Protocol of the Session on June 22, 2023

Herr Abgeordneter Roick möchte nicht auf die Kurzintervention erwidern, sodass wir jetzt zum Redebeitrag der AfD-Fraktion kommen. Frau Abgeordnete Spring-Räumschüssel.

(Beifall AfD)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Brandenburger! Also, Herr Roick, der Angstschweiß steht den Mitgliedern der Fraktionen hier förmlich auf der Stirn, wenn

Sie von den Wahlergebnissen reden. Natürlich haben wir gute Wahlergebnisse, und die Prognosen sind noch besser!

(Vereinzelt Beifall AfD)

Warum ist das so? Weil die Ampel in Berlin nur Schrott liefert,

(Beifall AfD)

und Sie sind hier auch nicht viel besser. Das ist doch das Problem! Was Sie hier heute zu den weichen Standortfaktoren zum Besten gegeben haben - dazu komme ich in meiner Rede gleich -, ist erbärmlich.

(Beifall AfD)

Sie stellen sich hierhin und reden so, als ob alles paletti wäre. Nein, es ist nicht alles paletti! Ich besuche laufend ein Mittelstandsforum, und die Mittelständler sind sauer hoch zehn. Das habe ich doch schon oft ausgeführt.

(Beifall AfD)

Aber jetzt zu meiner Rede: Als gebürtige Lausitzerin - ich bin bekanntlich in Guben geboren und wohne jetzt in Cottbus - ist es für mich eine Herzensangelegenheit, mich für unsere Kinder und Jugendlichen einzusetzen. Ich habe selbst einen Sohn und eine Enkeltochter, und deshalb ist es mir wichtig.

Umso erschütterter waren meine Kollegen aus der AfD-Fraktion und ich in der 22. Sitzung des Sonderausschusses „Strukturentwicklung in der Lausitz“ am 02.12.2022, als die Mitglieder der Koalition und der Linken ein Fachgespräch zum Thema „Aktuelle Betrachtung der sozialen Infrastruktur für Kinder und Jugendliche im Prozess des Strukturwandels in der Kohleregion Lausitz“ ablehnten. So sind Sie - und die Linken sind mit im Boot -, wahrscheinlich wohl wissend, welche große Backpfeife es aus den Kommunen gegeben hätte. Allein in Cottbus gibt es aktuell einen Sanierungsstau in Kitas in Höhe von ca. 140 Millionen Euro - ich habe es ja gestern im Zusammenhang mit dem Konnexitätsprinzip ausgeführt - und bei den Schulen von zwischen 140 und 180 Millionen. Was für eine Schande!

(Beifall AfD)

Dass Brandenburger Kommunen entsprechende Projektideen bei der WRL eingereicht haben, ist uns seit der Sitzung des Sonderausschusses in Welzow bekannt. Die Bürgermeisterin hat damals die Dinge beklagt. Sie war sehr präzise und sehr sachlich - und sie ist ein SPD-Mitglied. Deshalb war es für mich enorm wichtig, den Antrag „Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Strukturwandelprozess der Kohleregion Lausitz stärker berücksichtigen“ für die AfD-Fraktion ins Plenum einzubringen.

Nun beobachte ich als Mitglied des Sonderausschusses seit Oktober 2020 intensiv die Entwicklung beim Strukturwandel in der Region. Dabei leuchtet mir bis heute nicht ein, warum auf sächsischer Seite Projekte der öffentlichen Fürsorge zur Verbesserung wirtschaftlicher Standortbedingungen - insbesondere der Ausbau von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche - umgesetzt werden und in Brandenburg eben nicht. Hier muss ich ein großes Fragezeichen setzen.

Nur ein paar Beispiele aus Sachsen: der Umbau und die Erweiterung der Kreismusikschule Bautzen für 6,8 Millionen Euro, die Sanierung des Kinderhauses Sonnenschein in Weißwasser für 1,2 Millionen Euro, die Baumaßnahmen an der Kita in RalbitzRosenthal mit einem Neubau der Kindertagesstätte, einem Umbau und der Sanierung bestehender Objekte zu Horteinrichtungen für 8,2 Millionen Euro und - nicht zu vergessen - die Schaffung von Hortplätzen in der Grundschule Lobstädt für 1,9 Millionen Euro. Das sind nur einige Projekte, die ich hier aufgeführt habe.

