Protocol of the Session on March 1, 2001

Diese Fragen müssen beantwortet werden. Da kann ich nicht verstehen, dass die größte Fraktion hier sagt: Es ist alles klar, es ist alles aufgeklärt. Wir haben überhaupt gar nichts mehr. – Das sind hier Sachwaltungen im Interesse der Berlinerinnen und Berliner, die wir alle zu erfüllen haben, nicht nur Opposition, nicht nur SPD, auch die CDU-Fraktion. Dazu fordere ich Sie ganz deutlich auf.

Die Vorkommnisse um die IBG/IBAG müssen auch untersucht werden. Ich sage deutlich, ich habe kein Interesse, dass jedes Kreditgeschäft und jeder Fonds der Bankgesellschaft im Untersuchungsausschuss behandelt wird. Das kann nicht gut sein. Aber wenn noch andere Fonds durch Veröffentlichungen in Misskredit gebracht werden, dann wird das wohl zwangsläufig passieren.

[Zuruf des Abg. Atzler (CDU)]

Ich sage deutlich, es ist ein Schaden für das Land Berlin eingetreten, und zwar schon jetzt. Wenn uns noch bis vor kurzem suggeriert wurde, die Dividendenzahlung werde gemacht, es sei alles kein Problem, es gehe lediglich um 40 000 DM, die falsch verbucht worden seien, also um einen kleinen Verstoß gegen das Spendengesetz, dann war das nicht alles. Es hat Steuerausfälle in erheblicher Größenordnung gegeben. Wenn Rückstellungen von 10,4 Milliarden DM brutto bei der Bankgesellschaft geleistet werden mussten – es ist noch nicht absehbar, ob das alles ist –, dann sind das konkrete Steuerausfälle.

Das sind auch Ausfälle, die sich bei der Dividendenzahlung bemerkbar machen, nicht nur die 135 Millionen DM, die jetzt nicht kommen werden, sondern wir hätten in den letzten Jahren mehr bekommen können. Das sind konkrete Gelder, die dem Berliner Landeshaushalt fehlen. Der Kursverlust macht sich auch bemerkbar. Wir wollten im Rahmen der Vermögensaktivierung noch Anteile an der Bankgesellschaft verkaufen. Diese Einnahmen werden nicht kommen.

[Zurufe der Abgn. Niedergesäß (CDU) und Dr. Steffel (CDU)]

Das bedeutet, dass an anderer Stelle eingespart werden muss. Es redet im Ernst kaum noch einer darüber, dass die Dividende kommen wird.

Das war es dann aus Ihrer Sicht offenbar; dann sollen wir darüber einen Schwamm decken. Es gibt immer wieder Hinweise auch von Herrn Lehmann-Brauns auf eine Situation in Zehlendorf bei der SPD oder sonst etwas. Ich lasse mich an dieser Stelle von wem auch immer überhaupt nicht unter Druck setzen. Wenn es im Zusammenhang mit der Spendenaffäre der Bankgesellschaft Vorkommnisse gegeben hat, wo auch ein SPD-Vertreter beteiligt war, dann muss das auch aufgeklärt werden.

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Das ist überhaupt kein Problem. Es gibt hier keine Situation, wo man denken muss, dass die große Koalition Grund hat, alles unter den Teppich zu kehren. Nein, wir haben allen Grund, es aufzuklären, und die SPD wird sich aktiv daran beteiligen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wir müssen auch Konsequenzen daraus ziehen. Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen. Die Konsequenzen werden wir in einer vernünftigen Diskussion auch der Anträge der Opposition erörtern.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Die Absenkung der Beteiligungen des Landes Berlin auf 25 % muss ernsthaft überlegt werden. Die PDS hat 50 % gesagt, aber heruntergebrochen auf die Töchter. Das werden wir ernsthaft und konstruktiv diskutieren. Das ist selbstverständlich. Natürlich ist Herr Kurth aufgefordert, bei der Bankgesellschaft mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, mit dem Vorstandssprecher Konzepte zu erarbeiten, wie das ins Schlingern geratene Schiff der Bankgesellschaft wieder auf Kurs gebracht werden kann. Da ist doch die Arbeit nicht vorbei. Da muss man doch fragen: Wie kam es zu diesen hohen Risiken? Waren sie unvermeidbar? War die Struktur falsch? War das Management falsch? War die Kontrolle falsch? – Das muss doch analysiert werden. Da hat Herr Kurth eine riesige Aufgabe. Es ist aber nicht nur seine Aufgabe. Das muss der gesamte Senat machen. Herr Diepgen, das müssen Sie insgesamt mit unterstützen. Da können Sie nicht nach dem Motto verfahren: War etwas? – In der CDU-Fraktion scheint eine seltsame Krankheit zu grassieren. Das ist die – –

