Protocol of the Session on June 22, 2023

„Der Ausschuss für Haushaltskontrolle betrachtet aufgrund seiner vergangenheitsorientierten Funktion die Beratung zum oben genannten Bericht als abgeschlossen und verweist auf die Aktivitäten der Fachausschüsse.“

Ich könnte jetzt sagen: Das könnte man auch als Arbeitsverweigerung im Ausschuss bezeichnen. - Ich war ein bisschen überrascht, dass auch jemand von der AfD-Fraktion diesen Beschlussvorschlag unterschrieben hat. Das zeigt, dass auch in diesem Ausschuss die AfD nicht immer ihrer oppositionellen Funktion nachkommt.

Sehr dankbar bin ich meinem Kollegen Domres, der mich an dem Tag vertrat, und auch dem Ausschussvorsitzenden, Herrn Dr. Zeschmann. Beide haben versucht, mit ihren Vorschlägen die Beschlussempfehlungen zu qualifizieren. Aber die Koalitionsmehrheit hat gestanden und sich somit weiterer Beratung an dieser Stelle verweigert. Ich hoffe trotzdem, dass wir auf Landesebene bei der OZG-Umsetzung endlich in die Puschen kommen und digitale Verwaltungsleistungen auch in Brandenburg zum Standard werden.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt aus dem Jahresbericht 2022, auf den ich kurz eingehen möchte, ist die Feststellung des Landesrechnungshofs, dass die 500-Millionen-EuroReserve mit dem Jahresabschluss 2021 an das Sondervermögen „Brandenburgs Stärken für die Zukunft sichern“ abgeführt worden ist. Der Landesrechnungshof hat diesbezüglich im Bericht seine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht. Begründet werden diese zum einen damit, dass diesen Mitteln kein Finanzierungsbedarf zugrunde gelegen habe. Zum anderen habe das Finanzministerium ohne eine substanzielle Einfluss- oder Entscheidungsmöglichkeit des Parlaments über das Ob und die Höhe der Zuführung entschieden.

Diese Bedenken kann man sicherlich teilen oder nicht teilen. Ich möchte daran erinnern, dass meine Fraktion mit zahlreichen parlamentarischen Initiativen - bis hin zur Vorlage eines Nachtragshaushalts - versucht hat, Abhilfe zu schaffen und diese Mittel dem Landeshaushalt für dringend notwendige Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, um die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch im Jahr 2022 abzumildern. Diese Initiativen haben Sie alle abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ich danke für die Beratungen und die Zusammenarbeit zu den Berichten. Für das kommende Jahr wünsche ich mir ein wenig mehr Willen seitens der Koalition, die vom Rechnungshof aufgezeigten Probleme tatsächlich anzugehen. Der Beschlussempfehlung werden wir zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Bischoff [SPD] und Petra Budke [B90/GRÜNE])

Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Redebeitrag des Abgeordneten von Gizycki für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Bitte schön.

(Beifall B90/GRÜNE)

Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Johlige, das würde ich so nicht unterschreiben. Wir nehmen das Thema sehr ernst und verfolgen die Berichte des Landesrechnungshofs auch im Detail. Wir lassen uns weiterhin berichten. Den Eindruck, den Sie hier kommuniziert haben, teile ich absolut nicht.

Auch von mir erst mal herzlichen Dank an den Landesrechnungshof, der unseren Ausschuss wieder mit hervorragenden Vorlagen und Berichten über die Zustände in der Landesregierung informiert hat. Auch ein Dank für die Mitarbeit der Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss.

(Beifall der Abgeordneten Schäffer [B90/GRÜNE] - Vida [BVB/FW]: Sie brauchen einen Rechnungshof, um zu wis- sen, was da los ist?!)

