Protocol of the Session on June 18, 2024

Wo sind wir hier eigentlich? Für welche Politik stehen Sie eigentlich? - Das ist die Politik, für die Sie stehen - und heucheln Sie hier nicht, dass Sie irgendwie ein Herz für Menschen haben, die ein Handicap haben. Das ist nicht der Fall.

Wir sorgen hier für konkrete Verbesserungen für die Menschen. Das ist wichtig in unserem Land - und nicht Ihre Heuchelei oder Ihre herzlose Politik. - Danke schön.

(Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und Die Linke)

Herr Abgeordneter Dr. Berndt, möchten Sie reagieren? - Er möchte, bitte schön.

(Bretz [CDU]: Aber nicht wieder heucheln!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Stohn gibt uns hier die Karikatur eines Politikers - eines SPD-Politikers - immer wieder sehr erfolgreich. Herr Stohn, ich freue mich immer wieder, wenn Sie hier ans Pult treten oder Fragen stellen - vielen Dank dafür.

Herr Stohn, ich gehöre noch zu einer Generation, die Straßenfußball gespielt hat und dafür nicht Zehntausende Euro aus einem Programm „Tolerantes Brandenburg“ oder „Tolerantes Berlin“ brauchte - für Straßenfußball braucht man kein Programm „Tolerantes Brandenburg“ -, und ich bin nicht herzlos oder ein Feind von Straßenfußball, wenn ich feststelle, dass es schäbig ist - dass es absolut schäbig ist -, dass man mehr Geld für solche Programme ausgibt - Straßenfußball und Liebe und Migration geht durch den Bauch - als für die Verbesserung der Situation dieser Menschen, von denen Herr Baaske so eindrucksvoll gesprochen hat.

(Stohn [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Herr Stohn, ich glaube, wenn es irgendjemandem an Herz und Gefühl fehlt - über Regionen weiter oben rede ich gar nicht -, dann Ihnen.

Ich will noch ein Wort zu Ihren Äußerungen über Herrn Höcke sagen: Es ist eine Unverschämtheit, was Sie hier von sich geben! Ich habe das schon in der Diskussion mit Frau Hildebrandt klargestellt: Herr Höcke - der übrigens einen Vater, also eine persönliche Erfahrung hat, aufgrund deren er sich zur Frage der Förderschulen geäußert hat - hat ganz klargemacht, dass es ein Verdienst und ein Erfolg ist, dass wir in Deutschland Förderschulen haben,

(Lachen der Abgeordneten Dannenberg [Die Linke])

die greifen, wenn der Bedarf da ist, wenn eine Behinderung keinen vernünftigen Unterricht, keine vernünftige Inklusion zulässt, dass das ein Verdienst ist und man das nicht sinnlos abschaffen sollte.

(Beifall des Abgeordneten Hohloch [AfD])

Wer das aus ideologischen Gründen propagiert, Herr Stohn, tut den Behinderten keinen Gefallen, sondern er schädigt die Behinderten. Darüber sollten Sie mal nachdenken,

(Zuruf des Abgeordneten Stohn [SPD])

falls Sie Zeit dafür finden.

(Vereinzelt Beifall AfD)

Vielen Dank. - Wir fahren jetzt mit dem Beitrag der Abgeordneten Schier für die CDU-Fraktion fort. Bitte schön.

Herr Präsident! Herr Dr. Berndt, jetzt werden Sie auch noch von Ihrem Kollegen gefeiert! Einen Vater habe ich auch. Ich würde ja mal fragen: Wer hat keinen?

(Heiterkeit der Abgeordneten Wernicke [BVB/FW Gruppe])

Also, so ein Unfug!

(Dr. Berndt [AfD]: Er hat einen, der behindert ist, Frau Schier! Das ist der Unterschied! Das müssten selbst Sie sich erschlossen haben!)

- Aha.

Ich möchte eigentlich nur zwei Dinge sagen: Das Erste ist, dass wir es geschafft haben - darauf ist Günter Baaske schon eingegangen -, dass wir den Menschen das Geld nicht nur bis zur Tür der stationären Pflegeeinrichtung zahlen, sondern dass es auch dort eingesetzt werden kann. Das ist endlich gelungen. Dazu gehörte eine breite Diskussion, und dazu gehörte die Zusammenarbeit mit den Verbänden. Dafür sind diese Diskussionen da, und das finde ich gut. Dann will ich noch die Dynamisierung erwähnen, die kommen wird; das finde ich auch gut und richtig.

