Da hat Weizsäcker Recht, wenn er sagt, dass es zwischen den Opernhäusern kaum je zu einer Repertoireabgrenzung gekommen sei. Das gehört zu den größten Fehlern der Vergangenheit.
Ich räume – was dieses Konzept angeht – ein, dass man über die Leistungsstruktur noch einmal wird reden müssen, vor allen Dingen – und das ist nun einmal auch eine Tatsache, die wir nicht ohne weiteres ändern können – angesichts des vorhandenen Personals, mit und ohne Vertrag. Die großen Namen wurden hier bereits genannt. Darüber muss sicherlich noch einmal nachgedacht werden. Und die Frage, ob 95 Orchestermusiker jeweils ausreichen, ist in der Tat noch zu beantworten. Die derzeitige Stärke von zum Teil bis zu 140 Musikern pro Orchester in drei Häusern ist aber offensichtlich auch nicht nötig. Wahrscheinlich liegt hier – wie sonst auch – die Wahrheit, die Praktikabilität für einen solchen Vorschlag in der Mitte.
Für schwierig halte auch ich die programmliche Einordnung von Staatsoper und Deutscher Oper. Diese hier gemachte Anregung finde ich fast am anstößigsten: Das Profil der Häuser nach der zufälligen Größe der Gebäude auszurichten, ist problematisch. Aber auch hier gibt es Lösungen, und es werden Modelle diskutiert. Ich finde es konstruktiv, wenn man diese hier einmal nennt: Zum Beispiel gleitende Spielpläne für beide Häuser zu vereinbaren, die unter der Moderation einer Person abgestimmt werden und denen der jeweilige Finanzzuschuss folgt.
Hier sind übrigens einmal mehr die Gewerkschaften gefragt. Die ÖTV hat ausnahmsweise einmal Beweglichkeit signalisiert. Da möchte ich wissen, ob die Deutsche Orchestervereinigung sich und ihren schutzbefohlenen Musikern wirklich einen Gefallen tut mit ihrer radikalen Art, so wie sie gestern aufgetreten ist. Herr Brauer, Ihre „geschützten Arbeitsverhältnisse“ aus alter Zeit haben die Kultur nicht zuletzt dahin gebracht, wo sie jetzt ist.
Wir fordern: Vierjahresverträge für die Kultur, wie sie sich bei den Hochschulen bewährt haben, übrigens auf der anderen Seite nach Leistungseinforderungen – auch das haben uns die Hochschulen vorgemacht. Und richtig ist auch das Beharren auf dem Abfindungsfonds, den zumindest wir schon beschlossen haben und der sehr schnell gefüllt werden muss.
Man hätte die sogenannten Experten und Betroffenen sicher noch systematischer in die Beratungen mit einbeziehen können.
Aber erstens ist das in einem gewissen Umfang passiert und zweitens war niemand daran gehindert, sich in die seit sehr langer Zeit geführte Debatte durch sachliche und konstruktive Beiträge mit einzubringen.
Lassen Sie uns doch eins festhalten: Seit dem Amtsantritt von Senator Stölzl hat sich die kulturelle Landschaft trotz der Sparvorgaben des Landes – und dieses Parlaments übrigens – wieder erweitert.
Wir haben die Philharmoniker wieder abgesichert und das Berliner Ensemble gefestigt. Das Metropol-Theater wird hoffentlich bald wieder bespielt,
[Zurufe von den Grünen und auch die Freie Volksbühne wird nicht als Kino fortleben, son- dern wieder als Theater eröffnen. – Wir waren beim Metropol- Theater noch nie so weit, wie wir heute sind. [Anhaltende Zurufe von links]
Herr Wowereit hat eben zu Recht das Jüdische Museum und das Technikmuseum genannt. Das Ostasiatische und das Indische Museum sind von der SMPK neu wieder eröffnet worden. Gegen diese Bilanz nehmen sich die Vorhaltungen vieler Kritiker relativ kümmerlich, kleinlich und manchmal auch dumm aus.
Nach der zum Teil schäbigen und – wie ich finde – immer schädlichen Debatte der letzten Tage kann man nur zu Mäßigung und Besonnenheit aufrufen. Da haben auch Sie, Frau Ströver, offensichtlich noch etwas Nachholbedarf, wenn ich höre, wie Sie es heute nötig hatten, zu reden und auch zu polemisieren.
Kultur ist nicht nur ein Standortfaktor, sondern auch und vor allen Dingen Ausdruck von Humanität. Das sollten wir alle beherzigen, und das sind wir vor allem der Kultur in Berlin schuldig. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grütters! Es zahlt sich nicht aus, wenn man als Opposition konstruktiv mitarbeitet. Wir haben erlebt, wie Herr Wowereit argumentiert hat, wie Herr Lehmann-Brauns argumentiert hat, wie Sie selbst argumentiert haben. Aber es ist gut, dass Sie selber sagen, dass Sie es besser wissen. Auch der Kultursenator weiß, dass wir Vorschläge unterbreitet haben, wie man das Problem in den Griff bekommen könnte. Ich kann sie hier gerne noch einmal wiederholen, denn es ist unstrittig, dass wir diese Strukturreform benötigen. Wir brauchen diese Reform, weil sie 10 Jahre versäumt worden ist, nicht etwa, weil wir die Verantwortung hatten, sondern die gleichen, die heute diese Strukturreform als unbedingt notwendig erklären. Sie haben dieses Dilemma zu verantworten und nicht wir.