Ich möchte den Blick jetzt kurz auf die letzten Jahre richten. Finanzpolitisch waren es wirklich entscheidende und außergewöhnliche Jahre - infolge der Coronapandemie und auch des Angriffskriegs in der Ukraine. Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass Ende des Jahres 2020 ein Minus von 1,7 Milliarden Euro - unter anderem wegen der Coronapandemie - bestand. Dafür haben wir Schulden in Höhe von 1,6 Milliarden Euro aufgenommen. Der Rest kam aus der Rücklage. Von diesen 1,6 Milliarden Euro Schulden haben wir letztendlich nur 615 Millionen Euro direkt im Zusammenhang mit Coronapandemie ausgegeben. Der Rest, fast 1 Milliarde Euro, ist konjunkturbedingt angefallen und ist inzwischen auch zurückgezahlt, weil die letzten beiden Jahre erfolgreicher waren als geplant und wir deutlich mehr Steuereinnahmen hatten. Das heißt, wir haben knapp 1 Milliarde Euro an Schulden zurückgezahlt. So viel zur Leistungsfähigkeit dieses Landes.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Dennoch führt die massive Nettokreditaufnahme der vergangenen Jahre zu einem Anstieg des Schuldenstandes des Landes, der sich inzwischen auf 21,8 Milliarden Euro erhöht hat. Das mahnte der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht auch mit Recht an. Die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes Brandenburg erhöhte sich im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um weitere 133 Euro. Brandenburg wies auch ein strukturelles Defizit von 730 Millionen Euro aus, obwohl sich die Konjunktur wesentlich besser entwickelte als erwartet. Aus Sicht des Landesrechnungshofs sollten zwingend Konsolidierungspotenziale geprüft und ausgeschöpft werden, andernfalls sieht er die langfristige Tragfähigkeit des Haushalts in Gefahr.

Die in den Jahren 2020 und 2021 notlagenbedingt aufgenommenen Schulden führen zu einer jährlichen Tilgungspflicht von 85,3 Millionen Euro, die die künftigen Haushalte belastet. Deswegen mahnt er weiter, dass die Versorgungsausgaben entsprechend geprüft werden sollen. Er fragt auch, ob man das nicht

noch mal kritisch diskutieren sollte. Ich denke, ja. Dessen sind wir uns bewusst. Die Koalition ist die Gesamtverschuldung nicht leichten Herzens eingegangen.

(Domres [DIE LINKE]: Na, na, na!)

Die Zahl selbst hat jedoch überhaupt keinen Aussagewert; wir müssen sie ins Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Landes setzen. Aussagefähiger ist zum Beispiel die Schuldenquote, das Verhältnis zur Wirtschaftskraft. Die Wirtschaftskraft des Landes hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich erholt. Natürlich gibt es angesichts dieser vielen parallelen Krisenherde keine Patentlösung, aber wenn wir aus der Geschichte eines gelernt haben, dann doch wohl, dass man nicht in die Krise hineinspart.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Wir sind ein starkes Land, und das wollen wir auch bleiben. Brandenburg hat hervorragende Chancen, die es zu nutzen gilt. Hier darf Politik nicht nur auf die Finanzen schauen. Sie muss das ganze Land im Blick haben, sie muss vor allem vorausschauend sein. Wenn es uns nämlich jetzt gelingt, allen Menschen, auch denen, die heute zahlreich nach Brandenburg kommen, hier eine gute Zukunft zu geben, wenn wir die Transformation unserer Energieversorgung und unserer Wirtschaft schnell und reibungsarm hinbekommen, wenn wir auch in Zukunft eine leistungsfähige Infrastruktur haben, wenn wir unsere Kinder besser bilden, dann sichern wir damit nicht nur die Zukunft unseres Landes, sondern nebenbei auch den Haushalt und die Leistungsfähigkeit. Das ist es wert, denke ich. Das ist jedenfalls unsere Argumentation dafür, dass diese Schulden, die wir in der Zeit der Krise aufgenommen haben, sinnvoll und richtig waren. Ich bitte um Zustimmung zu den Vorlagen. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. - Jetzt spricht für die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER noch mal der Abgeordnete Zeschmann zu uns, dieses Mal als Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Ich hatte schon in meinem Bericht als Vorsitzender des Haushaltskontrollausschusses darauf hingewiesen, dass es auch in diesem Jahr zu einigen Kapiteln des Landesrechnungshofberichts konkurrierende Beschlussempfehlungen unterschiedlicher Berichterstatter gegeben hat. Dies betraf wie bereits im letzten Jahr die Beiträge 5 bis 11, Teil II Haushaltslage, und in diesem Fall zusätzlich den Beitrag Nr. 12 zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, was hier schon von Frau Kollegin Johlige angesprochen wurde.

