Protocol of the Session on November 30, 2000

Wir werden in dieser unseligen Diskussion auch die SPD genau beobachten, ob sie standhält oder umfällt. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, haben nächstes Frühjahr Ihren Bildungsparteitag. Ich befürchte das Schlimmste. Wir ermahnen Sie: Halten Sie Ihre Versprechungen, bleiben Sie Ihrem Programm treu, keine Studiengebühren!

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Frau Grütters, Ihre Idee mit der Stiftungsuniversität im Sommer war eine ziemliche Nebelkerze. In Wahrheit war das der Versuch einer Privatisierung, die staatlich bezahlt werden sollte. Die Idee war auch deswegen etwas spinnert, weil das in Berlin sowieso nicht zu bezahlen ist. Da sind sich alle Expertinnen und Experten einig. Sie haben damit versucht, das durchzusetzen, was Sie bei den öffentlichen Hochschulen über das Berliner Hochschulgesetz nicht durchsetzen können, eben diese Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen, Studiengebühren und anderes mehr zur Eliteuni.

[Zuruf der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Wie schon ausgeführt, so kommen wir nicht weiter in der Wissenschaft, das ist nicht der richtige Weg.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Hoff (PDS) – Zuruf der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Wenn unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Zukunft irgendwann einmal studiert haben, dann werden sie auch promovieren. In Deutschland geht zurzeit die Zahl der Doktorarbeiten wie auch die Zahl der Promovierenden zurück. In manchen Fächern wird schon vor einem Nachwuchsmangel gewarnt. An den Berliner Hochschulen wurden die Nachwuchsstellen im Mittelbau in den letzten Jahren erheblich abgebaut, denn die Hochschulen wurden zum Sparen gezwungen. Befristete Stellen, wie es die Nachwuchsstellen nun einmal sind, trifft das immer besonders, da hier die Fluktuation und daher überhaupt die Möglichkeit zum Abbau besonders groß ist. Hier hätte man durch Ausweitung der Stipendien für den wissenschaftlichen Nachwuchs entgegenwirken können. Aber nicht nur, dass dies nicht geschehen ist, im Frühjahr dieses Jahres bei der Verabschiedung des Haushalts wollte der Senat die NaFöG-Mittel gar um eine halbe Million DM kürzen. Dieser Plan konnte zwar in den parlamentarischen Beratungen in letzter Minute gestoppt werden, er zeigt aber, was die wissenschaftliche Nachwuchsförderung für den Senat ist – ein Steinbruch für die Haushaltssanierung. Das hat nichts mit Zukunft Wissenschaft zu tun. Herr Stölzl, wir hoffen, dass Sie sich im Senat durchsetzungsfähig zeigen, verbessern Sie die Lage für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Berlin!

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Schuster (SPD)]

Wenn unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Zukunft irgendwann einmal eine feste Stelle haben, dann brauchen sie auch eine vernünftige Ausstattung. In Berlin gibt es eine neue Ausstattung heute praktisch nur noch bei Berufungen. Wenn die Wissenschaftler eine Weile arbeiten, sind die Geräte veraltet. So kann es in Zukunft nicht weitergehen. Noch schlimmer sieht es in Berlin bei den Hochschulbauten, bei den Investitionen aus. Vor vier Tagen hat die „Berliner Morgenpost“ getitelt: „Nur in Sonntagsreden spielt die Wissenschaftsstadt Berlin eine Rolle“. In der Tat ist es so, dass dem frommen Wunsch, Berlin zur Wissenschaftsstadt zu machen, bei Finanzabstimmungen im Hauptausschuss nicht Rechnung getragen wird. Dort herrscht offensichtlich die Auffassung vor, seit Einführung der Hochschul

verträge seien die Probleme gedeckelt. Aber nein, durch die Hochschulverträge wurden nur die Finanzen gedeckelt. In Berlin werden Wissenschaftlern immer wieder Versprechungen gemacht, an die sich dann niemand mehr erinnern kann.

Hierzu einige Beispiele: Für den Wissenschaftsstandort Adlershof wurde erst eine Beschleunigungsplanung verkündet, deren Umsetzung dann aber immer wieder hinausgeschoben wurde. Die ersten aus Mitte nach Adlershof Umgezogenen sitzen jetzt dort wie zwischen Baum und Borke. Die Sanierung des Bettenhochhauses Charite´ wurde versprochen und nicht zu Ende geführt. Die Konzentration der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft wurde seit Jahren versprochen und vom Wissenschaftsrat angemahnt. Es gibt Hearings und Kommissionen, aber keine Entscheidungen. Krasses Beispiel ist die Kunsthochschule Weißensee: Es gab neue Berufungen; die Raumnot ist jedoch unerträglich. Das Flächendefizit beträgt ein Drittel. Es gibt keinen Hörsaal. Prüfungen finden auf dem Gang statt. Im Textilbereich können die Webstühle immer nur nach Möbelrükken genutzt werden. Die Studierenden müssen immer außen herumlaufen. Es ist ein reines Glück, dass nicht ständig jemand stolpert und sich etwas bricht. Ich könnte die Liste weiterführen.

