Wir drehen einmal die Zeit zurück: Vor dem Sommer wurde allen plötzlich klar, dass der Ukrainekrieg unsere Energieversorgung gefährdet. Mit Dutzenden Einzelmaßnahmen versuchte die Politik, gegenzusteuern. Wenn Gefahr droht, muss schnell und entschieden gehandelt werden - dagegen ist grundsätzlich erst einmal nichts einzuwenden. Die meisten Maßnahmen waren kurzfristig angelegt, allerdings nicht das sogenannte Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land. Mit einer eilig zusammengeschusterten und nur
schwer lesbaren Gesetzesvorlage wurden Voraussetzungen geschaffen, die die Situation in frühestens fünf Jahren beeinflussen können. Heute ist im Vergleich zum Sommer klar, dass diese Maßnahmen für die Energiesicherheit in fünf Jahren nicht hilfreich sind.
Warum nehmen wir dieses Gesetz weiter so hin? Denn „dass Bestandsanlagen außerhalb von ausgewiesenen Flächen in keiner Weise Berücksichtigung finden, obwohl diese naturgemäß auch zur Windstromerzeugung beitragen“, ist inakzeptabel. Dieser gravierende Fehler ist nicht nur uns aufgefallen. Nein, es war Minister Steinbach, der leider beim „Erklärbär“ den Saal verlassen hat, der dies in der Bundesratsrede zum Gesetz am 08.07.2022 sagte. Ich frage mich, wann der Minister das Thema, wie in der Rede angekündigt, mit dem Bundeswirtschaftsminister noch einmal angehen will. Mehr noch: Er hat zu Recht auf die Langsamkeit der südlichen Bundesländer hingewiesen - nur: Wieso stimmte er dann dem Gesetz zu, welches gerade diese Bundesländer weiter privilegiert?
Selbst mit wirksamen Regionalplänen haben wir immer noch knapp 1 300 Windkraftanlagen in unserem Bundesland, die außerhalb von ausgewiesenen Flächen liegen und unberücksichtigt bleiben. 1 300 Anlagen - das sind mehr als in Bayern in Summe und fast doppelt so viele wie in Baden-Württemberg stehen. Zu allem Überfluss müssen diese beiden Länder nicht einmal im Ansatz dieselben Flächen ausweisen. Aus Sicht dieser Länder ist das sicher akzeptabel, für die Brandenburgerinnen und Brandenburger jedoch unzumutbar!
Wie hoch ist eigentlich der durchschnittliche Flächenbedarf für eine Windkraftanlage? Brandenburg hat eine Fläche von knapp 3 000 000 ha - zwei Prozent sind 60 000 ha. Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende hat unter Berücksichtigung von hersteller- und anlagentypspezifischen Vorgaben zur Standsicherheit, zu Verschattungseffekten und gegenseitigem „Windklau“ einen Raumbedarf von durchschnittlich 16,5 ha pro Windenergieanlage ermittelt. Auf 60 000 ha könnten danach etwa 3 600 Anlagen stehen - wir haben bereits 4 000 Anlagen.
Man könnte bei der Berechnung auch die vorgesehenen Regelungen des Entwurfs des Regionalplans Uckermark-Barnim berücksichtigen. Ein „Windvorranggebiet“ - ich nenne es jetzt einmal so; wir wissen ja noch nicht, was kommt - wird erst ab einer Größe von 25 ha ausgewiesen; darauf können drei Windenergieanlagen stehen. Der Entwurf des Regionalplans weist eine Fläche von 10 243 ha aus. Nur 450 der vorhandenen 795 Anlagen stehen in den vorgesehenen Vorranggebieten. Für 345 Anlagen wird allerdings nur der Flächenfaktor 0,5 ha pro Anlage nach dem Wind-an-Land-Gesetz berücksichtigt. Ergebnis: 172,5 ha.
Fände der Ansatz der Regionalplanung - 25 ha für drei Windkraftanlagen - Anwendung, kämen zur Entwurfsfläche 2 875 ha hinzu. Die Vorranggebiete in Uckermark-Barnim betrügen dann 13 000 ha, also 2,88 %.
Wenn Sie schon unter Missachtung der Schutzregeln Anlagen aufgrund einer zeitlich begrenzten Sondersituation erlauben wollen, dann hat auch der Eingriff zeitlich begrenzt zu erfolgen.
Diese Anlagen dürfen auf keinen Fall repowert werden! Wenigstens das sollten Sie den Brandenburgerinnen und Brandenburgern garantieren, wenn Sie schon bereit sind, deren gesundheitliches Wohlergehen und den massiven Eingriff in die Natur zu missachten!
An Herrn Minister Steinbach habe ich die Bitte: Machen Sie Ihre Ankündigung wahr und thematisieren Sie das Gesetz noch einmal im Bundesrat. Noch ist nicht allzu viel passiert, und dieses unter Panikeinfluss zusammengeschusterte Gesetz kann, nein muss geändert werden! - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nicht nur die Folgen des Klimawandels, sondern auch die erheblichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine machen den Ausbau erneuerbarer Energien immer wichtiger. Der Bund hat in diesem Jahr im Rahmen der sogenannten Oster- und Sommerpakete zahlreiche Gesetze verabschiedet. Damit ist beabsichtigt, dem Ziel einer treibhausgasneutralen und von fossilen Ressourcen unabhängigen Energieversorgung bis spätestens 2045 ein gutes Stück näher zu kommen. Die Windenergie soll dabei einen maßgeblichen Beitrag leisten. Ein wesentlicher Baustein der neuen Bundesgesetzgebung ist daher die Umsetzung von Flächenzielen, um ausreichend Raum für den Ausbau der Windenergienutzung zu sichern.
