Protocol of the Session on January 23, 2025

Insofern steht es um die Chancen und um die Hoffnung, dass aus diesem zumindest nach meinem Verständnis eigentlich der Aufklärung verpflichteten Milieu nennenswerte Impulse zu erwarten sind, die dem Wunsch der deutlichen Mehrheit der Bevölkerung nachkommen, weiterhin schlecht.

Gleichzeitig zeigen obige Ergebnisse sehr deutlich, dass es offensichtlich eine riesige Diskrepanz in der Wahrnehmung der Coronazeit und der damit verbundenen Maßnahmenpolitik gibt. Wer ein milieuübergreifendes Umfeld hat und mit offenen Ohren und offenem Geist ins Gespräch geht, wird dies immer wieder feststellen. Es sind sich selbst bestätigende Meinungs- und Wahrnehmungsblasen entstanden, die einander teils mit roher Verachtung gegenüberstehen; das jeweilige Interesse an einer anderen, abweichenden Perspektive, einer anderen Wahrnehmung und Wirklichkeit ist in diesem Zusammenhang weitgehend abwesend. Ein Gemeinwesen, welches sowohl im Alltag als auch insbesondere in Krisensituationen zwingend auf Solidarität angewiesen ist, kann sich einen solchen Zustand auf Dauer nicht leisten.

(Beifall BSW sowie vereinzelt AfD)

Was ist also zu tun? Wir müssen einen Rahmen schaffen, in dem diese teils völlig unterschiedlichen Perspektiven und Wirklichkeiten öffentlichere Aufmerksamkeit bekommen, insbesondere jene, welche in der öffentlichen Berichterstattung im besten Fall stiefmütterlich behandelt werden, wenn sie denn überhaupt Beachtung finden, und dies in einem herrschaftsfreien Diskurs. Das heißt: Es gibt keine Hierarchie zwischen den Diskursteilnehmern, alle haben die gleiche Möglichkeit, ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen und zu begründen, niemand wird zum Schweigen gebracht, niemand beansprucht für sich die Diskurshoheit.

Einige, wenn auch nicht alle Aspekte, die hier besondere Beachtung erhalten sollen, finden sich im Einsetzungsbeschluss, über den wir heute abstimmen.

Ich möchte einen zweiten Aspekt ansprechen. Wie begann das alles? Ich meine hiermit nicht die Pandemie, sondern die politischen Maßnahmen, welche, verursacht durch Lockdowns, Schulschließungen, Geschäftsschließungen, Berufsverbote, Impfdruck durch 2G bis hin zum Impfzwang in Gesundheitsberufen und in der Bundeswehr bei Millionen von Betroffenen zu psychischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schäden führten.

Nachdem die WHO am 11. März 2020 eine globale Pandemie ausgerufen hatte, reagierten Bundes- und Landesregierung mit weichreichenden Maßnahmen auf der Grundlage des im Jahr 2017 aktualisierten Nationalen Pandemieplans, welcher noch am 3. März 2020 durch einen spezifischen Plan zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ergänzt worden war. Dieser sah insbesondere vor, das Virus in seiner Ausbreitung einzudämmen, eine Überlastung der Gesundheitssysteme zu vermeiden und zugleich – das möchte ich betonen – das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Dieser planmäßige Weg wurde innerhalb weniger Tage schlagartig verlassen, und sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierungen beschlossen am 22. März 2020 bisher nie gekannte und nicht plangemäße Kontaktbeschränkungen. Bereits drei Tage später, am 25. März 2020, beschloss der Deutsche Bundestag im Eilverfahren das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, welches diesen neuen, unbestimmten Rechtsbegriff als Ergänzung in das Infektionsschutzgesetz einfügte und zugleich das Bestehen einer solchen epidemischen Lage von nationaler Tragweite feststellte.

Damit wurde die Gewaltenteilung teilweise aufgehoben, die Bundes- und die Landesregierungen wurden befristet zum Erlass besonderer Rechtsverordnungen ermächtigt, die auch Grundrechtseinschränkungen zuließen. Hartnäckigen Journalisten des Magazins „Multipolar“ ist es zu verdanken, dass nach jahrelangem Prozessieren die Protokolle des Corona-Krisenstabes, zunächst in einer reichlich geschwärzten Version, das Licht der Öffentlichkeit erblickten.

