Protocol of the Session on April 5, 2001

(B) (D)

Ich füge hinzu, es ist auch beschämend, wenn ein großer Teil der ausländischen Menschen in dieser Stadt in Sammellagern leben muss, an oder unter den Grenzen der Menschenwürde, oder wenn viele Menschen dieser Stadt, nur um ein bestimmtes Verwaltungshandeln durchzusetzen, über Monate in Abschiebehaft eingesperrt werden. In einer solchen Situation finde ich es richtig, von der Politik aus zu sagen, dass es eine klare Zielsetzung für die Stadt der politischen, rechtlichen Gleichstellung geben muss. Hierfür ein Gesetz einzubringen, ist selbstverständlich keine Lösung des Problems. Ich glaube, dass ist von Frau Hopfmann auch nicht beansprucht worden, sondern kann nur der Anfang eines langen Weges sein. Es ist aber wichtig, dass diese Stadt die politische und rechtliche Gleichstellung als eine klare Zielsetzung formuliert.

Dazu kann auch die Einbringung eines Gesetzes dienen. Es ist richtig, in diesem Gesetz deutliche Selbstverpflichtungen an die Politik zu formulieren, auch wenn durch die Formulierung der Selbstverpflichtung diese noch nicht nicht eingelöst werden. Das enthält das Gesetz von der Verpflichtung zur interkulturellen Erziehung zu dem Anspruch auf Muttersprache – ich füge hinzu, weil es mir nicht deutlich genug ist – und auch die Verpflichtung der Stadt, für die Erwerbung der deutschen Sprachkompetenzen zu sorgen. Es gibt mehrere solcher Selbstverpflichtungen der Politik. Ein solches Gesetz zu machen – man sollte nicht vergessen, dass Politik viel mit Symbolik zu tun hat – ist auch ein unüberhörbares Signal an die ethnischen Minderheiten dieser Stadt. Insofern unterstützen wir die Einbringung eines solchen Gesetzes, auch wenn wir wissen, dass die landesgesetzlichen Möglichkeiten sehr begrenzt sind und dass Gesetze bestenfalls der Anfang eines langen Weges zur Integration sein können.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Es ist auch richtig – dies muss ich deutlich sagen –, dass mit dem Gesetz selbst keine einzige praktische Verbesserung in Berlin erreicht ist. Es ist auch richtig, dass durch ein Gesetz allein fast nichts an praktischen Verbesserungen erreicht werden kann. Die Grenzen der gesetzlichen Regelungen werden etwa an dem Thema der öffentlichen Auftragsvergabe deutlich. Wir haben darüber bereits in diesem Parlament ausführlich diskutiert. Wir haben von unserer Fraktion selbst vorgeschlagen, die Ausbildungsungerechtigkeit für Migranten dadurch zu verbessern, dass der Senat sowohl im eigenen Haus als auch bei den Firmen dieser Stadt stärker darauf achtet, dass sie mehr Migranten als Auszubildende einstellen. Aber davon die Auftragsvergabe abhängig zu machen, wird wahrscheinlich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gelingen. Wir sollten uns diesbezüglich keinen Illusionen hingeben.

Deswegen sage ich, ohne auf Einzelheiten einzugehen, dass ein Gesetz selbst keine offensive Integrationspolitik in dieser Stadt ersetzt. Es ist richtig, dass wir uns bei einem solchen Gesetz nicht nur auf die Integrationsförderung konzentrieren müssen, sondern – das fehlt mir ein wenig in dem Gesetz – auf die Überwindung – was Sie nennen – der rassistischen – ich würde eher sagen – ethnischen Diskriminierung selbst. Im öffentlichen Bereich ist noch ein weites Feld zu bearbeiten. Denken Sie an die Realität der Sammellager! Denken Sie an den Umgang von Behörden mit Ausländern. Denken Sie an die beschämende Wirklichkeit der Abschiebehaft in dieser Stadt. Deswegen treten wir auch dafür ein, dieses Gesetz als Integrationsfördergesetz gerade in dem Bereich Selbstverpflichtungen, –

Herr Abgeordneter! Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

– was den Bereich der ethnischen Diskriminierung betrifft, gerade durch die öffentliche Hand zu ergänzen. An dem Tag, an dem die jungen Migranten in dieser Stadt nicht in erster Linie auf die Frage, wer sie sind, antworten, sie seien Türken oder Araber, sondern erwidern, sie seien Berliner, weil sie sich in dieser Stadt wirklich zugehörig, angenommen und aufge

nommen fühlen, haben wir einen mächtigen Schritt zu einer wirklichen Integration erreicht. Dazu kann auch ein solches Gesetz ein erster bescheidener Schritt sein.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Kleineidam! Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, hier feststellen zu können, dass wir fraktionsübergreifend die Integration und die Förderung der Integration im Land Berlin für ein ganz wichtiges und zentrales Thema halten. Mein Vorredner, Kollege Berger, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in der politischen Diskussion endlich an einem Punkt angekommen sind, wo die Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, weitgehend akzeptiert ist. Wir können uns endlich den Punkten zuwenden, wie dieses Einwanderungsland gestaltet werden kann und wie eine vernünftige Integration durchgeführt werden kann.

