Ein Ende des Jahres 1993 erarbeitetes Finanzierungsmodell ging davon aus, für die Wiederherstellung des Berliner S-Bahnnetzes Hauptstadtmittel in Höhe von 1 Milliarde DM einzusetzen. Im Rahmen der Verhandlungen zwischen Bund und Berlin zum Hauptstadtvertrag wurden auf Veranlassung Berlins die Projekte U-Bahnlinie 5 und Straßentunnel unter dem Tiergarten in den Vertrag aufgenommen,
was innerhalb des verfügbaren Betrages für die Verkehrsprojekte in Höhe von 1 Milliarde DM insgesamt zur Verringerung der Zuwendungen für die S-Bahn auf 350 Millionen DM geführt hat.
Also auch da hat Berlin sich keinen Gefallen getan; das darf man auch nicht unter den Tisch fallen lassen.
Nun noch einmal zu den einzelnen Projekten, die jetzt hier zur Diskussion stehen: Die Dresdner Bahn ist auch ein Projekt, bei dem Berlin massiven Druck ausgeübt hat.
Nach dem ursprünglichen Zeitplan der Realisierung des PilzKonzepts wäre die Dresdner Bahn nach der Anhalter Bahn an der Reihe gewesen. Auf massiven Druck Berlins ist die Dresdner Bahn vorgeholt worden, weil daran der Flughafen hängt.
Und dann hat Berlin massiven Druck ausgeübt auf die Verlegung der Gleise in den Tunnel und macht es nach wie vor. Die zweijährige Verzögerung des Planfeststellungsverfahrens der Dresdner Bahn ist eine Verzögerung, die aus Berlin kommt und jetzt Auswirkungen auf die Realisierung hat. Die Dresdner Bahn soll nach Vorstellungen aller hier sicher auch redenden Abgeordneten die Hauptanbindung für den Flughafen mit einer Fahrzeit von 16 bis 18 Minuten sein. Wenn man diese über die Anhalter Bahn führen würde, was die Bahn jetzt prüft, wären das maximal 8 Minuten mehr, also 25 Minuten. Heute fährt der Flughafenexpress 29 Minuten. Wenn man seitens Berlins bei dem Druck bleibt, dass die Flughafenanbindung im 15-Minutentakt und unter 20 Minuten bleibt, dann muss man sagen, wo das Geld für die Dresdner Bahn herkommt; andernfalls wäre auch ein wechselseitiger Takt zum Beispiel im 30-Minutentakt über die Anhalter Bahn und im 30-Minutentakt die jetzige Streckenführung über das Grünauer Kreuz betriebstechnisch möglich.
Darüber kann man mit der Bahn reden, und das würden wir vorschlagen, wenn man denn mit der Bahn redet.
Papestraße – Herr Gaebler, da sind wir uns sicherlich einig – muss natürlich ein Haltepunkt sein; den Verzicht auf den Autoabstellplatz haben wir schon immer angemahnt. Und da sollten wir, wenn wir jetzt tatsächlich mal auf die konstruktive Ebene kommen – dafür sind wir auch – und Berlin mit der Bahn in Verhandlungen, ernsthafte Gespräche eintritt, dann sollte man auch diese Chance nutzen, den Bahnhof Papestraße abzuspecken, die Fußgängerverbindung zwischen Schöneberg und Tempelhof wieder ins Gespräch bringen; aber den Haltepunkt, den brauchen wir als Zugangsmöglichkeit im Süden Berlins unbedingt.
Ein Satz noch zum Ostkreuz: Zweifellos, Ostkreuz ist für uns die oberste Priorität, daran darf nicht gerüttelt werden. Aber natürlich kann man mal überlegen – –
[Cramer (Grüne): Weil es so heißt und weil es im Osten steht! – Wieland (Grüne): Wir vertreten den Ostteil!]
