jüngeren Datums, wir haben das schon etwas länger formuliert. Die Probleme sind unbestritten. Wir haben dazu schon vor zwei Jahren in einer Großen Anfrage auf diese Probleme hingewiesen. Uns geht es darum, dass eine kommunale Wohnungswirtschaft in dieser Stadt wieder leistungsfähig wird, dass es auch weiterhin kommunale Wohnungsunternehmen mit einem Bestand geben wird, der in der Lage ist, eine steuernde und regulierende Funktion auf dem Berliner Wohnungsmarkt auszuüben. Es macht keinen Sinn zu versuchen, Einzellösungen für einzelne Wohnungsbaugesellschaften über Einzelprivatisierungen, über Einzelsanierung von einzelnen Wohnungsbaugesellschaften jetzt anzugehen. Es muss ein Gesamtkonzept für die Gesundung der kommunalen Wohnungswirtschaft in Berlin entwickelt werden. Vor diesem Hintergrund würden wir gern über die Frage der Bildung einer Beteiligungsholding diskutieren.

[Frau Birghan (CDU): Das stimmt!]

Der zweite angesprochene Punkt im Rahmen der Beteiligung, der ebenfalls behandelt werden muss, ist die Wettbewerbsfähigkeit der BVG. Das Thema ist dringend. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass das bisherige Sanierungskonzept BSU nicht wie geplant greift und funktioniert. Der politische Neuanfang in diesem Bereich kann nicht darin bestehen, in die Mottenkiste schon längst abgelegter Vorschläge der großen Koalition zu grei

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fen. Das Wiederaufleben des Vorschlags, die mangelnde Wirtschaftlichkeit der BVG dadurch zu beheben, indem man jetzt ein großes Monopol auf dem Nahverkehrsmarkt durch die Fusion mit der S-Bahn schafft, ist ein Vorschlag, den wir zurzeit der großen Koalition als nicht sinnvoll verworfen haben und den wir auch heute ablehnen. Insofern rate ich dem Regierenden Bürgermeister an, auch in dieser Frage den Dialog nicht nur hier im Haus, sondern auch innerhalb der Stadt zu suchen und sich darüber im Klaren zu sein, dass auch wir politische Veränderungen in diesem Bereich wollen. Politische Veränderungen brauchen aber Mehrheiten. Mehrheiten existieren nicht per se. Vor allem Mehrheiten für einen Minderheitensenat existieren nicht per se.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Deshalb sage ich an diesem Punkt, dass ein politischer Neuanfang gewollt wird, nicht aber die Konzepte vergangener Zeiten.

Ich will nicht alle Bereiche, über die man diskutieren müsste, ansprechen. Die nächste Aufgabe ist der Kassensturz. Die Notwendigkeit sowohl hier im Haus als auch innerhalb der Stadt besteht, die ungeschminkte Wahrheit über die wirkliche finanzielle Lage des Landes zu sagen und zu formulieren. Dies ist die Voraussetzung für Veränderung und die Voraussetzung dafür, um auch Veränderungsbereitschaft bei den Menschen innerhalb der Stadt zu gewinnen. Berlin muss den Übergang von einer Stadt der Subventionen zu einer Stadt der Initiativen und des bürgerschaftlichen Engagements finden. Wir müssen finanzielle Handlungsspielräume wiedergewinnen, um Zukunftspotentiale im Bereich von Bildung, Wissenschaft und Kultur nutzen zu können. Das wird nur gehen, wenn wir innerhalb der Stadt einen breiten Dialog über die Frage führen, welche Veränderungen wir angesichts der knappen Kassen in dieser Stadt wollen. Wir müssen einen breiten Dialog darüber führen, welche Prioritäten wir setzen wollen, und dann auch gleichzeitig sagen, was nachrangig ist und was nicht finanziert werden kann.

