Protocol of the Session on March 20, 2024

Diese Erwartung richtet sich nicht nur, aber vor allem an die SPD-Fraktion. Ich darf Sie an Ihr Versprechen in Ihrem Wahlprogramm von 2019 erinnern. In dem Kapitel „Wir wollen EIN Brandenburg, in dem Bildung nicht vom Geldbeutel abhängt“ formulierten Sie seinerzeit - Zitat -:

„Wir wollen Aufstieg durch Bildung ermöglichen. Dafür müssen wir allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chance bieten. Ihr Erfolg darf nicht vom Geldbeutel der Eltern, vom Geschlecht oder der Herkunft abhängen. Dafür steht die Sozialdemokratie in Deutschland seit mehr als 150 Jahren.

Wir wollen, dass Bildung von der Kita über die Schule bis zur Berufsausbildung oder zum Studium in Brandenburg endlich für Eltern, Kinder und Jugendliche vollständig kostenfrei wird.“

Liebe SPD-Fraktion, heute haben Sie die Gelegenheit,

(Beifall BVB/FW Gruppe)

unter Beweis zu stellen, dass die Sätze in Ihrem Wahlprogramm keine hohlen Phrasen waren und ab dem Wintersemester 2025 an Brandenburger Hochschulen zumindest von denjenigen Studierenden, die ihren Erstwohnsitz im Land Brandenburg angemeldet haben, keine Immatrikulations- und Rückmeldegebühren mehr erhoben werden.

(Walter [Die Linke]: Watt soll’n ditte?)

Die Änderungsanträge der AfD-Fraktion zur Novelle des Hochschulgesetzes wie auch den Antrag zur Wiedererrichtung der BTU Cottbus und der Hochschule Lausitz als eigenständige Hochschule lehnen wir ebenso ab wie den, Studiengebühren für Studenten aus Drittstaaten einzuführen.

Dieser Antrag entspricht nicht nur Ihrer bekannten ausländerfeindlichen Haltung, sondern zeigt deutlich, dass Sie nicht bereit und in der Lage sind, zu differenzieren, sondern immer nur alles mit allem in einen Topf werfen.

Der Hochschulbereich ist von jeher einer, der vom internationalen Austausch geprägt ist und davon wie nur wenige profitiert. Das betrifft sowohl die Lehrkräfte als auch die Studierenden. Die Studierenden von heute sind - ich sagte es eingangs bereits - die klugen Köpfe in Wissenschaft, Forschung, Lehre und Wirtschaft - quasi der Goldstaub von morgen.

Wer heute in Potsdam studiert, kann morgen die Koryphäe oder Führungskraft in London sein; und wer in Paris studiert, leitet zukünftig vielleicht ein international anerkanntes und agierendes Institut oder Unternehmen in München, Stuttgart, Frankfurt oder eben auch in Potsdam.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein. - Es wäre ein Standortnachteil für Deutschland, sich hier - wie Sie es beabsichtigen - abzuschotten. Es darf bezweifelt werden, dass es Ihnen wie vorgegeben um die Generierung zusätzlicher Mittel zur Beseitigung des Investitions- und Instandhaltungsrückstaus an Brandenburger Hochschulen geht.

Letztlich geht es in Ihren Reden und Anträgen doch immer nur darum, alle Probleme dieses Landes einer bestimmten Personengruppe zuzuschieben. Nach Migranten und Asylbewerbern

sind es nun also die ausländischen Studierenden, die Sie ins Visier nehmen - bezeichnend, aber nicht verwunderlich.

Glauben Sie ernsthaft, dass uns Gebühren von ausländischen Studenten bei einem geschätzten Sanierungsstau von einer halben Milliarde Euro signifikant voranbringen werden?

BVB / FREIE WÄHLER haben sich immer gegen Studiengebühren ausgesprochen, im Übrigen auch gegen die sogenannten und heftig umstrittenen Rückmeldegebühren, wie unser heutiger Antrag beweist. Dabei bleiben wir - und sehen keine Veranlassung, hierbei zwischen deutschen und ausländischen Studierenden einen Unterschied zu machen.

Wer in einer globalisierten Welt in rein nationalen Kategorien denkt, gehört zu den Ewiggestrigen,

(Beifall BVB/FW Gruppe sowie vereinzelt SPD, CDU und B90/GRÜNE)

denen man die Geschicke für die Zukunft unseres Landes besser nicht anvertraut. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BVB/FW Gruppe)

Es wurde eine Kurzintervention angezeigt von Frau Abgeordneter … Sie zieht zurück. Dann fahren wir in der Rednerliste fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Damus.

