Der Senat wird dennoch dem Berliner Abgeordnetenhaus eine Erhöhung der Kreditermächtigung um 4 Milliarden DM – das sind die 2 Milliarden Euro – zur Sicherung des Eigenkapitals der Bank vorschlagen. Damit soll sowohl die Glaubwürdigkeit des Engagements des Landes Berlin bei der Eigenkapitalausstattung als auch – und darauf kommt es noch mehr an – das Vertrauen in künftige Geschäftsmöglichkeiten und auch Renditeerwartungen der Bank in den nächsten Jahren unterstrichen werden.
In den letzten Tagen ist des öfteren von der notwendigen Übernahme von Verantwortung gesprochen worden.
Der Senat trägt nicht die Verantwortung für einzelne notleidende Kreditengagements der Bankgesellschaft Berlin oder gar für Verstöße gegen das Kreditwesengesetz. Er sieht sich aber in der Verantwortung, die Folgen der offensichtlichen Schieflage, einer schwierigen Krise der landeseigenen Bank, zu beseitigen, die Ursachen zu ermitteln und eine Wiederholung, soweit es in seinen Kräften steht, zu verhindern.
Wir erwarten vom Vorstand der Bankgesellschaft ein klares Konzept für die künftige Geschäftspolitik,
Wir erwarten ein entsprechendes Handeln der Aufsichtsratsmitglieder. Wir erwarten von den Mitgliedern der Aufsichtsgremien klare Beschlüsse und Weisungen gegenüber dem Vorstand,
nach denen Verantwortliche auch tatsächlich zur Verantwortung gezogen werden, das heißt, gegebenenfalls auch zu Schadensersatz herangezogen werden.
Wir erwarten eine Überprüfung der Arbeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Wirtschaftsprüfer, und zwar unterschiedlich in ihrer Verantwortung und in ihrer Tätigkeit auch in den vergangenen Jahren, haben bisher nicht plausibel erklären können, warum sie für die vorangegangenen Geschäftsjahre testierte Jahresabschlüsse vorgelegt und Mitglieder in den Aufsichtsgremien und auch die Anteilseigner dadurch nicht über anstehende gravierende Probleme unterrichtet haben. Die Verhaltensweisen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften werden übrigens auch nicht dadurch besser, dass einzelne von ihnen heute offensichtlich der Versuchung unterliegen, bestehende Risiken einzelner Engagements eher besonders hoch zu bewerten. Offensichtlich haben wir es mit der Folge einer Entwicklung zu tun, die auch in anderen Bundesländern und bei anderen Prüfungsvorgängen zu Schadensersatzansprüchen gegenüber Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in mehrstelligen Millionensummen geführt haben. Schadensersatzansprüche gegenüber Wirtschaftsprüfungsgesellschaften können und dürfen also nicht ausgeschlossen werden.
Die aktuelle Situation der Bankgesellschaft Berlin hat unmittelbare Auswirkungen auf den Haushalt des Landes.
Die Gewinne der Anteilseigner aus dem Bankgeschäft sowie Steuereinnahmen des Fiskus bleiben aus. Wegen der Schieflage der Bank sind die Aktienkurse zunächst massiv gesunken. Überlegungen zur Veräußerung von Eigentumsanteilen an der Bank zum Ausgleich des Berliner Landeshaushalts müssen daher aus Gründen wirtschaftlicher Vernunft zurückgestellt werden. Sie wissen, wir hatten vor, uns von Teilen des Eigentums an der Bankgesellschaft zu trennen, auch aus Gründen des Haushaltsausgleichs. In der aktuellen Situation gibt es keine Alternative, das heißt: weitere Anstrengungen zur Einsparung und an Stelle von Vermögensveräußerungen in der geplanten Höhe des Jahres 2001 vorübergehend eine Erhöhung der Netto-Neuverschuldung in diesem Jahr.
Auch wenn die Kreditaufnahmen in den nachfolgenden Haushaltsjahren wieder zurückgenommen werden sollen, so bleiben doch die Zinsbelastungen für die auch nur kurzfristig aufgenommenen Kredite. Bei einem Kredit von 1 Milliarde DM fallen nach den jetzigen Zinsen etwa 50 Millionen DM im Jahr an.
An dieser Stelle will ich – getrennt vom Manuskript – darauf hinweisen: Ich habe den Eindruck, dass der eine oder andere auch im Bankengeschäft es sich verdammt leicht macht,
wenn er glaubt, das Land Berlin kann, weil es muss, die finanzielle Verantwortung übernehmen und einen Ausgleich vornehmen. Wenn dann differenziert wird zwischen den Beträgen der Kreditaufnahme von mehreren Milliarden DM und den tatsächlichen Belastungen im Hinblick auf die Zinsen, darf das nicht als eine Bagatellisierung missverstanden werden. Denjenigen, die so argumentieren, muss ich sagen, sie sollen uns, den Politikern, einmal klar machen, wie wir den Bürgern gegenüber verantworten sollen angesichts der ohnehin schwierigen Haushaltssituation und der Einsparungen, dass wir hier zu einem Engagement verpflichtet sind und auf der anderen Seite Einsparungen von den Bürgern erwarten.
Ich sage dies hier mit aller Emotionalität, aber auch mit Klarheit, weil hier ein Stück Verantwortung deutlich gemacht werden muss.
