Protocol of the Session on October 26, 2000

Herr Bürgermeister Böger! Mittlerweile ist durch die Nachrichtenagenturen mitgeteilt worden, was der Kollege Staatssekretär Schröder machen will. Er will zu einem privaten Krankenhausanbieter gehen, zu den Rhön-Kliniken. In diesem Zusammenhang – da in der Regel solche Führungspositionen langfristig vorbereitet werden – frage ich Sie: Halten Sie es nicht für einen Vertrauensbruch – auch gegenüber Ihrem Senat –, dass ein Staatssekretär, der diese führende Aufgabe in diesem Land übernommen hat, doch mittlerweile über Monate hinweg den Übertritt zu einem privaten Klinikbetreiber vorbereitet hat? – Ich bin der Ansicht, dass so etwas unter sechs Monaten nicht zu machen ist. – Wie bewerten Sie diese Tatsache?

Herr Senator Böger, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Dr. Köppl! Zunächst halte ich es für unmöglich, etwas Schlechtes darin zu sehen, wenn jemand aus einer politischen Administration in eine private Funktion geht

[Wieland (Grüne): Ja, aber doch nicht zu jedem Zeitpunkt! – Cramer (Grüne): Bangemann zu Telefo´nica!]

wie umgekehrt, wenn jemand aus einer privaten Funktion in eine politische Führungsfunktion geht. Das gibt es meines Erachtens in Deutschland eher zu wenig als zu viel.

Zweitens: Der Zusammenhang, den Sie in Ihrer Aussage unterstellen, trifft, glaube ich, so nicht zu. Ich nehme sehr stark an, dass die betreffende Verwaltung sehr genau darauf geachtet hat, dass zwischen den dienstlichen Aufgaben und der möglichen späteren Position des Staatssekretärs keine unzulässige Vermischung oder Beeinflussung stattgefunden hat.

[Wieland (Grüne): Wann gehen Sie denn, Herr Böger? Ich kriege ja Angst!]

Jetzt ist Herr Mutlu dran. Bitte schön, Herr Mutlu, Sie haben das Wort!

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Meine Frage richtet sich an Herrn Schulsenator Böger. Wie gedenkt der Senat in Anbetracht der Tatsache, dass die im Schuljahr 2000/01 geschaffenen 500 Stellen für dauerkranke Lehrkräfte im Schuljahr 2001/02 nicht mehr zur Verfügung stehen, mit dem ständig steigenden Unterrichtsausfall umzugehen?

Herr Senator Böger, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Mutlu! Es ist richtig, dass es in diesem Schuljahr 2000/01 uns erstmals gelungen ist, gegenüber den anderen beteiligten Verwaltungen Finanzen und Inneres überhaupt durchzusetzen, dass in der Lehrerbedarfsbemessung eine Zahl von 500 Dauerkranken rechnerisch unterstellt wird. Nach Auskünften des Landesschulamts liegt die Zahl der tatsächlich Dauerkranken – Sie kennen die Definition; das sind Lehrer, die über eine längere Zeit in der Schule nicht verfügbar sind – erheblich höher. Die Zahl, die das Landesschulamt mir angibt, liegt zwischen 700 bis knapp 1 000. Es gibt zum Weiteren gewisse Mutmaßungen in den Medien darüber, dass diese sehr hoch ansteigende Zahl der Erkrankungen im Zusammenhang mit einem anderen Ausschussdatum am 31. Dezember 2000 zu sehen ist, nämlich dem Zeitpunkt, nach dem sich die finanziellen Bedingungen verändern, wenn man vorzeitig in den Ruhestand geht. Ich bin nicht in der Lage, dies als Tatsache zu unterstellen, ich berichte Ihnen nur von Mutmaßungen. Ich sage ganz freimütig, dass mir sehr daran liegt, dass im Rahmen der Rechts- und Personalordnung jemand, der dauerhaft krank ist und dauerhaft eben nicht mehr in der Schule unterrichten kann, tatsächlich in den Ruhestand geht. Mir nützt eine Stelle nichts, die nicht mit jemandem besetzt ist, der tatsächlich unterrichten kann. Ich setze darauf, dass dieser Prozess möglichst bald abgeschlossen ist und wir dann die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen umgehend durch Neueinstellungen ersetzen können. Ich verhehle aber nicht, Herr Mutlu, dass wir in der Planung des Lehrerbedarfs – das ist eine komplizierte Berechnung, die mit vielen Variablen arbeiten muss – für das Schuljahr 2001/02 nach wie vor auf eine solche Zahl von Dauerkranken setzen werden. Wir haben nach wie vor die Zahl 500 drin, weil ansonsten überhaupt nicht der Unterricht nachhaltig gesichert werden kann.

