Der hierzu vorliegende Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 7/9395, wurde seitens der Antragsteller zurückgezogen.
Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit kommen wir direkt zur Abstimmung. Ich stelle zunächst die Beschlussempfehlung und den Bericht, Drucksache 7/9391, des Ausschusses für Inneres und Kommunales zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Viertes Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, zur Abstimmung. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung bei einer Gegenstimme und vielen Enthaltungen mehrheitlich angenommen worden und das Gesetz in 2. Lesung angenommen worden. Das Präsidium hat sich einvernehmlich darauf verständigt, zu diesem Gesetz eine 3. Lesung durchzuführen.
Gestatten Sie mir abschließend den Hinweis, dass vorbehaltlich der Zustimmung des Landtages zum Entwurf der Tagesordnung
TOP 8: Gesetz über interne Meldestellen im kommunalen Bereich für hinweisgebende Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, und zur Änderung des Landesbeamtengesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste! Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat. Das steht unter anderem in unserer Verfassung, dem Grundgesetz, in Art. 20 Abs. 3.
„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Hiermit ist zugleich die Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative vorgegeben. Für die Judikative legt das Grundgesetz zudem in Art. 19 Abs. 4 fest:
„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“
All das zusammengenommen garantiert den Rechtsstaat in Deutschland und ist Teil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Also alles gut? In der Theorie, ja. Die Verwaltungen sind an die Gesetze, aber auch an die Rechtsprechung gebunden und dürfen keine Verwaltungsakte erlassen, die diesen widersprechen. Sollte es doch einmal passieren, so steht jeder Person der Rechtsweg offen. Wir wissen: Im Großen und Ganzen funktioniert das.
Aber es gibt auch andere Effekte. Ich erinnere nur an das Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter. - Auch wenn Verwaltungen in der Regel nach Recht und Gesetz handeln, gibt es immer wieder einmal Abweichungen. Sie geschehen meist unabsichtlich,
sie können aber auch einmal vorsätzlich erfolgen. Nicht umsonst leistet sich das Land Brandenburg in Neuruppin eine eigene Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität. Und: Nein, das ist kein Generalverdacht gegenüber Verwaltungen und Amtspersonen; es ist Ausdruck dessen, dass der Staat alles unternehmen muss, um mögliche Verfehlungen seiner Beschäftigten zu entdecken, aufzuklären und anzuklagen. Nur ein Staat, der das tut, kann wirklich ein Rechtsstaat sein.
Meine Damen und Herren, beim ersten Schritt, dem Entdecken von unrechtmäßigen Verhaltensweisen, können Whistleblower wichtig sein. Deep Throat nannte sich der legendäre Whistleblower in der Watergate-Affäre, der die illegalen Abhörpraktiken des FBI gegen Oppositionelle durch US-Präsident Richard Nixon aufdeckte. Der dahinter stehende FBI-Ermittler, Marc Felt, traute sich erst 30 Jahre nach Watergate, als er schon todkrank war, sich zu offenbaren.
Whistleblower gab es schon immer, aber sie lebten in massiver Gefahr, mussten Schikanen oder Kündigungen ertragen. Weil Menschen zwar Unrecht sahen, sich aber nicht trauten, dagegen vorzugehen, wurde Unrecht bisweilen größer, weil niemand eingeschritten war und unrechtmäßige Praktiken verborgen blieben. Deshalb müssen wir Whistleblower schützen, damit unrechtmäßige Handlungen, seien sie auch noch so selten, schnellstmöglich aufgedeckt werden und die Integrität des Rechtsstaates geschützt wird.
Meine Damen und Herren, in der 6. Wahlperiode hatte Brandenburg gemeinsam mit Niedersachsen eine Bundesratsinitiative ergriffen, um Whistleblower zu schützen. Die bündnisgrüne Fraktion dieses Hauses hatte schon am 30.05.2016 einen Antrag zu der Thematik eingereicht. Jetzt wird der Schutz Realität, und zwar gar nicht aufgrund der Landes- oder Bundespolitik, sondern durch eine europäische Richtlinie. Wir sehen also, wie segensreich europäische Politik ist.
Ebenfalls im Jahr 2016 hatte die europäische Grünen-Fraktion die Debatte im Europaparlament gestartet. Drei Jahre später wurde schließlich die Richtlinie beschlossen, die Whistleblowern nun in der gesamten Europäischen Union Schutz gewährt. Was für ein Erfolg!
Der Grundgedanke ist, dass alle hinweisgebenden Personen vor Benachteiligungen geschützt werden, sowohl in Unternehmen als auch im öffentlichen Dienst. Hierfür sollen interne und externe Meldestellen eingerichtet werden. Meldungen können anonym oder namentlich eingereicht werden.
Der Bundesgesetzgeber hat diese Richtlinie am 2. Juli 2023 mit dem Hinweisgeberschutzgesetz in nationales Recht umgesetzt. Das Gesetz sieht vor, dass die Länder die Errichtung von internen Meldestellen für die kommunalen Behörden durch ein Landesgesetz regeln. Über dieses Gesetz reden wir jetzt. Es ist zur vollständigen Umsetzung der europäischen Richtlinie erforderlich.
Zum Abschluss noch eine gute Nachricht: Wir haben das Gesetz noch gar nicht beschlossen, aber meine Heimatstadt Oranienburg hat bereits Anfang des Monats ein entsprechendes Meldeportal eingerichtet.
Das nenne ich mal vorbildlich! Durch die Nutzung eines Portals kann sichergestellt werden, dass von den Ermittelnden selbst dann Rückfragen an die Meldenden gestellt werden können, wenn diese die Meldung anonym aufgegeben haben. Das ist eine große Stärke gegenüber den herkömmlichen anonymen Briefen, bei denen Sie keine Fragen klären können.
Aber unrechtmäßige Fälle müssen schnell aufgedeckt werden, um die Integrität und Rechtsstaatlichkeit der Verwaltungen zu schützen. Whistleblower sind Treiber von positiven Veränderungen. Sie haben Steuerhinterziehung, Datenschutzverletzung und Kriegsverbrechen aufgedeckt, und sie helfen, dass derartige Dinge in Zukunft seltener passieren.
Werte Präsidentin! Werte Kollegen Abgeordnete! Liebe Brandenburger! Uns liegt heute der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen über eine interne Meldestelle im kommunalen Bereich für hinweisgebende Personen, kurz: Kommunales Hinweisgebermeldestellengesetz, zur 1. Lesung vor.
Vorwegnehmen möchte ich, dass Meldestellen eine sehr gute Sache sind, wenn man sie beim Militär oder auf kommunaler Ebene - dort, wo man seinen Ausweis beantragen kann - sieht. Früher hieß das Letztgenannte „Meldestelle“, heute heißt es „Bürgerservice“. Es ist umbenannt worden. Das kennen ja viele von euch.
Jetzt kommt das große Aber: Schon bei dem von Ihnen gewählten Titel laufen einem ein oder gar mehrere Schauer über den
Rücken. Meldestellen erinnern immer an die sogenannte DDR, an die Staatssicherheit oder an die vorherige Zeit.