Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Nach der schweren Coronazeit und der galoppierenden Inflation beschließen wir heute eine finanzielle Verbesserung für einen Personenkreis, der es wohl wie kein anderer nötig und verdient hat. Mehr als einmal haben BVB / FREIE WÄHLER - auch gemeinsam mit der Fraktion Die Linke - den Versuch unternommen, das Blindengeld als Leistung des Landespflegegeldes zu erhöhen - dies, weil Brandenburg in dieser Hinsicht bundesweit auf einem der letzten Plätze rangiert. Die Landesregierung formuliert das in der Problembeschreibung zu diesem Gesetzentwurf so: Im Ländervergleich gehört das Land Brandenburg bei blinden Menschen zu den Ländern mit einem vergleichsweise geringen Nachteilsausgleich. - Ja, so kann man es auch ausdrücken, landet damit aber eventuell als Beitrag von Gernot Hassknecht in der „heute-show“ des ZDF.
Nein, lustig ist das wirklich nicht, insbesondere nicht, wenn man sich anschaut, wie lange die gesetzlichen Grundlagen nicht modifiziert wurden. Das Landespflegegeldgesetz stammt zu großen Teilen noch aus dem Jahr 1995. Die Leistungshöhen im Landespflegegeldgesetz wurden für die verschiedenen Gruppen zuletzt mit Wirkung vom 1. Januar 2018 festgesetzt. Schließlich, so heißt es im Teil „Lösungen“, soll das Gesetz auch aufgrund von Änderungen auf bundesgesetzlicher Ebene einer notwendigen Überarbeitung und Bereinigung unterzogen werden. „Auch schon?“, möchte man sagen, denn das Zweite Pflegestärkungsgesetz stammt vom 21. Dezember 2015 und wurde zuletzt im Oktober 2016 geändert.
Wenn man Änderungen in der sozialen Pflegeversicherung als Grund anführt, beispielsweise die Umstellung der Pflegestufen auf Pflegegrade, die bei den Anrechnungsregelungen verbesserte Berücksichtigung finden sollen, ist anzumerken: Die resultieren bereits aus dem Jahr 2017.
Wir werden dem längst überfälligen Gesetzentwurf, nach dessen Verabschiedung die geldwerten Leistungen aber immer noch deutlich hinter denen von Berlin und anderen Bundesländern zurückbleiben, zustimmen.
Ich bitte Sie aber auch um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, mit dem wir sicherstellen wollen, dass Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit und ihre individuellen Bedürfnisse nicht allein aufgrund ihres Pflegegrades beurteilt werden. Der prozentuale Anrechnungswert ist daher deutlich zu verringern, damit eine Chancengleichheit für Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit gegeben ist. Wir haben entsprechende Korrekturen bei den Prozentsätzen beantragt.
Menschen mit einem hohen Pflegegrad und gleichzeitiger Sehbehinderung oder Blindheit stehen vor speziellen Herausforderungen, die spezifische Unterstützung erfordern. Für BVB / FREIE WÄHLER ist es immer eine wichtige Zielsetzung bei der Gestaltung von Regelungen zur finanziellen Unterstützung von Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit, dass die Betroffenen bei einem gleichzeitigen Pflegegrad eine bessere finanzielle Unterstützung durch das Teilhabegeld erhalten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte Ihnen gleich zu Anfang sagen: Ich freue mich sehr darüber, dass die mit den Änderungen verbundenen erheblichen Leistungsverbesserungen für unsere blinden und gehörlosen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Land noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Das war überfällig, und es ist gut, dass das heute verabschiedet werden kann.