[Weinschütz (Grüne): Maul- und Klauenseuche!]

Nein, das ist ein Ausdruck von Herrn Lehmann-Brauns. Aber offensichtlich scheint es auch die Wahrnehmungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Das ist nämlich ein Tunnelblick, der sich da entwickelt.

[Zuruf von den Grünen]

Der Regierende Bürgermeister hat neuerdings offensichtlich das System in alter kohlscher Tradition nach dem Motto „Alles aussitzen“. Herr Regierender Bürgermeister, so wird es nicht gehen, dieses Rezept, das Sie offensichtlich haben, kann nicht zum Erfolg führen. Sie sind der Parteivorsitzende. Es wäre gar kein Problem, wenn Sie nicht Parteivorsitzender wären.

[Heiterkeit bei der CDU]

Aber Sie sind Parteivorsitzender der CDU, und es liegt in Ihrer Verantwortung, was mit der Spendenaffäre der CDU passiert ist. Da ist von Ihnen bislang noch nicht eine Aussage gekommen. Die einzige Aussage kam von Ihrem Generalsekretär, der gesagt hat: Der werden wir unseren Ehrenrat fragen, und dann werden

wir einmal gucken, was wir parteimäßig machen können. – Im Grunde genommen hat er deutlich gesagt: Dabei kommt gar nichts heraus. Das Gesamtwerk der handelnden Personen wird gewürdigt, und dann kommt nichts heraus. – Das kann es nicht gewesen sein, Herr Diepgen, Sie sind gefordert, inhaltliche und personelle Konsequenzen zu formulieren und durchzusetzen. Es ist doch ein Skandal, dass Herr Buwitt immer noch Aufsichtsratsmitglied der Berlin-Hyp ist. Es ist es doch eine Frage des Anstands, dass man da von allein zurücktritt.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Und wenn er es nicht tut, dann müssen es andere für ihn tun. Dann müssen Sie mit der Bankgesellschaft reden, wie man das hinbekommt. Aber es ist ein Skandal, dass er dort heute immer noch im Aufsichtsrat sitzt.

Ich sage noch einmal: Herr Diepgen, wir können bei dem Punkt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Sie sind gefordert, hier für Ordnung zu sorgen. Die Zeit wird immer knapper. Sie hatten schon vier Wochen Zeit, und wie man der Presse entnommen hat, hat die CDU schon im Januar von der Spendensache gewusst. Also es war noch mehr Zeit. Wer glaubt, dass er diese Situation aussitzen kann, wer denkt, dass er sich da herumlavieren kann, der wird sich täuschen. Das wird die Öffentlichkeit nicht hinnehmen. Selbst wenn wir es wollten, wird uns die Öffentlichkeit treiben. Das ist auch gut so. Nur so funktionieren Demokratie und Parlamentarismus, aber auch Kontrolle von außen. Deshalb sind wir eine Demokratie, weil es auch Presse und Öffentlichkeit sich nicht gefallen lassen, wenn einige versuchen, etwas zu vertuschen. Sie decken es auf. Dazu sind sie da, und nur so kann Demokratie funktionieren.

Wir werden unseren Part dabei zu spielen haben. Wir werden den Untersuchungsausschuss beantragen, und die SPDFraktion wird sich aktiv an der Aufklärung der Vorkommnisse beteiligen.

[Weinschütz (Grüne): Wird sie auch Konsequenzen ziehen?]

