Protocol of the Session on February 1, 2001

Danke, Herr Regierender Bürgermeister! Nun kommen wir zu dem nächsten Fragenblock. Frau Abgeordnete Schaub stellt eine Frage zur

Gesundheitsgefährdung in Berliner Bädern

Bitte schön, Frau Kollegin Schaub!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste! Ich frage den Senat: 1. Welchen Handlungsbedarf sieht der Senat nach dem verstärkten Auftreten von Krankheitserregern in den Berliner Bädern, und was ist konkret in den nächsten Tagen und Wochen vorgesehen, damit das Baden und Schwimmen in allen Berliner Bädern wieder ohne Bedenken möglich ist? 2. Welchen Zusammenhang sieht der Senat zwischen dem gegenwärtig verstärkten Auftreten von Krankheitserregern in Berliner Bädern und deren hohem Sanierungsbedarf, und was gedenkt der Senat diesbezüglich zu unternehmen? Ist mit weiteren Bäderschließungen zu rechnen?

Danke schön, Frau Schaub! – Ihnen folgt der Kollege Volk von der Fraktion der Grünen mit einer Frage über

Legionellen in den Berliner Bädern, Gefahr für die Bevölkerung

Bitte schön, Herr Kollege Volk!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat Folgendes: 1. Welche gesundheitlichen Risiken gehen grundsätzlich von Legionellen-Erregern für die Besucher von Schwimmbädern aus, und wie können diese Risiken zukünftig ausgeschlossen werden? 2. Seit wann ist dem Senat bekannt, dass in verschiedenen Berliner Bädern die Legionellen-Erreger auftreten, und was wurde seitens der Berliner Bäderbetriebe zum Schutze der Bevölkerung dagegen unternommen?

Daran schließt sich Frau Kollegein Herrmann an mit einer Anfrage über

Pressemeldungen über verstärktes Auftreten von Legionellen-Bakterien in öffentlichen Schwimmbädern

Bitte schön, Frau Herrmann!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wo und in welchem Umfang ist in öffentlichen Schwimmbädern, Lehr- und Sportschwimmhallen oder ggf. anderweitigen öffentlichen Einrichtungen ein verstärktes Auftreten von Legionellen-Bakterien festgestellt worden, und welche gesundheitlichen Gefahren ergeben sich daraus für die Bevölkerung?

2. Worin liegen die Ursachen für die festgestellten erhöhten Legionellen-Belastungen, und was hat der Senat seit den ersten, bereits im vergangenen November aufgetretenen Fällen unternommen, um jetzt und zukünftig derartige Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden?

Danke schön! – Das Wort zur Beantwortung durch den Senat hat nunmehr die Frau Senatorin Schöttler, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Volk! Frau Schaub! Frau Herrmann! Meine Damen und Herren! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Fragen wie folgt. – Herr Präsident, ich will mich vorher schon dafür entschuldigen, dass ich etwas länger brauchen werde, weil es drei Fragen sind, die man nicht so in einem Rutsch und sehr kurz beantworten kann.

Frau Senatorin, es bedarf keiner Entschuldigung, denn erstens haben Sie das verfassungsmäßige Recht und zweitens ist natürlich die Beantwortung immer etwas länger, wenn es drei Fragen mal zwei, nämlich sechs sind.

Vielen Dank! Ich werde so ungern am Ende gerügt. –

[Frau Birghan (CDU): Au weia!]

Ich beantworte im Namen des Senats Ihre Fragen wie folgt:

Seit Januar 1997 ist Legionellose meldepflichtig in Berlin. Im Jahr 2000 wurden von den Gesundheitsämtern 30 Erkrankungen gemeldet. In der Mehrzahl der Fälle ist der Ansteckungsort nicht nachvollziehbar, und man kann also die Ursache der Ansteckung nicht ermitteln. In allen Fällen waren Personen im Alter über 40 Jahre betroffen. Grundsätzlich können eingeatmete Legionellen insbesondere bei Menschen über 65 Jahren und solche mit Störungen des Immunsystems eine Lungenentzündung verursachen. Schwere Krankheitsverläufe bis hin zu Todesfällen beschränken sich – soweit dies uns bekannt ist – auf ältere und geschwächte Personen. Gesunde Menschen erkranken hingegen in der Regel gar nicht daran, oder es kommt in ganz seltenen Fällen zu weniger schweren Krankheitsverläufen. Bei Kindern und Jugendlichen ist eine Legionellose nur in ganz extremen Ausnahmefällen zu befürchten.

