Protocol of the Session on January 23, 2025

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Ach nein! Das ist der Be- weis?)

Sie wissen es also nicht besser. Sie wissen aber, wie die parlamentarische Kontrolle funktioniert, wie dieses Haus arbeitet. In ihrer Not schreibt die AfD dann auch noch aus unserem Koalitionsvertrag ab.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Da war die Not aber groß!)

Da steht nĂ€mlich, dass Ministerweisungen gegenĂŒber der Staatsanwaltschaft zukĂŒnftig schriftlich zu erfolgen haben und auch aktenkundig zu machen sind. Ich bin mir relativ sicher, dass mein sehr geschĂ€tzter Kollege von Ossowski nachher noch dazu ausfĂŒhren wird.

Ich möchte aber gar nicht ĂŒber unseren Koalitionsvertrag reden, sondern noch einmal zu Ihrem Antrag kommen. Das Fazit ist und bleibt: Sie wollten mit diesem Antrag Erregung und Empörung generieren. Das ist Ihnen nicht gelungen.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Bei Ihnen hat es doch geklappt!)

Was Sie uns hier servieren, ist fade und langweilig. Wir werden diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall SPD – Zurufe von der AfD)

Wir fahren entsprechend der Rednerliste fort. Das Wort hat nun fĂŒr die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Eichelbaum.

Sehr geehrter Herr PrĂ€sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Sicht der CDU-Fraktion besteht bei dem Thema Weisungsrecht der Justizminister keinerlei Änderungsbedarf. Unsere Justiz war, ist und bleibt neutral; das ist das Fundament unseres Rechtsstaates. DafĂŒr möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal den BeschĂ€ftigten in den Justizbehörden meinen ausdrĂŒcklichen Dank und Respekt aussprechen. Ihre tagtĂ€gliche Arbeit verdient höchste Anerkennung.

(Beifall CDU und SPD)

Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion zeichnet ein Zerrbild der RealitĂ€t. Sie werfen unserer Justiz implizit vor, ein politischer Spielball, ein verlĂ€ngerter Arm der Landesregierung zu sein. Das ist schlichtweg falsch. Und: Das ist nicht nur falsch, sondern das ist auch gefĂ€hrlich. Mit solchen Unterstellungen beschĂ€digen Sie das Vertrauen der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger in die Justiz, Vertrauen, das ein zentraler Pfeiler unseres demokratischen Systems ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD])

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die StaatsanwĂ€ltinnen und StaatsanwĂ€lte in unserem Land arbeiten nach Recht und Gesetz und genießen das vollste Vertrauen dieses Hauses. Auch das von Ihnen in Ihrem Antrag angesprochene EuGH-Urteil ist kein Argument fĂŒr die Abschaffung des Weisungsrechts des Justizministers.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Was denn sonst?)

Hören Sie einmal zu, Herr Dr. Berndt; dann lernen Sie vielleicht noch etwas.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Da bin ich gespannt!)

Der EuGH entschied zwar, dass die StaatsanwĂ€lte in Deutschland keinen EuropĂ€ischen Haftbefehl ausstellen dĂŒrfen, weil sie nicht vollstĂ€ndig unabhĂ€ngig seien.

(Dr. Hans-Christoph Berndt [AfD]: Ach?)

Diese Problematik wurde aber im Einvernehmen mit allen Landesjustizverwaltungen und dem Bundesjustizministerium geklĂ€rt. ZustĂ€ndig fĂŒr den Erlass des EuropĂ€ischen Haftbefehls ist jetzt nĂ€mlich grundsĂ€tzlich der Ermittlungsrichter. Dieser entscheidet natĂŒrlich in garantierter richterlicher UnabhĂ€ngigkeit.

Meine Damen und Herren, wir sprechen hier vor allen Dingen ĂŒber ein theoretisches Problem.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Gleich. Ich wĂŒrde gern die AusfĂŒhrungen beenden; dann lasse ich die Frage zu.

