Protocol of the Session on March 1, 2001

[Beifall bei der CDU]

Wer objektiv betrachtet, wie schnell und vollständig die Berliner CDU und wie aktiv auch ihr Landesvorsitzender Eberhard Diepgen in nur 2 Wochen zur Aufklärung beigetragen haben, der wird erkennen, dass die 80 000-DM-Affäre der SPD seit 8 Monaten aufgeklärt wird und es hier zwei Geschwindigkeiten gibt.

[Beifall bei der CDU]

Die PDS hat nun wirklich kein Recht, Aufklärung zu fordern. Sie haben bis heute den Verbleib der SED-Millionen nicht im Ansatz aufgeklärt.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS]

Insofern bietet sich wohl in allen Parteien ein weites Betätigungsfeld für sehr intensive Aufklärungsarbeit. Wir glauben, dass wir unseren Teil erbracht haben. Wenn wir mehr dazu beitragen müssen, können Sie gewiss sein, wir verweigern uns nicht. Wir werden auch weiter aufklären, wenn es nötig ist.

Aber Ihnen von der Opposition geht es gar nicht um Sachaufklärung. Sie fordern zwar einen Untersuchungsausschuss, aber Ihr Urteil haben Sie schon lange gesprochen. Worum es Ihnen in Wahrheit geht, das haben die Grünen mit ihrem Beschluss auf der Delegiertenkonferenz sehr deutlich gemacht. Sie möchten zusammen mit der PDS Eberhard Diepgen stürzen und die CDU aus der Regierungsverantwortung drängen.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Dazu ist Ihnen jedes Mittel recht. In wenigen Stunden haben Sie Ihre Vorbehalte gegen die PDS aufgegeben und ihr ein Koalitionsangebot gemacht. Sie haben damit den ersten Teil Ihres Parteinamens schamlos auf dem Altar der Macht geopfert und die Bürgerbewegung des Jahres 1990, das Bündnis 90, verraten. Sie sollten diesen Namen aufgeben!

[Beifall bei der CDU]

Ihr unterstellter „Sumpf“ ist nicht einmal eine Pfütze. Die Schuhe werden nass, aber die Hose bleibt trocken. So sehr PDS und Grüne in dieser Pfütze baden, springen, trampeln und spritzen, sie werden die Berliner CDU nicht wirklich beschmutzen.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von links]

Sie können uns mit Dreck bewerfen und verunglimpfen, aber Sie können uns nicht aus der Regierung jagen. Denn die Verantwortung für diese Stadt Berlin verliehen uns die Wählerinnen und Wähler. Das können Sie nicht nachträglich mit einem Putsch gemeinsam mit den Kommunisten korrigieren.

[Beifall bei der CDU]

Welchen politischen Stil die Berlinerinnen und Berliner von Ihnen zu erwarten haben, das konnten wir in den vergangenen Tagen und auch heute eindrucksvoll erleben. Ihre Reden haben zumindest mit parlamentarischer Kultur nicht allzu viel zu tun.

[Doering (PDS): Wer hat denn „Dreckschleuder“ gerufen?]

Herr Strieder! Auch Ihnen sieht man die Freude an, die Ihnen dieses Spiel macht. Ich glaube aber, das Spiel ist so durchsichtig, dass die schweigende Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner Ihr Spiel nicht zulassen wird. Wir werden die Interessen der Menschen dieser Stadt nicht Ihnen allein überlassen.

[Beifall bei der CDU]

Nein – der Wähler hat Sie in die Opposition geschickt, und dort werden Sie auch nach den Wahlen 2004 bleiben. Oder glauben Sie wirklich, dass es eine Mehrheit für eine Regierungsbeteiligung von PDS und diesen Grünen in Berlin gibt? Ich halte das für ausgeschlossen.

Die moralische Legitimation für Ihr rot-rot-grünes Experiment werden Sie auch nicht durch einen Untersuchungsausschuss erhalten. Das kann ich Ihnen voraussagen. Aber ich befürchte an viel wesentlicheren Stellen irreparablen Schaden für uns alle:

1. Die Veröffentlichungen über Kreditnehmer und Zeichner von Immobilienfonds der Bankgesellschaft Berlin sind ein schwerer Schaden für das Vertrauen in die Bankgesellschaft.

[Beifall bei der CDU]

Der permanente Bruch des Bankgeheimnisses kann – ich hoffe nur „kann“ – erheblichen Vertrauensschaden bei den Kunden zur Folge haben.

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

Kreditnehmer könnten sich abwenden, Mitarbeiter anders orientieren und Zeichner von Immobilienfonds aus Angst vor Veröffentlichungen und Neiddiskussionen andere Institute wählen. Entweder fehlt Ihnen, Herr Wolf, der wirtschaftliche Sachverstand, oder Sie nehmen diesen Schaden ohne Rücksicht auf die betroffenen Mitarbeiter und deren Familien

[Doering (PDS): Sie richten doch den Schaden an!]

zumindest billigend in Kauf.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Natürlich, Herr Wowereit – da haben Sie völlig Recht –, müssen die komplizierten Sachverhalte aus diesen Fondsgeschäften gänzlich und umfassend aufgeklärt werden. Da haben wir absoluten Konsens.