So wird es notwendig sein, vor die Menschen in dieser Stadt zu treten – und auch vor die verschiedenen Institutionen – und ihnen das Angebot zu machen, dass die Sanierung dieser Stadt nur funktionieren kann, wenn sie wirklich ein Gemeinschaftswerk ihrer Bürgerinnen und Bürger ist. Die Politik muss bereit sein, in diesen Dialog einzutreten und damit auch einen anderen Politikstil einziehen zu lassen, gleichzeitig aber auch deutlich machen, dass diese Veränderungen unverzichtbar und notwendig sind. Für diese Veränderungen und für diesen neuen Politikstil wollen wir in den nächsten Wochen und Monaten im Wahlkampf streiten. Wir wollen sehen, dass es für einen solchen Politikstil und für diese notwendigen Veränderungen stabile und deutliche Mehrheiten gibt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das Wort hat nun Frau Dr. Klotz. – Bitte, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion zieht es ja wieder vor, den Raum zu verlassen. – Ach, Herr Kaczmarek ist wieder im Saal. Jetzt hat er sich wieder hereinbegeben. Herr Kaczmarek! Als ich Ihre Rede gehört und auch noch einmal in die Protokolle der Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre geblickt habe, führte das zu dem Wunsch, auf Ihre Rede mit einem Zitat von Volker Liepelt aus dem Jahr 1995 zu kontern:

Das ist nicht die Stunde der Klagemauer, sondern dies ist die Stunde in der Stadt für die Mutigen in der Verwaltung und in der Politik, um Ziele für die Zukunft zu setzen und um unser Geld effizient für die Zukunft der Stadt einzusetzen.

So weit Volker Liepelt, damals Geschäftsführer der CDU-Fraktion.

[Frau Greiner (CDU): Recht hatte er!]

Und was folgte nach dieser Ankündigung aus dem Jahr 1995? – Dieser Ankündigung folgten sechs weitere verlorene Jahre für die Stadt, weitere sechs Jahre Filz und Misswirtschaft und schließlich ein Bankenskandal, der seinesgleichen sucht. Heute steht genau die Berliner CDU, die dies damals eingefordert hat, an der Klagemauer und erwartet von einer Regierung, die gut drei Wochen im Amt ist – drei Wochen, das muss man noch einmal in Erinnerung rufen –, dass sie die Probleme löst, die größtenteils von dieser CDU und von der großen Koalition verursacht und Jahre über Jahre vor sich hergeschoben wurden. Ich finde, das ist unglaubwürdig. Ich finde es auch dreist. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die CDU mit dieser Dreistigkeit keinen, aber auch gar keinen Erfolg haben wird.

[Beifall bei den Grünen und der PDS – Beifall der Frau Abg. Hertel (SPD)]

Herr Kaczmarek! Wenn Sie sich hier hinstellen und davon ausgehen, dass die CDU ein 50-Punkte-Programm vorgelegt hat, dann sage ich auch: Sie müssen sich schon einmal entscheiden! Stehen Sie als Fraktion zu diesem 50-Punkte-Programm, oder stehen Sie nicht dazu? – In der Vergangenheit und in den letzten Tagen während der Haushaltsberatungen haben Herr Kaczmarek und die CDU-Fraktion immer dann, wenn es ihnen gepasst hat, gesagt: Ha! Da haben wir aber ein tolles 50-Punkte-Programm hingelegt! – Aber wenn es ihnen nicht gepasst hat – z. B. beim Nicht-Bau der U 5, der auch zu den 50 Punkten gehört –, wurde gesagt: Das ist nicht unsere Idee! Von den 50 Punkten können wir vielleicht mit 25 leben, mit den anderen 25 Punkten wollen wir nichts zu tun haben. Die sind nicht von uns. – Also, entscheiden Sie sich einmal! Sind es nun die 50 Punkte der CDU-Fraktion, oder sind nur 25 von Ihnen? Irgendwie müssten Sie das mal klar und deutlich sagen. Das wäre sehr hilfreich.