Ja, Rostkreuz; ich weiß es. Und wir sind sehr wohl daran interessiert, dass das Planfeststellungsverfahren dieses Jahr auch eingeleitet wird. Aber man darf natürlich auch einmal sagen, dass die Sanierung des Ostkreuzes, so wie sie jetzt geplant ist, die Gleisverlegung mit inbegriffen hat, also den so genannten Richtungsverkehr. Das kann man möglicherweise auch noch zeitlich zurückstellen. Denn nur die Neuordnung der Gleise würde allein 300 Millionen DM fressen; wenn man das Geld nicht hat, kann man darüber reden.
Ich möchte noch kurz benennen, mit welchen Forderungen die PDS in Gespräche mit der Bahn eintreten würde. Wir brauchen endlich Realismus in den tatsächlichen Planungen und Kostenbelastungen. Wir brauchen ein betriebsfähiges Streckennetz, das muss erhalten werden. Und wir brauchen die Priorität Ostkreuzsanierung und Bahnhof Papestraße als Haltepunkt. Das würde ich Ihnen gern mit auf den Weg geben. – Schönen Dank!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich habe lange gewartet auf die Botschaft, Frau Matuschek, aber jetzt habe ich sie: Wir sind für ein betriebsfähiges Streckennetz. – Das ist ganz toll, dafür sind wir auch. Ich glaube bloß, da werden Sie in den Verhandlungen mit der Bahn nicht allzu viele Blumentöpfe gewinnen können; also vielleicht etwas konkreter wäre schon nicht schlecht. Worum es hier geht – ich glaube, das haben Sie noch nicht so ganz begriffen –, das ist ja tatsächlich ein Horrorszenario. Wenn man sich vorstellt, dass die Bahn auf den Bahnhof Papestraße verzichtet, dann haben wir nicht nur das dezentrale Bahnhofssystem, das wir eigentlich haben wollten, nicht mehr, sondern wir haben am Lehrter Bahnhof den wirklichen Zentralbahnhof, den der eine oder andere – nicht, Herr Cramer – immer mal beschworen hatte. Den können wir dann, und wenn wir die U 5 auch nicht bauen, verkehrstechnisch überhaupt nicht mehr beherrschen. Da werden Verkehrsströme auftreten, die diesen ganzen Stadtteil lahm legen. interjection: [Cramer (Grüne): Von nix kommt nix!]
Das Ostkreuz, das ist auch schon gesagt worden – ich gehe da sogar noch weiter, Herr Gaebler –, ist nicht nur ein Freilichtmuseum, das ist mittlerweile schon ein Recyclingprojekt, was da läuft. Das ist nicht mehr haltbar, das ist verkehrssicherheitstechnisch nicht mehr haltbar.
Danke für den Beifall aus Bohnsdorf! – Noch schlimmer ist die Flughafenanbindung. Und da geht es nicht nur um die Frage, ist man in 19, 20 oder 21 Minuten am Flughafen, sondern es geht um die Frage: Gefährdet die Bahn durch ihre Entscheidung
die Planfeststellung für den Flughafen Berlin-Schönefeld? – Und wenn sie die Qualität der Flughafenanbindung in Frage stellt, dann tut sie das. Ich weiß, dass aus der PDS- Fraktion dann natürlich großer Beifall aufbraust, man sagt: Prima, den Flughafen wollten wir schon immer nicht. Aber wir wollen den Flughafen, und wir werden es nicht zulassen, dass die Bahn auf diese Art und Weise dieses Projekt in Frage stellt.
Dieses Schrumpfbahnkonzept, was hier vorliegt, ist ein Anschlag auf die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt. Ich darf auch mal dazu sagen: Es geht doch hier nicht um Luxusbauten oder Ausstattungsvorsprünge. Da darf ich mal, Herr Cramer, Ihr Alter Ego auf Bundesebene, Herrn Albert Schmidt, zitieren, der in der „taz“ sagt: Das ist doch eine prima Chance, sich endlich vom Größenwahn der frühen Neunziger zu verabschieden. – Da sage ich mal: Danke schön! Wer solche Freunde hat, Herr Cramer, der braucht keine Feinde mehr.