Jetzt will ich nur noch auf eines eingehen, weil es mich genauso anzuckert wie den Kollegen Baaske: auf das Lormen. Man muss es sich mal vorstellen: Wenn jemand etwas lernen soll, kriegt er es erklärt - hören. Und wenn er nichts hört, kann er lesen oder gucken. Aber Taubblinde können beides nicht. Wie sie es überhaupt hinkriegen, sich zu verständigen, ist mir ein völliges Rätsel. Was ich noch beeindruckender finde, sind Leute, die nicht taubblind sind und trotzdem Lormen beherrschen - ich weiß nicht, wie viele es gibt, aber ihnen gilt mein Dank. Ich bin total beeindruckt. Auch die Teilhabe taubblinder Menschen gehört diskutiert; sie gehören in die Mitte der Gesellschaft. Deswegen bin ich dankbar, dass wir dieses Gesetz haben.

(Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Jetzt spricht der Abgeordnete Kretschmer für die Fraktion Die Linke zu uns. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Zuschauertribüne! Lange, viel zu lange hat es gedauert, bis wir heute nun endlich über substanzielle Änderungen des Landespflegegeldgesetzes befinden können.

Ich erinnere Sie einmal daran: Schon Ende 2020 forderte meine Fraktion mit einem Antrag zum Entwurf des Landeshaushaltes für das Jahr 2021 eine deutliche Erhöhung des Landespflegegeldes für blinde und gehörlose Menschen - mit 346 Euro zählte Brandenburg schon damals zu den bundesweiten Schlusslichtern. Im September 2022 folgte ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Linken und der Freien Wähler zur entsprechenden Änderung des Landespflegegeldgesetzes, und im September 2023 legten wir einen Entschließungsantrag zum behindertenpolitischen Maßnahmenpaket vor. Damals lehnten sie das konsequent ab.

Dazwischen gab es eine Reihe von Kleinen Anfragen, die die Landesregierung daran erinnerten, dass in ihrem Koalitionsvertrag eine Überprüfung des Landespflegegeldgesetzes vorgesehen war und eine Evaluation erfolgen sollte. - Meine Damen und Herren, auf diese Evaluation warten wir noch immer.

Ein ähnliches Trauerspiel erlebten wir beim Behindertengleichstellungsgesetz: Bereits im November 2019 forderte Die Linke eine Novellierung. Damals wurde darauf verwiesen, dass zunächst eine Evaluierung erfolgen sollte.

Im Bericht der Landesbehindertenbeauftragten von März dieses Jahres ist zu lesen:

„Aus der Evaluation des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes […] vom März 2024 ergibt sich die Notwendigkeit einer Novellierung des Gesetzes in der 8. Legislatur, um klarere Regelungen zur konsequenten Beteiligung der Landesbehindertenbeauftragten und des Landesbehindertenbeirates in Gesetzgebungsverfahren zu verankern.“

Bei den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf im ASGIV lag diese Evaluation noch nicht vor; erst gestern wurde den Ausschussmitgliedern der 56-seitige Bericht übersandt. Ganz ehrlich: Ich finde, das grenzt schon an eine Missachtung des Parlamentes.

(Beifall Die Linke)

Doch kommen wir zurück zum Landespflegegeldgesetz: Nun soll endlich eine lange überfällige Erhöhung erfolgen - wie es meine Fraktion gefordert hat -, ebenso eine dringend notwendige Dynamisierung der Leistungen. Besonders stolz sind wir aber darauf, dass es nun auch ein Taubblindengeld geben wird, wie wir es in unserem ursprünglichen Änderungsantrag bei der Einbringung des Gesetzes gefordert haben. Betrachtet man jedoch das Landespflegegeld in Berlin, welches aktuell bei 673 Euro liegt, wird deutlich, dass Brandenburg trotz nun erfolgter Erhöhung weiterhin Nachholbedarf hat. Mittelfristig sollten wir auch die Einführung eines Sehbehindertengeldes anstreben.

Alles in allem, meine Damen und Herren, wird die Linksfraktion dem Gesetzentwurf in der vom Gesundheitsausschuss beschlossenen Fassung zustimmen. Wir versprechen Ihnen aber, dass wir uns auch in der kommenden Wahlperiode weiter dafür einsetzen werden, dass Menschen mit Behinderungen ihren behinderungsbedingten Mehrbedarf abgegolten bekommen. Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf einen Nachteilsausgleich, dessen Höhe bedarfsdeckend ist. - Vielen Dank.