Das Windenergieflächenbedarfsgesetz verpflichtet die Länder, bestimmte Anteile ihrer jeweiligen Landesfläche zu bestimmten Stichtagen für die Windenergienutzung auszuweisen. Es muss also ausnahmslos jedes Land einen angemessenen Beitrag zur Erreichung des Gesamtziels leisten.
Für das Land Brandenburg gibt das Gesetz die Ausweisung von mindestens 1,8 % der Landesfläche bis Ende 2027 und von mindestens 2,2 % bis Ende 2032 vor. Die Bundesländer müssen die vorgegebenen Flächen für die Windenergienutzung nicht unmittelbar auf Landesebene ausweisen, sondern können nachfolgende Planungsebenen - insbesondere die Regionalplanung - damit beauftragen. Von dieser Möglichkeit soll mit dem vorliegenden Entwurf eines Brandenburgischen Flächenzielgesetzes Gebrauch gemacht werden. Diese Lösung bietet sich zur Umsetzung der Bundesvorgaben an, weil die Regionalplanung schon über den Landesentwicklungsplan mit der Festlegung von Gebieten für die Windenergienutzung beauftragt ist. Dementsprechend wird in allen Regionen bereits an Planentwürfen zum Thema Windenergie gearbeitet; selbstverständlich werden dabei
die energiepolitischen Zielstellungen des Landes berücksichtigt. Diese sahen bisher einen Orientierungswert von 2 % der Regionalflächen für die Windenergienutzung vor. Wenn die Vorgaben des Bundes, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, zu gleichen Teilen auf die Planungsregionen heruntergebrochen werden, stellt das für die Regionalen Planungsgemeinschaften also keine grundlegend neue Anforderung dar.
An dieser Stelle betone ich aber, dass die Umsetzung der Bundesvorgaben keinesfalls ein Selbstläufer sein wird.
Die nach Bundesrecht erforderliche Umstellung auf Vorranggebiete soll die Planung entlasten und vereinfachen. Trotzdem wird die Beschleunigung sowohl der Planungs- als auch der Genehmigungsverfahren für uns alle noch eine sehr große Herausforderung werden. Die Regionalen Planungsgemeinschaften werden nach wie vor auf Unterstützung insbesondere der Fachbehörden angewiesen sein; von großer Bedeutung ist zum Beispiel, dass aktuelle Fachdaten rechtzeitig bereitgestellt werden, weil sie als wichtige Planungsgrundlage dienen.
Wenn ein neuer Regionalplan seine Teilflächenziele erfüllt und wirksam geworden ist, dürfen außerhalb der Vorranggebiete geplante Windenergieanalagen in der jeweiligen Region nur noch unter erschwerten Bedingungen genehmigt werden. Denn erst ab diesem Zeitpunkt sind ausschließlich die Anlagen innerhalb der Vorranggebiete baurechtlich privilegiert.
Wir sollten also alles dafür tun, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften sehr zügig und mit klaren Vorgaben ans Werk gehen können. Hierzu wird das vorliegende Flächenzielgesetz einen entscheidenden Beitrag leisten. - Vielen Dank.
Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung ihres Gesetzentwurfs auf Drucksache 7/6658 - Gesetz zur Umsetzung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes, Brandenburgisches Flächenzielgesetz - an den Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung. Die Fraktion DIE LINKE beantragt darüber hinaus die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Energie zur Mitberatung. Ich frage in die Runde: Gibt es ein Problem damit, dass wir das einvernehmlich an die Ausschüsse überweisen?
Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Infrastruktur und Landespla-
nung. Ich darf Sie fragen, wer der Überweisung zustimmt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich angenommen; es gab Enthaltungen.
Die Fraktion DIE LINKE beantragt darüber hinaus die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Energie zur Mitberatung. Ich darf Sie fragen, wer dieser Überweisung zustimmt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.
Im Falle der Ausschussüberweisung - und das liegt hier vor - gilt der Änderungsantrag der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER auf Drucksache 7/6867 als mitüberwiesen.
Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung ihres Gesetzentwurfs auf Drucksache 7/6662 - Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes - an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Ich darf Sie fragen, wer der Überweisung zustimmt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag einstimmig angenommen; es gab keine Enthaltungen.
Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit ist die Übersicht 10 des Petitionsausschusses zur Kenntnis genommen.
Meine Damen und Herren, ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und beende gleichzeitig die 77. Plenarsitzung. Ich weise darauf hin, dass wir morgen um 9 Uhr mit der 78. Plenarsitzung fortfahren. Ich weise auch darauf hin, dass uns jetzt die Vertreter der Kirchen zum Parlamentarischen Abend erwarten, und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend! Wir sehen uns morgen.