Ich würde mir aber wünschen, dass auch das Abgeordnetenhaus weiterhin gemeinsam einen wirksamen Beitrag gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus leistet, auch über den heutigen Tag hinaus. – Danke schön!
Ich lasse nun über den Antrag aller vier Fraktionen dieses Hauses über „Solidarität mit jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Berlin“ abstimmen. Wer dieser Resolution seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen, und der Antrag ist angenommen.
II. Lesung des Antrags der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS und der Fraktion der Grünen über Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes, Drucksache 14/669, gemäß Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 11. Oktober 2000
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der beiden Artikel miteinander zu verbinden. Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann rufe ich auf die Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut des Antrags aller vier Fraktionen in der Drucksache 14/669.
Es liegen zur Aussprache Wortmeldungen vor. Für die Fraktion der PDS hat der Abgeordnete Nelken das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der eben durchgeführten Debatte ist es vielleicht etwas schwierig, zu so einem Thema wie die Erhöhung der Abgeordnetendiäten überzugehen. Aber ich meine, es gibt doch einen Zusammenhang, denn es geht hierbei auch um das Ansehen der Politik und es geht um Geld, nachdem gesagt worden ist, dass viele Projekte an finanziellen Problemen litten.
Die Frage ist, wenn ein Antrag von allen Fraktionen vorliegt, dem auch eine einstimmige Beschlussempfehlung des Hauptausschusses gefolgt ist, warum wir eigentlich hier darüber reden. [Frau Greiner (CDU): Richtig!]
Der erste Grund ist, dass die öffentliche Debatte um die Erhöhung von Abgeordnetenbezügen zur verfassungsrechtlichen Substanz der Entschädigungsregel für Abgeordnete gehört, weshalb auch eine automatische Erhöhung der Diäten durch Ankoppelung an die Entwicklung der Bezüge im öffentlichen Dienst vom Verfassungsgericht ausgeschlossen worden ist.
Der zweite Grund ist, dass es schlichtweg Meinungsverschiedenheiten in unserer Fraktion über den vorliegenden Gesetzentwurf gibt. Da es bei uns Sitte ist, wenn sich alle anderen Fraktionen offensichtlich einig sind, dass auch die Minderheit ihre Position darlegen kann, möchte ich dazu etwas sagen.
Eingangs will ich aber betonen, dass die Fraktion der PDS mit ihrer großen Mehrheit den Antrag aller Fraktionen trägt und auch diesem mehrheitlich zustimmen wird. Dafür gibt es im Wesentlich zwei Gründe, die ich hier nicht verschweigen möchte. Erstens denkt die PDS-Fraktion, dass diese vorgeschlagene Diätenerhöhung angemessen ist, und zwar mit Blick auf die vom Gesetzgeber beschlossene Ankoppelung an die Einkommensentwicklung der Besoldungsgruppe B 4. Und zweitens hat sich auch die PDS für die Einsetzung der Diätenkommission und für die Respektierung ihrer Empfehlungen eingesetzt und möchte deshalb alles unterlassen, was geeignet wäre, an der Autorität dieser Diätenkommission Abstriche zuzulassen. Das sind wesentliche Gründe, warum auch die PDS-Fraktion diesen Antrag mitträgt und dem zustimmen wird.
Jetzt nenne ich aber die Gründe, warum sich nicht alle Mitglieder unserer Fraktion diesem Antrag anschließen konnten.
Erstens ist es nach meiner Ansicht ein falsches politisches Signal in einer Zeit, in der die Haushaltsmittel knapp sind und allen Zuwendungsempfängern von öffentlichen Mitteln in den letzten Jahren und auch in der aktuellen Haushaltsdebatte außerordentliche Zumutungen für ihre Arbeitsfähigkeit auferlegt werden, wenn dann das Abgeordnetenhaus eine halbe Million DM Mehrausgaben für die Aufbesserung der privaten Einkommen – und zwar der jetzigen als auch der ehemaligen – beschließt. Das sind nämlich 328 000 DM Diäten für die jetzigen Abgeordneten und 230 000 DM Erhöhungen im Jahr der Versorgungsbezüge. Ich spreche dabei nicht über die 175 000 DM, die dann für die automatische Aufstockung der Bezüge der Bezirksverordneten hinzukommen. Insgesamt geht es dann also um 750 000 DM Mehrausgaben für den öffentlichen Haushalt. In der heutigen Situation ist das sicherlich das falsche politische Zeichen vom Abgeordnetenhaus.