Warum ist das so? Ich sage Ihnen das ganz offen und ehrlich: Es ist ganz einfach deswegen so, weil die Mehrheit der Koalitionsfraktionen auch wiederholte Warnungen des Landesrechnungshofs und deutlich benannte Verfehlungen der Landesregierungen nicht wahrhaben wollte und sie mit weichgespülten Beschlussempfehlungen einfach zu negieren versucht hat.

(Beifall BVB/FW)

Machen wir das einfach einmal nachvollziehbar. Dafür können wir zum Beispiel den Beitrag Nr. 7 herausgreifen: Da heißt es einerseits, dass der Ausschuss für Haushaltskontrolle den Beitrag Nr. 7 zur Kenntnis nimmt und feststellt, dass zum dritten Mal in Folge ein negativer Finanzierungssaldo erwirtschaftet wurde, dass das deutliche strukturelle Defizit von 902 Millionen Euro mit einer massiven Nettoverschuldung von 2,03 Milliarden Euro einhergeht, sich die Gesamtschuldung damit auf historische 21,8 Milliarden Euro erhöht hat, sich die verstetigende Gesamtverschuldung in Verbindung mit der aktuellen Zinswende zu einer erheblichen Belastung für zukünftige Haushalte entwickelt und sich die Zinsausgaben im Vergleich zum Vorjahr bereits nach diesem Bericht um 24,4 % auf 248,2 Millionen Euro erhöht haben. Andererseits: gar nichts.

Zweiter Punkt, an dem man das schön zum Ausdruck bringen kann: Der zum dritten Mal in Folge vom Landesrechnungshof gerügte negative Finanzierungssaldo, die kritisierte Neuverschuldung und die historisch hohe Gesamtverschuldung sowie die aufgrund der Zinserhebung massiv gestiegenen Zinsausgaben fallen genau bei diesem Berichterstatter bei diesem Versuch geflissentlich unter den Tisch.

Nehmen wir noch ein schönes Beispiel, Beitrag Nr. 8 - hier geht es noch mal um das strukturelle Defizit: In einem Beitrag heißt es, es wird mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass der Jahresabschluss 2021 erneut ein strukturelles Defizit von 730 Millionen Euro aufweist, wie in den Vorjahren ein kontinuierlicher Anstieg der strukturellen Ausgaben zu verzeichnen ist und der Aufwuchs der strukturellen Ausgaben um 449,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr vom Landesrechnungshof als bedenklich kritisiert wurde. - Das alles sind Übernahmen aus dem Bericht des Landesrechnungshofs.

Der Ausschuss für Haushaltskontrolle regt an, dass die Konsolidierungspotentiale hinsichtlich des Abbaus des strukturellen Defizits geprüft und ausgeschöpft sowie noch in der Umsetzung des laufenden Haushalts umgesetzt werden. Andererseits lautet der andere Beschlussvorschlag: Der Ausschuss für Haushaltkontrolle nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass Brandenburg trotz verbesserter Konjunkturentwicklung ein strukturelles Defizit von über 730 Millionen Euro aufweist. Wie in den Vorjahren liegt dies im kontinuierlichen Anstieg der strukturellen Ausgaben begründet.

Merken Sie den Unterschied?

(Bretz [CDU]: Nö!)