Grundsätzlich ist eine Ansteckungsmöglichkeit in Hallenbädern im Bereich von Warmwasserduschen gegeben. Die Ansteckung erfolgt durch Einatmung von Aerosolen, die in der Luft von Warmwasserbereichen verteilt sein können. Die Legionellen kommen grundsätzlich nahezu in allen wässrigen Umweltmedien vor, also in Wasser. In kaltem Wasser können sich Legionellen kaum vermehren. In ruhenden Wasserzonen findet eine langsame, aber stetige Vermehrung bei Temperaturen zwischen 30h und 50h statt. Anzutreffen sind höhere Konzentrationen gelegentlich in Duschanlagen und im Badewasser. Aber – wie gesagt – durch Trinken von Badewasser ist keine Ansteckung möglich, sondern nur über die Einatmung. Nach dem bisherigen Stand der Kenntnisse ist eine Infektion jedoch praktisch auszuschließen, wenn der Betreiber die technischen Anforderungen im Bereich der Warmwasserversorgung einhält.

Zu der Frage nach dem Zeitpunkt: Wir hatten den ersten Legionellenfall im vergangenen Jahr. Die Berliner Bäder-Betriebe bzw. das von ihnen beauftragte Untersuchungsinstitut, der Berliner Betrieb für zentrale gesundheitliche Aufgaben, hat der

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Frau Sen Schöttler

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen am 25. Januar mitgeteilt, dass in mehreren Warmwasserleitungssystemen von Hallenbädern Legionellen aufgetreten sind. Daraufhin hat meine Verwaltung im Interesse des vorbeugenden Gesundheitsschutzes die für diese Aufgaben zuständigen bezirklichen Gesundheitsämter, die Berliner Bäder-Betriebe sowie das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit und den Berliner Betrieb für zentrale gesundheitliche Aufgaben zu einem Gespräch eingeladen. Wir haben dieses Gespräch moderiert. Ziel ist es, ein abgestimmtes Vorgehen in allen Bädern sicherzustellen.

Laut Auskünften der Berliner Bäder-Betriebe liegen aus den bisher 20 untersuchten Berliner Hallenbädern derzeit aus 7 Duschbereichen dieser Bäder positive Legionellenbefunde vor. Es handelt sich hierbei um die Hallenbäder Sachsendamm, das Paracelsus-Bad, das Hallenbad im Märkischen Viertel, das Hallenbad in der Bergstraße, das in der Mecklenburgischen Straße und das Bad in der Ganghoferstraße sowie das Bad in der Gerichtsstraße. Da sind sofort Maßnahmen ergriffen worden. Nach Angaben der Berliner Bäder-Betriebe sind in den verbleibenden 25 öffentlichen Berliner Hallenbädern Untersuchungen auf Legionellen in Auftrag gegeben worden. Die Bäderbetriebe gehen davon aus, dass die Probeentnahmen bis Mitte nächster Woche abgeschlossen werden können.

Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen – nach Auskunft der Berliner Bäder-Betriebe –, entsprechend den finanziellen Möglichkeiten, in diversen Bädern ergriffen worden: An betrieblichen Maßnahmen findet eine regelmäßige Durchführung der thermischen Desinfektion statt. Das bedeutet, dass Legionellen bei Temperaturen über 60h abgetötet werden. Regelmäßige Reinigungen der Duschköpfe sind selbstverständlich, Sicherstellung der Durchströmung schwach frequentierter Leitungsstrecken, damit sich da die Legionellen nicht ausbreiten können, und regelmäßige Wartung und Reinigung der Warmwasserspeicher. An baulichen Maßnahmen sind Stilllegungen und Demontagen nichtgenutzter Rohrleitungsbereiche und Warmwasserspeicher vorzunehmen. – Ich stelle fest, dass diese technischen Details hier nicht sehr interessieren, aber Frau Herrmann bzw. Frau Schaub wollten dies erfahren, deshalb trage ich sie auch weiter vor. –

[Doering (PDS): Das sind ja schon zwei Interessenten!

Die Sanierung der Warmwasserbereitungsanlage gemäß den Richtlinien des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachleute – wie zum Beispiel Einbau einer automatischen thermischen Desinfektionsmöglichkeit –, der Einbau von Zirkulationsleitungen, die Isolierung aller Kalt- und Warmwasserzuleitungen und die Installation eines bedarfsgerechten Ladespeichersystems, die Erneuerung von Rohrleitungssystemen und der Armaturen und – bei Bedarf – der Einbau einer elektrolytischen Desinfektion bzw. und/oder einer UV-Desinfektion sind weitere mögliche bauliche und technische Maßnahmen.

Nach Auskunft der Berliner Bäder-Betriebe haben die Bäder einen hohen Sanierungsbedarf. Ein Teil der Sanierungsmittel muss für die Erneuerung der Modernisierung der Brauchwasserund Beckenwasseranlage ausgegeben werden. Mit diesen Maßnahmen ist eine größere Sicherheit gegenüber einem Legionellenbefall erreicht worden. In den letzten Jahren sind 2,1 Millionen DM für die Erneuerung der Brauchwasseranlagen und Duschen eingesetzt worden. Darin enthalten waren auch Maßnahmen zur Legionellenprophylaxe.

Auch für das Jahr 2001 sind für spezielle Maßnahmen zur Legionellenbekämpfung Ausgaben in Höhe von 0,5 Millionen DM vorgesehen. Erste Schätzungen lassen allerdings befürchten, dass zur kurzfristigen Beseitigung der anlagentechnischen Mängel bis zu 3 Millionen DM benötigt werden.

Auf Grund der unverzüglich durchgeführten und zuvor genannten Maßnahmen der Berliner Bäder-Betriebe und der Auflagen der zuständigen Gesundheitsämter ist davon auszugehen, dass ein weitgehender vorbeugender Gesundheitsschutz

erreicht wird. Ob weitere Bäder geschlossen werden müssen, kann erst beantwortet werden, wenn die Untersuchungsergebnisse vorgelegt werden. Die von meiner Verwaltung moderierte und eingesetzte Arbeitsgruppe aus den verschiedenen zuständigen Experten wird kurzfristig weitere praxisorientierte Vorschläge für einen einheitlichen Handlungsablauf bei Auftreten von Legionellen erarbeiten. Ich glaube, dass gesundheitliche Gefährdungen dringend vermieden werden müssen und wir alles dazu tun müssen, um gesundheitliche Vorbeugung zu betreiben.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt kommt die erste Nachfrage von Kollegin Schaub, wenn sie möchte. – Bitte sehr!

Das war sehr allgemein und nach dem Motto: „Ein gesunder Mensch übersteht jedes Schwimmbad.“ – Ein bisschen genauer wollte ich es schon wissen und muss deshalb noch einmal nachfragen. Ich habe es so verstanden, Frau Senatorin, dass es offensichtlich kein Richtwertesystem gibt, das einerseits für die Bäderbetriebe Handlungsgrundlage ist, aber andererseits auch Auskunft über regelmäßige Testergebnisse gibt, egal, ob positiv oder negativ, die an die Gesundheitsämter gehen. Welche verbindlichen Regelungen wird der Senat erlassen, um zum einen die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zum anderen den Bäderbetrieben Rechtssicherheit in dieser komplizierten Situation zu geben?

Frau Senatorin!