(Beifall BSW)

Sie geben einen umfänglichen Einblick, wie letztlich nicht nur in diesen entscheidenden Tagen das eigentlich dafür vorgesehene staatliche – ich sage es einmal in Anlehnung an Begrifflichkeiten aus dieser Zeit salopp – Team Wissenschaft aus dem Spiel genommen wurde und mehr oder weniger entgegen der eigenen fachlichen Einschätzung veranlasst wurde, auf politische Weisung zu handeln und zu kommunizieren.

Nun ist zu fragen: Wie konnte das passieren? Der kommende Bundestag ist ganz klar in der Pflicht, dies im Rahmen eines Untersuchungsausschusses zu klären. Damit sind wir hier in Brandenburg überfordert.

Die meines Erachtens wichtigere Frage in Brandenburg, weil es hier bereits Untersuchungsausschüsse gab

(Lars Hünich [AfD]: Aber Sie kommen ja nicht rein!)

ich bin sehr optimistisch, Herr Hünich – ist: Wie kann so etwas in Zukunft verhindert werden? Dies kann nur im Rahmen einer Enquetekommission sinnvoll geklärt werden.

Ich appelliere an alle: Verlassen Sie Ihre Blase, und hören wir einander endlich aufmerksam und respektvoll zu. – Ich bedanke mich und bitte um Zustimmung.

(Beifall BSW und SPD sowie vereinzelt AfD)

Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Für sie spricht Herr Prof. Dr. Schierack.

Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauer! Alle 56 Jahre kommt es zu einer Pandemie. Wissenschaftler haben Ausbrüche, Pandemien und Epidemien der letzten 400 Jahre analysiert und sind zu der Auffassung gekommen, dass das Auftreten von Pandemien in einer Größenordnung von 2 % liegt.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Das war keine Pande- mie!)

Das hört sich erst einmal nicht nach sehr viel an, aber die schlechte Nachricht lautet: Aufgrund der Globalisierung hat sich die Dynamik von Pandemien deutlich verstärkt. Denken Sie an die Epidemien der letzten 25 Jahre, an die Asiatische Grippe, an die Hongkong-Grippe, an SARS 1. Die nächste Pandemie wird also kommen. Nehmen Sie deshalb die Coronapandemie als „Proxy“, als sogenannten Stellvertreter für zukünftige Pandemien.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja.

Herr Dr. Berndt.

Vielen Dank, Herr Prof. Schierack, dass Sie die Frage zulassen. Das ist jetzt eine echte Frage. Halten Sie das, was die WHO Pandemie genannt hat – mit diesen Voraussetzungen: Krank ist, wer einen positiven PCR-Test hat – für eine echte Pandemie?

Herr Abgeordneter, ja, es war eine Pandemie.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Eine echte?)

Ja. – Diese Pandemie, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, hat uns eine Fülle von Aufgaben gegeben. Zahlreiche Bereiche sind konfrontiert gewesen. Ich denke an die Politik, die Gesellschaft, die Justiz, das Klinik- und das Pflegepersonal, ärztliche Praxen, Schüler, Studenten, Kranke und Pflegebedürftige. Die Gesundheitsämter waren gefordert, Labore, Schule, Hochschulen, Industrie, Tourismus – das alles wurde angesprochen – , die Gastronomie, Unternehmer, Beschäftigte, Selbstständige, Künstler, Seelsorger.

In der Pandemie haben sich zwischen jenen, denen die Maßnahmen immer zu weit gegangen sind, und jenen, die immer stärkere Restriktionen gefordert haben, verschiedene Spannungsfelder aufgetan. Genau darüber müssen wir reden. Meiner Meinung nach muss deshalb eine konstruktive Aufarbeitung erfolgen, nicht im Sinne eines Untersuchungsausschusses, sondern im Sinne einer Analyse, die als wichtiges Instrumentarium gilt, um es in Zukunft besser zu machen.

Die Coronapandemie hat uns vor Augen geführt, wie das Leben plötzlich auf den Kopf gestellt werden kann, wie Regeln tatsächlich das Leben bestimmen und Maßnahmen unsere Gewohnheiten einschränken können, in der guten Hoffnung, Leben zu schützen. Doch waren all diese Regeln, all diese Maßnahmen gerechtfertigt und richtig? Meine Damen und Herren, einige Regeln waren sicherlich sinnvoll, andere sicherlich nicht. Einige Regeln wurden sogar von den Gerichten gekippt. Ja, wir waren auf diese Coronapandemie leider nicht richtig vorbereitet. Wir hätten besser vorbereitet sein können. Aus diesen Erfahrungen sollten wir lernen.