(Beifall Die Linke)

Vielen Dank. - Wir fahren mit dem Beitrag der Abgeordneten Kniestedt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitmenschen am Livestream und hier im Saal! Ich bin sehr froh - ein Gefühl, das bei mir hier nicht so wahnsinnig häufig aufkommt.

(Heiterkeit der Abgeordneten Petra Budke [B90/GRÜNE])

Ich muss die Veränderungen, die nun - nach langen Jahren seit 2018, in denen nichts passierte, was wirklich peinlich ist - endlich eine wirkliche Verbesserung für jene Menschen bringen, die aufgrund ihrer Situation deutlich mehr finanzielle Unterstützung brauchen, nicht noch einmal im Einzelnen aufzählen. Das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner hinreichend übernommen.

Ich möchte kurz darauf eingehen, dass eine vermeintlich kleine sprachliche Änderung von großer Bedeutung ist: Wir sprechen in Zukunft von „Teilhabe“ und nicht mehr von „Pflegegeld“. Sie wissen es: Ich bin immer wieder geradezu gebetsmühlenartig mit der Mahnung unterwegs, dass Sprache bei Menschen etwas bewirkt - vielleicht langsam, aber doch stetig. „Pflegegeld“ bezeichnet ganz klar eine Art Gnadenakt. „Teilhabe“ ist eine selbstbewusste Möglichkeit - und die Voraussetzung für eine sich verändernde gesellschaftliche Haltung.

Im letzten Plenum hatten wir die Debatte zum Bericht der Landesbehindertenbeauftragten und darüber, dass es um die Inklusion in der Gesellschaft nicht so gut steht. Ich war vor Kurzem beim Wurzelfestival im Alten Lager bei Jüterbog, auf dem Gelände des einstigen Flughafens; Isabelle Vandre war auch dort. Ehrlich gesagt, so richtig war mir nicht klar, was ich mit Festivals zu tun habe;

(Heiterkeit der Abgeordneten Damus [B90/GRÜNE])

ich gehöre ja eigentlich nicht zur Zielgruppe. Dennoch, irgendein Gefühl sagte mir: Fahr da mal hin!

Es war großartig und Mut machend, weil Inklusion dort ganz selbstverständlich gelebt wurde, weil behinderte Menschen ganz selbstverständlich mittendrin waren - weil von allen gemeinsam Bedingungen geschaffen wurden, die nötig sind, weil Menschen mit Einschränkungen natürlich höhere Aufwendungen haben, um gleichberechtigt teilhaben und mittendrin sein zu können. Ich empfand es aber auch als beschämend, dass solche Ereignisse wie das Wurzelfestival so besonders auffallen.

Wir sind noch weit von einer wirklich inklusiven Gesellschaft entfernt. Ich hoffe, dass die finanziellen Verbesserungen - bei denen die Menschen selbst entscheiden können, was genau sie damit tun - mehr Teilhabe ermöglichen werden, wiewohl all das - da hat Ronny Kretschmer recht, der gerade nach hinten schaut - nur ein Schritt - aber ein nicht zu unterschätzender Schritt - in die richtige Richtung ist, der mich - ich sage es gerne noch einmal - sehr freut. Endlich! Bitte stimmen Sie zu. - Danke.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und CDU)

Vielen Dank. - Für die Gruppe BVB / FREIE WÄHLER spricht der Abgeordnete Stefke zu uns. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Nach der schweren Coronazeit und der galoppierenden Inflation beschließen wir heute eine finanzielle Verbesserung für einen Personenkreis, der es wohl wie kein anderer nötig und verdient hat. Mehr als einmal haben BVB / FREIE WÄHLER - auch gemeinsam mit der Fraktion Die Linke - den Versuch unternommen, das Blindengeld als Leistung des Landespflegegeldes zu erhöhen - dies, weil Brandenburg in dieser Hinsicht bundesweit auf einem der letzten Plätze rangiert. Die Landesregierung formuliert das in der Problembeschreibung zu diesem Gesetzentwurf so: Im Ländervergleich gehört das Land Brandenburg bei blinden Menschen zu den Ländern mit einem vergleichsweise geringen Nachteilsausgleich. - Ja, so kann man es auch ausdrücken, landet damit aber eventuell als Beitrag von Gernot Hassknecht in der „heute-show“ des ZDF.