Protocol of the Session on May 31, 2001

In meinen Gesprächen mit den Aufsichtsratsvorsitzenden der Bankgesellschaft – von Edzard Reuter bis Prof. Feddersen – gab es zunächst keine entscheidenden Warnsignale, die auf eine Bankenschieflage des jetzigen Ausmaßes schließen ließen.

[Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

Und gerade deswegen gibt es auch offene Fragen. Und viele Berlinerinnen und Berliner sind zu Recht sauer und verbittert und fragen sich in diesen Tagen: Wie war es möglich, dass das Abgeordnetenhaus, dass die Mitglieder des Senats, dass auch der Regierende Bürgermeister von der Entwicklung bei der Bankgesellschaft so lange nichts erfahren haben?

[Zuruf von den Grünen: Das fragen wir Sie! – Cramer (Grüne): Das glaubt doch keiner!]

Dazu zitiere ich die frühere Kollegin im Senat, die ehemalige Senatorin für Finanzen, Frau Fugmann-Heesing, die vor kurzem im „Tagesspiegel“ sehr klar dazu Stellung genommen hat:

Es gab und gibt in Berlin einen schwierigen Immobilienmarkt. Das wussten wir im Aufsichtsrat. Und es gab die Besonderheiten der Mietgarantien für Immobilienfonds. Angesichts dieser Situation habe ich und haben andere Aufsichtsratsmitglieder der Landesbank mehrfach den Vorstand wegen der Risikoabschätzung befragt. Bis der Fall Aubis bekannt wurde, sind erhebliche Risiken, die deutlich über den Stand der Wertberichtigungen hinausgingen, immer bestritten worden.

Und auch im Sommer 1998 erklärte die Kollegin Fugmann-Heesing hier im Abgeordnetenhaus:

Uns liegen keine Erkenntnisse vor, wonach wir damit rechnen müssten, dass sich Risiken realisieren, die zu einer Gewährträgerhaftung führen würden.

[Wolf (PDS): Was hat Ihnen denn Herr Landowsky erzählt? – Zuruf der Frau Abg. Seelig (PDS)]

Zu dem Gesamtzusammenhang hier stelle ich Folgendes fest: 1. Der Senat erwartet, dass die Gremien der Bank alle möglichen Ansprüche auf Schadensersatz prüfen und gegebenenfalls durchsetzen ohne Ansehen der Person.

[Starker Beifall bei der CDU]

2. Wir müssen uns auf Wirtschaftsprüfer verlassen können. Wenn aber innerhalb kürzester Frist einander widersprechende Befunde von Seiten der Wirtschaftsprüfer kommen, dann ist das kein Zeichen von Verlässlichkeit,

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

und ich wiederhole noch einmal die Frage des Schadensersatzes.

3. Über die innere Struktur der Bankgesellschaft wird seit ihrer Gründung diskutiert. Es gab auch vorsichtige Ansätze von Zwischenrufen, als ich dieses Thema hier andeutete. Aber alle, die in der Stadt für die Entscheidung, für die Kombination aus öffentlich-rechtlicher und privater Bank Verantwortung getragen haben – und übrigens zum wesentlichen Teil noch heute tragen –, haben diese Kombination für richtig, für möglich gehalten. Sie haben sie gewollt.

[Frau Oesterheld (Grüne): Wir haben sie kritisiert!]

Seien Sie vorsichtig – insbesondere die Fraktion der Grünen!

[Zurufe von links – Frau Oesterheld (Grüne): Das müssen Sie gerade sagen!]

Auch die heutige EU-Kommissarin Michaele Schreyer war in die Gespräche rund um die Gründung eingebunden und hat damals diese Kombination jedenfalls nicht in der Striktheit abgelehnt.

[Starker Beifall bei der CDU – Zurufe von links – Wieland (Grüne): Es gibt Protokolle in diesem Haus!]

Wegen einer öffentlichen Frage an den Justizsenator: Es gibt eine dringende Bitte und Aufforderung an den Generalstaatsanwalt: Sofern zusätzliche personelle und sächliche Ressourcen in der Staatsanwaltschaft oder auch bei der Polizei sinnvoll sind, sind diese bereitzustellen, und ich sage: im Zweifelsfall eher zusätzliche Kräfte als eine Kraft zu wenig!

[Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

Die Ergebnisse der Sonderprüfung werden selbstverständlich der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Das ist rechtsstaatliches Verhalten, und niemand hat Anlass, an solchen Entwicklungen zu zweifeln. [Beifall bei der CDU]

Ich habe das Thema der Gesamtverantwortung für die Stadt schon angesprochen. In den vergangenen zehn Jahren haben – auch im Hinblick auf die im Moment besonders bedeutsamen Felder der Finanz- und Wirtschaftspolitik – die Union und die SPD gemeinsam hier die Verantwortung getragen. Ich denke, beiden Seiten ist diese Verantwortung bewusst.

[Cramer (Grüne): Das merkt man jeden Tag!]

Ich zitiere dabei auch ein jüngstes Interview des Fraktionsvorsitzenden der SPD: „Wir stehen als SPD im Senat zu unserer Verantwortung.“

[Frau Ströver (Grüne): Sie hoffentlich auch!]

Für mich und die CDU ist das eine Selbstverständlichkeit.

[Starker Beifall bei der CDU – Zurufe von links]

Die Bankenschieflage und ihre wirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Folgen haben einen zusätzlichen kritischen Blick der Berlinerinnen und Berliner und der deutschen Öffentlichkeit auf die Haushaltslage der Stadt gerichtet. Der Senat wird und muss seine Anstrengungen zur Lösung der Bankenkrise vor dem Hintergrund dieser psychologischen, sachlichen Situation in der Republik verbinden mit Entscheidungen zur kurz- und mittelfristigen Finanz- und Haushaltsentwicklung.

[Frau Oesterheld (Grüne): Auf wessen Kosten?]

Der Senat hat dabei weder die Absicht, das Thema klein zu reden oder gar zu verdrängen

[Cramer (Grüne): Das glaubt nur keiner!]

noch in ein anderes Extrem – aus welchen Motiven auch immer – zu verfallen. [Beifall bei der CDU]

Der Finanzsenator und der Bundesfinanzminister haben festgestellt, dass keine Haushaltsnotlage im Sinne des Bundesverfassungsgerichtes besteht.

[Gelächter links]

(A) (C)

(B) (D)

RBm Diepgen

Das Land hat sich auch nicht – das wäre auch unklug – zur Lösung der Probleme aus der Bankenschieflage Hilfe suchend an Bund und Länder gewandt.

[Zurufe von links]

Allerdings ist festzustellen – auch das darf man nicht verdrängen –, dass die aktuelle Situation auch die Diskussion um den Länderfinanzausgleich politisch erschwert.

[Zurufe von links]

Die Bankenkrise ist dabei für Berlin nicht das entscheidende strukturelle Problem. Die Steuerquote von 40 % ist das Problem. Wirtschaftsentwicklung und strikte Sparsamkeit sind dabei die notwendigen Rezepte. Und gerade in diesen Tagen müssen wir uns ja auch immer mit Hinweisen in einigen Kommentaren auseinander setzen, die Stadt sei vom Stillstand geprägt, und notwendige Haushaltsentscheidungen, Sparsamkeit, Modernisierungsmaßnahmen seien in der Vergangenheit nicht getroffen worden. Zu diesem Argument Stillstand möchte ich die Kommentatoren nur einmal zu einem Gang durch die Stadt aufrufen.

Sachkundige Beobachter würden auch feststellen, dass Berlin in den letzten Jahren erhebliche haushaltspolitische Konsolidierungsanstrengungen unternommen hat. Ich nenne hier nur drei Stichworte: [Wolf (PDS): Alles perdu!]

Personaleinsparungen, dahinter stecken jeweils Einzelschicksale, 60 000, [Zuruf von links: Ja, mehr!]

Bezirks- und Verwaltungsreform, übrigens einschließlich der Verkleinerung des Berliner Abgeordnetenhauses – daran sollten Sie auch denken –,

[Oh! von links – Eßer (Grüne): Alles umsonst!]

die Absenkung der Gesamtausgaben sowie des Gesamthaushaltes – daran lässt sich viel ablesen. Aber in dem Zusammenhang kommt es mir auf etwas anderes an, sehr persönlich: Ich bekenne mich zu meiner persönlichen Verantwortung für eine Politik, die mit den Stichworten Modernisierung mit sozialem Gesicht umschrieben werden kann.

[Gelächter links]

Für die Stadt mussten und müssen auch noch heute die Grundvoraussetzungen für einen Standortwettbewerb innerhalb von Deutschland und in Europa geschaffen werden. Das ist die Folge der Teilung insgesamt,