Das ist wirklich ein prima Vorschlag, und es passt in die grüne Linie. Das ist nun wirklich die letzte Hilfe, die wir an dieser Stelle benötigen. Es geht doch nicht darum, dass wir hier goldene Schlösser bauen wollen. Es geht doch auch nicht darum, dass wir unbillige Forderungen stellen. Sondern es geht darum, dass das Netz hier in Berlin auf den im DB-Netz sonst üblichen Standard gebracht wird, dass wir die Folgen der Teilung überwinden und dass wir einen Eisenbahnknoten herstellen, der diesen Namen auch wirklich verdient. Denn was wir bisher haben, ist kein Eisenbahnknoten; das ist bestenfalls ein aufgegangener Schnürsenkel, mehr nicht. Und das muss doch eigentlich gemeinsames Ziel aller Fraktionen auch hier im Hause sein, dieses Ziel zu verwirklichen.
Die Sparmaßnahmen an der Substanz des Knotens, die jetzt vorgesehen sind oder in Erwägung gezogen werden, sind nicht nur eine Belastung für die Stadt, sondern sie sind letztendlich auch eine Belastung für die Marktchancen der Bahn. Mir ist nicht klar, wie die Bahn in Zukunft tatsächlich Fahrgäste gewinnen will, wenn sie auf diese Art und Weise ihre Chancen fahrlässig in Frage stellt und Bahnhöfe, Haltepunkte in dieser Stadt abschafft, die Qualität der Verbindung zum Flughafen verringert. Das alles sind Punkte, die auch den wirtschaftlichen Erfolg der Bahn gefährden.
Zu den Schwierigkeiten, die bei der Knoten GmbH aufgetreten sind, brauche ich nicht mehr viel zu sagen. Herr Gaebler hat dazu schon einiges in drastischen Worten gesagt, das ist sicherlich alles nicht ganz berühmt, was dort gelaufen ist. Sicher wird uns Herr Cramer erzählen, dass daran aber letztendlich auch der Senat schuld gewesen ist, weil er an allem schuld war. Aber tatsächlich ist das Missmanagement in diesem Bereich unübersehbar; daran kann man nicht rütteln. Wir haben im Ausschuss mehrfach darüber gesprochen. Bis zuletzt wurden eigentlich immer utopische Fertigstellungsdaten genannt, wo wir alle schon wussten, das kann nicht mehr stimmen. Mittlerweile ist die Wahrheit heraus. Wir wissen, wie es jetzt aussieht. Aber es nutzt ja auch nichts, nachzukarten. Die Frage ist, wie geht man mit der weiteren Fragestellung um.
Merkwürdig still ist bei dieser ganzen Diskussion die rot-grüne Bundesregierung. Da tut man so, als würde einen das alles gar nichts angehen, als wäre das so eine Art Unterhaltung zwischen Berlin und der Bahn und als wäre der Bund aus der ganzen Geschichte heraus. Dabei hat nicht die Deutsche Bahn die Verantwortung für die Erfüllung des Bundesverkehrswegeplans
und für die Projekte Deutsche Einheit, sondern ohne Zweifel die Bundesregierung. Es ist, um das einmal ganz klar zu sagen, keine Privatangelegenheit zwischen Herrn Mehdorn und Herrn Diepgen, zwischen der Bahn und Berlin, sondern es ist eine Sache, in der sich Herr Klimmt und Herr Schröder nicht einfach mit verschränkten Armen hinsetzen können und sagen: Na, ist egal, wie die Anbindung der Hauptstadt ist; das müssen die untereinander regeln. – Statt Verantwortung für diese zugesagten und vereinbarten Verkehrsprojekte zu übernehmen, zwingt die Bundesregierung Bahnchef Mehdorn letztlich dazu, sich selbst den Ast abzusägen, auf dem er sitzt. Und wie so der Sprung, Frau Matuschek, von der Behördenbahn zum börsennotierten Unternehmen – was Sie offensichtlich fürchten, was wir erhoffen –, wie dieser Schritt erreicht werden soll mit einem solchen Programm, das ist mir allerdings vollkommen schleierhaft.
