Drittens. Die gigantische Aufgabe der Inklusion bleibt ein Lippenbekenntnis. Die Koalition versteckt sich hinter der Hoffnung auf die große Lösung durch den Bund bis 2028.
Wir hatten ein Inklusionsgesetz vorgeschlagen, um die Lücke in den Regelungen vorher zu schließen; das haben Sie abgelehnt.
Sie drücken sich vor einem klar formulierten Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung für Kinder mit einer Behinderung ab der 7. Klasse. Auch hier könnten wir als Land die Verantwortung übernehmen. Aber nein, wieder lassen Sie die Familien allein, die im Dschungel der Verwaltung untergehen. Ein Jammer für diese Jugendlichen!
Auch unser Vorschlag, den Rechtsanspruch auf Schulsozialarbeit an jeder Schule festzuschreiben, wird von Ihnen abgelehnt. Die Anpassung der bestehenden Förderung des Landes für Angebote der Jugendarbeit, nämlich den Anteil der Personalkosten von 25 % im Gesetz zu verankern, wurde abgelehnt. Sie schränken im Übrigen auch die Beteiligungsrechte junger Menschen auf das Format der Anhörung ein. Mitbestimmung sieht anders aus.
Zum Schluss: Der Kinder- und Jugendbericht ist für Sie auch nicht relevant. Sie wollen sich damit nicht mehr auseinandersetzen.
- Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln. Sie verhindern das, weil Sie sich nicht tiefgründig mit dem Bericht auseinandersetzen wollen. Das ist eine Katastrophe! Sie wollen keine Sondersitzung des ABJS, weil Sie anscheinend zu faul sind. Schämen Sie sich dafür! - Wir werden uns zu diesem Gesetz enthalten.
Meine Damen und Herren, wir fahren mit dem Beitrag der Abgeordneten Ricarda Budke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Budke hält heute auch ihre Abschiedsrede, wenn ich das richtig verstanden habe. Bitte schön.
Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Es ist auch mir eine Freude, hier zum Thema Jugendpolitik eine meiner letzten
Reden zu halten. Da dieses Gesetz wirklich so besonders ist, habe ich entschieden, dass dies meine Abschiedsrede ist, auch wenn Sie mich die Tage noch ein paar Mal hören werden.
Dieses Gesetz ist wirklich besonders. Es ist ein Gesetz, das jungen Menschen auf Augenhöhe begegnet und ihnen das Recht auf Mitbestimmung gibt und die Strukturen absichert, die sie genau dabei unterstützen. Das unterstreichen wir auch mit unserem Änderungsantrag. Das Erste ist, dass wir im Titel des Gesetzes die Förderung nach vorne stellen.
Mit diesem Gesetz stärken wir nicht nur die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe durch viele Fachstellen und mehr Inklusion; wir schaffen auch die gesetzliche Grundlage für mehr Beteiligung.
Schon der Beteiligungsprozess zum Gesetzentwurf und im parlamentarischen Verfahren war beispielhaft für die Selbstwirksamkeit von Kindern und Jugendlichen. Auch bei unseren Änderungsanträgen ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wirksam, und vor allem stellen wir junge Menschen in den Mittelpunkt.
Drei Beispiele dafür: Auf Wunsch des Kinder- und Jugendhilfe Landesrats haben wir das Beteiligungsverfahren von Kindern, Jugendlichen und Familien bei Behördenkontakten noch klarer formuliert. Kinder und Jugendliche haben das ausdrückliche Recht, ihre Position darzulegen. Ihre Äußerungen sind angemessen zu berücksichtigen. Vor einer Entscheidung muss mitgeteilt werden, wie mit diesen Positionen der Kinder oder Jugendlichen umgegangen wird. Die Betroffenen erhalten Gelegenheit, auch darauf zu erwidern.
Ein zweites Beispiel: Der Gesetzentwurf reduzierte das Thema Medien auf den Kinder- und Jugend-Medienschutz. Wir brauchen aber auch die Vermittlung und Stärkung von Medienkompetenz. Denn der erste Schritt, sich selbst zu schützen, ist es, mit Medien umgehen zu können. Daher wird das auch mit unserem Änderungsantrag ein Schwerpunkt der Jugendarbeit, der Verbandsarbeit und Jugendsozialarbeit.
Ein drittes Beispiel: Der Kinder- und Jugendhilfelandesrat hat gefordert, ein angemessenes Verpflegungsgeld in Einrichtungen der Erziehungshilfe ins Gesetz aufzunehmen und das Taschengeld genauer zu definieren. Beides haben wir getan. Das ist ein wichtiger Schritt, den wir auf Landesebene tun können, um Armut bei jungen Menschen entgegenzuwirken.
Diese drei Beispiele reichen bei Weitem nicht aus, um die guten Nachrichten aus diesem Gesetz darzustellen. Es wurde die Juleica, die Jugendleitercard, erwähnt. Wir stärken auch die Gewerkschaften, die Glaubensgemeinschaften, die freigeistigen Verbände. Wir stärken auch die Inklusion, auch wenn wir uns da noch mehr gewünscht hätten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz setzt Maßstäbe. Es zeigt beispielhaft, wie Politik auch gehen kann: auf Augenhöhe mit den Akteuren.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die dazu beigetragen haben. Ich bedanke mich vor allem bei den jungen Menschen,
die in dieser Legislaturperiode immer wieder ihre Forderungen zu diesem Gesetz, aber auch zu allem anderen eingebracht haben.