In den letzten 30 Jahren – Kollegin Fischer hat es angesprochen – wurden in Brandenburg kaum Weisungen erteilt. Externe Weisungen dienen in erster Linie dazu, eine sachgerechte Handhabung der strafprozessualen und strafrechtlichen Vorschriften und damit eine einheitliche Strafrechtspflege zu gewĂ€hrleisten. Das von der AfD angefĂŒhrte Schreckgespenst einer einzelfallbezogenen politischen Weisung seitens des Justizministers existiert nicht und wĂ€re bereits nach geltendem Recht unzulĂ€ssig.

(Beifall CDU)

Herr PrÀsident, jetzt antworte ich gern auf die Frage von Herrn Dr. Berndt.

Herr Dr. Berndt, ich werte das als Möglichkeit, jetzt die Frage an den Abgeordneten zu stellen.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr PrĂ€sident, und bei Ihnen, Herr Kollege Eichelbaum, dafĂŒr, dass ich die Frage stellen darf. – Herr Eichelbaum, nun erklĂ€ren Sie doch einmal einem Unwissenden

Sie haben es eben dargelegt –: Der EuropĂ€ische Gerichtshof hat gesagt, die Staatsanwaltschaft sei weisungsgebunden. Er hat es am Fall des EuropĂ€ischen Strafbefehls ausgefĂŒhrt. Im Fall des EuropĂ€ischen Strafbefehls ist es jetzt zu einer Regelung gekommen, die den EinwĂ€nden des EuropĂ€ischen Gerichtshofs den Wind aus den Segeln nimmt. Aber ist damit die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft abgeschafft oder existiert sie weiter?

(Zuruf der Abgeordneten Tina Fischer [SPD])

Ich gehe noch einmal darauf ein – Sie hĂ€tten besser zuhören sollen –: Auf der einen Seite gab es Kritik an den ZustĂ€ndigkeiten der Staatsanwaltschaft. Aber die Landesjustizverwaltungen und auch das Bundesjustizministerium haben dann klargestellt, dass der Ermittlungsrichter fĂŒr den EuropĂ€ischen Haftbefehl zustĂ€ndig ist. Der Ermittlungsrichter ist natĂŒrlich weisungsunabhĂ€ngig. Dadurch ist das theoretische Problem, das hier aufgestellt wurde, erledigt.

Ich komme zu weiteren Argumenten, die im Zusammenhang mit der Weisungsgebundenheit anzufĂŒhren sind. Ich möchte aber noch einmal betonen: Wir sollten hier nicht immer vor allem solche rechtstheoretischen Debatten fĂŒhren, sondern wir sollten uns den Themen widmen, die die Menschen in unserem Land bewegen.

(Dennis Hohloch [AfD]: Dieses Thema bewegt die Men- schen!)

Vor allen Dingen geht es um die StĂ€rkung unserer Justiz. Es geht natĂŒrlich auch um die Beschleunigung von Verfahren. Es geht um die konsequente Verfolgung von Straftaten und um Digitalisierung. Ihnen geht es in Wirklichkeit gar nicht um die UnabhĂ€ngigkeit von Justiz. Ihnen geht es doch um populistische Schlagworte.

Lassen Sie noch eine Frage zu?

Nein, jetzt lasse ich keine Frage mehr zu. – Sie verschweigen nĂ€mlich, dass das externe Weisungsrecht – jetzt komme ich dazu, Herr Dr. Berndt – ein notwendiges Instrument der demokratischen Kontrolle ist. Es ist auch verfassungsrechtlich abgesichert. Die Staatsanwaltschaft gehört zur Exekutive, nicht zur Judikative. Ihre Arbeit unterliegt dem LegalitĂ€tsprinzip. Das heißt, sie muss bei tatsĂ€chlichen Anhaltspunkten fĂŒr Straftaten tĂ€tig werden, unabhĂ€ngig von politischen ErwĂ€gungen. Aber der Justizminister ist auch oberster Dienstherr und damit dem Parlament gegenĂŒber rechenschaftspflichtig. Ohne Weisungsrecht wĂ€re die Staatsanwaltschaft jeder parlamentarischen Kontrolle entzogen, und das wĂ€re mit dem Grundgesetz unvereinbar.