Ich habe von den Erwartungen und dem Vertrauen in die künftige Geschäftsentwicklung der Bankgesellschaft und insbesondere dabei der Landesbank gesprochen. Ein Konzept der künftigen Geschäftspolitik kann daher – ich sage: muss – auf der starken Stellung der Landesbank im sogenannten Sparkassengeschäft aufbauen. Hier hat die Landesbank Berlin einen Marktanteil von 60 %, der nicht nur eine gute Basis für künftiges wirtschaftliches, geschäftliches Verhalten und künftige Ergebnisse bildet, sondern auch den Grund für ein Interesse von öffentlichen und privaten Banken an einer Zusammenarbeit und einem Einstieg in die Bankgesellschaft darstellt. Das Land Berlin kann sich dabei – ich sagte schon, wir wollten das auch – von Anteilen der Bankgesellschaft trennen. Das Landesinteresse liegt in diesem Zusammenhang nicht nur in der Renditeerwartung an einem landeseigenen Unternehmen, sondern vor allem in der Sicherung des Bankenstandortes, in den gesamten wirtschaftlichen Auswirkungen des Bankenstandortes und den Arbeitsplätzen in Berlin. Ich muss wohl nur verkürzt darauf hinweisen, dass gerade die Landesbank ein wichtiges Institut für die mittelständische Berliner Wirtschaft ist.
Diese Interessen können aber auch außerhalb der Eigentümerrolle gewahrt werden. Die gesamte Diskussion nach dem offen liegenden Desaster, der Krise der Bankgesellschaft macht deutlich, dass der Privatisierungskurs notwendig ist,
auch aus Gründen, welche Verknüpfungen es bei Lösungsansätzen zwischen politischen Interessenlagen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten gibt.
Der Senat erwartet, dass die Partner der Bankgesellschaft, die NordLB und die Gothaer Versicherungsgruppe, sich an der Kapitalerhöhung beteiligen. Das erwähne ich nur deswegen noch einmal, weil eine solche Beteiligung auch in ihrem eigenen Interesse liegt. Damit kann der Berliner Beitrag verringert werden, aber mittelfristig ist das Land Berlin daran interessiert, auch aus Gründen der Haushaltsgestaltung Anteile der Bankgesellschaft zu veräußern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hieße es aber, die Bankgesellschaft oder Teile davon unter Wert zu verkaufen und damit die Vermögensinteressen des Landes Berlin nicht zu wahren. Auch ist zu beachten, dass – möglicherweise durch überhöhte Wertberichtigungen – im Augenblick stille Reserven gebildet werden, die bei künftigen Wertermittlungen – also auch Veräußerungserlösen – mit zu beachten sind.
Wichtig ist die Frage – sie wird auch öffentlich diskutiert –: Gibt es Interessenten? – Ich sage aus eigener Erfahrung: Ja, es gibt Interessenten, und auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband – ich habe persönlich mit dem Verantwortlichen, Herrn Hoppenstedt, darüber gesprochen – und die DGZ-DekaBank haben ausdrücklich erklärt, dass sie nach wie vor an einer Beteiligung interessiert sind.
Mit meinen bisherigen Formulierungen habe ich den Handlungsbedarf angesichts der Bankenlage – dieser Krise, der Schieflage – dargestellt. Mit der nüchternen Beschreibung ist die gesamte Dimension des Vorgangs nicht umschrieben. Materiell ist Schaden entstanden; aber noch schwerwiegender ist der psychologische Schaden für die Entwicklung der Stadt.
Es entsteht eine breite öffentliche Diskussion bis hinein in eine Beratung im Deutschen Bundestag – wobei ich allerdings glaube, dass einige der Repräsentanten im Deutschen Bundestag sich mit ihrer Initiative nicht gerade mit Ruhm bekleckern.
Dass ausgerechnet Vertreter aus Berlin auch noch die Forderung aufstellen – und zwar jenseits rechtlicher Kenntnis –, in Brüssel sollte sorgfältig juristisch geprüft und verhindert werden,
dass das Land Berlin seine Verpflichtungen gegenüber der Bankgesellschaft wahrnimmt, das zeigt nicht viel Sachverstand und nicht viel Interessenwahrnehmung für die Situation in Berlin und die Berlinerinnen und Berliner.
Aber es kommt auf etwas anderes an. Senat und Abgeordnetenhaus kannten die besonderen europarechtlichen Fragen der Landesbanken und Sparkassen. Senat und Abgeordnetenhaus kannten übrigens in den vergangenen Jahren die wirtschaftlichen Probleme der Berliner Bank, aber gerade durch die Bankgesellschaft Berlin, auch ihre nicht ganz einfache Rechtskonstruktion, [Gelächter bei der PDS und den Grünen – Zurufe von der PDS und den Grünen]
sollte genau darauf eine Antwort gegeben werden. Die Bankgesellschaft stand – anders als die WestLB – nicht im Fadenkreuz der Kritik der europäischen Wettbewerbshüter. Auch das war eine Folge unserer konkreten Rechtskonstruktion.
In meinen Gesprächen mit den Aufsichtsratsvorsitzenden der Bankgesellschaft – von Edzard Reuter bis Prof. Feddersen – gab es zunächst keine entscheidenden Warnsignale, die auf eine Bankenschieflage des jetzigen Ausmaßes schließen ließen.