Wissenschaftspolitik in Berlin ist vor allem eine Politik der nicht eingehaltenen Versprechungen. Herr Stölzl redet immer nur von der „auskömmlichen Armut“. Aber so wird Zukunft zur Vergangenheit, bevor sie überhaupt begonnen hat. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen nicht nur Planungssicherheit, sondern auch Umsetzungssicherheit. Dafür brauchen sie einen starken Wissenschaftssenator und einen Senat, für den Wissenschaft nicht nur in Sonntagsreden eine Rolle spielt. Bisher haben wir beides nicht. Für die Zukunft der Wissenschaft bleibt nur die Hoffnung auf eine baldige Änderung. So wie bisher kann es jedenfalls nicht weitergehen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Liebich (PDS)]

Nun hat Senator Stölzl das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile die Abneigung mancher Redner gegen den Begriff Sonntag nicht, denn Sonntagsstimmung bedeutet, Augenmaß für Plus und Minus zu bewahren und nicht exzentrisch Kritik zu verteilen. Das soll mir recht sein.

In seiner Denkschrift vom 24. Juli 1809 nennt Wilhelm von Humboldt neben vielen innerwissenschaftlichen Motiven für seinen Vorschlag zur Gründung der heute nach ihm benannten Universität auch einen politischen Grund. Humboldt hat gesagt:

Wir wollen von der Seite der Wissenschaft her den ersten Rang in Deutschland behaupten und auf seine intellektuelle und moralische Richtung den entschiedensten Einfluss ausüben.

Der Satz – vor 200 Jahren geschrieben – ist heute so gültig wie damals. Auch engagierte Föderalisten können nichts dagegen haben, dass Berlin im fairen Wettkampf um die Spitzenpositionen in der deutschen Wissenschaftslandschaft ringt.

Berlin ist heute nicht nur wieder ganz selbstverständlich symbolischer Ort der deutschen Demokratie und global City der Künste. Berlin ist vor allem – das ist der Ist-Zustand und kein künftig gewünschter – eine Stadt der Wissenschaft. Mit 85 000 Studienplätzen, auf denen 130 000 Studierende immatrikuliert sind, bietet Berlin weit über den Normalschlüssel seiner Einwohnerzahl hinaus Studienplätze für junge Menschen aus aller Welt. Mit seinen drei Universitäten, den Fachhochschulen und künstlerischen Hochschulen sowie mehr als 100 außeruniversitären öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen ist Berlin ein Herzland der Forschung. Modern würde man es „Cluster“ nennen. Es ist deswegen ein Cluster, ein Knäuel, ein enger Forschungsverbund, weil die universitären Forschungsinstitute mit den Hochschulen vielfach über gemeinsame Berufun

gen verbunden sind. Das ist auf gutem Weg und geht trotz heftiger Konkurrenz zahlungsfähigerer Bundesländer weiter. Dafür steht beispielsweise die Ansiedlung des DLR-Forschungszentrums in Adlershof, die im vergangenen Jahr begonnen hat und deren Finanzierung kürzlich trotz extremer Haushaltsschwierigkeiten sichergestellt werden konnte. Dies steht exemplarisch. Man könnte mit dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte fortfahren.

Berlin hat auf Grund seiner extraordinären finanziellen Situation den Hochschulen seit 1993 eine – euphemistisch formuliert – „Schlankheitskur“ verordnen müssen. Sie hat dazu geführt, dass die bis zur Wende in beiden Teilen der Stadt demonstrativ auskömmlich finanzierten Forschungseinrichtungen auf ein Maß reduziert wurden, das heute dem der Flächenländer in Norddeutschland entspricht. Das ist nicht unser Ideal, aber von Idealen soll erst am Schluss meiner Rede die Rede sein.

Not lehrt heutzutage vielleicht nicht mehr Beten, aber Rechnen ganz gewiss. Not war die Herausforderung, die die Berliner Hochschulpolitik produktiv und phantasievoll beantwortet hat. Parallel zum drastischen Sparen wurde mit den Hochschulverträgen ein zukunftsweisendes Modell von mittelfristiger Planungssicherheit geschaffen. Darauf kann Berlin stolz sein. Bei aller Kritik im Einzelnen ist das als führend in Deutschland anerkannt worden. Die anderen machen uns das schon nach.

