Dies ist die Sorge, die mich umtreibt, dass neben der Spendenaffäre hier all die wichtigen Dinge für die stadtpolitische Gestaltung in den Hintergrund geraten. Und wenn die Politik sich nur noch mit Spendenaffären beschäftigen muss, hat sie keine Zeit mehr für Sachpolitik. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Der SPD-Fraktion macht das überhaupt keinen Spaß, wir versuchen auch nicht, parteipolitischen Nutzen daraus zu ziehen,
und alle Koalitionsdebatten sind völlig deplatziert, das sage ich hier ganz deutlich. Es geht hier nicht darum, irgendwelche Koalitionen zu verlassen oder neue Bündnisse zu schmieden,
sondern es geht darum, etwas aufzuklären, was im Interesse der Berliner Bevölkerung aufgeklärt werden muss, sonst nimmt die Demokratie in unserem Land Schaden.
Als wir vor vier Wochen in diesem Haus über die Bankgesellschaft und über die Geschäfte der Berlin-Hyp und über die Aubis-Affäre diskutiert haben, da war von der Spendenaffäre noch gar nichts bekannt. Trotzdem haben wir alle zusammen ernsthaft darüber diskutiert – mit Ausnahme der CDU, die schon damals meinte, es sei gar kein Problem mit der Kreditvergabe an Aubis und mit bestimmten Vorkommnissen bei der Bankgesellschaft. Aber auch schon damals war in der Debatte klar, ohne dass die konkrete Spendenaffäre bekannt geworden ist, dass die inhaltliche Unvereinbarkeit zwischen dem Bankvorstand und dem Fraktionsvorsitz nicht länger geleugnet werden konnte und dass viele dieser Probleme auch damit zusammenhingen.
Insofern, lieber Kollege Landowsky, und das sage ich ganz deutlich, war es keine freiwillige Entscheidung, dass man vom Bankvorstand zurückgetreten ist, sondern es war eine Zwangsläufigkeit und eine Notwendigkeit. Wenn Sie es nicht getan hätten, dann hätte es sicherlich das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen angeregt,
weil es sonst gar nicht mehr zu halten gewesen wäre. Auch im Interesse der Bankgesellschaft war diese Tätigkeit nicht mehr länger tolerierbar.
[Beifall bei der SPD – Müller-Schoenau (Grüne): Es war nie tolerierbar! – Zuruf des Abg. Kittelmann (CDU)]
Auch – und darüber können Sie auch diskutieren, so lange Sie wollen – waren die Aufsichtsmöglichkeiten der Berliner Senatoren gegenüber der Bankgesellschaft durch diese Doppelfunktion natürlich eingeschränkt.
Ich hätte mir überhaupt nicht vorstellen können, dass der Kollege Kurth überhaupt in der Lage gewesen wäre, im Interesse des Landes Berlin die Aufsichtsfunktion wahrzunehmen. Wenn er das versucht hätte, was Herr Wieland da geschildert hat, hätte das, glaube ich, auch Herr Kurth politisch nicht überlebt. Das ist genau die Gefahr, vor der wir gestanden haben.
Und die Enthüllungen um die Barspende haben dann das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Wenn die Sache nicht so ernst wäre – Herr Wolf hat ja schon geschildert, wie es zu dieser Spendenübergabe gekommen ist –, dann liest sich der Bericht des CDU-Mitglieds und Anwalts Heers ja wirklich wie eine schlechte Operette. Man hätte denken können, wir hätten eine Aufführung für das Metropol-Theater, nur amüsieren hätte sich darüber keiner können. Es ist nicht amüsant zu sehen, wie Spenden verteilt werden.
Herr Wolf hat aus den Meldungen von „Kontraste“ zitiert. Eins hat er offensichtlich nicht zitiert. Dann möchte ich das mit Genehmigung des Präsidenten machen. Und wenn solche Vorwürfe kommen, finde ich das nicht mehr amüsant. Herr LehmannBrauns, dann sollten Sie in sich gehen und sich überlegen, ob Sie noch einmal eine solche Rede halten, wie Sie sie vorhin gehalten haben. Da steht in der Presseerklärung:
Nach Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ ging die Initiative für die Barspende der Aubis-Geschäftsführer Klaus Wienhold und Christian Neuling an den Vorstandssprecher der Berlin-Hyp und Fraktionsvorsitzenden der CDU, Klaus-Rüdiger Landowsky, im Jahr 1995 von Landowsky selbst aus.
Ein unmittelbarer Zeuge der Vorgänge um die Barspende in Höhe von 40 000 DM berichtete dem Magazin wörtlich, Landowsky hätte die Spende für die CDU „angeregt“.
Herr Lehmann-Brauns, wenn Sie dann immer noch meinen, dass Sie sich mit der Opposition oder mit der SPD auseinander setzen sollten, dann sind Sie auf dem Holzweg, dass Sie eigentlich nur noch zu bedauern sind.
Sie können erklären, soviel Sie wollen, wie alle hinter dem Fraktionsvorsitzenden stehen, das ist in Ordnung. Ich finde es gut, wenn eine Fraktion hinter dem Fraktionsvorsitzenden steht, aber dann müssen Sie sich selbst in die Verantwortung nehmen lassen.
Dann sind Sie mitschuldig an dem, was hier passiert, und nicht mehr eine Einzelperson. Wenn Sie sich so solidarisieren, dann haben Sie das selber mit zu verantworten.