An die PDS gerichtet sage ich einen ausdrücklichen Dank dafür, dass die Diskussion zu diesem Thema mit dem Gesetzentwurf hier angestoßen wird. Genauso offen muss ich aber bekennen, dass mich der Gesetzentwurf inhaltlich doch bei der großen Überschrift, die er hat, enttäuscht. Das zentrale Problem der Integration, der Spracherwerb, wird in diesem Gesetz so gut wie gar nicht behandelt. Wie soll die Förderung von Migranten in der vorschulischen und schulischen Bildung, der beruflichen Ausbildung, bei der Beteiligung in landesgeförderten Beschäftigungsund Qualifizierungsmaßnahmen nach Ansicht der PDS gestaltet werden? Die Antwort in dem Gesetzentwurf lautet, dass der Senat ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung den Inhalt der Maßnahmen zu regeln. Das ist einfach ein bisschen wenig.

Integration ist ein zweiseitiger Prozess, in dem sich nicht nur Migranten engagieren müssen. Gleichzeitig muss auch die deutsche Gesellschaft bereit sein, tolerant und aufnahmebereit. Die rassistischen Übergriffe, die wir in den letzten Monaten in Deutschland in zunehmendem Maß beklagen mussten, belegen eindringlich das bestehende Defizit. Integration wird nur dann gelingen, wenn beide Seiten die Integration als einen positiven Prozess begreifen. Wer über das Thema Integration nicht sprechen kann, ohne zugleich das Wort Sozialhilfemissbrauch zu verwenden, handelt hier genauso kontraproduktiv wie derjenige, der bei allen Gruppen dieser Gesellschaft grundsätzlich eine ausländerfeindliche Gesinnung unterstellt. Solche Diskussionsbeiträge polarisieren in einem Prozess, in dem es auf das Aufeinanderzugehen ankommt. Ich habe deshalb überhaupt kein Verständnis für Ihren Ansatz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Wenn Sie 30 000 Mitarbeitern des Landes Berlin pauschal unterstellen, ausländerfeindlich zu handeln, fördern Sie in keiner Weise die Integration, sondern polarisieren.

[Beifall bei der SPD]

Ich bitte Sie deshalb herzlich, Ihre Vorurteile gegenüber der Berliner Polizei zurückzustellen. Lassen Sie uns gemeinsam für den Abbau von Feindbildern arbeiten. Nur dann kann tatsächlich Integration in dieser Stadt gelingen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir werden in zahlreichen Ausschüssen über das Gesetz diskutieren. Ich begrüße diese Diskussion. Die eigentlichen Fragen der Integrationsförderung werden mit diesem Gesetz aber bisher leider nur sehr halbherzig beantwortet.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Eine Intervention von Frau Kollegin Hopfmann, bitte sehr!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kleineidam! Ich möchte an dieser Stelle wirklich intervenieren. Es kommt nun schon zum zweiten Mal vor, dass wir hier pauschal Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes angeblich diffamierten. Was stört daran, wenn wir in diesem Gesetzentwurf vorschlagen, im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz zu formulieren:

Die Polizei darf niemanden wegen seiner ethnisch-kulturellen Zugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, Nationalität, Hautfarbe oder der Abstammung diskriminieren.

Dies steht in völliger Übereinstimmung mit den Richtlinien des Europarates zur Gleichbehandlung von Menschen auf Grund ihrer ethnischen, rassischen Abstammung. Diese Richtlinien müssen im Übrigen auch in Bundesgesetz umgesetzt werden. Das, was Sie, Herr Gewalt, vorhin zitiert haben, ist noch einmal in der Begründung formuliert. Wir begründen, warum wir es für hilfreich halten, einen solchen Punkt im ASOG zu formulieren.

[Zuruf des Abg. Trapp (CDU)]

Herr Kollege Trapp, hören Sie doch einmal zu! Es ist Tatsache, dass es Dokumentationen von internationalen Organisationen gibt, die auf das diskriminierende Verhalten in der Berliner Polizei in den letzten Jahren hingewiesen haben. Es haben sich sogar internationale Kommissionen damit beschäftigt. Das ist Fakt. Dagegen kann man nichts sagen. Ein zweiter Punkt ist, dass wir ein föderales Prinzip in der Bundesrepublik haben. Wenn Sie sagen, dass wir das in unserem Gesetz vergessen haben, so erwidere ich, dass wir bewusst ein Landesgesetz entworfen und bewusst nur das hineingeschrieben haben, was nach unserer Auffassung ein Landesgesetz auch leisten kann.