(Beifall CDU)

Das in § 147 Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebene externe Weisungsrecht des Justizministers ist auch gesetzgeberischer Ausfluss des in Artikel 20 Grundgesetz verfassungsrechtlich festgeschriebenen Demokratieprinzips. Nach der stÀndigen

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verbietet sich nÀmlich ein weisungsfreier Raum innerhalb der Exekutive. Ausgenommen davon sind nach dem Grundgesetz selbstverstÀndlich die Gerichte als judikative Gewalt; sie sind weisungsfrei und unabhÀngig.

Lassen Sie mich bitte auch dies klarstellen – Frau Kollegin Fischer ist schon darauf eingegangen –: Das Weisungsrecht ist streng begrenzt. Es darf nur auf rechtlich und sachlich begrĂŒndeten ErwĂ€gungen beruhen. Ein Missbrauch hĂ€tte schwerwiegende Konsequenzen bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung auch des Justizministers.

Wir lehnen deshalb den Antrag der AfD ab. Unsere Justiz ist neutral, unabhÀngig und ein Garant des Rechtsstaats, und das soll auch so bleiben.

(Beifall CDU und SPD sowie vereinzelt BSW)

Wir fahren in der Rednerliste fort. FĂŒr die Fraktion des BSW spricht der Abgeordnete von Ossowski. Bitte schön.

(Beifall BSW)

Herr PrĂ€sident! Meine Damen und Herren und die vielen Hundert Zuschauer am Livestream! Hallo nach oben auf die TribĂŒne an die paar Zuschauer! Ja, ich darf das erste Mal in diesem Hohen Haus sprechen; danke schön. Irgendwann ist immer das erste Mal.

Ich möchte das gern als eine sachliche, juristische Debatte sehen. Wir hĂ€tten ĂŒber dieses Thema hier im Zweifel nicht sprechen mĂŒssen, weil es auf der Bundesebene angesiedelt ist. Das Gerichtsverfassungsgesetz ist Grundlage fĂŒr die UnabhĂ€ngigkeit unserer Gerichte und Richter. FĂŒr die Arbeit der StaatsanwĂ€lte ist es die rechtliche Grundlage. Mir bleibt insofern nichts anderes ĂŒbrig als Sie zu loben, Herr Eichelbaum. Denn ich sage eines: Auch StaatsanwĂ€lte sind Menschen. Das glaubt man gar nicht.

(Heiterkeit CDU)

Unsere StaatsanwĂ€lte sind fleißig, arbeiten hart und viel und unterliegen je nach Dezernat einer großen psychischen Belastung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im mittleren Dienst sind ganz eng gestrickt in ihrer Arbeitsbelastung; sie unterliegen einer großen ArbeitsintensitĂ€t. Die StaatsanwĂ€lte sind einigermaßen auskömmlich ausgestattet. Die Planstellen sind gut besetzt, soweit ich weiß. Da gibt es keine großen Probleme. Im mittleren Dienst haben wir aus meiner Sicht tatsĂ€chlich Nachholbedarf.

Insofern unterliegen die StaatsanwĂ€lte tatsĂ€chlich der Aufsicht und Leitung der Landesjustizverwaltungen und damit auch dem Justizministerium. Sie hĂ€tten natĂŒrlich, Herr Eichelbaum, auch aus unserem Koalitionsvertrag zitieren können. Das haben Sie nicht getan.

(Steeven Bretz [CDU]: Ja nun, das ist auch nicht sein Job!)

Aber Sie finden sicherlich gut, was wir hineingeschrieben haben.