Ihr seid großartig, es war mir eine große Freude, mit euch zusammenzuarbeiten. Es war mir generell eine Freude, in diesem Parlament zu arbeiten.
Ich bin sehr dankbar - das kann ich besonders bezüglich dieses Gesetzes sagen -, dass mir mit damals 20 Jahren das Vertrauen von meiner Partei, aber auch von den Wählerinnen und Wählern geschenkt wurde, hier in diesem Haus mitzuwirken. Ich weiß, es ist keine Selbstverständlichkeit.
Ich wünsche Ihnen, die ab Herbst weiter in diesem Hause sein werden, ein gutes Geschick bei den Entscheidungen. Ich kann Ihnen nur mitgeben: Im Mittelpunkt unserer Politik steht nicht das Protokoll, nicht die Frage, ob wir hier eine Jeans tragen oder nicht, und auch nicht die Frage, wie alt wir sind oder was wir vorher gemacht haben. Im Mittelpunkt stehen immer die Menschen in diesem Land in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt. Ich wünsche Ihnen alles Gute! - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. Auch Ihnen alles Gute für die Zukunft! - Die BVB / FREIE WÄHLER Gruppe hat keinen Redebeitrag angemeldet. Dementsprechend kommen wir zum Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Freiberg spricht. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Brandenburg soll ein Kinder- und Jugendgesetz bekommen, das erste für dieses Land. Mit dem Gesetz werden wir die Anforderungen des Bundes nach der Reform des SGB VIII ausführen und in Landesrecht umsetzen - aber nicht nur das. Das Gesetz ist sehr viel umfangreicher und geht weit darüber hinaus.
Es stärkt die Kinder- und Jugendrechte im Land, weitet den Schutz von Kindern und Jugendlichen aus und sieht eine klare Mitbestimmung und Teilhabe junger Menschen vor. Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten in ihrer eigenen Lebenswelt. Deswegen ist es wichtig, sie in politische Entscheidungen, die ihre Interessen betreffen, einzubeziehen. So haben wir dieses Gesetz nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen erarbeitet. Wir haben mit diesem besonderen beispielhaften Beteiligungsprozess neue Wege beschritten und einen intensiven Austausch erlebt. Junge Menschen waren zu jedem Zeitpunkt, in jeder Phase der Gesetzgebung einbezogen.
Aber nicht nur die Art und Weise, wie das Gesetz erarbeitet wurde, sondern auch sein Inhalt wird Vorbildwirkung entfalten. Es ist bundesweit bekannt, dass Brandenburg die SGB-VIII-Änderungen sehr umfangreich umsetzt. Andere Bundesländer - das ist tatsächlich so - warten auf unser Gesetz, um sich daran zu orientieren.
Das Kinder- und Jugendgesetz ist mutig. Es ist innovativ. Dies war ein Grundtenor der Diskussionen, die wir geführt haben. Wir
haben uns mit diesem Gesetz viel vorgenommen und vieles auch sehr gut umgesetzt. Auch das ist während der Auseinandersetzung mit dem Entwurf immer wieder deutlich geworden.
Klar ist aber auch - das will ich hier einräumen -: Bei einem solchen Umfang und so viel Neuem in dem Gesetz ist nicht alles von Anfang an perfekt; das wird nicht so sein. Deswegen haben wir ganz bewusst eine Evaluationsklausel eingebaut, um das Gesetz nach Inkrafttreten ein weiteres Mal zu begutachten und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Das, meine Damen und Herren, ändert aber nichts an dem grundlegenden Ansatz des Gesetzes zur Förderung und zum Schutz junger Menschen, Jugendhilfe tatsächlich neu zu denken.
Kinderrechte, Beteiligung und Kinderschutz werden in diesem Gesetz miteinander verzahnt und entfalten im Zusammenspiel eine besondere Stärke. - Vielen herzlichen Dank an alle, die sich beteiligt haben, an alle, die das mit ihrer Arbeit und ihrer Mitarbeit möglich gemacht haben.
Vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Redebeitrag. Ich möchte Sie noch fragen, ob es noch einen Aspekt gibt, den Sie uns als Gedanken aus Ihrer Sicht gerne mit in die nächste Legislaturperiode mitgeben wollen. - Danke schön.
Ich kann Ihnen gerne sagen, was mir im Verlauf dieser Gesetzesdebatte klar geworden ist, was vorher in meiner politischen Agenda nicht der Fall war. Klar ist, dass Kinder und Jugendliche eine eigene Rechtsposition in den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland brauchen, dass wir bei der Abwägung von Entscheidungen im pädagogischen Bereich, im rechtlichen Bereich immer wieder über Hilfskonstruktionen gehen müssen, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen ausreichend zu gewährleisten. Deswegen ist es völlig richtig, dass im Gesetz in § 1 eine solche grundlegende Regelung steht.
Aber ich finde - das war meine Erkenntnis daraus -: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. - Herzlichen Dank.