Danke schön, Herr Senator! – Herr Mutlu hat eine Nachfrage. Bitte!

Herr Senator! Ich konkretisiere meine Frage: Wird es im kommenden Schuljahr weiterhin diese 500 Stellen, unabhängig davon, dass sie unzureichend sind, für die Dauerkranken geben, und wie lässt sich das mit Ihrem Ziel vereinbaren, den Unterrichtsausfall auf unter 1 % zu senken, wenn es diese Stellen nicht mehr gibt?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Mutlu! Die Vorlagen meines Hauses zu dem Punkt, den Sie ansprechen, sind sehr klar und eindeutig. Sie befinden sich im Mitzeichnungsverfahren im Senat. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass diese Unterstellung einer gewissen Zahl von dauerkranken Lehrerinnen und Lehrern absolut notwendig ist, weil man sonst das Ziel einer drastischen Verringerung des Unterrichtsausfalls nicht erreichen kann.

Nunmehr hat Frau Dr. Barth das Wort zu einer spontanen Frage. Bitte schön!

Danke schön! – Das ist eine Frage an den Senator Böger. interjection: [Heiterkeit – Wieland (Grüne): Parlamentarier fragen, Böger antwortet!]

Es tut mir leid, aber trotzdem: Treffen Zeitungsmeldungen zu, dass das FEZ als Folge der geplanten Kürzungen Entlassungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorbereiten muss? Wenn ja, um welche Höhe der Kürzungen handelt es sich, und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden davon betroffen sein?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Barth! Die Pressemeldungen treffen nicht zu.

Eine Nachfrage? – Danke, das erleichtert das Verfahren.

Dann hat Frau Abgeordnete Matuschek das Wort zu einer spontanen Frage. Frau Matuschek, bitte schön!

Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an Senator Branoner. Herr Branoner, wir sind in heller Aufregung, – –

[Wieland (Grüne): Können Sie nicht mal den Kaugummi aus dem Mund nehmen, bevor Sie antworten! Es ist doch so viel von „deutscher Leitkultur“ in Ihrer Partei die Rede! Diese Amerikanismen kann man da nicht durchgehen lassen! – Heiterkeit – Wieland (Grüne): Entschuldigen Sie, Frau Matuschek!]

Frau Matuschek, bitte fahren Sie fort!

Herr Branoner, die Meldungen über den Zusammenschluss von Bombardier und ADtranz und der beabsichtigten Verlegung der Konzernzentrale von DWABombardier und ADtranz nach Brüssel sind Schreckensmeldungen für Berlin. Ich frage Sie deshalb: In welcher Art und Weise setzen Sie sich bei den Wirtschaftsunternehmen für einen Verbleib in Berlin ein, welche Argumente hat Berlin, dass Bombardier hier bleibt, und welche Folgen hätte ein Wegzug von Bombardier für die Gesamtregion Berlin-Brandenburg?

Herr Senator Branoner, bitte schön!

Das lässt sich, glaube ich, im Rahmen der Spontanen Fragestunde nicht erschöpfend beantworten. Wir haben unmittelbar nach Beschluss der Fusion zwischen Bombardier und ADtranz sehr intensiv Kontakt aufgenommen – das Verfahren vor der EU ist noch nicht abgeschlossen, so dürfen sie noch gar nicht gemeinsam agieren und Synergieeffekte ausloten – sowohl mit dem Vorstandsvorsitzenden von Bombardier in Kanada als auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden, wir haben mit den hiesigen Verantwortlichen gesprochen. Wir – das heißt der Kollege Fürniß und ich – haben mit dem Vorstandsvorsitzenden anlässlich seines Besuches bei der Innotrans gesprochen, der Regierende Bürgermeister zuletzt in der letzten Woche mit Verantwortlichen von Bombardier Deutschland und hier in Berlin, dazwischen wir mit Betriebsräten und anderen Organisationen sowohl auf der Ebene der Leitung der Wirtschaftsverwaltung als auch in anderen Funktionen. Wir haben dabei deutlich gemacht, dass aus unserer Sicht auf Grund der bisherigen Kompetenzen, die DWA, dann Bombardier und vor allem ADtranz und Siemens für den Standort Berlin bedeuten – immerhin haben wir 80 Unternehmen mit 29 000 Beschäftigten allein im Standort Berlin, was Verkehrstechnik anbelangt, plus Region insbesondere Hennigsdorf – sehr gute Voraussetzungen sowohl auf der Arbeitnehmerseite haben wie auch auf der Forschungs- und Entwicklungsseite – die Kooperation zum Beispiel mit der Technischen Universität