Und die Haltung der Bundesregierung ordnet sich an dieser Stelle leider ein in eine Reihe trauriger Fehlentscheidungen. Da haben wir den Verzicht auf den Ausbau der Bahnstrecke Berlin München, ein erster Anschlag auf das Gesamtkonzept, aus Kostengründen. Natürlich, immer alles vertretbar und verständlich; Herr Cramer hat das ja auch begrüßt; das ist alles ganz toll, dass man darauf verzichtet, sparen sollte man ja auch immer am Ausbau in Berlin, das ist klar. Also weiterhin im Bummelzugtempo durchs Saaletal.
Dann weiterhin, da kommt ja noch was in der langen Liste, Verzicht auf den Transrapid, prima Sache. Es sollte praktisch innerhalb von Jahresfrist die ICE-Anbindung stehen. Wir wissen mittlerweile: Der Ersatz geht so schnell dann auch wieder nicht, und da sind unerwartete Schwierigkeiten aufgetreten, also geht auch nicht so gut. Wir alle sparen ja sehr gern und tun das auch mit Konsequenz,
aber Sparnotwendigkeiten, Herr Wieland, entdeckt die rot-grüne Bundesregierung immer merkwürdigerweise in der Verkehrsanbindung Berlins, während man bei der Eisenbahnstrecke Frankfurt - Köln, die Nordrhein-Westfalen berührt, merkwürdigerweise sagt: Da sind die Kosten auch gestiegen, aber da kann man eben nichts machen, da muss man nachfinanzieren. Das ist eine merkwürdige Haltung, die wir jedenfalls so nicht nachvollziehen können. Und der Senator Strieder hat in einer Zeitung die Verkehrspolitik der rot-grünen Bundesregierung gelobt und sagt, jetzt werden endlich einmal die Projekte, die die alte Bundesregierung angeschoben hat, auf den Prüfstand gestellt. Da kann ich nur sagen: Prima, da haben wir ja schon ein wunderbares Ergebnis dieser ersten Prüfstände. Berlin ist Leidtragender des Prüfstandverfahrens. Wenn wir das begrüßen sollen, dann weiß ich nicht – – Und, wie gesagt, Ihr Kollege Herr Schmidt von den Grünen ist im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, und er wird es mit in der Hand haben, und Sie werden sicherlich auf ihn einwirken, dass er hier vernünftige Entscheidungen auch im Sinne der Verkehrsanbindungen Berlins trifft. Bisher, Herr Cramer, war davon noch wenig zu merken. Dann kommt die Lieblingsvorstellung, Herr Cramer, auf die ich auch noch einmal eingehen muss. Es war ein ganz wunderbarer Vorschlag von Ihnen. Es toppt das Ganze noch, wenn Sie sagen, dass wir gleich noch auf die Autobahnanbindung des Flughafens Schönefeld verzichten können, wenn wir schon auf den Transrapid und die Bahnverbindung Berlin-München verzichten. Das ist eine wunderbare Idee. Die Milliarde DM soll für den Bahnausbau genommen werden. Sie wissen genauso gut wie jeder hier im Haus, dass das Geld weg ist, wenn der Bund darauf verzichtet; das Geld verschwindet im großen schwarzen Loch des Bundeshaushalts. Das sehen Sie nicht wieder. Vielleicht sehen es irgendwelche Autobahnprojekte wieder, auf die sich die Grünen mit der SPD in Nordrhein-Westfalen verständigt haben, aber sonst wird es niemand sehen.
Hier ist ein dringendes Umsteuern auch in der Haltung der Bundesregierung nötig. Dass dies so ist, ist nicht nur meine Auffassung, sondern auch die Auffassung der Umweltverbände, die
sich mit der Deutschen Bahn AG zusammengefunden haben und in einer gemeinsamen Erklärung deutlich sagen: