Protocol of the Session on October 12, 2000

... und auf diesem Weg gemeinschaftliche Zuständigkeiten von den Kompetenzkatalogs mit einer schärferen Abschichtung von Aufgabenbereichen und Befugnissen wäre ein entschiedener Beitrag zu mehr...

[Beifall bei den Grünen]

Das ist also der Inhalt, wie Sie ihn in Ihrem Antrag formuliert haben. Wenn es um ein Europa der Bürgerinnen und Bürger und die Erweiterung der Europäischen Union geht, dann ist eine solche schluderige Antragsformulierung einfach nicht akzeptabel und kann hier nicht mit Dringlichkeit durchgewinkt werden.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Der zweite Grund für unseren Widerspruch ist, dass Sie hierbei die faire Umgangsform, die man hier sonst miteinander pflegt, verlassen haben. Sie sorgen hier ein Stück weit für die Verlotterung der parlamentarischen Sitten. Gestern hat der Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und BerlinBrandenburg getagt, und gestern stand auf der Tagesordnung dieses Ausschusses ein Antrag meiner Fraktion zum Thema EU-Osterweiterung, zum Thema Demokratisierung der Europäischen Union, zum Thema ein Europa der Bürgerinnen und Bürger. Sie haben immer gesagt, Sie fänden das Thema unendlich wichtig und wollten, dass das auch mit den Oppositionsfraktionen gemeinsam besprochen werde, dass man auch über Veränderungen sprechen wolle, aber dass man diesen Antrag gemeinsam besprechen und verabschieden wolle. Sie haben Frau Paus gebeten, unseren Antrag noch einmal zu vertagen und in 14 Tagen zu behandeln. Sie haben mit keinem Wort erwähnt, dass Sie bereits einen Antrag, nämlich diesen Entschließungsantrag, den wir heute vorliegen haben, in der Mache haben, dass der bereits geschrieben wird.

[Zuruf von links: Unglaublich!]

Das macht man einfach nicht, das ist ungehörig und eine Verlotterung der parlamentarischen Sitten,

[Zuruf des Abg. Kittelmann (CDU)]

die wir hier nicht mitmachen werden, Herr Kittelmann!

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Deswegen werden wir sowohl gegen die Dringlichkeit als auch gegen die Sofortabstimmung stimmen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass Sie mit einem solchen Thema – wenn es Ihnen so wichtig ist – so umgehen, das spricht nicht gerade für die beiden Koalitionsfraktionen.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Für die Dringlichkeit spricht der Abgeordnete Gewalt. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Klotz! Ich darf Sie in aller Bescheidenheit an das Datum erinnern, das uns bevorsteht. Die Konferenz in Nizza ist bereits Ende dieses Monats.

[Zurufe von den Grünen]

Wenn wir uns als Abgeordnetenhaus von Berlin zu dem äußern wollen, was dort beraten wird – das geht auch die Regionen etwas an, das wissen Sie genauso gut wie ich –, dann ist es sehr dringlich, dass wir dies heute tun. Nichts anderes versucht die Koalition. [Cramer (Grüne): Quatsch!]

Wenn Sie sich als Opposition nicht ausreichend berücksichtigt fühlen, dann tut mir das Leid.

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Aber als Regierungskoalition haben wir die Aufgabe, dass das Land Berlin auch das Wort erhebt, wenn eine solche wichtige Konferenz stattfindet. Nichts anderes wird heute die Koalition mit diesem Antrag tun.

[Zurufe von den Grünen]

Seien Sie nicht so aufgeregt, sondern prüfen Sie diesen Antrag sachlich. Ich glaube kaum, dass in den wesentlichen Passagen etwas steht, was zumindest die Grünen nicht mittragen könnten. – Vielen Dank! [Beifall bei der CDU – Zuruf von den Grünen: Da steht nichts drin! – Weitere Zurufe von links]

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe. – Zur geschäftlichen Lage: Wir haben einen Antrag zum Widerspruch der Dringlichkeit. Es ist dafür und dagegen gesprochen worden. Deshalb lasse ich abstimmen. Wer der Dringlich

keit seine Zustimmung zu erteilen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wir sind uns hier einig, die Dringlichkeit ist bestätigt.

