Protocol of the Session on April 5, 2001

[Niedergesäß (CDU): Haben Sie Dienstag im Fernsehen schon gemacht!]

Das gesamte Drama um die Bankenkrise erleben wir täglich. Sie ist tatsächlich eng verbunden mit dem Namen Landowsky, da hilft es nichts, das zu verschweigen oder schönzureden. Sie ist eng verbunden mit dem Namen Landowsky. Die Konsequenzen – personelle und inhaltliche –, die daraus gezogen werden müssen, hätten schon längst gezogen werden müssen. In der Tat, der Regierende Bürgermeister hat bislang keinen Beitrag dazu geleistet.

[Niedergesäß (CDU): Sie aber auch nicht!]

Das sehen einige vielleicht anders, Herr Niedergesäß. Aber Sie können es ja noch tun. Das werden wir dann sicherlich noch erleben. [Gelächter links]

Ich denke, es ist gar nicht mehr ein Thema „Landowsky“.

Wir befinden uns in einer Situation, in der diese Stadt sich in einer Notlage befindet, in einer Haushaltsnotlage – ich meine nicht den verfassungsrechtlichen Begriff „Haushaltsnotlage“, dazu komme ich noch –, sondern in einer ernsten Situation, wo wir in der Tat Risiken haben, die sind vorhin aufgelistet worden, in der Größenordnung von 5 Milliarden DM bis 6 Milliarden DM allein im laufenden Haushalt. Dies wird zwangsläufig dazu führen, wenn man verantwortungsvolle Politik machen will, dass viele die Auswirkungen der Lösung dieser Problemlage spüren werden. Wir werden selbstverständlich im laufenden Haushalt und auch in den folgenden Jahren Maßnahmen ergreifen müssen, die bislang nicht sinnlos, sondern sinnvoll waren, und die gestrichen werden müssen. Da werden die Berlinerinnen und Berliner direkt spüren, dass es bei dem ganzen Thema Spendenaffäre und Schieflage der Bankgesellschaft nicht darum geht, ob 40 000 DM irgendwo falsch verbucht worden sind und ob das ein Kavaliersdelikt war, sondern dass durch Verfehlungen hier handfeste Schäden entstanden sind für das Land Berlin in einer Größenordnung, die wir uns alle nicht haben vorstellen können.

Da sind mehrere hundert Millionen DM allein durch die Vergabe des nicht nachvollziehbaren Aubis-Kredits durch die Berlin-Hyp – an der Spitze Herrn Landowsky – für das Land Berlin entstanden. Und diese Schäden müssen jetzt ausgeglichen werden.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niedergesäß?

Ja – bitte sehr!

[Heiterkeit links]

Herr Wowereit! Sie haben am Dienstag im SFB-Fernsehen die ungeheuerliche Behauptung aufgestellt, dass einzig und allein Klaus Landowsky für den gesamten Schaden der Bankgesellschaft Berlin verantwortlich ist.

[Frau Merkel (SPD): Stimmt nicht, hat er relativiert! – Adler (CDU): Und der Aufsichtsrat!]

Ist Ihnen vielleicht entgangen, dass Herr Landowsky nur für die Berlin-Hyp zuständig ist

[Oh! und Gelächter von der PDS und den Grünen]

und mit den anderen Einzelbanken auch nicht mehr zu tun hat als der Herr Wowereit oder die Aufsichtsratsmitglieder von der SPD? Vielleicht können Sie die Frage beantworten, wie Sie ständig versuchen, die CDU mit der Bankgesellschaft Berlin hier gleichzusetzen.

[Wieland (Grüne): CDU-Hausbank! – Cramer (Grüne): Toller Beitrag!]

Herr Niedergesäß, Sie scheinen nicht richtig zugehört zu haben. Ich habe gesagt, dass Herr Landowsky nicht für alle Rückstellungen der Bankgesellschaft verantwortlich ist. Das ist wirklich so, und wir wollen ihn nicht überhöhen, da haben Sie vollkommen Recht.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Herr Niedergesäß, ich habe sowieso den Eindruck, dass die CDU-Fraktion überhaupt nicht informiert wird über das, was da war. [Niedergesäß (CDU): Besser als Sie!]