Die Begründung für die Investitionen auf sächsischer Seite ist die Stärkung des Standortes, um Fachkräfte zu binden und zu qualifizieren. - Wir brauchen doch eine stabile soziale Infrastruktur,

(Beifall AfD)

sonst bekommen wir die Leute nicht hierher! In Cottbus haben wir das Fraunhofer Institut angesiedelt; das sind doch bildungsaffine Leute. Die schauen sich genau an, ob ihre Kinder ordentlich beschult werden oder ob die Schulen marode sind.

Ich habe doch das Beispiel gebracht: In meinem Wahlkreis gibt es zwei Schulen, die optisch den Charme der 80er-Jahre haben; das sind die Schmellwitzer Oberschule und das Humboldt-Gymnasium. Es ist etwas passiert, aber eben scheibchenweise. Der Rektor der Schmellwitzer Oberschule hat mir damals gesagt, er wünsche sich eine Sanierung wie die der Astrid-Lindgren-Schule. Sie liegt auf der anderen Seite meines Wahlkreises; da ist eine Komplettsanierung vorgenommen worden. Das ist eine Schule, von der man sagen kann: Hier macht Lernen Spaß. - In den anderen Schulen ist das nur Flickwerk!

(Beifall AfD)

Damit sind wir wieder beim erneuten Versagen der Landesregierung in Brandenburg: Wie wollen wir Fachkräfte binden oder in die Regionen bekommen, wenn die vorhandenen Strukturfördermittel eben nicht für die dringende Stärkung der weichen Standortfaktoren eingesetzt werden?

Das Projekt „Wilde Zukunft“ für 19 Regionen bereitet mir Bauchschmerzen. Dahinter, ob das in dieser Größenordnung gerechtfertigt ist, setze ich ein Fragezeichen. Mein Lieblingsprojekt ist aber der Informationspavillon am Bahnhof Cottbus für eine Million Euro. Ich war dort schon öfter mal gucken - gähnende Leere! Jeder sieht doch diese riesige Halle; dafür braucht man kein Informationszentrum. Die Halle ist 450 m lang; wenn ich zu meinem Steuerberater fahre, sehe ich sie wachsen und gedeihen. Das ist ein tolles Projekt, aber da brauche ich keinen Informationspavillon für eine Million Euro, in dem Fahrkarten verkauft werden. Welcher junge Mann oder welche junge Frau kauft denn noch eine Fahrkarte am Schalter?

(Beifall AfD)

Die haben alle ihre Apps und kaufen ihre Karten auf diese Weise.

Das ist für die Letzten, die noch nicht internetfähig und in der Hinsicht noch nicht so affin sind. Aber die Anzahl der Menschen aus dieser Generation ist ja inzwischen verschwindend gering.

Wollen wir die Menschen in der Lausitz halten und sie an die Region binden, brauchen wir bestmögliche Voraussetzungen für Familien mit Kindern, denn sie sind unsere Zukunft!

(Beifall der Abgeordneten Hohloch und Frau Kotré [AfD])

Wie soll denn der Strukturwandel gelingen, wenn wir die Strukturmittel nicht zur Stärkung der Daseinsvorsorge und für weiche Standortfaktoren einsetzen? Wir werden auf unserer Seite - nämlich in Brandenburg - weitere Entleerungsräume schaffen. Sachsen ist nicht weit, und Sachsen hat auch schöne Töchter.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Darum bitte ich Sie, dem Antrag der AfD-Fraktion zuzustimmen, um Familien und Kindern wirklich Aufmerksamkeit im Strukturwandelprozess zu schenken, denn Bildung ist der Rohstoff für die Zukunft. Nur damit können wir die Zukunft gestalten. - Ich bedanke mich ganz herzlich und hoffe auf Zustimmung.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Brüning.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die WRL ist der Dienstleister des Strukturwandels für die Kommunen - so die Worte unseres Lausitz-Beauftragten Dr. Klaus Freytag am 24. Februar dieses Jahres im Stadthaus in Cottbus. Die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH hatte für diesen Tag die kommunalen Vertreter nach Cottbus eingeladen, um über den aktuellen Stand der Werksattprojekte zu berichten und sich ebenfalls oder bestenfalls - falls vorhanden - kritisches Feedback hinsichtlich der Tätigkeit der WRL einzuholen, um noch besser zu werden.

Dabei wurde deutlich, was auch ich immer wieder bei meinen Besuchen in der Region feststelle: Die WRL leistet für die Kommunen eine hervorragende Arbeit, was die Beratung und die Initiierung von Projektideen angeht. Hier gehen Wirtschaftsregion Lausitz und Kommunen Hand in Hand und überlegen gemeinsam, wie welches Projekt sinnvoll gestaltet und umgesetzt werden kann. Die mittlerweile über 60 Projekte, die beschlossen wurden und Zuwendungsbescheide der ILB bekommen haben, sprechen dabei eine deutliche Sprache. Wir blicken nun auf gut zweieinhalb Jahre seit der ersten Projektbewilligung und damit auf gut zweieinhalb Jahre Strukturentwicklung zurück. Darauf können wir stolz sein.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir sichergehen, dass diese Entwicklung fortgeführt, verstetigt und verbessert wird, wo das möglich ist. Die Kommunen müssen bei der Entwicklung, der Planung und der Umsetzung von Strukturwandelprojekten weiterhin unterstützt werden,

(Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE)

denn natürlich messen wir den Erfolg unseres Strukturwandels daran, wo wirklich konkret etwas getan wurde, wo beispielsweise neue Gewerbegebiete entstehen - wie in Guben, in Lübbenau oder in Schipkau - oder wo neue, innovative Projekte etabliert wurden, ob klein oder groß. Mit dem Strukturwandel müssen neue Perspektiven entstehen.

Ich möchte kurz festhalten, in welchem Rahmen wir uns bewegen: Bis 2038 stehen Brandenburg über 10 Milliarden Euro zur Verfügung, um den Strukturwandel voranzutreiben. Bereits jetzt, nach gut zwei Jahren, blicken wir auf über 60 Projekte zurück. Wenn wir dieses Tempo in den nächsten 15 Jahren weiter durchhalten, bin ich sehr froh. Wenn wir bis 2038 auf beispielsweise 500 Projekte zurückblicken können - das wäre doch etwas!

Ich ermutige alle Kommunen, sich hier zu beteiligen. Das Credo muss sein: Immer her mit den Projektideen! Es müssen keine Großprojekte sein; schon ab 25 000 Euro können Projekte nach dem Strukturstärkungsgesetz qualifiziert werden.

Mit unserem Antrag sorgen wir dafür, dass wir weiter voranschreiten und dass den Kommunen die Unterstützung garantiert wird, die sie brauchen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Schwarzenberg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste und liebe Zuhörer am Livestream! Zunächst einmal ein paar Anmerkungen von mir zum Antrag der Koalition: Sie haben mit dem Antrag sehr viele positive Feststellungen vorgelegt; teilweise begrüßen wir sie und teilen Ihre Annahmen. Mir ist auch klar, dass Brandenburg im Vergleich mit den anderen Braunkohlerevieren - Rheinisches, Mitteldeutsches und sächsisches Revier - vor allem in der Frage der Regionalisierung des Entscheidungsprozesses besser abschneidet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und B90/GRÜNE)

Das erkennen wir an - trotz der Stolpersteine, die es auch in Brandenburg noch gibt.

Wir verstehen den Koalitionsantrag als eine Antwort auf den Vorschlag unsererseits, eine regionale Projektentwicklungsgesellschaft einzurichten. Dieser Vorschlag hat viel Zustimmung aus der kommunalen Familie erhalten; das habe ich in vielen persönlichen Gesprächen erfahren. Auch Ihr Antrag erkennt an - das kann man nachlesen -, dass noch Potenziale für einen besser organisierten Strukturwandelprozess bestehen, denn nicht umsonst haben Sie in Ihrem Antrag formuliert, dass die Landesregierung - oder die WRL - beauftragt wird, auf die Projektebene zu gehen, um Unterstützung zu leisten.

Eines der größten Probleme der kommunalen Verwaltungen ist doch, dass in den seltensten Fällen die finanziellen, die personellen und die zeitlichen Kapazitäten vorhanden sind, um den Strukturwandel so zu gestalten, wie sie es sich wünschen. Ich glaube, es ist uns allen klar, wie schwer es für eine Verwaltung

einer kleinen Gemeinde mit wenigen Tausend Einwohnern ist, ein 40-Millionen-Euro-Projekt zu stemmen.

(Beifall DIE LINKE)