Und dann ist es in Ordnung, wenn Sie das so sehen. Dann muss auch die CDU insgesamt sehen, was sie damit macht.
Wir haben nach wie vor einen Aufklärungsbedarf. Ich finde es schon verwunderlich, wenn von Seiten der CDU dauernd gesagt wird: Es ist alles aufgeklärt. – Nichts ist aufgeklärt! Was aufgeklärt ist, reicht allerdings schon aus, um Konsequenzen zu ziehen.
Aber mit Verlaub: Sie und wir alle werden uns noch wundern, was im Zuge der Ermittlungen auch beim Untersuchungsausschuss und durch die Recherche von kritischen Journalisten und anderen, auch von Denunzianten – – Herr Lehmann-Brauns, es gab den Verdacht, dass diese Eintrittsspende und die Verrechnung von 5 500 DM in Zehlendorf von Ihnen oder von Ihrem Stellvertreter der Presse mitgeteilt worden ist und nicht von der Opposition oder sonstigen Bösartigen.
Viele der Informationen kommen doch direkt aus der CDU. Sie müssen sich doch nicht vor der Opposition schützen. Sie müssen sich mittlerweile offensichtlich vor Heckenschützen aus der eigenen Reihe schützen, um das einmal deutlich zu machen.
Da wird noch viel Aufklärungsbedarf sein – einmal zum AubisKredit. Die Berichterstattung heute im „Tagesspiegel“ zu der Kreditvergabe und vor allen Dingen auch zu der persönlichen Haftung der beiden Gesellschafter lässt doch aufhorchen. Das ist sogar clever, wenn man schon zwei Leute hat, die keine Erfahrung haben, dass man sie zumindest in die persönliche Haftung nimmt. Im Bericht des „Tagesspiegels“ steht, dass die persönliche Haftung für die beiden zurzeit ausgeschlossen ist, weil die Bankgesellschaft – sprich die Berlin-Hyp – eingegriffen und die beiden gerettet hat.
Ich habe sogar gehört, dass die persönliche Haftung insgesamt für beide ausgeschlossen worden sein soll, und zwar im Jahr 1999. Wer hat denn das mit welchem Interesse gemacht? – Das muss doch erklärt werden. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst,
dass das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen sich diese Fragen nicht gestellt hat und nicht im Bericht behandeln wird. Wir werden auch im Untersuchungsausschuss danach fragen.
Natürlich muss auch beantwortet werden – das ist mittlerweile schon fast bewiesen –: Dieselben Geschäftsführer haben für dasselbe Kreditgeschäft bei der Landesbank einen Kreditantrag gestellt, und dieser ist dort aus guten Gründen abgelehnt worden. Auch bei anderen Privatbanken ist man vorstellig geworden; es ist abgelehnt worden.
Die Berichterstattung der Wohnungsbaugesellschaft Köpenick haben wir auch lesen können; es ist dort eine Zusammenarbeit abgelehnt worden. Und es gibt offensichtlich den Vermerk, wo die Hyp selber geprüft hat, und die fachkundigen Mitarbeiter haben einen Vermerk gemacht, dass man dieses Geschäft nicht machen kann. Dies alles muss erklärt werden. Wenn dazu noch eine Spende kommt, dann muss man sich auch nicht wundern, dass zumindest in der Öffentlichkeit ein sehr merkwürdiger Eindruck entsteht.
Natürlich muss auch der GEHAG-Fonds der Landesbank aufgeklärt werden. Das ist doch kein Kavaliersdelikt, was da gemacht wird. Irgendwo denkt man: Na gut, manche Leute sind eben cleverer als man selber, und andere mit hohen Einkommen haben gute Möglichkeiten. – Aber ich sage: Hier ist doch ein Schaden für das Land Berlin und für die Berlinerinnen und Berliner entstanden. Da wird innerhalb kürzester Zeit exklusiv vergeben. Von kurz vor Weihnachten bis zum 31. Dezember werden liquide Menschen aus Bankvorständen angerufen, die dort mit einem Versprechen einer 200-prozentigen Steuerabschreibung einen Fonds zeichnen können – ohne jedes Risiko. Das sei den Externen noch gegönnt. Wenn aber die Manager der Bankgesellschaft selber mitzeichnen, dann muss man sich doch fragen: Gibt es in der Bankgesellschaft eigentlich keinen Ehrenkodex, oder sind sich die Herren Buwitt, Landowsky und andere nicht zu schade, so etwas mitzumachen?
Und wenn man dann noch hört, dass das marode Gebäude der GEHAG zwischenzeitlich durch Hilfsaktionen der Bankgesellschaft gestützt wird, dass vielleicht auch noch für Mitarbeiter Belegungsrechte erworben werden, um diesem Fonds zu helfen, dann muss man doch sagen: Es stinkt nicht nur zum Himmel, sondern noch weiter darüber hinaus.
Diese Fragen müssen beantwortet werden. Da kann ich nicht verstehen, dass die größte Fraktion hier sagt: Es ist alles klar, es ist alles aufgeklärt. Wir haben überhaupt gar nichts mehr. – Das sind hier Sachwaltungen im Interesse der Berlinerinnen und Berliner, die wir alle zu erfüllen haben, nicht nur Opposition, nicht nur SPD, auch die CDU-Fraktion. Dazu fordere ich Sie ganz deutlich auf.