Sonst wird die Arbeit sowohl in dieser Koalition, in dieser Regierung, aber auch in diesem Parlament Schaden leiden. Das möchte ich nicht. Ich fordere Sie noch einmal auf, Herr Diepgen: Sorgen Sie selbst für Ordnung. Es ist Ihre Aufgabe; Herr Landowsky ist dazu nicht mehr in der Lage.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Wowereit! Das Wort hat nunmehr der fraktionslose Kollege Dr. Wruck. Bitte, Herr Dr. Wruck!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Wer Arges tut, scheut das Licht.

[Frau Simon (PDS): Und das Thema!]

Wenn ich mir vor Augen führe, was in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses am 1. Februar und was heute diskutiert wurde, dann wissen wir jetzt, dass zumindest zwei Personen in diesem Parlament am 1. Februar genau wussten, dass in der Angelegenheit, über die wir hier sprechen, eine Parteispende erfolgt ist – eine oder zwei, jedenfalls insgesamt zu 40 000 DM. Das wussten am 1. Februar der Fraktionsvorsitzende der CDU und auch der Regierende Bürgermeister und Landesvorsitzende der CDU. Der Presse kann man entnehmen, spätestens Ende Januar habe auch der Landesvorsitzende von dieser 40 000DM-Spende Kenntnis gehabt. Dennoch ist in diesem Parlament, als am 1. Februar diskutiert wurde, nichts davon gesagt worden. Wenn man der Auffassung ist, dass diese 40 000 DM nichts mit dem Aubis-Kredit zu tun haben, hätte man es doch ruhig sagen können. Warum hat man es dann verschwiegen?

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Und wenn Sie es damals gesagt hätten, hätte man es Ihnen vielleicht abgenommen,

[Nein! von den Grünen]

(A) (C)

(B) (D)

dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Aber die Tatsache, es dem Parlament nicht mitzuteilen, ist eher ein Indiz, das in die Richtung geht, die Herr Wowereit ausgeführt hat.

Auch gegenüber den eigenen Leuten hat man kritisch zu sein, lieber Herr Kollege Lehmann-Brauns. Das war auch immer eine Position von Ihnen, nicht nur immer auf die anderen zu zeigen, was die alles Böses machen – dass die auch Böses machen, wissen wir. Aber dass wir gegenüber den eigenen Leuten besonders kritisch sein müssen, war auch immer unsere Position. Das kam in Ihrem Redebeitrag etwas zu kurz.

[Beifall bei den Grünen]

Alle, die eben genannt wurden, sind alte Parteihasen, die auch schon längere Zeit in diesem Parlament sitzen. Wir haben damals in den 80er Jahren erlebt, wie aus einer Affäre eine Krise wurde, die sogenannte Antes-Affäre, Antes-Krise, eine Krise dann für die CDU. Die Betreffenden wussten genau, wie misslich es war, auch für Herrn Quell zum Beispiel, Parteispenden in bar anzunehmen. Herr Landowsky wusste es ganz genau. Dennoch ist aus diesen Erfahrungen nicht gelernt worden. Man hat die Barspende angenommen, und dann noch ohne Quittung, was ohnehin schon ein seltsamer Vorgang ist. Es ist eigentlich nur in Mafiakreisen so, dass Spenden oder Bargeld ohne Quittung angenommen werden.

[Heiterkeit und Beifall bei den Grünen – Heiterkeit bei der SPD und der PDS – Cramer (Grüne): Der Pate!]

Wenn es in der CDU-Fraktion heißt, Herr Landowsky sei unersetzlich, dann sollten Sie sich überlegen, ob das nicht jede Aufklärung verdunkelt. Ganz abgesehen davon meine ich, dass kein Mensch unersetzlich ist, es sei denn, es ist ein Schiller, Goethe oder Johann Sebastian Bach.

[Heiterkeit bei der PDS und den Grünen]

Aber in diese Kategorie ist Herr Landowsky sicherlich nicht einzuordnen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Wenn sie bitte zum Schluss kommen würden, Herr Kollege Dr. Wruck!

Meine Damen und Herren, zum Schluss ein Satz, auch zu Herrn Landowsky.