[Beifall des Abg. Molter (CDU)]

Die Erprobungsklausel wurde in den Hochschulen als großer Freiraum für eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Strukturen von Forschung und Lehre sowie ihrer Organisation aufgenommen. Dieser Freiraum ist genutzt worden. Die Experimentierphasen, die bis Ende 2004 laufen, zeigen gute Ansätze zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Sie haben diskussionsfähige Bausteine für ein künftiges schlankeres Hochschulgesetz gebracht. An die Adresse des Koalitionspartners: Man gibt von Zeit zu Zeit Einblick in den Stand der Überlegungen. Man verständigt sich, nicht sofort untergehakt an die Öffentlichkeit zu treten, sondern man informiert sich über bestimmte Aussagen. Das ist kein Misstrauen. Von allen, die sich als Koalition verstehen, wird das als Teil eines dialektischen Prozesses gewertet. Ich freue mich, dass dies heute so aufgenommen wurde, obwohl der heutige Tagesordnungspunkt nicht unbedingt ein künftiges Hochschulgesetz gemeint hat.

Berliner Hochschulen sind leistungsfähig. Das ist keine Sonntagsbehauptung, sondern nachrechenbar. Die Drittmittelbilanz der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Jahre 1996 bis 1998 belegt: Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Berlin haben insgesamt rund 550 Millionen DM eingeworben. Das ist mehr als in allen anderen Wissenschaftsregionen in Deutschland. Für jede in den gemeinsamen Forschungsförderungstopf des Bundes und der Länder eingezahlte Berliner Mark haben Hochschulen und Forschungseinrichtungen diese und weitere 3,50 bis 4 DM nach Berlin zurückgeholt. Drei Viertel der Ausgaben der DFG sind Personalausgaben. Hier wurde vorhin angemahnt, dass etwas für den Nachwuchs geschehen müsse. Hier geschieht es.

Wissenschaft schafft Arbeitsplätze – unmittelbar und erst recht mittelbar. Das kann man besonders gut am engen Schulterschluss der Fachhochschulen mit der Industrie ablesen. Es gibt eine Vielzahl von Kooperationen. Zusätzliche Studienplätze werden durch Stiftungsprofessuren finanziert, und Computerlabors kommen durch die Industrie hinzu. Das ist auf einem guten Weg. Es würde sich lohnen, dazu im Parlament ausführlich zu berichten.

Die künstlerischen Hochschulen sind attraktive Karrierestartplätze für junge Künstler, deren Motive nach Berlin zu kommen, ganz sicher nicht zuletzt darin liegen, dass die ganze Stadt wie ein riesiges Kunstlabor wirkt. Dass Berlin sich in der Konkurrenz sehen lassen kann, geht daraus hervor, dass hervorragende Musiker und bildende Künstler in den letzten Jahren für die Hochschulen – und in Zukunft auch Universitäten – der Künste gewonnen werden konnten. Wir alle bedauern, dass beispielsweise in der Kunsthochschule Weißensee und in der Hoch

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Sen Dr. Stölzl

schule für Schauspielkunst Ernst Busch seit der Wende finanzielle und bauliche Probleme existieren, die mit dem Blick auf die Finanzlage der Stadt leider nicht sofort zu lösen sind. Insgesamt – wenn wir fair sind – ergibt sich ein Bild des Aufbruchs – vor allem ins Interdisziplinäre des Medienzeitalters: Die Aktivitäten der Hochschule der Künste im Bereich neuer Medien und die Einrichtung des Studiengangs Electronic Business werden von der Wirtschaft nicht nur geschätzt, sondern auch erheblich finanziell gefördert, und sie haben exemplarische, symbolische Bedeutung. Dies wird weitergehen.