Ein letztes Beispiel zum Ausblick im Haushaltsbericht. Da heißt es in einem Beitrag: Trotz massiver Steuermehreinnahmen - die wurden von meinem Vorredner genannt - von 864,3 Millionen Euro ist ein strukturelles Defizit von 731,3 Millionen Euro erwirtschaftet worden. Die notlagenbedingte Kreditaufnahme hat zu einer historischen Verschuldung von 21,8 Milliarden Euro und zu einer zusätzlichen jährlichen Zinszahlung von 85,3 Millionen Euro für die nächsten 30 Jahre geführt. Dies wird in den nächsten Jahren wegen der steigenden Zinsen noch weiter steigen. Die geplante, nunmehr auch beschlossene Neuverschuldung auf Grundlage der Notfallregelung wird die Handlungsfähigkeit zukünftiger Haushalte durch Zins- und Tilgungszahlungen weiter und noch stärker einschränken.

Der Landesrechnungshof hat die Kreditermächtigung für die Jahre 2023 und 2024 aufgrund der außergewöhnlichen Notlage als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen usw. usf.

Der letzte Punkt ist noch wichtig: Die finanzpolitischen Herausforderungen sind nur durch eine ernsthafte Prioritätensetzung - das sagt der Landesrechnungshof -, eine umfassende Aufgabenanalyse und -kritik und eine restriktive Anwendung der schuldenbegrenzenden Regelungen zu meistern.

Dann stand in dieser Beschlussvorlage: Der Ausschuss für Haushaltskontrolle fordert deshalb, dass das Ministerium für Finanzen und Europa bis zum 31. Dezember dieses Jahres eine klare Prioritätensetzung auf Basis einer umfassenden Aufgabenanalyse und -kritik vorlegt. - Also genau das, was der Landesrechnungshof angemahnt hat.

(Beifall BVB/FW)

Der andere Beschlussvorschlag hat zu diesem Punkt natürlich wieder nichts enthalten.

Das sind gravierende Unterschiede, wie Sie sehen. Einmal werden Sachen zur Kenntnis genommen, unangenehme Passagen unter den Tisch fallen gelassen. Beim anderen Mal wird das Finanzministerium beauftragt, mit Analysen und der Entwicklung von Maßnahmen gegenzuhalten und haushaltspolitische Themen in den Griff zu bekommen.

Letzter Satz: Nun dürfen Sie raten, von wem der eine und von wem der andere Beschlussvorschlag kam.

(Beifall BVB/FW)

Vielen Dank. - Dann schließen wir den Reigen mit der Landesregierung. Zu uns spricht Frau Ministerin Lange. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zunächst meinen Dank an die Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses sowie an den Präsidenten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesrechnungshofes aussprechen. Sie haben wie immer eine verdienstvolle und ganz hervorragende Arbeit geleistet.

(Beifall SPD, CDU und BVB/FW sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Der Ausschuss hat sich in diesem Jahr erneut intensiv mit den Kritikpunkten des Jahresberichts des Landesrechnungshofes auseinandergesetzt. Auf die einzelnen Punkte kann ich heute nicht eingehen; das ist in fünf Minuten nicht möglich. Wir haben das aber im Ausschuss im Detail miteinander erörtert. Wie in den vergangenen Jahren wurden die Verbesserungsvorschläge des Landesrechnungshofes weitgehend aufgenommen und, soweit möglich, umgesetzt. Diese Bemühungen der Landesregierung erkennt der Rechnungshof auch ausdrücklich an.

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass sich die Arbeit des Landesrechnungshofes erneut als unverzichtbar erwiesen hat. Seine Ergebnisse und Feststellungen sind kritisch und konstruktiv, und sie haben auch in diesem Jahr wieder zur Verbesserung der Haushaltswirtschaft des Landes beigetragen. Zwar sind die 90er-Jahre vorbei, als die berechtigten Feststellungen des Hofes

zur Anschaffung von beheizbaren Fressnäpfen für die Polizeihunde in Brandenburg für allgemeine Belustigung und gute Unterhaltung sorgten, doch sind die heutigen Feststellungen des Hofes nicht weniger gewichtig - ganz im Gegenteil. Insofern …

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Darf ich meinen Dank noch zu Ende sprechen?

(Heiterkeit)

Insofern nochmals meinen ganz herzlichen Dank, Herr Präsident, und all Ihnen, die daran beteiligt waren.