(Beifall B90/GRÜNE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Liebe Gäste - insbesondere die, die auch an dieser Gesetzesnovelle mitgewirkt haben! Ich freue mich sehr, dass wir heute - nach mehreren Jahren Arbeit und auch nach mehreren Jahren Dialog - über das neue Hochschulgesetz abstimmen. Es ist ein modernes Gesetz mit breit getragenen Kompromissen, und ich freue mich, dass wir als Koalitionsfraktionen mit unseren Änderungsanträgen bei den Themen Klimaschutz, Tierschutz, gute Arbeit und Antidiskriminierung heute noch einmal nachlegen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie der Abgeordneten Hildebrandt [SPD])

Bereits im Gesetzentwurf haben wir das Recht auf ein tierversuchsfreies Studium vorgesehen. Mit der Unimedizin wird dieses Thema noch relevanter werden. Jetzt stellen wir klar, dass Studierende unkompliziert, ohne Nachweis einer Gewissensnot, die Tierversuchsfreiheit beantragen können. Den Klimaschutz haben wir bereits als Aufgabe der Hochschulen verankert, und nun geben wir ihn auch den Studierendenwerken als Auftrag mit, denn sie sind zuständig für die Studierendenwohnheime und Mensen - gerade dort liegen wichtige Stellschrauben: im Baubereich, in der Energieeffizienz, aber natürlich auch bei der Essensversorgung.

Eng mit dem Klimaschutz verbunden ist auch das Thema Mobilität: Die Diskussionen um das Semesterticket und das Deutschlandticket haben die Studierendenschaften sehr beschäftigt. Daher haben wir das bei den Aufgaben der Studierendenschaften aufgenommen.

Bundesweit einmalig: Wir stärken die studentische Mitbestimmung durch studentische Vizepräsidentinnen und -präsidenten. Ich hoffe, dass wir - wenn sich dieses Modell etabliert hat - auch bald dazu kommen, dass die Studierenden ihre Kandidaten selbst vorschlagen dürfen.

Beim Diskriminierungsschutz nehmen wir die soziale Herkunft und Inklusion auf, denn keines von beidem darf zu einem Hemmschuh für den Studienerfolg werden. Ein nächster Schritt bleibt aber noch zu gehen, nämlich der, das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf alle Gruppen an den Hochschulen anzuwenden, nicht nur auf die der Beschäftigten. Gleichwohl bin ich stolz, dass wir Antidiskriminierungsbeauftragte an den Hochschulen einführen und auch die Behinderten- und Gleichstellungsbeauftragten stärken.

Wir erkennen bei einem Personenstandswechsel künftig den Ergänzungsausweis für Trans- und Interpersonen an, so wie dies bei der Polizei und beim Bundesinnenministerium bereits Praxis ist.

Ich will hier aber auch noch eine Debatte der letzten Monate genauer nachzeichnen, die uns besonders bewegt hat. Eine Vergewaltigung im Umfeld der Uni Potsdam und auch der Übergriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin haben sicher viele nachdenklich gemacht. Bereits vor diesen furchtbaren Vorfällen haben wir die Hochschulen im Gesetzentwurf zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet und die Gleichstellungsbeauftragten als Ansprechpersonen bei sexualisierter Gewalt benannt.

Wir haben dafür gesorgt, dass nicht - wie bisher - nur Gewalt gegen Dinge, sondern - neu - vor allem auch gegen Menschen Grund für Ordnungsmaßnahmen ist. Wir stellen jetzt klar, dass eine Tat Konsequenzen haben kann, auch wenn sie nicht unmittelbar auf dem Campus stattfindet. Eine Exmatrikulation bleibt bei schweren Verstößen immer die letzte Maßnahme. Das darf jedoch nicht bedeuten, dass bis zum Vorliegen eines Gerichtsurteils - was Jahre dauern kann - nichts passiert.

Neben diesen, sehr schwierigen, Themen gibt es einige Neuerungen im Gesetz, die ich besonders feiern möchte. Als Erstes: Der Dialogprozess „Gute Arbeit“ findet sich mit vielen Einzelpunkten im Gesetz wieder. Wir schaffen hier ein Kompromiss auf Augenhöhe, ohne Rücktritte von Präsidentinnen und Präsidenten, ohne Klageandrohung - wie in Berlin geschehen.

Als erstes Bundesland verabschieden wir uns vom abschätzigen Begriff „wissenschaftlicher Nachwuchs“ und bezeichnen gestandene Forscherinnen und Forscher über 40 oder 50 Jahre nicht mehr als „Nachwuchs“, sondern als „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen“.