Ich bestätige, Frau Abgeordnete Schaub, dass es keine gesetzliche Grundlage bisher gibt. Es ist eine Verordnung des Bundes vorgesehen, in der erstmals bundeseinheitliche Qualitätsstandards festgelegt und Grenzwerte beschrieben werden sollen. Der Senat unterstützt dieses Vorhaben der Bundesregierung nachdrücklich. Wir gehen davon aus – das ist wohl der beste Schutz –, dass in dem Moment, wenn Legionellen – in welcher Konzentration auch immer – auftreten, Maßnahmen ergriffen werden müssen und die entsprechende Anlage bis zur Durchführung der Maßnahmen stillgelegt werden muss. Ich glaube, damit ist der sicherste Schutz für die Bevölkerung gewährleistet. Bisher ist vorgeschrieben, zweimal jährlich zu kontrollieren. Die Gesundheitsämter – sie sind die zuständigen Behörden – werden gemeinsam mit den Bäderbetrieben in dieser Arbeitsgruppe erarbeiten, wie man diese Kontrolldichte verstärken kann. Das betrifft im übrigen nicht nur die öffentlichen Bäder – aber unsere Position ist klar: Sobald Legionellen in den Proben erkannt werden, werden sofort Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.

Frau Kollegin Schaub, eine weitere Nachfrage – bitte!

Meine zweite Frage, Frau Senatorin, ist eher auf die Institution, die mit den Kontrolluntersuchungen befasst ist, gerichtet: Welche personellen und finanziellen Konsequenzen wird der Senat ziehen, um die Institutionen, die mit den Probeentnahmen und Kontrolluntersuchungen befasst sind und die in jüngster Zeit auch aus anderen Gründen – BSE, Arzneimittelbefunde in Schweinefleisch usw. – sehr hohe zusätzliche Leistungen zu erbringen haben, weiter arbeits- und handlungsfähig zu erhalten?

Frau Senatorin Schöttler!

Die Probeentnahmen obliegen den Bäderbetrieben. Die Untersuchungen werden nicht durch personelle Engpässe gefährdet sein. Alles, was bei uns in dem Berliner Betrieb – beim BBGes – ankommt, wird auch zeitnah untersucht; dieses ist auch personell sichergestellt.

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Herr Abgeordneter Volk, eine Nachfrage – bitte schön!

Herr Präsident! Frau Senatorin! Sie haben bei Ihrer Ausführung unter anderem gesagt, es hätte eine Anzeigepflicht gegeben. Da stellt sich für mich die Frage, wie in der zurückliegenden Zeit mit dem Problem umgegangen wurde. Ich frage Sie: Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht die Aussage Ihres Kollegen Herrn Böger, der als Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Bäderbetriebe hier im Parlament am 30. November zum Legionellenbefall, zum Umgang damit und zur Öffentlichkeitsarbeit der BBB (Bäderbetriebe) befragt wurde und folgendes sagte:

Aber selbstverständlich bin ich nicht in der Lage und auch nicht haftbar und verantwortlich dafür zu machen, dass die Bäderbetriebe an den einzelnen Standorten ihren gesetzlichen oder sonstigen Vorschriften nachkommen, die Wasserqualität überprüfen und eventuell problematische Verunreinigungen feststellen.

Dies steht doch – nach meinem Dafürhalten – im Widerspruch, wenn es – wie Sie sagten – eine Anzeigepflicht gibt, die dann bei den Berliner Bäderbetrieben liegt.

Frau Senatorin Schöttler!

Herr Abgeordneter Volk, ich habe gesagt, dass die Erkrankung „Legionellose“ anzeigepflichtig ist. Ich habe auch gesagt, dass es 30 Erkrankungen im Jahr 2000 gab. Seit 1997 ist die Erkrankung anzeigepflichtig. Ich habe in meiner Antwort auch gesagt, dass bei fast allen Erkrankten seit 1997 die Ursache der Anstekkung nicht ausmachbar war. Man konnte also nicht feststellen, wo sich der Erkrankte angesteckt hat.