Protocol of the Session on February 27, 2013

Toleranz und Tourismus gehören auch zusammen. Anfang der 90er-Jahre hatten wir das Prädikat „No-go-Area“ für Ausländer.

In der Expertise wurde auch die gute Netzwerkarbeit gelobt und Brandenburg eine Vorreiterrolle mit diesem funktionierenden Frühwarnsystem bescheinigt: Die „Koordinierungsstelle“, die „Mobilen Beratungsteams“ und die „RAAs“ bilden zusammen die drei tragenden Säulen des „Toleranten Brandenburg“. Damit sind feste strukturelle Grundlagen vorhanden, um den neuen Herausforderungen im Umgang mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit erfolgreich begegnen zu können.

Die Aktivitäten zur „Demokratieentwicklung“ als ein eigenständiges Ziel des Handlungskonzeptes wurden als bundesweit vorbildlich eingeschätzt, was wie ein Markenzeichen zu einer brandenburgischen Landesidentität beiträgt. Eine stabile Demokratie unterscheidet uns von manchen Ländern auf dieser Erde. Sie beruht auf der Ablehnung jeder Art von Extremismus, ganz gleich, ob von rechts oder links oder religiös motiviert.

Deshalb möchte ich heute auch die Gelegenheit nutzen, um Danke zu sagen: Großer Dank an alle Beteiligten im landesweiten Beratungsnetzwerk.

(Allgemeiner Beifall)

Dieses Netzwerk ist inzwischen groß: Neben dem landesweiten Aktionsbündnis, dem RAA, MBT sind vor allem die Sportjugend, die Fachstelle für Kinder- und Jugendbeteiligung, die

„Opferperspektive“ und jedes noch so kleine Bündnis zu nennen.

Danke den Akteuren in den Verwaltungen und der Landeszentrale für Politische Bildung. Ein wichtiges Ziel ist es, die nachwachsende Generation gegen rechtsextreme Verführungen zu immunisieren.

(Allgemeiner Beifall)

Zahlreiche Schülerprojekte laufen bei uns im Landtag erfolgreich. Ich erinnere an die Schülerzeitungsredakteure, das europäische Jugendparlament, die „Tage der Demokratie“, die Juniorwahlen, das „Mobile Schülerstudio“ im Havelland, Musikwettbewerbe, sämtliche Aktionen für Vielfalt und Toleranz im ganzen Land.

Mein besonderer Dank geht von hier aus an alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die sich in ihrem täglichen Leben Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenstellen, sei es auf der Arbeit, im Verein oder in der Familie.

Diese Phänomene sind aber nicht nur am rechtsextremen Rand der Gesellschaft, sondern auch in der Mitte unserer Gesellschaft anzufinden: Im „Sozialreport 2014“ der „Volkssolidarität“ ist nachzulesen, dass 34 % der Befragten meinten, Ausländer verstärkten die sozialen Probleme bei uns um Land. 63 % der Befragten meinten sogar, dass sich Ausländer viel mehr an uns anpassen müssten.

Als Ergebnis ist festzustellen, dass sowohl das 1997 gegründete landesweite Aktionsbündnis als auch das 1998 beschlossene Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ eine Erfolgsgeschichte sind, auf die wir im Land Brandenburg stolz sein können.

Doch haben die neue Landesregierung und das neu gewählte Parlament andererseits auch keinen Grund, sich beruhigt zurückzulehnen, sondern müssen den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen. Denn das ist eine Daueraufgabe.

(Beifall SPD, DIE LINKE, B90/GRÜNE, FDP sowie ver- einzelt CDU)

Meine Damen und Herren, in dieser nun zu Ende gehenden Wahlperiode haben wir alle wichtige Arbeit geleistet. Meine Prognose am Anfang der 5. Wahlperiode, dass der Landtag bunter, die Reden lebhafter und kreativer werden, hat sich bewahrheitet.

Anders als in den letzten drei Wahlperioden fanden sich eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten, wie die Änderung der Geschäftsordnung, wonach die Ausschüsse künftig öffentlich tagen, und die Einsetzung der „Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur“, die einstimmig von diesem Landtag gewählt wurde.

Es war keine Seltenheit, dass Anträge fraktionsübergreifend eingebracht und verabschiedet worden sind. Wenn es um die Belange unserer Bürger ging, konnten Sie auf politische Ränkespiele durchaus auch einmal verzichten und der Landesregierung gegenüber deutlich machen, was wir von ihr erwarten. Ein neues Selbstbewusstsein kann ich den Abgeordneten dieser Legislaturperiode in dieser Frage bescheinigen, auch wenn diese

Gemeinsamkeiten in Wahlkampfzeiten etwas leiden. Das liegt wohl in der Natur der Sache. Ich hoffe aber sehr, dass das ab Oktober wieder besser wird.

Ich freue mich sehr, dass wir die Arbeit des „Toleranten Brandenburg“ mit zwei wichtigen Verfassungsänderungen unterstützen konnten. Diese kamen direkt aus der Mitte des Parlamentes: die Absenkung der Wahlaltersgrenze auf 16 Jahre und die Antirassismus-Novelle. Damit haben wir uns als Parlament einmütig zum Rahmenbeschluss des Rates der EU von 2008 bekannt, in dem es heißt:

„Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellen unmittelbare Verstöße gegen die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit dar, auf die sich die Europäische Union gründet und die allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“

Abschließend möchte ich noch meine Freude über den Einzug in dieses Gebäude zum Ausdruck bringen. Täglich besuchen uns 600 bis 1 000 Menschen, etwa 3 000 bis 4 000 pro Woche.