Zweitens halte ich die Erhöhung für unverhältnismäßig. Wenn man sich die Entwicklung der Abgeordnetendiäten in den letzten 5 Jahren ansieht, dann stellt man fest, dass sich die Diäten um 15 % erhöht haben. Das ist eine Einkommensentwicklung, die statistisch keine andere vergleichbare Einkommensgruppe in dieser Stadt hat.
Drittens ist es auch unverhältnismäßig, wenn man sich anschaut, dass der Betrag von 160 DM, der diese Erhöhung ausmachen soll, die Gesamtbezüge der Abgeordneten von 7 310 DM auf 7 470 DM erhöht, für die Sicherung der Existenz der Abgeordneten also völlig nebensächlich ist.
Viertens – ein ganz wichtiger Grund – sollte es eine Schamfrist geben, nachdem 1999 die Diäten um 460 DM erhöht wurden, denn sonst werden die Bezüge innerhalb von 12 Monaten
um 620 DM erhöht werden. Wenn man dann immer darauf hinweist, dass die letztjährige Diätenerhöhung mit einer Reform verbunden war, weil Privilegien der Abgeordneten bei den Versorgungsbezügen beschnitten wurden,
dann möchte ich Ihnen entgegenhalten, dass vor 12 Monaten ein Abgeordneter, der seit 1990 in diesem Parlament war, bei der Beendigung der 13. Legislaturperiode einen Versorgungsanspruch von 3 871,50 DM hatte. Jetzt, 12 Monate später, erhöhen wir diesen Versorgungsanspruch auf 4 102,50 DM im Monat. Das sind 231 DM mehr Versorgungsanspruch und hat nichts mit Beschneidung zu tun, sondern bedeutet 6 % Steigerung in nur 12 Monaten, und das übrigens ab dem 55. Lebensjahr. So sieht also die Reduzierung aus, die damals vorgenommen wurde.
[Wieland (Grüne): Sie haben falsch gerechnet! Die 15 % werden gerade nicht angerechnet! – Weitere Zurufe]
Ich habe die 300 DM, die wir beschlossen haben, herausgerechnet, aber es kommt trotzdem dieses Ergebnis heraus. Sie können es nachrechnen, ich helfe Ihnen gerne dabei!
Sie haben nämlich letztes Jahr beschlossen, dass die Neuregelung der Versorgungsbezüge erst ab der 15. Legislaturperiode gilt und nicht für die jetzige. Deswegen kommen diese erheblichen Steigerungen zustande. Das sind die Gründe, warum ich und einige andere Abgeordnete unserer Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen werden. – Danke!
Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr der Kollege Müller- Schoenau das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht ganz leicht, hier vorn zu einer Diätenerhöhung zu sprechen, die von allen Fraktionen unterstützt wird. Ich glaube aber auch, dass es nicht der richtige Weg ist, den die PDS-Fraktion beschreitet, einen Gegner der Diätenerhöhung hier nach vorn zu schicken, ihn reden zu lassen und nachher für die Diätenerhöhung zu stimmen. Ich glaube, wir haben ein Glaubwürdigkeitsproblem, und das wird durch so etwas eher verstärkt.
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD – Doering (PDS): Jeder Abgeordnete hat das Recht zu reden! Was hast du denn für ein Demokratieverständnis?]
Ich habe einfach nur auf den Widerspruch hingewiesen. – Die PDS erweckt durch diesen Redner den Eindruck, sie sei gegen die Erhöhung, in Wirklichkeit hat sie aber selbst den Antrag gestellt. Das ist für mich ein Widerspruch. Wenn man den Antrag stellt, dann sollte man so ehrlich sein, hier auch offensiv dafür zu werben.