Es sind also wichtige Fragen zu beantworten: Wie begegnet man dem Konflikt zwischen dem Infektionsschutz Älterer und vulnerabler Menschen und deren Wunsch nach Nähe, Familie und Kontakten zu anderen Menschen? Wie können wir sicherstellen, dass Menschen, die besonders gefährdet sind, sei es aufgrund des Alters, aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung, aufgrund ihrer sozialen Situation, mit Würde behandelt werden – und das im Spannungsfeld mit demjenigen Teil der Gesellschaft, der auch in einer Krise unbeschränkte Freiheit und Selbstbestimmung fordert?

Wir benötigen also eine Richtschnur für die Zusammenarbeit von Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft – und hier ist einiges schiefgelaufen. Politik benötigt natürlich wissenschaftliche Beratung, aber Politik darf sich nicht hinter der Wissenschaft verstecken. Und Wissenschaft wiederum sollte nicht politische Forderungen bedienen, wie es leider vorgekommen ist. Wissenschaft muss unabhängig bleiben.

Forschung wiederum war während der Pandemie zu langsam, schlecht koordiniert und scheiterte oft an bürokratischen Hürden. Daten müssen viel schneller erhoben werden, zum Beispiel mit Ad-hoc-Studien, sie müssen vergleichbar sein, und ihre Qualität muss schnell überprüfbar sein.

(Dennis Hohloch [AfD]: Das ist unfassbar!)

Wir benötigen also eine gestärkte, gut organisierte Wissenschaftslandschaft und ein effektives Surveillance-System zur Überwachung von Krankheitserregern.

Meine Damen und Herren, die Pandemie ist vorbei, aber die Nachwehen sind immer noch zu spüren. Schon deshalb sollten wir die Fehler, die während der Pandemie gemacht worden sind, nicht wiederholen und keine Gräben vertiefen, sondern im Gegenteil versuchen, in Politik und Gesellschaft Brücken zu bauen und insgesamt zusammenzukommen.

Es geht nicht um Abrechnung. Es geht auch nicht um Rechthaberei. Es geht um eine konstruktive Aufarbeitung, um einen guten Teil von Fehlerkultur. Eine Aufarbeitung der Coronapandemie, wie ich mir sie vorstelle, kann helfen, die Wunden, die in der Coronazeit entstanden sind, zu heilen und auch ihre Ursachen zu beheben.

Wir sollten in Zukunft besser vorbereitet sein – darum geht es –, sei es durch klare Richtlinien, durch Warnsysteme, durch das Vorhandensein von medizinischen Schutzmaßnahmen und durch Vorhaltung von ITS- und von Krankenhausbetten. Darum geht es: Im Notfall müssen wir Leben retten. – Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD und BSW)

Die Rede von Prof. Dr. Schierack hat eine Kurzintervention ausgelöst. – Herr Hünich. Bitte schön.

(Beifall AfD)

Herr Präsident! Ich hatte versucht, mich rauszuhalten, aber vor allem mit Blick auf diese Coronageschichte sind Sie nun einmal eine Regierungspartei, ob Sie das wollen oder nicht. – Numero eins: Wir hatten hier ja schon gehört, dass in diesem Zeitraum der erste Coronatote gemeldet wurde. Ein paar Wochen später ist Februar. Im Februar hätten Sie wissen müssen, dass dieses Virus überhaupt nicht das Virus ist, das Sie bekämpfen wollten – das zeigt nämlich die Heinsberg-Studie von Herrn Streeck.

(Zuruf des Abgeordneten Udo Wernitz [SPD])

Ganz ehrlich: Ich bin dafür, dass wir aus der Blase rauskommen, aber ihr kommt ja nicht aus eurer Blase raus.

(Beifall AfD)

Sie reden von Wissenschaftsfreiheit. Sie haben Wissenschaft eingeschränkt, Sie haben Wissenschaft diskreditiert und Sie haben Wissenschaft ausgeschlossen. Wir haben – neben den RKI-

Files – in diesem Untersuchungsausschuss festgestellt, dass alles, was Sie getan haben, nicht angemessen war, nicht erforderlich war und vor allen Dingen politisch war.

Ich bin dafür, dass wir gemeinsam etwas tun und wir irgendwann auch verzeihen – das ist überhaupt kein Thema –, aber ihr habt noch nicht einmal reflektiert, was für Fehler ihr gemacht habt.

(Beifall AfD)

Sie reden davon, dass die Daten schneller erfasst werden müssen. Sie haben überhaupt keine Daten erfasst! Null! Sie haben bis heute keine Daten darüber, wer von denjenigen, die Long Covid haben, geimpft ist. Und warum ist das so? Weil Sie sich vor der Antwort fürchten – weil Sie Angst davor haben.