Nach 22 Jahren einer provisorischen Unterbringung der Abgeordneten freue ich mich besonders, dass ich als Landtagspräsident diesen Umzug in das neue Dienstgebäude noch miterleben konnte. Nun arbeiten wir in dem derzeit modernsten Landtagsgebäude in einer historischen Hülle und sind mit dem Standort im wahrsten Sinne des Wortes deutlich näher an die Bürger herangerückt.

(Allgemeiner Beifall)

Danke an Herrn Minister Dr. Markov, der nach einer nur dreieinhalbjährigen Bauzeit das Haus am 10. Oktober 2013 an mich übergeben hat. Ich hoffe sehr, dass sich auch in der Öffentlichkeit der Begriff „Landtagsschloss“ durchsetzen wird. Denn wir sind für das ganze Land da.

Ein letzter Appell: Unterstützen Sie weiterhin die Arbeit des „Toleranten Brandenburgs“ und seine Jugendarbeit. Sagen Sie der Zivilgesellschaft Danke und helfen Sie dabei, dass unsere vielen kleinen Bündnisse in der Fläche des Landes ihre wichtige Arbeit im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht aufgeben und auch in Regionen entstehen, in denen sie noch fehlen. Motivieren Sie die Bürgerinnen und Bürger zur Wahl des neuen Landtages. Rufen Sie sie auf zu einer Wahl für Demokratie und Toleranz.

Mein größter Wunsch ist es, dass nach der Wahl - nach dem 14. September - dieser schöne Plenarsaal so weiß bleibt, wie er ist. Ich werde es kontrollieren kommen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zwei, drei Abschiedsworte darf ich auch noch sagen: Ich habe jetzt 25 Jahre Politik hinter mir. Das reicht. Ich habe es genossen. Ich werde Sie alle sehr vermissen.

(Oh! bei der SPD)

Aber ich sage Ihnen auch: Ich habe schon Schlimmeres im Leben erlebt. - Danke.

(Anhaltender allgemeiner Beifall - Alle anwesenden Ab- geordneten im Plenarsaal erheben sich. Präsident Fritsch tritt in die Mitte des Plenarsaals. Eine Vielzahl von Abge- ordneten kommt auf ihn zu, gratuliert Präsident Fritsch, verabschiedet ihn und überreicht ihm Geschenke und Blumen.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Gunter Fritsch! Ich gestatte mir, im Namen der Abgeordneten - die es dir jetzt alle noch einmal selbst sagen wollen - auch von dieser Stelle aus herzlichen Dank für 25 Jahre politisches Engagement in diesem Land zu sagen.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist heute noch nicht die Zeit, eine große Abschiedsrede zu halten, denn du bist und bleibst Präsident bis zu dem Tag, an dem ein neuer Präsident gewählt wird.

(Präsident Fritsch: Also seht euch vor! - Allgemeine Heiterkeit)

Ich möchte dennoch sagen, dass du in beispielhafter Weise die Demokratie in diesem Land gestärkt, den Landtag souverän geleitet, ihn nach außen repräsentiert hast in den Gremien, denen du angehörtest, die außerhalb unseres Landes lagen, und auch in den Gremien, die du in unserem Lande geleitet hast, wie die Kriegsgräberfürsorge.

Ich möchte dir sehr herzlich für deinen feinsinnigen Humor danken, mit dem du manche schwierige Situation umschifft hast, für deine stringente Art und Weise, Abgeordnete - auch der eigenen Fraktion und auch der befreundeten Fraktionen zurechtzuweisen in einer Art, dass auch hinterher noch miteinander gesprochen werden konnte

(Dombrowski [CDU]: Die Minister nicht zu vergessen!)

- einschließlich der Minister der die Regierung stellenden Fraktionen.

Ich möchte dir auch dafür danken, dass du es ermöglichst hast, diesen Landtag hier an dieser Stelle zu bauen. Das ist ja auch maßgeblich auf dein Betreiben passiert. Und ich denke, dass wir alles in allem und auch mit dem Blick darauf, dass in der Arbeit auch Reibungen entstehen und diverse Konflikte miteinander bestritten werden mussten, so auseinandergehen können, dass wir dir eine robuste Gesundheit wünschen. Du hast jetzt sehr viel mehr Zeit, deinem Hobby nachzugehen, nämlich die Berge zu besteigen in Form des - hoffentlich - Nicht-mehrKletterns, sondern Nur-noch-Wanderns.

Ich wünsche dir eine sehr, sehr gute Zeit, die dann nach diesem 14. September kommt, in der wir uns sehr, sehr wahrscheinlich

noch an diversen Orten begegnen werden. Herzlichen Dank von uns allen!

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Jetzt erst schließe ich Tagesordnungspunkt 11 und die heutige Sitzung und wünsche Ihnen eine kurze sonnige Verschnaufpau

se und einen fairen Wahlkampf voller fantasievoller Aktionen, bei denen wir uns sicher auch begegnen werden.

Kommen Sie heute gut nach Hause und kommen Sie gut über den Sommer!

Ende der Sitzung: 17.38 Uhr