Protocol of the Session on June 28, 2001

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie haben bei dem Satz Schluss gemacht und sich zurückgelehnt! Und das hat zur Ineffizienz beigetragen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Wir streben vielmehr einen Solidarpakt mit den Gewerkschaften an, um betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern.

[Zurufe von der CDU]

Wir wollen gemeinsam an Lösungen arbeiten. Lösungsansätze sind bereits in der Diskussion: innovative Arbeitszeitmodelle wie z. B. Teilzeit- und Vorruhestandsregelungen, effektives Personalüberhangmanagement und so weiter. Entscheidend ist, dass wir nicht Vorschläge verordnen wollen, sondern das Gespräch, die Kooperation mit den Beschäftigtenvertretungen und den Gewerkschaften suchen werden. Aber dazu gehören zwei – diejenigen, die das Gespräch suchen, und diejenigen, die die Bereitschaft zu neuen Lösungen zeigen. Wir brauchen den Mentalitätswechsel – nicht nur bei uns, auch bei den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Dieser Senat versteht sich als Mittler des Bürgerwillens. Wir wollen keine Politik von oben herab machen.

[Zurufe von der CDU]

Wir wollen auf die Ansprüche der Menschen hören und dafür sorgen, dass sie ihre individuellen Lebensvorstellungen verwirklichen können. Wir wollen eine breite Diskussion über die Zukunft der Stadt. Wir wollen alle dabei haben: Männer wie Frauen, die Jungen und die Alten. Wir wollen den Sachverstand der Bürgerinnen und Bürger mobilisieren. Wir laden die klugen und engagierten Köpfe aus Kunst und Kultur, Wissenschaft und Medien, aus Unternehmen und Institutionen ein zum Dialog über die Zukunft der Stadt und der Gesellschaft.

[Zurufe von der CDU]

Wir werden die 100 Tage dieses Senats nutzen,

[Niedergesäß (CDU): Das reicht aber auch!]

um den Menschen klare Alternativen aufzuzeigen.

[Beifall bei der SPD]

Sie verlängern gerade unsere Amtszeit durch Ihre Wackelei beim Wahltermin, lieber Kollege Niedergesäß!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Zurzeit sind wir schon bei 160 Tagen! Aber wir wollen 100 Tage in dieser Übergangszeit im Amt bleiben und wollen Neuwahlen, ein Wählervotum!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Trotz aller Probleme werden wir dafür werben, die schwierige Situation der Stadt und die aktuelle Finanzkrise auch als Chance zu begreifen, als Chance dafür, dass wir uns unserer Rolle als Hauptstadt und als internationale, weltoffene Metropole klar werden.

Trotz aller Schwierigkeiten – Berlin kann leben, und Berlin wird gut leben, wenn es sich auf seine Stärken besinnt. – Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Anhaltender Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Danke, Herr Regierender Bürgermeister! – Wir beginnen nun mit der Aussprache. Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Abgeordnete Dr. Steffel. – Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen, Herr Wowereit, zu Beginn gratulieren. Sie haben es geschafft, gleichzeitig zwei Regierungserklärungen auf einmal zu verlesen – Ihre erste und Ihre letzte.

[Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Haha! von der PDS und den Grünen]

Herr Abgeordneter! Darf ich Sie einmal ganz kurz unterbrechen? – Ich habe mich gerade erst einmal sachkundig gemacht, wie lange die Erklärung gedauert hat. Wir werden dann in der Debatte etwas großzügiger bei der Redezeit der Fraktionen verfahren. Ich denke, das ist in Ihrem Einverständnis. Wir haben uns immer daran gehalten, dass die Redezeiten in etwa gleich sind. Das soll nicht heißen, dass Sie jetzt 40 Minuten haben, aber wir werden etwas großzügiger sein mit den 20 Minuten, die der Ältestenrat vorgegeben hat. – Bitte sehr! Sie haben das Wort!

Sie haben mit dieser Regierungserklärung leider auch das Bild bestätigt, das die Öffentlichkeit ohnehin von Ihnen und diesem Senat hat: Sie können Probleme beschreiben, aber lösen können Sie Probleme nicht.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Ihre Richtlinien und diese Regierungserklärung sind zum einen Teil eine Fortschreibung der Politik des Senats, den Sie gerade gestürzt haben, und zum anderen eine peinliche Ansammlung von Floskeln und Worthülsen.

[Beifall bei der CDU]

Kein Schwung, kein Elan,

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

keine einzige Vision, keine Rede von Aufbruchsstimmung, keine Rede von einem wirklichen Neuanfang und vor allen Dingen nichts Konkretes über die Zukunft unserer Stadt und ihrer Menschen – einfach eine Rede ohne Phantasie.

[Beifall bei der CDU – Zurufe der Abgn. Cramer (Grüne) und Mutlu (Grüne)]

Aber was ist auch von jemandem zu erwarten, der die letzten fünf Monate nahezu ausschließlich damit beschäftigt war, die große Koalition zu sprengen, und der am 16. Juni bereit war, sich gemeinsam mit der PDS an die Macht zu schleichen?

[Ah! von der PDS]

Dieser 16. Juni war ein schwarzer Tag für Berlin und ein schwarzer Tag für die politische Kultur in Deutschland.

[Beifall bei der CDU – Cramer (Grüne): Alles dank Landowsky!]

Monate lang wurde gelogen, getäuscht, am Ende verraten.

[Cramer (Grüne): Von Landowsky!]

Erst wurde der Rücktritt meines Vorgängers gefordert. Als dies geschah, wurde ein Sparkonzept verlangt. Als auch dies auf dem Tisch lag, haben Sie die Koalition gebrochen. Und dabei schreckten Sie auch nicht davor zurück, Ihr Wort zu brechen und mit der PDS zusammenzuarbeiten. Wer soll Ihnen, Herr Wowereit, in Berlin eigentlich noch Vertrauen und Glauben schenken?

[Beifall bei der CDU]

Und Ihre ganze Inszenierung hatte nur den Zweck, dort hinzukommen, wo die Wähler Sie 1999 nicht wollten. Und jetzt machen Sie Wahlkampf von der Regierungsbank und im Dienstwagen auf Steuerzahlerkosten.

[Beifall bei der CDU – Oh! von der PDS und den Grünen]

Aber ich werde nicht der Versuchung unterliegen – obwohl es verlockt –,

[Heiterkeit bei der PDS und den Grünen]

eine Wahlkampfrede zu halten. Dafür ist die Lage Berlins – gerade jetzt – viel zu ernst. Viele Berlinerinnen und Berliner erfüllt es mit Sorge: Was geschieht eigentlich in dieser Stadt,

[Doering (PDS): Was ist denn geschehen? – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

und was passiert eigentlich mit dieser Demokratie? Was hat sich hier ereignet, und welche demokratiepolitischen Folgen hat das alles? – Sie, die Sozialdemokraten, haben die Mitte verlassen und Berlin an den linken Rand gedrängt.