Mit der vorgesehenen Novellierung des Landespflegegeldgesetzes werden zentrale Ziele erreicht. Die Nachteilsausgleiche steigen bereits ab dem nächsten Monat um mehr als 20 %, exakt um 23 %. Zudem sollen erstmals auch blinde und gehörlose Menschen in Einrichtungen und besonderen Wohnformen eine Leistung erhalten. Denn egal wo blinde und gehörlose Menschen im Land leben, ihnen soll mehr selbstbestimmte Teilhabe ermöglicht werden. Um dies deutlich zu machen, sollen auch die Bezeichnungen von Gesetz und Leistungen neu bestimmt werden; das halte ich - genauso wie die Abgeordnete Kniestedt ausgeführt hat - für wichtig und fundamental. Das Landespflegegeldgesetz wird zum Landesteilhabegesetz, der Nachteilsausgleich wird vom Pflegegeld zum Teilhabegeld. Das entspricht auch dem modernen Gedanken des Bundesteilhabegesetzes.
Schließlich haben auch die Hinweise aus der Expertenanhörung am 22. April zu weiteren Verbesserungen geführt. Dabei möchte ich besonders auf den stark erhöhten Nachteilsausgleich für taubblinde Menschen sowie auf die automatische Dynamisierung der Leistungen ab Juli 2026 hinweisen. Besonders die jährliche Dynamisierung, die an eine entsprechende Regelung bei der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt ist, wird dazu führen, dass keine inflationsbedingte, schleichende Entwertung des Nachteilsausgleichs mehr eintreten kann.
Damit sind wir das achte Bundesland, das einen solchen Automatismus in seine Landesregelung aufnimmt. Das ist eine gute Nachricht für die blinden und gehörlosen Menschen im Land Brandenburg.
Sehr geehrte Abgeordnete! Ihnen liegt ein Gesetzentwurf mit Augenmaß zur Entscheidung vor. Das geschnürte Paket enthält erhebliche Leistungssteigerungen und Leistungsausweitungen. Dabei konnten aber nicht alle Wünsche und Forderungen erfüllt werden. Die von der Linken geforderten Verbesserungen hätten zusätzliche Mehrkosten in Höhe von rund 3 Millionen Euro, die sehr kurzfristig vorgebrachten, umfangreichen Forderungen der AfD-Fraktion Mehrkosten von rund 5 Millionen Euro verursacht - und das war nicht darstellbar.
Abschließend noch kurz ein paar Worte zur Ergänzung des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes und zu den Änderungen am Ausführungsgesetz des IX. Buches Sozialgesetzbuch. Mit der ersten Regelung schließen wir einfach eine Lücke. Durch die nachwirkende geschäftsführende Aufgabenwahrnehmung des oder der Beauftragten bleibt gewährleistet, dass die große Personengruppe der Menschen mit Behinderungen kontinuierlich vertreten ist. Mit der zweiten Regelung, durch diese Fristverlängerung, gewährleisten wir, dass die Ergebnisse aus den laufenden wissenschaftlichen Evaluationen berücksichtigt werden können. - Ich danke Ihnen und bitte um Ihre Zustimmung.
Ad 1: Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 7/9802, Stichworte: Änderung Art. 4 Abs. 2. Ich darf fragen, wer dem Änderungsantrag folgt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag bei Enthaltungen einstimmig angenommen.
Ad 2: Änderungsantrag der BVB / FREIE WÄHLER Gruppe, Drucksache 7/9803, Stichworte: Änderung Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b. Ich darf fragen, wer dem Änderungsantrag folgt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.
Ad 3: Änderungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 7/9821, Neudruck, Stichworte: „Angemessene Erhöhung der Sätze Taubblindengeld, Sehbehindertengeld, Dynamisierung und keine Namensverwirrung - Empfehlung der Angehörten berücksichtigen und Landespflegegeldempfänger wirklich besserstellen“. Ich darf fragen, wer dem Änderungsantrag folgt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag wurde ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Es gab Enthaltungen.