[Wansner (CDU): Sie haben ja keine Ahnung!]

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung hat vor kurzem ein Integrationsprojekt vorgelegt, in dem sie genau das machen will, was Sie bei uns vermissen. Es ist die Intergrationsförderung durch den Erwerb der deutschen Sprache und der Erwerb von landeskundlichen Informationen für Migranten. Sie will dafür mehr als 600 Millionen DM von der Bundesregierung haben, die bislang noch nicht vorhanden sind. Dann müssen wir dieses auf Landesebene nicht noch einmal initiieren, wenn wir Aussicht haben, dass uns dies der Bund finanzieren wird. Doppelgleisig müssen wir nicht fahren. Wir wollen das an Integration tun, was wir auch im Land Berlin leisten können. Über das andere, was Sie gesagt haben, können wir uns bestimmt sehr interessant unterhalten! [Beifall bei der PDS]

Nun hat Herr Kleineidam das Wort zur Gegenreaktion, bitte sehr!

Danke sehr! – Ich versuche, es kurz zu machen. Ich will nur noch einmal den Punkt mit der Berliner Polizei erläutern.

Es ist im demokratischen Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit, dass die staatlichen Organe niemand diskriminieren. Deshalb steht auch in Artikel 6 unserer Verfassung von Berlin eindeutig: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Wenn Sie ausschließlich bei der Aufgabenbeschreibung der Berliner Polizei ein Diskriminierungsverbot formulieren und entsprechende Formulierungen in anderen Landesgesetzen weglassen, also beispielsweise § 36 Bezirksverwaltungsgesetz – Aufgaben des Bezirksamts –, und sie können sämtliche Landesgesetze durchdeklinieren, dann erheben Sie damit den Vorwurf, nur die Berliner Polizei diskriminiere. Es ist unstrittig, dass es in Einzelfällen immer wieder zu Diskriminierungen kommt. Die müssen verfolgt werden, dagegen muss angegangen werden. Aus unserer Sicht ist aber nicht akzeptabel, eine Behörde herauszunehmen und zu sagen: Ihr seid so schlimm, bei euch braucht man eine besondere gesetzliche Formulierung.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration – dieser soll federführend sein –, an den Ausschuss für Wirtschaft und Betriebe sowie an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und an den Hauptausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann haben wir die Überweisung so beschlossen.

Lfd. Nr. 7 A, Drucksache 14/1119:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über die „Stiftung Berliner Philharmoniker“

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Beratung ist nicht vorgesehen. Von den Fraktionen wird die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und an den Hauptausschuss vorgeschlagen. Wer diesen Empfehlungen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann haben wir die Überweisung so beschlossen.

Wir sind dann bei

lfd. Nr. 8:

Wahl

a) einer Abgeordneten zum Mitglied des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages,

b) einer Abgeordneten zur Vertreterin Berlins für die 31. Ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Städtetages vom 8. bis 10. Mai 2001 in Leipzig,

c) eines Mitglieds des Verwaltungsrats der Feuersozietät Berlin-Brandenburg

Es handelt sich jeweils um Nachwahlen auf Vorschlag der SPD, bedingt durch das Ausscheiden des bisherigen Abgeordneten Dr. Hermann Borghorst und damit verbunden auch durch Ersatzwahl für die Mitgliedschaft der 31. Ordentlichen Hauptversammlung des Deutschen Städtetages.

Ich lasse einzeln wählen: Für das ausgeschiedene Mitglied Dr. Borghorst schlägt die SPD zur Wahl einer Abgeordneten zum Mitglied des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages Frau Abgeordnete Kirsten Flesch vor. Wer Frau Flesch zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist Frau Flesch gewählt. Ich wünsche ihr eine gute Arbeit.

Frau Abgeordnete Flesch hat dafür die Vertretung Berlins für die 31. Ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Städtetages aufgegeben. Für sie schlägt die Fraktion der SPD nunmehr Frau Abgeordnete Monika Helbig vor, die u. a. das Land Berlin in Leipzig vom 8. bis 10. Mai vertreten soll. Wer Frau Helbig zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist sie gewählt. Ich wünsche auch ihr eine gute Arbeit.

Als Nachwahl für das ausgeschiedene Mitglied Dr. Borghorst im Verwaltungsrat der Feuersozietät Berlin-Brandenburg schlägt die Fraktion Herrn Abgeordeten Karlheinz Nolte vor. Wer Herrn Nolte zu wählen wünscht, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist Herr Nolte gewählt. Ich wünsche auch ihm eine gute Arbeit.

Die lfd. Nrn. 9 bis 13 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

(A) (C)