In der Öffentlichkeit kommt eine solche Erhöhung nie gut weg, das wissen wir. In der Öffentlichkeit gibt es die allgemeine Auffassung: Abgeordnete arbeiten in der Regel zu wenig und kriegen dafür zu viel Geld. Es gibt eine Menge gute Gründe für diese Vorurteile, aber ich glaube, die Diäten dieses Berliner Abgeordnetenhauses können nicht der Grund sein. Seit Gründung der Grünen – oder besser gesagt: der Alternativen Liste – hier in Berlin ist es eine unserer Urforderungen, dass damit Schluss sein muss, dass Abgeordnete über die Höhe ihrer Diäten allein entscheiden. Jahrzehntelang war es üblich, dass praktisch als Selbstbedienung – nicht hier, noch in dem anderen Parlament –
von den „Altparteien“ – wie wir damals sagten – Diätenerhöhungen beschlossen wurden. Es gab keinen Widerspruch, es wurde einfach so gemacht. Ich bin froh darüber, dass dieser Mechanismus inzwischen der Vergangenheit angehört.
Dieser Mechanismus hat sich im Lauf der 80er Jahre langsam geändert. Ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass der Zeitpunkt, als mit dieser Selbstbedienungsarie Schluss war, ziemlich genau mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, wo Grüne in Berlin und bundesweit in die Parlamente einzogen. Ich glaube, dass wir uns auch diesen Fortschritt ein bisschen zugute halten können.
Inzwischen wird also die Höhe der Diäten nicht mehr von uns allein festgesetzt, sondern auf Vorschlag einer Kommission. Diese Kommission schlägt uns heute – entsprechend der sonstigen Einkommensentwicklung – nach zwei Jahren eine Erhöhung um knapp 2,9 % vor. Ich nenne auch einmal die Zahlen, weil viel durch die Weltgeschichte geistert: Von 5 610 DM um 160 DM auf 5 770 DM. Wir haben in der Fraktion diskutiert, ob wir dieser Empfehlung folgen können. Wir waren uns nicht völlig einig, haben aber letztendlich mit Mehrheit beschlossen, uns dieser Empfehlung anzuschließen, weil wir der Auffassung sind, Abgeordnete sollten in ihrer Einkommensentwicklung nicht besser gestellt werden als andere, aber auch nicht schlechter.
Nun gibt es aber parallel zu dieser Diätenerhöhung einen anderen Vorgang, den wir nicht mehr mittragen können, nämlich die Erhöhung der Fraktionszuschüsse. So, wie wir insgesamt meinen, Abgeordnete sollten nicht besser gestellt werden und nicht schlechter, gilt das auch für die Zuschussebene. Es laufen gerade die Haushaltsberatungen, und Sie alle wissen, dass alle Zuschussempfänger mit Kürzungen von 5 % leben müssen. Diese Kürzungen betreffen freie Träger aller Art von Nachbarschaftsheimen über Jugendprojekte bis hin zu wichtigen Beratungsstellen. Wir halten diese Kürzungen für falsch. Wir sehen die Landschaft der freien Träger in der Stadt durch diese Kürzungen bedroht, und wir meinen, dass es überhaupt nicht akzeptabel ist, hier so pauschal zu kürzen. Wir finden es aber erst recht unmoralisch, wenn das gleiche Parlament, das auf der einen Seite für alle Zuschussempfänger in diesem Land, für viele Institutionen in dieser Stadt pauschale Kürzungen von 5 % beschließt, gleichzeitig für sich selbst Erhöhungen der Fraktionszuschüsse beschließt. Das halten wir für einen Skandal. Das lehnen wir ab. [Beifall bei den Grünen]
Diese Erhöhung der Fraktionszuschüsse wird übrigens nicht nur von den Koalitionsfraktionen befürwortet, sondern auch von der PDS. Herr Nelken! Ich hätte es gut gefunden, wenn sie uns hier einmal erklärt hätten, wie Sie es den freien Trägern eigentlich plausibel machen wollen, dass sie 5 % Kürzungen akzeptieren müssen, Sie aber mit dafür eintreten, dass die Fraktionen sich im nächsten Jahr ihre Zuschüsse erhöhen. Wir halten das für den falschen Weg. Wir hoffen, dass Sie davon noch abkommen, und wir fordern Sie auf: Hören Sie auf mit dieser absurden Zuschusserhöhung für die Fraktionen! Das kann man in dieser Stadt niemandem plausibel machen.
Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat nunmehr der Kollege Wolf. – Bitte schön!