(Dr. Berndt [AfD]: Oh, das ist ja besser! - Günther [AfD]: Wortklauberei!)

Wir erhöhen die Mindestdauer für Erstverträge in der Qualifikationszeit auf drei Jahre und schaffen sachgrundlose Befristungen

auf Professuren ab. Und apropos Qualifikation: Ich feiere einen Meilenstein, für den viele Hochschulen jahre- und jahrzehntelang gekämpft haben - wir werten die eigenständige Forschung unserer Fachhochschulen auf, indem wir ihnen endlich das Promotionsrecht übertragen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wir heben zudem Hürden für Lehrbeauftragte auf, die diese in besonders prekäre Situationen brachten. Gleichwohl: Eine grundlegende Reform hin zu freiberuflichen Lehrkräften und natürlich auch zu mehr Dauerstellen bleibt weiter auf der To-doListe.

Für studentische Beschäftigte gibt es nun erstmals eine Vertragslaufzeit von mindestens einem Jahr, um Kleinstverträge von wenigen Monaten auszuschließen.

Wir machen das Teilzeitstudium verbindlich und führen eine Promovierendenvertretung ein.

Zur Quote für Dauerstellen: Die Linke beklagt ja - wir werden es vermutlich gleich noch einmal hören -, die Quote stehe angeblich nicht mehr im Gesetz. Wie schon im Ausschuss gesagt: Bitte keine Falschbehauptungen aufstellen! Die neuen Dauerstellenkonzepte müssen - per Gesetz - verbindliche Zielvorgaben für unbefristete Stellen enthalten. Die Quote wird nun also an den Hochschulen festgelegt und nicht mehr zwischen Präsidentin und Ministerin. Ganz ehrlich: Ich finde das viel besser als vorher. Denn nun entsteht die Quote nicht - mit Verlaub - im stillen Kämmerlein bei den Hochschulvertragsverhandlungen, sondern in den demokratisch legitimierten Gremien unter Beteiligung der Personalräte. Die wären vorher nämlich außen vor gewesen.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Weil wir aber nicht alles im Gesetz regeln können, legen wir Ihnen noch eine ergänzende Beschlussempfehlung vor. Wir wollen eine Überarbeitung der Lehrverpflichtungsverordnung, direkt im Anschluss an die Novelle. Denn wir sind momentan das einzige Bundesland, das aus der KMK-Vereinbarung ausschert. Wir brauchen aber wieder den Schutz von Qualifikationsstellen und den Schutz gegen Hochdeputatsstellen, die forschungsbasierte Lehre unmöglich machen. Zudem werden wir den Ausschluss habilitierter Personen von Juniorprofessuren kritisch beobachten. Im Ausschuss wurden verschiedene Rechtsauffassungen deutlich. Ich schließe mich bekanntermaßen der kritischen Seite an.

Ganz besonders aber feiere ich das Artikelgesetz zur BTU. Wir haben es schon gehört: Wir schaffen das Fusionsgesetz zu den beiden ehemaligen Lausitzer Hochschulen weitestgehend ab und folgen damit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Und das im Rekordtempo, denn diese Empfehlungen lagen erst im Januar vor. Die BTU kann sich nun zur reinen Universität weiterentwickeln, die ungleichen Rahmenbedingungen für ehemalige FH- und Universitätsmitglieder werden einander angeglichen. Damit wird ein langer Konflikt endlich befriedet.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD)

Anwendungsbezogene Studiengänge bleiben selbstverständlich erhalten, diese finden sich ohnehin mehr und mehr auch an Universitäten. Selbstredend sind wir daher gegen den Änderungsantrag der AfD-Fraktion, der das genaue Gegenteil fordert, nämlich wieder eine Aufdröselung in zwei Hochschulen. Das würde

eine komplette Chaotisierung in der Lausitz bedeuten, und ich frage mich, mit wem Sie vor Ort eigentlich geredet haben.

Noch kurz zu den anderen Änderungsanträgen: Liebe AfD, wer Studiengebühren für Ausländerinnen und Ausländer will, sollte im Umkehrschluss auch Studiengebühren für Deutsche im Ausland fordern. Ich erinnere daran: Wir waren gerade in Wien, da hörten wir die Klagen darüber, wie viele deutsche Studierende dort an den Universitäten sind.

(Dr. Berndt [AfD]: Das ist EU, Frau Damus, EU!)

Die Hochschulen haben eindringlich deutlich gemacht, wie kontraproduktiv dieser Antrag bei sinkenden Studierendenzahlen und Fachkräftemangel wäre.