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Sen Branoner

sind sehr wichtig, national wie international. Wir haben auf die Konzepte hingewiesen, beispielsweise das Bahnerprobungszentrum in Hennigsdorf betreffend, so dass auch die Validität, die Prüfung technischer Applikationen beschleunigt werden kann, auf die guten Beziehungen zu Zulieferern beispielsweise KnorrBremse; kurzum dass sowohl auf der reinen Forschungs- und Entwicklungsseite wie auch auf der Produktionsseite die Region Berlin-Brandenburg bestens gerüstet wäre auch für die Weiterführung der entsprechenden Produktionskapazitäten. Unabhängig davon reden wir mit Bombardier und machen deutlich, dass Berlin auch als Standort für die Zentrale des gemeinsamen Unternehmens – später einmal – der ideale Standort ist – OstWest, Nahtstelle zu dem Bedarf in Mittel- und Osteuropa –. Auf der anderen Seite gibt es schon jetzt zentrale Funktionen bei Bombardier und ADtranz, das heißt, die guten Erfahrungen, die mit Berlin gemacht werden, müssten auch weitergeführt werden können zu der Frage, ist es nun Brüssel, London oder Paris. Ich bin eigentlich guten Mutes, dass wir uns an der Stelle durchsetzen können.

Danke schön, Herr Branoner! – Frau Matuschek, eine Nachfrage? – Bitte schön!

Auch unabhängig von der Fusion ADtranz-Bombardier sind innerhalb des DWA-Bombardier-Konzerns umfangreiche Stellenabbauprogramme im Gange. Wie sind Sie diesbezüglich mit den dortigen Herren im Gespräch?

Oder Damen! – Bitte schön, Herr Senator Branoner!

Wir haben die Diskussion mit den Bahnverkehrstechnikunternehmen sehr intensiv geführt, weil sich die Produktionsart, die Produktionsabfolge in der Bahntechnik hin zur Komponentenproduktion, zur Komponentenerstellung erheblich verändert, ähnlich wie es der Automobilsektor vor zehn, fünfzehn Jahren begonnen und in der Zwischenzeit umgesetzt hat. Hinzu kommt, dass die Fahrzeugmodelle, die angeboten werden, nicht mehr so umfänglich weitergeführt werden. Es kommt hinzu, dass sich die Finanzierungsformen und Finanzierungsarten verändert haben. Kurzum, jedes Unternehmen der Verkehrstechnik – im Übrigen auch ADtranz; im Zusammenhang mit ADtranz haben wir das mehrfach diskutiert – ist gegenwärtig dabei, Synergien zu entwickeln, andere Formen von Produktionsabläufen zu finden, andere Formen von Produktion zu finden und dabei auch Arbeitsplatzabbau durchzuführen. Für uns kommt es darauf an – und so reden wir mit den Unternehmen –, die gute Qualität in Berlin, für die die Beschäftigten letztlich auch stehen, in den Diskussionsprozess einzubringen, Humankapital als einen wichtigen Faktor zu sehen und gleichzeitig auch auf Veränderung, auf Weiterentwicklung, auf Qualifikation zu setzen. An diesen Formen der Qualifikationsverbesserung würde sich der Senat im Übrigen auch beteiligen.

Danke schön, Herr Senator!

Zu einer letzten spontanen Frage hat der Kollege Brauner das Wort. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Senator Branoner zur Entwicklung am Standort Siemensstadt, führt der Senat derzeit Gespräche mit der Firma Siemens respektive der Firma Pirelli über den Erhalt der Arbeitsplätze in den dort betroffenen Werken am Standort Berlin führt, z. B. Pirelli-Kabelwerk oder Siemens-Dynamowerk.

Eine zweite Frage zur Firma Siemens: Gibt es derzeit Überlegungen, in die der Senat eingeweiht ist, ein strategisches Konzept zum Ausbau der Aktivitäten des Siemenskonzerns am Standort Siemensstadt zu entwickeln? – Danke!

Herr Senator Branoner, bitte!