Dass Herr Landowsky die direkte Verantwortung und zentrale Konzernzuständigkeit für den gesamten Immobilienbereich der Bankgesellschaft hatte, ist Ihnen offensichtlich entgangen, und das sollten Sie sich noch einmal klar machen – das gilt auch für das, was bei der Landesbank und bei anderen passiert ist.

[Starker Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Buh! von der CDU]

Die dramatische Schieflage der Bankgesellschaft ist deutlich: Wir reden hier von einer Risikovorsorge und Rückstellungen in der Größenordnung von bis zum Jahr 1999 bislang 7 Milliarden DM. Die Zahlen, die jetzt genannt werden, die in den Jahren 2000 und noch im Folgenden kommen, haben Größenordnungen, die direkt zu einer Kapitalvernichtung bei der Bankgesellschaft geführt haben. Das bedeutet konkret, dass die Bankgesellschaft, und zwar ziemlich schnell, nämlich in den nächsten Wochen, eine Kapitalzuführung braucht, die höchstwahrscheinlich in der Größenordnung von 3 Milliarden DM liegen wird. Natürlich werden da die Eigentümer zur Rechenschaft gezogen und müssen sich überlegen, wie ihr Kapital dort noch gesichert werden kann.

Es geht vor allen Dingen nicht nur um das Kapital des Eigentümers: Die Bankgesellschaft ist einer der größten Arbeitgeber in dieser Stadt. Sie hat 16 000 Arbeitsplätze. Es wäre doch verheerend, wenn wegen des Missmanagements von einigen Bankern, die mit satten Pensionen rausgehen, Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet werden müssten.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Das ist doch die dramatische Situation. 3 Milliarden DM fehlen, sind vernichtet worden. Die Prüfungen vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen sind noch nicht abgeschlossen. Da kommt vielleicht auch noch etwas. Aber dringendes Handeln ist notwendig. Selbstverständlich muss das Land Berlin als der größte Eigentümer der Bankgesellschaft alles tun, damit die Bankgesellschaft da herauskommt. Das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für diese Stadt, sie ist einer der größten Arbeitgeber. Wir brauchen diese starke Bank auch für die Entwicklung, vor allen Dingen für die kleineren und mittleren Unternehmen in dieser Stadt. Sie brauchen eine starke Landesbank, eine starke Sparkasse und keine Bankgesellschaft, die in die Schieflage gerät. Deshalb werden wir handeln müssen, das wird das vordringlichste Ziel sein. Vor dem Nachtragshaushalt müssen im Prinzip die wesentlichen Entscheidungen für die Bankgesellschaft getroffen werden.

Selbstverständlich wird sich da das Land Berlin überlegen müssen, nimmt es einfach Geld in die Hand und gibt es in die Bankgesellschaft, oder gibt es andere Möglichkeiten, wie man auch durch Beteiligung von Dritten Lösungen findet, dass ein direkter Kapitalfluss vom Land Berlin in die Bankgesellschaft nicht notwendig sein wird. Unterm Strich kommt eines immer heraus: Die Zeche zahlen wir, zahlen die Berlinerinnen und Berliner, egal ob das jetzt direkt aus dem Landeshaushalt oder durch Dritte kommt, es wird auf jeden Fall eine Kapitalvernichtung sein. Und Eigentümer sind die Berlinerinnen und Berliner.

Es ist natürlich nicht richtig, was heute z. T. in der Zeitung zu lesen war: dass die WestLB ein entsprechender Partner sein könnte. Das wird sicherlich nicht der Fall sein.

[Zuruf des Abg. Adler (CDU)]

Wir werden alle Möglichkeiten prüfen müssen. Wir wollten die Bankgesellschaft schon einmal fusionieren mit der NordLB, das ist gescheitert.

Und Herr Wieland, ich finde es ein bisschen zu schnell, wenn man heute sagt, man löst die Bankgesellschaft praktisch auf, man zerlegt sie in Einzelteile, die meisten verkauft man, den Rest behält man. Ich glaube, das ist kein Konzept.

[Wieland (Grüne): So wird es kommen, wir sprechen uns noch!]

Die Bankgesellschaft sollte aus meiner Sicht als Konzern auch erhalten bleiben. Wir müssen sehen, dass das eine starke Bankgesellschaft bleibt. Wie die Konstruktion sein wird, da ist Herr Kurth in der Verpflichtung, die Möglichkeiten zu prüfen, da gibt es verschiedene Varianten.