Wir kommen, ad 4, zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, Drucksache 7/9789, zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Landespflegegeldgesetzes und des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes. Ich darf fragen, wer der Beschlussempfehlung folgt. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltungen einstimmig angenommen, unter Berücksichtigung des zuvor angenommenen Änderungsantrages. Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Dass meine letzte Rede in diesem Haus der Förderung junger Menschen gilt, die zum einen viele Jahrzehnte lang mein Berufsleben bestimmte und zum anderen das Kernthema meiner Politik darstellt, berührt mich. Für mich persönlich sind das Gesetz zum Schutz und zur Förderung junger Menschen wie auch der damit verbundene Prozess seiner Erarbeitung Ausdruck lebendiger Demokratie.
Meiner Erfahrung nach ist es in einer Demokratie recht unwahrscheinlich, dass alle Beteiligten übereinstimmend der Auffassung sind, zu einer Frage sei die beste Lösung gefunden worden. Die Materien sind komplex. Patentrezepte gibt es nicht. Die Demokratie erfordert daher Kompromisse; dafür sind Abstriche notwendig, manchmal auch persönliche. Aber nur die Demokratie hat das Potenzial, komplexen Sachverhalten angemessen zu begegnen, nämlich durch die Einbeziehung möglichst vieler Perspektiven.
Natürlich entstehen bei unterschiedlichen Perspektiven auch Unschärfen: Was dem einen zu weit geht, geht dem anderen nicht weit genug. Folglich finden sich nicht alle Perspektiven eins zu eins im Gesetzestext wieder. Abstriche mussten gemacht werden.
Die vielen Perspektiven gingen aber nicht verloren. Alle am Erarbeitungsprozess Beteiligten haben sich mit anderen, teilweise konträren Positionen in Stellungnahmen und Diskussionen auseinandergesetzt. Der Weg des Beteiligungsverfahrens hatte daher viele positive Effekte - für alle Teilnehmenden.
Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik schaut heute auf Brandenburg; denn der vorliegende Gesetzentwurf stellt viele neue und vor allem wichtige Weichen für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen. Dies wurde in der Ausschussanhörung unter anderem vom Gründer des Freiburger Zentrums für Kinder- und Jugendhilfe, Prof. Dr. Kepert, sowie vom Leiter der Fachstelle Kinderschutz, Herrn Leitner, mehrfach betont und gelobt.
Lassen Sie mich stellvertretend hierfür zwei Punkte ansprechen: Das Gesetz fordert explizit politischen Gestaltungsspielraum für junge Menschen ein. Wir haben schon gehört, wie wichtig das gerade in der heutigen Zeit ist. Es stärkt damit wirkungsvoll die Strukturen der Selbsthilfe.
Im Gesetzentwurf ist zudem eine Evaluierungsklausel verankert; für diese habe ich mich persönlich eingesetzt. Diese Klausel erlaubt es, künftige Erfahrungswerte aufzunehmen und einmal getroffene Regelungen praxisorientiert nachzusteuern. Genau darin liegt ein großer Mehrwert. Unseren Änderungsantrag, der neben vielen anderen Aspekten den Sonderurlaub für ehrenamtlich Tätige und die Jugendgruppenleiterausbildung in das Gesetz zurückholt, stellen wir ebenfalls im Sinne dieser Weichenstellung.
Meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Förderung und zum Schutz junger Menschen ist ein guter Kompromiss und damit Ausdruck lebendiger Demokratie. Wenn ich es an dieser Stelle so sagen darf: Der Weg zu diesem Gesetz hat für mich in der Tat Modellcharakter für künftige Gesetzesvorhaben in diesem Haus.
Den Änderungsantrag der Linken werden wir - trotz einzelner Übereinstimmungen, wie bereits im Bildungsausschuss diskutiert - ablehnen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie nunmehr um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und zu unserem Änderungsantrag.
für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen fünf Jahren. Ich wünsche Ihnen selbstverständlich für die Zukunft alles Gute! - Vielen Dank.
(Anhaltender Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE, verein- zelt Die Linke sowie des Abgeordneten Stefke [BVB/FW Gruppe])
Vielen Dank. Auch ich wünsche Ihnen alles Gute. - Herr Abgeordneter Nothing spricht jetzt für die AfD-Fraktion. Bitte schön.