Ich habe einen weiteren Antrag der Fraktion der PDS z u r G e s c h ä f t s o r d n u n g. Es geht um die A u s s c h u s s ü b e r w e i s u n g d e s A n t r a g s. Das Wort hat Frau Abgeordnete Lötzsch. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle hiermit den Antrag, diesen Antrag in den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg zu überweisen und hier keine Debatte zu führen. interjection: [Beifall bei der PDS und den Grünen – Zurufe von der CDU]

Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Dr. Klotz, ist schon auf das Prozedere eingegangen. Wir hatten gestern im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg den Antrag der Grünen, die EU-Institutionen für die Erweiterung fitzumachen und den verfassunggebenden Prozess in der EU voranzubringen. Alle Parteien haben ungefähr eine Stunde lang im Detail darüber diskutiert, und die Grünen wurden gebeten, sogar eine kleine Arbeitsgruppe zu bilden, um dann einen verbesserten, von allen Fraktionen gemeinsam zu tragenden Antrag zu erarbeiten. Ein paar Stunden danach flattert nun dieser fehlerhafte – wie Frau Klotz dankenswerterweise schon illustriert hat – Antrag auf den Tisch, der sich mit dem gleichen Sachverhalt beschäftigt. Nun – das mögen doch vielleicht die Mitglieder des Ausschusses zur Kenntnis nehmen; Sie haben es auch in Gesprächen zugegeben – ist die Situation folgende: Der Regierende Bürgermeister dachte, er könne hier eine schöne Rede halten, die uns verteilt worden ist. Vielleicht können wir die nun gemeinsam im Chor vorlesen, denn er ist nicht mehr da.

[Zuruf von der CDU: Singen!]

Die Abgeordneten von CDU und SPD, die in dem Ausschuss sitzen, wussten davon überhaupt nichts. Da stellt sich doch die Frage, was die Fraktionsvorsitzenden und die Fraktionsführungen von ihren eigenen Abgeordneten im Europaausschuss halten. [Beifall bei der PDS und den Grünen]

Als Ausschussvorsitzende will ich Ihnen sagen, dass ich das gegenüber den eigenen Abgeordneten doch ziemlich ungerecht finde, denn wir haben in unserem Ausschuss so kompetente Kollegen wie den ehemaligen Europasenator Herrn Radunski oder auch Herrn Dr. Köhler, der am Nachmittag im Ausschuss von dem Antrag überrascht wurde. Aber augenscheinlich spielen da andere Dinge eine Rolle. Die beiden Fraktionsführungen haben nun beschlossen, eine Senatsvorlage schluderhaft abzuschreiben, diese in einen Antrag umzuwandeln. Ich finde das hochgradig peinlich. Diese Peinlichkeit sollten wir uns alle miteinander ersparen. Gestern ist ein anderes Verfahren verabredet worden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn die Abgeordneten – selbst Abgeordnete, die die Regierung zu tragen haben – in einer derartigen Weise übergangen werden. Also, heute keine Debatte, Überweisung in den Ausschuss! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Es ist der Antrag gestellt worden, diesen dringlichen Antrag an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Berlin-Brandenburg zurückzuüberweisen.

[Wieland (Grüne): Überhaupt zu überweisen!]

Also, eine Überweisung!

[Zurufe von links]

Nun regen Sie sich doch nicht so auf! Es geht alles seinen ordentlichen Gang. Da brauchen Sie keine Sorge zu haben. –

[Gelächter und Zuruf des Abg. Over (PDS)]

Es ist ein Antrag gestellt worden, dass dieser überwiesen wird. Das würde bedeuten – wenn wir eine ganz normale Überweisung vornehmen, nachdem wir der Dringlichkeit widersprochen

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Führer

haben –, dass die Überweisung erst dann beschlossen wird, wenn darüber debattiert wird. So einfach ist das! Deshalb hat nunmehr das Wort in der Debatte Herr Abgeordneter Kittelmann.

Ich möchte aber darauf hinweisen, die vielen redaktionellen Fehler sollten natürlich, wenn wir diesen – –

[Gelächter bei der PDS und den Grünen]

Moment, ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, um Ruhe! – Ich sage, die vielen redaktionellen Fehler müssten natürlich bereinigt werden, wenn wir über diesen Antrag abstimmen. Ich weise nur darauf hin – –

[Zuruf von links: Das müsste im Ausschuss gemacht werden!]

Ich führe hier die Geschäfte. Nun sind Sie bitte ruhig und hören erst einmal zu! – Auf Seite 2 heißt es zum Beispiel im drittletzten Absatz: „Nach der Reform der Orange muss die schwer durchschaubare Kompetenz...“ – Ich nehme an, dass das die Organe sind. [Heiterkeit bei der PDS und den Grünen]

Solche Dinge müssen wir in ein ordentliches Deutsch bringen, bevor wir darüber abstimmen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Das Wort in der Debatte hat nun der Abgeordnete Kittelmann. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. – Bitte sehr!