[Zuruf der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Im Extremfall, wenn es für das Land Berlin die wirtschaftlichste Variante ist, dann werden wir Geld in die Hand nehmen müssen. Bevor wir andere reich machen, werden wir es selber machen müssen. [Wieland (Grüne): Woher nehmen?]

Das ist nicht das erstrebenswerte Ziel, muss aber in die Überlegungen einbezogen werden. Wir werden zügig – damit das Gerede um die Bankgesellschaft beendet wird, damit wieder Vertrauen in die Bankgesellschaft hergestellt werden kann – diese Entscheidung treffen müssen. Das sind die strukturellen Entscheidungen für die Bankgesellschaft: Wie sieht das Sanierungskonzept aus, wie können wir die Kapitalzuführung hinbekommen? Daraus wird sich auch ein personelles Konzept ergeben müssen. Das muss im Mai passieren, und zwar ganz schnell, damit die Bankgesellschaft wieder in eine seriöse Lage kommt.

Daraus ergeben sich dann die Folgerungen für den Landeshaushalt. Da müssen wir schauen, wie die Vermögensaktivierung aussehen kann. Selbstverständlich war geplant, dass wir 1 Milliarde DM bei der IBB entnehmen wollten. Das wird nicht mehr möglich sein. Selbstverständlich hat die IBAG geboten und bietet für die GSW, ob sie noch in der Lage sein wird, es zu bezahlen, wissen wir nicht.

[Wieland (Grüne): Gibt es die im Moment eigentlich?]

Diese Dinge müssen geklärt werden, wir reden immerhin von Volumina in der Größenordnung von 3 Milliarden DM und noch mehr. Das sind natürlich erhebliche Positionen. Wir wollten 6,5 Prozent der Aktien verkaufen, das sollten auch Beträge zw. 300 und 500 Millionen DM sein. Das wird alles nicht möglich sein. Schon auf Grund dieser paar Zahlen wird das Ausmaß dieser gesamten Krise deutlich.

[Frau Oesterheld (Grüne): Schon länger!]

Die ist natürlich auch nur mit der Kraftanstrengung aller zu beheben. Deshalb ist es auch richtig, dass der Regierende Bürgermeister am nächsten Dienstag eingeladen hat – und zwar alle vier Fraktionen dieses Hauses – zum Thema Bankenkrise. Da muss die Opposition auch mit einbezogen werden – für Lösungen.

[Wieland (Grüne): Kommt Landowsky?]

Herr Landowsky, davon gehe ich aus, wird sicherlich nicht kommen. [Wieland (Grüne): Dann sind wir dabei!]

Ich weiß nicht, ob Herr Kaczmarek kommen darf oder Herr Steffel, [Dr. Steffel (CDU): Nein!]

das werden wir sehen, das ist gar nicht das Wesentliche. Wir müssen eine Lösung finden für die Situation in der Bankgesellschaft. Dann werden wir uns dem Nachtragshaushalt stellen müssen. Und Nachtragshaushalt bedeutet für alle, egal in welcher Konstellation, eine Riesenherausforderung.

Ich sage an dieser Stelle auch, einfach wieder zu rufen: Erhöhung der Netto-Kreditaufnahme, das ist ein wunderbarer Weg. Wir zahlen zurzeit pro Tag 11 Millionen DM an Zinsen. Damit könnten wir pro Tag vier neue Kindertagesstätten bauen. Dass man mit der Verschuldung nicht weitermachen kann, das müsste eigentlich jedem klar sein.

[Beifall bei der SPD]

Herr Abgeordneter! Sie müssen dann zum Schluss kommen.

Und der Ruf nach dem Bund ist auch immer so bequem. Der Verweis auf das Saarland und auf Bremen ist nicht richtig, weil wir unsere Probleme zuerst alleine lösen müssen. Wir müssen sehen, dass wir etwas tun. Wenn wir sagen, wir sind nicht mehr in der Lage zu handeln, dann stellen sich bald die Fragen, wozu wir, dieses Parlament, eigentlich noch da sind. Dann kann der Ministerialbeamte – –