Protocol of the Session on June 28, 2001

und was passiert eigentlich mit dieser Demokratie? Was hat sich hier ereignet, und welche demokratiepolitischen Folgen hat das alles? – Sie, die Sozialdemokraten, haben die Mitte verlassen und Berlin an den linken Rand gedrängt.

[Gaebler (SPD): Wo ist eigentlich Landowsky?]

Die Wahlverlierer des Jahres 1999 mit 22 % regieren mit den Grünen mit weniger als 10 %. Sie sind der erste Senat, der antrat, um ausschließlich Neuwahlen zu provozieren. Dies verstößt natürlich gegen den Geist der Verfassung.

[Cramer (Grüne): Jetzt reicht’s aber!]

Ihr Machtspiel, meine Damen und Herren von der SPD, wird Berlin am Ende fast ein Jahr Stagnation in der Politik gekostet haben. Das ist verlorene Zeit – Zeit, die Berlin dringend braucht. Das kostet zig Millionen, die Berlin nicht hat. Das destabilisiert die Stadt, was Berlin nicht nutzt.

[Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Sie haben die gesamte Volksvertretung, dieses Abgeordnetenhaus von Berlin, instrumentalisiert für Ihre Machtübernahme.

[Heiterkeit bei der PDS und den Grünen – Zuruf der Frau Abg. Merkel (SPD)]

Das schafft Misstrauen, das schafft kein Vertrauen. Vertrauen werden Sie auch nicht damit gewinnen, wenn Sie versuchen, den Menschen einen Bären aufzubinden. Für eine Partei wie die SPD, die in den vergangenen 54 Jahren ganze acht Jahre nicht an der Macht war und jetzt schon wieder zwei Jahre länger am Senatstisch sitzt als Christdemokraten, ist es wirklich dreist, von einem Neuanfang zu reden.

[Beifall bei der CDU]

Tun Sie doch bitte nicht so, als ob Sie über Nacht der Storch hier abgeworfen hätte!

[Heiterkeit bei der CDU]

Die SPD stellt seit mehr als einem halben Jahrzehnt den Vorsitzenden im Hauptausschuss, das ist der Ausschuss, der für die Finanzen zuständig ist.

[Zuruf von links: Stimmt doch gar nicht!]

Die SPD hat in den letzten gut fünf Jahren vier Jahre lang das Finanzressort innegehabt, und es ist ein SPD-Minister, dem seit 1998 die Bankenaufsicht untersteht.

[Cramer (Grüne): Und Franke gehört zur CDU!]

In der überwiegenden Mehrzahl sind es SPD-Menschen, die im Aufsichtsrat, sowohl im operativen als auch im kontrollierenden Bereich der Bankgesellschaft das Sagen haben.

[Niedergesäß (CDU): Hört, hört!]

Und was tun Sie? – Sie unternehmen den dreisten Versuch, sich aus der Verantwortung zu verabschieden. Sie fliehen vor der Verantwortung.

[Beifall bei der CDU]

Das ist aber bereits die nächste Wählertäuschung Ihres neuen Wahlkampfkonzeptes. Und um von Ihrer Verantwortung abzulenken, verfallen Sie jetzt in hastigen Aktionismus und treffen fatale Fehlentscheidungen. Da heißt es: Wowereit kündigt härtere Gangart gegen Berliner Kultureinrichtungen an. – Also weniger Kultur in Berlin. Da stoppen Sie den Bau der U 5, also 400 bereits verbaute Millionen in den Sand gesetzt,

[Cramer (Grüne): Ha! Das wollten Sie doch auch!]

250 Millionen DM Rückzahlung an den Bund und weniger Jobs am Bau hier in Berlin. Da schaffen Sie einen Versorgungsposten für einen AL-Veteranen wie Herrn Köppl, für 12 000 DM im Monat – also Parteibuch statt Qualität in Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Da streichen Sie 1 Million DM für den Religionsunterricht – also rot-rot-grüner Kulturkampf gegen die Kirchen in Berlin.

[Beifall bei der CDU – Heiterkeit links]

Sie machen eine ideologische Schulpolitik – also weniger Werteerziehung für unsere Jugend in Berlin. Sie streichen den Zukunftsfonds, mit dem eigentlich moderne Techniken und zukunftsfähige Projekte gefördert werden sollten – also ein Stück weniger Zukunft für Berlin.

[Zurufe von links – Frau Merkel (SPD): Sie haben überhaupt keine Ahnung!]

Sie kürzen die Ausrüstung bei der Polizei – also weniger Sicherheit für Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Sie senken die Gewerbesteuer nicht – also weniger Investitionen und weniger Arbeitsplätze für Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Sie stimmen dem Zwangspfand zu – also 3 000 Arbeitsplätze im Einzelhandel und in der Recyclingwirtschaft weniger in Berlin. Sie geben Hertha und Alba keine Zuschüsse mehr – also weniger für den Sport in Berlin. Und Sie streichen die Mittel für Partner für Berlin und das Tourismusmarketing – also weniger Touristen, Kongresse und Ausstellungen für Berlin.

Noch nie hat ein Senat in so wenigen Tagen so viel Pleiten, Pech und Pannen provoziert.

[Beifall bei der CDU – Gelächter links]

Sie wursteln sich durch eine chaotische Situation, in die Sie sich selbst hineinmanövriert haben. Und den Grünen fällt nichts anderes ein, als 2 Milliarden DM mehr Schulden, flächendeckend Tempo 30 in der Innenstadt und Spray-Frei für alle Graffitischmierer. Herr Wieland fühlt sich, wie er sagte, in einer schmuddeligen Stadt wohl. Nur, Herr Wieland, die meisten Berlinerinnen und Berliner nicht.

[Beifall bei der CDU]

Und die Bilanz nach 10 Tagen Rot-Grün ist traurig, aber wahr: Schikanen für die Wirtschaft, für die Autofahrer, für den öffentlichen Dienst, für die Kirchen, für die großen Kultureinrichtungen unserer Stadt und für unsere Polizisten.

[Gelächter links]

Das ist kein Übergangssenat, das ist ein Untergangssenat, jedenfalls ist es der unnötigste Senat, den Berlin je hatte, und damit auch der teuerste.

[Beifall bei der CDU]

Und er ist der unverfrorenste Senat, den es in Berlin je gab. Dass Sie mit Frau Schöttler und den Herren Wowereit, Böger, Körting, Strieder, Köppl und Wieland einen Neuanfang darstellen wollen, ist nun wirklich ein Treppenwitz der Berliner Geschichte, und zwar von der Hintertreppe.

[Beifall bei der CDU]

Über die eilig zusammengesuchten Neuberliner urteile ich noch nicht, denn die befinden sich ja noch in der Orientierungsphase. Aber schauen wir uns doch diese Neuanfänger einmal an, z. B. Herrn Wowereit. Wir hören, dass Ihr Weg ins rote Rathaus in der Bundeszentrale der SPD festgelegt wurde. Zum ersten Mal also ist ein Regierender Bürgermeister Marionette einer Parteizentrale.

[Gelächter links]

An den Fäden dieser Marionette zieht Parteisekretär Müntefering.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von links: Kohl!]

Und schauen wir uns Herrn Böger an. Herr Böger, Ihnen muss es doch grauen vor dem Tag, wo Sie einmal die politische Bilanz Ihres Lebens ziehen werden.

[Doering (PDS): Schöne Grüße an Herrn Kohl!]