Wir führen mit dem Siemenskonzern, diesem mittelständischen Unternehmen als größtem privaten Arbeitgeber in Berlin, natürlich eine Reihe von Gesprächen. Sie haben drei Projekte angesprochen, was die Arbeitsplatzentwicklung anbelangt. In der Tat gibt es die Diskussion, dass bei Pirelli, d. h. der Verkauf von Siemens an Pirelli, im Zuge dessen Arbeitsplatzveränderungen und -anpassungen vorgenommen werden sollen – – Da geht es um die Frage, ob die jetzige Anlage, die so genannte Strecke, ausreichend ist, um neue Kabelanforderungen oder Anforderungen an neue Produktion zu erfüllen. Und es geht darum, ob die Investitionen von Pirelli in Mecklenburg-Vorpommern, in der Nähe von Stralsund, u. U. dazu führen, dass dort Produktion aufgebaut und bei uns Produktion abgebaut wird. Da sind wir im Gespräch zwar auch mit Siemens, aber Sie müssen einfach sehen, Siemens hat verkauft und hat dort – so wird jedenfalls uns gegenüber geäußert – keine Einflussmöglichkeiten mehr. Diese Verhandlungen führen wir mit Pirelli selbst, sowohl mit der Unternehmensleitung in Berlin als auch in Mailand.

Bei dem Dynamowerk ist es so, dass die Produktionsentwicklung der Vergangenheit sehr positiv war, d. h. insbesondere die Schiffsturbinen, ein neues Feld, eines von vier Feldern, hat sich sehr gut entwickelt und führt letztlich zu einem deutlichen Auftragsplus, wie insgesamt in dem verarbeitenden Gewerbe in Berlin in den ersten sechs Monaten ein Plus von 6,2 % festzustellen war. Es führt aber auf der anderen Seite zu Angst im Dynamowerk, dass die klassischen Formen von Produktion eher zu Abbau führen. Wir haben dem Siemensvorstand, Herrn Radomski, der auch für Berlin zuständig ist, in einem Gespräch vor vier Wochen, das Herr Liepelt und ich mit ihm führten, und der Regierende Bürgermeister, der ein solches Gespräch in der letzten Woche mit ihm führte, deutlich gemacht, dass wir diese Entwicklung beobachten und auch hier wiederum angeboten haben, über u. U. neue Produkte die Arbeitsplatzkapazität in Berlin nicht nur zu halten, sondern auszuweiten. In Teilen der Produktion sind tatsächlich zusätzliche Arbeitsplätze entstanden.

Zur Gesamtentwicklung ist es so, dass Siemens in weiten Teilen, etwa in der Informations- und Kommunikationstechnologie, ein deutliches Plus, einen Bedarf hat. Im Kompetenzzentrum mobile Kommunikation sind es jetzt 1 200 Beschäftigte, also ein deutlicher Aufwuchs an Arbeitsplätzen, aber immer noch mit der Gefahr, dass in traditionellen Bereichen Arbeitsplätze entweder abgebaut werden oder Unternehmen Produktionsteile nach außen veräußern, wie z. B. die Medizintechnik, das Kabelgeschäft oder das elektronische Prüfungsgeschäft in den vergangenen Jahren ausgegliedert wurde oder zurzeit ausgegliedert wird. Wir sind jedenfalls mit Siemens im Gespräch und fordern hier natürlich eine Entwicklungsperspektive. Dieses wird sich nicht nur am Standort Siemensstadt auswirken, sondern auch an anderen. Der Bereich Verkehrstechnik ist in Treptow. Siemens ist ein Unternehmen, das in dieser Stadt ohnehin relativ weit verbreitet ist. Deswegen konzentriert es sich nicht nur am Standort Siemensstadt.

Herr Kollege Brauner, eine Nachfrage? – Bitte schön!

Ich habe eine kurze Nachfrage: Siemens hat erhebliche Freiflächen in Siemensstadt. Gibt es hier konkretere Pläne, diese künftig nicht nur industriell, sondern auch für andere Segmente zu nutzen?

Herr Senator Branoner, bitte!

Das einzige Segment, das mir aktuell vor Augen ist, ist relativ groß und vielleicht so rund. Das wäre die Sporthalle. An dem Konzept arbeitet Siemens mit anderen Partnern. Im November soll die so genannte Machbarkeitsstudie abgeschlossen sein. Ansonsten ist man bemüht, innerhalb der verbleibenden Flächen von Siemensstadt insbesondere Technologieunternehmen der Medienund Telekommunikationsbranche anzusiedeln. Da gibt es ein Ent

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