Der Wissenschaftsrat hat im Mai dieses Jahres seine Empfehlungen zu den Strukturplanungen der Berliner Hochschulen vorgelegt. Ich habe zur Umsetzung der Empfehlungen Expertengruppen für die Fächer Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre an den Fachhochschulen, Psychologie, Erziehungswissenschaften und Lehrerbildung – als Replik auf die Kritik hervorgehoben – sowie Area-Studies berufen. Für alle Kommissionen ist es uns gelungen, exzellente Wissenschaftler und Wissenschaftsmanager als Mitglieder zu gewinnen. Das ist auch ein Zeugnis dafür, wie interessant Berlin für die Community der Universitäten anderswo ist. Die Kommissionen sind fleißig am Werk. Dass dieses still vonstatten geht, liegt daran, dass Reformdiskussionen im Kulturbereich naturgemäß emotionaler, lauter und heftiger stattfinden als diejenigen, die in der Wissenschaft mit kühlem Mut vorgenommen werden. Die Empfehlungen dieser Expertengruppen erwarten wir für das Ende des Wintersemesters und für die Areas-Studies bis Mitte nächsten Jahres. Wenn die Gutachten vorliegen, werden wir sie auch in die Konzepte der Fachhochschulen einbeziehen.

Hochschulen sind auch Wirtschaftsfaktoren. Schon der vorhin als Kapazität – wie immer – unvermeidlich zitierte Wilhelm von Humboldt hat darauf hingewiesen, dass „das auf die Universität verwendete Geld sämtlich wieder im Land verzehrt wird.“ Rund 40 % der Berliner Studierenden kommt von außerhalb. Das ist ein Zeichen für den Magnetismus der Hochschulen Berlins und der Metropole Berlin. Verzeihen Sie bitte die Banalität des folgenden Vergleichs, der aber umso wichtiger ist: Wenn man die Lebenshaltungskosten mit 15 000 DM pro Jahr veranschlagt, so ergeben sich bei rund 50 000 von außerhalb kommenden Studierenden konsumtive Ausgaben in Berlin in Höhe von 750 Millionen DM pro Jahr. Wir reden sehr viel über die „Umwegrentabilität“ von Messeanlagen, von Kunst und Kultur. Wir sollten auch einmal für die unmittelbaren positiven Wirtschaftsfolgen dieser großen Forschungs- und Studienlandschaft Berlin sprechen.

Wer historisch denkt, dem fallen Parallelen immer auf. Zu nennen sind hierbei die große Universitäts- und Bildungsreform in einer „Krise“ Preußens um 1800 und der Anstoß zu diesem Ruck nach vorn in der großen positiven erfreulichen „Krise“ der Wiedervereinigung nach 1990. Der Sinn war, den Rückgang der industriellen Kapazität in Berlin und Brandenburg wenigstens teilweise durch Forschung zu kompensieren, um den Strukturwandel in Stadt und Region zu unterstützen. Der institutionelle Aufbau ist gelungen. Das geht daraus hervor, dass die Evaluierung der Forschungseinrichtungen durch den Wissenschaftsrat grosso modo sehr positiv ausgefallen ist und wir in vielen Teilen Spitzenpositionen belegen. Berlin und Brandenburg sind vor allem stark in den zentralen zukunftsorientierten Forschungsschwerpunkten. Der „Flächenbrand“ an öffentlichem Interesse bei Biotechnologie, Biomedizin und Genomforschung zeigt, dass die Stadt tatsächlich auf die richtige Farbe gesetzt hat.

Die bereits genutzten Erprobungsklauseln und die Vereinbarung der den Senat tragenden Parteien, das Berliner Hochschulgesetz zu novellieren, werden zu einer stärkeren Zurechenbarkeit von Verantwortung in den Hochschulen führen. Auch Hochschulen müssen Rechenschaft ablegen über das, was sie mit des Steuerzahlers Geld getan haben. Wir befinden uns mit den Hochschulen in konkreten Verhandlungen über eine stärkere leistungsorientierte Verteilung der Landesmittel auf die Hochschulen. Dies soll möglichst rasch eingeführt, auf jeden Fall aber Bestandteil der neuen Hochschulverträge ab 2003 werden.

Im Gang ist auch die Umgestaltung der Studiengänge in ein gestuften Studiengangsystem mit den internationalen Abschlüssen Bakkalaureus/Bachelor und Magister/Master. Ich bin mit Ihnen auch der Meinung, dass diese Reformen der Studiengänge, der Curricula natürlich das Hauptmittel sein müssen, um Studien schneller abschließen zu können. Alles, was man über Incentives, Gebühren oder Studiendeputate diskutiert, kann nur Hilfsmittel sein, Bausteine in einer großen Lösung ist. Ganz sicher kann niemand glücklich sein, wenn Studiengänge so lange dauern, wie sie zum Teil heute dauern. Berlin nimmt leider hierbei eine traurige Spitzenstellung ein.