Vor diesem Hintergrund, Herr Stölzl, bedaure ich, dass Sie – im Gegensatz zu mir, die ich meine Reden immer selber schreiben muss – Ihre Rede nicht selber schreiben konnten. Ihre selbst geschriebenen Reden sind wirklich viel besser gewesen. Aber diese heutige Rede habe ich schon von Herrn Radunski gehört, über die Vielfalt der Berliner Kultur, es war sozusagen eine Rede 08/15, wie wir sie schon aus anderem Munde gehört haben.
Das Hauptproblem ist, Frau Grütters, – das hat auch den Unmut der Betroffenen, der Experten ausgelöst – dass man so ein Strukturpapier nicht als Bürokratenvorlage der Verwaltung verbreitet. Man lässt so ein Papier vielleicht aus der Verwaltung erarbeiten, stellt es aber natürlich dann als Entwurf echten Experten und Betroffenen erst einmal zur Diskussion und geht damit erst nach dieser Beteiligung an die Öffentlichkeit. Hier hat der Senator einen gravierenden strukturellen Fehler im Verfahren gemacht. Dass Sie taktisch so unklug gehandelt haben, Herr Stölzl – Sie sind doch immer ein so ausgewiesen ausgeglichener Mann –, macht dann eben doch deutlich, dass Sie vom politischen Geschäft noch nicht so viel verstanden haben. Es wäre viel besser gewesen, Sie hätten die Gewerkschaft und alle Beteiligten so früh ins Boot geholt, um dann vielleicht ein konstruktives Ergebnis am Ende zu erreichen.
Unsere Vorschläge laufen vor allem darauf hinaus, als Kriterien für die Struktur der drei Opernhäuser die künstlerische Autonomie ins Zentrum zu stellen. Das heißt dann ganz klar, dass die drei Opernhäuser weiter bestehen bleiben müssen. Vor diesem Hintergrund können Sie sich, Herr Wowereit, Herr Stölzl und Herr Lehmann-Brauns, einmal auf die Sprachregelung der großen Koalition zu dieser Frage einigen. Herr Wowereit spricht von einer „Fusion“, die anderen sprechen irgendwie von einer „Art Kooperation“. Wir müssen uns wohl darauf einrichten, es wird auf eine Fusion hinauslaufen, was dann bedeutet, dass die künstlerische Frage in den Hintergrund tritt. Die künstlerische Autonomie von drei Opernhäusern wird in Berlin aufgegeben. Und das ohne Not, denn ich habe hier von Ihnen noch nicht gehört – ich würde mich sehr darüber freuen –, ob der ersten Prämisse gefolgt wird, die in diesem Papier formuliert ist, nämlich dass künftig die Tarife gezahlt werden. Können Sie es für die nächsten 5 oder 10 Jahre zusagen? Niemand hat mir in dieser ganzen Debatte die Frage bisher beantwortet. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die ganze Absurdität des Verfahrens noch viel stärker heraus, denn hätten wir in den letzten drei Haushaltsjahren die Tarifangleichungen gehabt, wären wir mit den Staatsbühnen heute nicht in dieser katastrophalen Situation,
sondern könnten uns einzig und allein um die künstlerischen Fragen, um die Personalien und um die Qualität für Berlin in den drei Häusern kümmern.
Ich möchte noch einen Aspekt zur Sprache bringen, auf den bisher viel zuwenig eingegangen worden ist. Es gibt das Riesenproblem, dass wir bei den bisherigen Personalabbaumaßnahmen in den Häusern – in den Opern wie in den Landestheatern – tatsächlich bisher zu 90 % künstlerisches Personal abgebaut haben. Personalabbau ist – das wissen wir – immer furchtbar, aber dass das so ungleich verteilt wird, zeigt doch, dass wir uns um die künstlerische und kulturelle Substanz der Häuser Sorgen machen müssen. Hier muss man Konzepte entwickeln, um eine künstlerische Autonomie zu erhalten, über die dann ein gemeinsames Dach gebaut wird, ob als Holding, als GmbH oder in einer anderen Rechtsform. Über diese Rechtsform kann man dann immer noch trefflich streiten. Aber wir müssen im nichtkünstlerischen Bereich optimieren, um die optimale Kunst am Ende zu haben. – Vielen Dank!