2. Obwohl es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt, wurden Spender an demokratische Parteien kriminalisiert und in die Nähe von Bestechung und Korruption gerückt. Alle demokratischen Parteien werden hierdurch Schaden nehmen. Unternehmen, Privatpersonen, Mandatsträger oder einfache Parteimitglie

der werden die dringend notwendige Unterstützung für unsere politische Arbeit in der Zukunft geringer leisten. Der Nutznießer sind die radikalen Parteien, denn die sind auf öffentliche Spenden, auf transparente Spenden nicht angewiesen. Den Schaden hat die Demokratie, und auch das nehmen Sie selbstverständlich billigend in Kauf.

[Cramer (Grüne): Sie meinen jetzt wohl Landowsky?]

Herr Wieland! Sie haben meinen Kreisverband angesprochen. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Selbstverständlich habe ich meinen Wahlkampf persönlich finanziert. Und selbstverständlich erhält jeder Kollege, der nicht in den Landtag gewählt wird, sein Geld nach den Wahlen zurück, wenn er kein Mandat erhält.

[Zurufe von der PDS und den Grünen]

Ich bin stolz darauf, meine Partei unterstützt zu haben, und ich bin auch stolz darauf, zu denen zu gehören, die nicht in der Politik sind, nur um Geld zu verdienen, sondern aus Idealismus und Leidenschaft hier stehen.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Im Übrigen – nur zur Aufklärung – ist die größte politische Spenderin der Republik die Bundesjustizministerin, die 170 000 DM an die Bundes-SPD gespendet hat.

[Gram (CDU): Unerhört!]

3. Der Bürger fühlt sich – auch das macht mir Sorge – in vielen Vorurteilen gegen uns, die Politiker, bestätigt. Keine demokratische Partei – Herr Wowereit hat das gesagt – wird davon langfristig einen Nutzen haben, Wähler werden sich abwenden nicht nur von den Parteien, sondern vom Staat insgesamt. Das Engagement dieser Menschen für die Gesellschaft wird zurückgehen. Diesen Schaden haben wir auch alle, und auch das haben Sie billigend in Kauf genommen.

4. Mich beschäftigt besonders, dass viele Menschen, die ihren beruflichen Mittelpunkt außerhalb der Politik haben, nicht mehr bereit sein werden, in die Parlamente und Parteien zu gehen. Die Angst vor maßloser öffentlicher Beschädigung schon bei kleinsten Vorfällen in ihrem beruflichen Umfeld wird sie abschrecken. Diese Menschen werden nicht mehr bereit sein, ihr Engagement für die Gesellschaft mit einem Verlust an persönlichem Ansehen, Verletzung ihrer beruflichen Integrität oder gar Unterstellung krimineller Handlungen zu bezahlen.

Diese unabhängigen Menschen brauchen wir allerdings in den Parlamenten – in allen Fraktionen übrigens –, denn den Schaden durch immer mehr Beamte in den Parlamenten, die dieses berufliche Risiko nicht tragen, bei vielen Sachentscheidungen werden wir merken, und auch das nehmen Sie mindestens billigend in Kauf. Ihr Verhalten ist insofern verantwortungslos.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb appelliere ich an Ihr Verantwortungsgefühl: Nehmen Sie diese Schäden für uns alle, für diese Demokratie nicht länger in Kauf. Stellen Sie endlich Parteiinteressen nicht mehr über die Interessen unserer parlamentarischen Demokratie.

[Zuruf von Cramer (Grüne) ]

Sie wissen sehr genau, dass Sie mit Ihrer Kritik maßlos überziehen. Ihnen sollte nicht jedes Mittel Recht sein, um an die Macht in Berlin zu kommen. Wir als die im Durchschnitt jüngste Fraktion im Berliner Parlament überlassen Ihnen nicht die Zukunft unserer Stadt Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Lassen Sie uns lieber darüber reden, wie wir den Schaden, den diese Kampagne für den Wirtschafts- und Finanzplatz Berlin, für die Bankgesellschaft und ihre Mitarbeiter angerichtet hat, im Interesse der Berliner so rasch wie möglich wieder ausgleichen können. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir möglichst rasch den Flughafen fertig stellen. Lassen Sie uns darüber streiten, was das richtige Messekonzept ist, das richtige CongressZentrum-Konzept, wie wir den boomenden Tourismus in dieser Stadt weiter fördern. Lassen Sie uns über die Krankenhaus

reform reden, lassen Sie uns über die Fusion der Länder Berlin und Brandenburg reden oder über die dringend notwendige Osterweiterung der Europäischen Gemeinschaft. Lassen Sie uns in der Frage des Länderfinanzausgleichs an einem Strang ziehen, und lassen Sie uns vor allen Dingen darüber reden, wie wir junge Menschen für diese Stadt begeistern können, wie wir Existenzgründer und Investoren gewinnen und gemeinsam Arbeitsplätze schaffen.

Das sind die eigentlichen Zukunftsfragen der Menschen. Die Lösung dieser Probleme erwarten sie von uns.