Wir haben festgelegt, dass sich alle neugestuften Studiengänge zur Qualitätssicherung der Akkreditierung auch international unterziehen müssen. Wir erwarten bei dem Stichwort Internationalität – das habe ich deutlich gesagt – von den Hochschulen vor allem eines, dass sie die englischsprachigen Studiengänge massiv und drastisch ausweiten. Der internationale Bildungsmarkt sagt eindeutig, dass Deutschland an diesem großen Fluss der Talente nur teilnehmen kann, wenn es sich in Studiengängen, in der Lehre und auch in den Prüfungsordnungen tatsächlich für ein internationales Studium öffnet, das hier zu Normalität werden muss.

[Beifall des Abg. Brauner (CDU) und des Abg. Berger (Grüne)]

Hochschulen und Forschungseinrichtungen, aber auch die Politik – hier sind wir alle quer durch die Parteien gefordert – müssen die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung in der Gesellschaft wesentlich deutlicher machen. Sonntagsreden sind es nicht allein. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind. Denken Sie an die künftige „Lange Nacht der Wissenschaft“, sehen Sie „Wissenschaft im Dialog“ und die Anstrengungen auch einzelner Institute, sich zu öffnen und zu verdeutlichen, dass hier etwas geschieht, das nicht einem Leben im Elfenbeinturm gleicht, sondern Wirklichkeit und Zukunft von uns allen betrifft. Es geht uns alle an. Wir sollten auf diesem Weg weitermachen und uns nicht versagen, auch noch mehr Geld oder – wenn schon ohne Geld – zumindest unsere „öffentlichen Meinungen“ einzubringen.

Wirtschaftswachstum steht bei vielen öffentlichen Aussagen über die Wissenschaftspolitik im Mittelpunkt. Ich will hier nicht verhehlen, dass die wirtschaftliche Gesundung Berlins nur e i n Aspekt unserer Wissenschaftspolitik sein kann. Am Horizont der Zukunft – damit bin ich beim Anfang dessen, was ich gesagt habe, steht ein Ideal. Es ist das alte ewig junge Gesellschaftsideal der humboldtschen Reformergeneration. Die Stadt der Zukunft wird von einer Kettenreaktion zwischen wissenschaftlichem, ökonomischem und politischem Fortschritt und einer Wirtschaft leben, die stürmisch von den Erkenntnissen der Grundlagenforschung und einer Politik vorangetrieben wird, welche für die legitimen Bedürfnisse des Menschen verantwortlich bleibt. Wissenschaftspolitik als Anstrengung um ein humanes Leben hat ein unendliches Ziel, das nie endgültig erreicht wird.

Deshalb rechnen sich Investitionen in Hochschulen und Forschungsinstitute nicht in Quartalsbilanzen und erst recht nicht in Legislaturperioden. Sie benötigen einen langen Atem und auch Solidarität trotz aller Unterschiede im Detail. Auch Hochschulpolitik ist nach Max Weber – wie alle Politik – das langsame Bohren harter Bretter mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir danken Ihnen, Herr Senator! Für die Fraktion der CDU wird nunmehr vom Herrn Kollegen Brauner das Wort gewünscht. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Eingang möchte ich auf die Äußerungen des Kollegen Hoff zurückkommen, auch wenn Sie, Herr Hoff, im Bereich der Wissenschaft vielleicht die Koalitionsfrage

provozieren, bin ich besonders froh, dass Herr Schuster nicht darauf eingegangen ist, sondern Dialogbereitschaft gezeigt und verdeutlicht hat, dass die große Koalition dieses Thema bewältigen und das wichtige Reformvorhaben des Hochschulgesetzes gemeinsam auf den Weg bringen wird.

Die Aktuelle Stunde zum Thema Zukunft Wissenschaft und die damit verbundene Thematik der Konzeption sowie des Ausbaus der Fachhochschulen ist hier Gegenstand. Vorab möchte ich noch eines anmerken: Trotz der schwierigen Haushaltslage, die das Land Berlin seit der Wende kennzeichnet, die auch den Bereich Wissenschaft seit der Wende prägt, muss berücksichtigt werden, dass bereits vieles geleistet wurde. Ich möchte nur an einige Punkte erinnern: Die Humboldt-Universität wurde wieder komplett aufgebaut, die Physik wird in Adlershof angegliedert, die Berufsakademie wird aufgebaut, die vielfältigen Forschungseinrichtungen in der Stadt wurden entsprechend ausgebaut und erweitert. All dieses ist trotz der schwierigen Haushaltslage geschaffen worden. Es kann nicht pauschal gesagt werden, dass die Wissenschaftspolitik nur in Sonntagsreden präsent ist. Sie ist real präsent, sie ist fassbar. Ich sehe es als einen Erfolg der Regierung in dieser Stadt!

[Beifall bei der CDU]