II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz zur Änderung schulrechtlicher Vorschriften, Drucksache 14/608, gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport vom 5. Oktober 2000
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich auf, die Artikel I bis III, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Vorlage, Drucksache 14/608. Der Ältestenrat empfiehlt eine Redezeit bis zu 5 Minuten. Wortmeldungen liegen vor. Für die Fraktion der PDS hat Frau Abgeordnete Schaub das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesänderung ist anscheinend ein ganz alltäglicher Vorgang. Infolge der Gebietsreform sind auf der Grundlage des Verwaltungsreformgesetzes die Vertretungsgremien auf Landesebene den neuen Gegebenheiten anzupassen. Auf den ersten Blick könnte die Änderung als Formalie das Parlament passieren. Auf den zweiten Blick wird klar, hinter der vermeintlichen Formalie verbirgt sich eine zahlenmäßig annähernde Halbierung des Landesschulbeirates, nämlich von bisher 23 auf 12 Mitglieder.
Seit dem 7. April dieses Jahres liegt der Senatsschulverwaltung ein präziser Vorschlag des Landeselternausschusses für eine Neuregelung der Zusammensetzung der verschiedenen Landesgremien vor, verbunden mit der inzwischen mehrfach wiederholten und sehr dringlichen Bitte, diesen Vorschlag aufzunehmen. Im Namen der PDS-Fraktion fordere ich die Mitglieder dieses Hauses auf: Lassen Sie uns diesem Vorschlag des Landeselternausschusses folgen!
Der Vorschlag besagt, der Landeselternausschuss solle künftig aus 24 Mitgliedern, also je 2 pro Bezirk, bestehen, und auch für die anderen nach Schulverfassungsgesetz zu wählenden Gremien – also Landesschulbeirat, Landeslehrerausschuss, Landesschülerausschuss – sollten die §§ 71, 74 und 75 des Schulverfassungsgesetzes so geändert werden, dass die Gremien personell arbeitsfähig bleiben. Das würde bedeuten, dass mindestens drei Vertreter jeder Gruppierung pro Bezirk.
Im Fachausschuss haben sowohl die Senatsschulverwaltung wie die Koalitionsfraktionen die vorliegende Gesetzesänderung, also die praktisch zahlenmäßige Halbierung der Vertretungsgremien auf Landesebene mit Argumenten verteidigt, die ich ignorant nenne. Sie wissen, dass es sich um ehrenamtliche Arbeit handelt, die von Eltern, Schülern und Lehrern in den Vertretungen geleistet wird, und zwar immer in zwei Gremien auf Bezirksund auf Landesebene.
Sie wissen, wir halbieren zwar fast die Anzahl der Bezirke, aber zum Glück nicht die der Schülerinnen und Schüler und schon gar nicht die der Probleme. Ganz im Gegenteil! – sage ich unter Verweis auf die aktuelle und heute auch schon diskutierte schulpolitische wie politische Situation. Und Sie wissen, insgesamt 28 Positionen im Vorstand und als Delegierte in anderen Gremien sind zum Beispiel durch den Landeselternausschuss zu besetzen – bei bisher 23 und künftig, wenn diese Gesetzesvorlage angenommen wird, 12 Mitgliedern des Ausschusses. „Es geht auch mit weniger Vertretern. Da müsst ihr eben die Arbeit besser einteilen und effektiver sein.“ – Das waren Argumente, die ich da hörte. Natürlich misst sich die Arbeitsfähigkeit von Gremien nicht unbedingt an der Zahl der Mitglieder, das wissen alle. Natürlich aber besteht ein Zusammenhang zwischen den Aufgaben und der zahlenmäßigen Stärke eines Gremiums, und die ist mit einem Vertreter pro Bezirk im Großstadtformat einfach nicht zu akzeptieren.
Mich bestärkt das Verharren der Senatsschulverwaltung auf der Herr-im-Hause-Position in dem Verdacht: Gibt es vielleicht ein Interesse, Vertretungen auf Landesebene zu haben, die nur schwer arbeitsfähig sind? Sie wären dann vermutlich leichter zu handhaben, fielen als Kritik- und Protestpotential schon mal weitgehend aus. Und dennoch könnten Sie, die Sie finden, die Hälfte der Mitglieder reiche auch aus, dann bei passender Gelegenheit ein Hohelied auf das Ehrenamt und die Ehrenamtlichen singen. Ein Lehrbeispiel in Sachen Demokratie finde ich und ebenso in Sachen Ehrenamt, wie Schule und Schüler sie erleben können, wird hier geliefert – würde geliefert, wenn wir es denn annähmen –, gut in Sozialkunde und Politischer Weltkunde übrigens zu verwenden.
Warum eigentlich sollten Schüler, Eltern und Lehrer sich künftig ehrenamtlich engagieren, wo die Politik ihnen mit dieser Gesetzesänderung bedeuten würde: Euer Einsatz ist nicht wirklich gefragt. – Stimmen Sie dieser Gesetzesänderung nicht zu, wenn Ihnen das Ehrenamt und die Interessenvertretung von Schule auf Landesebene wirklich wichtig sind. – Vielen Dank!